"Mir hu gehot, ihr hot geschlocht...." Schlachttag im Dorf

Hausschlachtung in Stausebach ca 1955
  • Hausschlachtung in Stausebach ca 1955
  • hochgeladen von Peter Gnau

Selten werden heute noch Hausschlachtungen in unseren Dörfern durchgeführt. Der winterliche Schlachttag gehörte bis in die 70er Jahre in fast jeden Haushalt. Trotz vieler Arbeit war es ein kleiner Festtag. Viele fleißige Hände wurden gebraucht, um den Kessel anzuheizen, Brühtrog und Holztisch herbeizutragen und Geschirr bereitzustellen, bevor der örtliche Hausmetzger kam.
Gegen die Kälte gab es erst einen Schnaps zum Aufwärmen.
Mit einer Bolzenwaffe, früher sogar mit Axtschlägen, wurde das Schwein getötet und gleich abgestochen. Es konnte manchmal auch passieren, dass die scheinbar tote Sau nochmal aufsprang und für viel Hektik sorgte. Das Blut für die Blutwurst wurde abgefangen und solange gerührt, bis es dick wurde und gerann.
Mit heißem Wasser wurde das Schwein übergossen und mit speziellen Schellen die Haare entfernt. An den Sehnen der Hinterbeine wurde es, mit dem Kopf nach unten, aufgehängt. Die Vorderseite schnitt man auf und entnahm die Därme und sonstigen Innereien. Die gesäuberten Därme legte man für die weitere Verwendung in einen Eimer.
Nachdem die Sau mit einem Hackbeil in zwei Teile gespalten war, kam der Fleischbeschauer. Dessen Aufgabe war es, das Fleisch nach Trichinen zu untersuchen. Trichinen sind Fadenwürmer, die bei den Menschen Krankheiten auslösen konnten, die oft tödlich endeten. War alles in Ordnung, stempelte er die beiden Fleischseiten und gab sie zur weiteren Bearbeitung frei. Dies war Anlass genug, wieder einen Branntwein oder Schnaps zu trinken.
Aufgabe der Hausfrau war es nunmehr, festzulegen, ob es mehr Braten, Schinken, Speck oder Wellfleisch geben sollte. Wenn alles im Kessel lag und die gewürzte Wurst durch den Fleischwolf gedreht worden war, kam nach einem langen Arbeitstag der gemüliche Teil.
Die Kinder mussten die "Worschtsopp" mit frischen Würstchen und Wellfleisch in der Nachbarschaft und im Verwandtenkreis austragen.
Doch noch nicht genug, am Abend kam die Jugend des Dorfes, um als"Worschtmännchen" verkleidet eine große Wurst nach Aufsagen des Spruches: " Mir hu gehot, ihr hot geschlocht, en so schiene Worscht gemocht" zu fordern. Selbstverständlich bekamen sie ihre Wurst.
Oft konnte der Hausherr nur noch feststellen, dass das halbe Schwein bereits am Abend draufgegangen war.

Bürgerreporter:in:

Peter Gnau aus Kirchhain

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