Eine Glosse zum Sündenfall im Paradies

Es begann mit der Schöpfung (1. Mo. 1).
Bis in den 6. Tag hinein ging alles nach Plan. Es gab nichts zu beanstanden. Weder Pflanzen noch Tiere waren von schädlichen Umwelteinflüssen in ihrer Existenz bedroht. Alles war perfekt.

Dann kam die Idee mit der Krone der Schöpfung (1. Mo.1, 26). Gott schuf den Menschen als Mann und Weib (1. Mo. 1,27).
Heute gilt das Wort „Weib“ nicht mehr als gesellschaftsfähig. Schade, denn als Adjektiv wird es viel gebraucht und “weiblich“ klingt doch gar nicht schlecht.
Das vornehmere Wort „Dame“ passt zu den wenigsten Weibern und ist manchmal auch sehr anrüchig. Abgesehen davon: Welches gestandene Weib möchte sich mit dem Adjektiv „dämlich“ bezeichnen lassen?
Frau, fraulich ginge auch. Aber Weib klingt ursprünglich, archaisch, kernig. Deshalb sollte man dies Wort guten Gewissens gebrauchen. Luther wusste, wie er zu übersetzen hatte.

Mit der Schaffung des Menschen gingen noch viel größere Probleme einher. Er war das Problem an sich.
Wenn man heute zurückblickt, taucht unweigerlich die Frage auf, ob der liebe Gott in einer ruhigen Minute nicht dachte: „Hätte ich man bloß nicht .…“.

In 1. Mo. 2, 7 ist die Erschaffung des Menschen etwas ausführlicher dargestellt.
Es war möglicherweise der späte Nachmittag des 6. Tages, als der Schöpfer in bester Absicht Erde vom Acker oder auch Staub in die Hand nahm und daraus einen Menschen formte, Adam genannt. Der Name Adam bedeutet „Mensch“.
Nachdem er ihm den Hauch des Lebens eingeblasen hatte, entstand ein lebendiges Wesen (2. Mo. 7) und Gott setzte den Adam ins Paradies (Garten Eden) (1. Mo 2, 8). Der bekam sozusagen ein Rundum-Sorglos-Paket geliefert.

Aber die Sache hatte einen Haken. Das war der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse! Davon durfte Adam auf keinen Fall essen. Tat er es dennoch, musste er sterben (1. Mo. 2, 17).
Dieses Verbot erging, als Adam noch allein im Paradies wandelte, denn das Weib war noch nicht erschaffen. Und wenn Adam später sein Weib vor der verbotenen Frucht nicht gewarnt haben sollte, so war das ein unverzeihlicher Fehler. Eines muss man ihm allerdings zu Gute halten: Die Bedeutung des Todes entzog sich seiner Vorstellungkraft, denn es war noch nie ein Mensch gestorben.

Hätte der Schöpfer den Adam doch bloß allein durchs Paradies wandeln lassen. Aber er vertrat eine andere Ansicht. Ich zitiere 1. Mo. 2, 18: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei“.
Eigenartige Formulierung: Mensch – Gehilfin. Daraus könnte man schließen, dass die Frau nicht zur Spezies „ Mensch“ gehört, sondern eine besondere Spezies „Gehilfe“ verkörpert. Dem steht aber 1. Mo. 1,27 entgegen (siehe oben).
Jedenfalls entnahm Gott dem Adam eine Rippe und formte daraus das Weib (1. Mo. 2, 21-22). Ab diesem Zeitpunkt konnte sich die Menschheit (nur noch) geschlechtlich fortpflanzen.

Adam scheint schon etwas von Gender Mainstreaming gehört zu haben, denn er nannte das Weib „Männin“ (1. Mo. 2, 23). Später gab er ihm den Namen Eva (die Belebte) (1. Mo. 3, 20). Das klingt viel schöner, als die sperrige Bezeichnung „Männin“. Es könnte aber auch sein, dass dem Adam schon damals die (deutsche) emanzipatorische Sprachkorrektheit auf die Nerven ging (obwohl er des Deutschen nicht mächtig war).

Die Sache mit der Rippe war aus heutiger Sicht ein großes Manko, sozusagen ein Kardinalfehler oder auch Konstruktionsfehler.
Hätte der Schöpfer doch bloß etwas von Adams Gehirn genommen! Dann wäre es der Eva mit etwas Überlegung möglicherweise gelungen, den Verführungen der Schlange zu widerstehen. So aber war die Chance vertan und das Unheil nahm seinen Lauf.

Niemand weiß heutzutage, welche Früchte am Baum der Erkenntnis von Gut und Böse wuchsen. Waren es Äpfel? Unterschieden sie sich geschmacklich von den anderen Paradiesfrüchten?
Die weibliche Neugier und der Konstruktionsfehler führten schließlich dazu, dass Eva dem Drängen der Schlange nachgab und von den verbotenen Früchten aß (1. Mo. 3, 6). Aber es kam noch schlimmer! Adam blickte erstmals voller Interesse auf Evas Äpfel, bekam große Augen, schwankende Sinne und aß ebenfalls von der Frucht (1. Mo. 3, 6).

Statt nackt durchs Paradies zu spazieren, hätten die beiden sexuell unbedarften Sünder sich besser intensiv miteinander beschäftigen sollen. Dann hätten sie keine Zeit gehabt, den Sirenentönen der Schlange zu lauschen. Und wenn doch, wären vielleicht vor dem Sündenfall Kinder gezeugt worden, die dann frei von Erbsünde geboren wären. Sie und ihre Nachkommen hätten in aller Ewigkeit die Vorzüge des paradiesischen Lebens genießen können.
Möglicherweise gäbe es dann eine Zweiklassengesellschaft: Die Vor-Sündenfall-Ewig-Menschen und die Nach-Sündenfall-auf-Zeit-Menschen.
Allerdings wären die Nach-Sündenfall-auf-Zeit-Menschen durch Geburtenkontrolle zu vermeiden gewesen. Leider fehlte Adam und Eva das notwendige Wissen, von der Knaus-Ogino-Methode ganz zu schweigen. Außerdem gab es noch keine Verhütungsmittel.

Die von der Erbsünde unbelastet geborenen Weiber hätten in aller Ewigkeit ihre Kinder ohne Schmerzen gebären können und wären vom Manne unabhängig gewesen (1. Mo. 3, 16). Alice Schwarzer hätte mit ihrem Emanzipationsgerede kein Publikum gefunden.¬¬
Die Männer brauchten nicht schwer zu arbeiten. Sie würden, wie die alten Germanen, heute noch auf der Bärenhaut liegen. Nix mit „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen … (1. Mo. 3, 19).
Über die weiteren Auswirkungen der menschlichen Zweiteilung kann man nur spekulieren. Ich fürchte, aufkommender Neid hätte zu erheblichen Raufereien und Rassenkonflikten geführt.
Wie würde die weitere Geschichte abgelaufen sein, wenn sich beide Gruppen untereinander vermischt hätten?

Falls Adam den Verführungskünsten Evas widerstanden hätte, wäre nur Eva aus dem Paradies vertrieben worden. Er hätte sich ungestört den schönen Dingen des Lebens widmen können, wenn..., ja wenn er der Eva nicht freiwillig ins Exil folgen würde nach dem Motto „Und ewig lockt das Weib“.

Klugerweise hätten Adam und Eva vor dem Sündenfall vom Baum des Lebens essen sollen. Das wäre eine gewisse Risikobegrenzung gewesen. Sie hätten zwar das Paradies verlassen müssen, könnten aber in alle Ewigkeit weiterleben. Davon hätten auch wir Spätgeborene profitiert.

Bleibt die Frage, was passiert wäre, wenn Adam und/oder Eva unmittelbar nach dem Sündenfall, also noch vor der Vertreibung, vom Baum des Lebens gegessen hätten.
Sie hätten ewig gelebt (1. Mo. 3, 22)! Das musste verhindert werden. Gott trieb die Menschen aus dem Garten Eden hinaus und ließ den Zugang durch schwerbewaffnete Cherubinen bewachen (1. Mo. 3, 24).

Welche Schlussfolgerungen sind aus dem gesamten Geschehen zu ziehen?
Nun, tragischer konnte die Geschichte nicht ablaufen. Es ging alles nach Murphy´s Gesetz: „Was schiefgehen kann, geht schief“.
Selbst der hoffnungsvolle Neustart nach der Sintflut klappte nicht richtig. Aber das ist eine andere Geschichte.

Bürgerreporter:in:

Wilhelm Heise aus Ilsede

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