Die Entdeckung der Halligen und des Watts...
Junge Naturwissenschaftler in der Welt der Halligen
„Wenn die Flut beginnt, läuft diese Fläche zuerst voll!“
Dieser Satz der beiden Wattführerinnen der Schutzstation Wattenmeer St. Peter-Ording lässt einige schon ein wenig zusammenzucken, denn um 15 Uhr, also in etwas mehr als einer Stunde, fängt es hier heute an, das immer wieder faszinierende Naturschauspiel der Gezeiten.
Die Nationalparkkennerin Antje und Elisa vom Nationalpark Schleswig-Holstein wissen das alles ganz genau, denn sie sind geschult und haben Erfahrung und kennen sich aus im schier endlosen Wattenmeer
„Allein würden wir die Route hier gar nicht finden, denn es sieht ja überall ähnlich aus“, meint Arne, der mit seinen nassen und von Schlamm gezeichneten Turnschuhen munter im tiefen Schlickwatt weitermarschiert.
Die alten Schuhe haben die Kinder angezogen, um sich nicht zu schneiden an den scharfkantigen Muscheln.
„Dort hinten in der Ferne beginnt der Priel, der für Wattwanderer so gefährliche „Fluss“ ohne wirkliches Ende und scheinbar ohne Anfang, falls die Flut plötzlich einsetzt. Vier bis fünf Meter höher steht das Wasser hier bei Flut, bei starkem Wellengang sind`s sogar über sieben Meter!“, erklärt Elisa.
Sie und Antje gehen sicheren Schrittes voran, gerade so, als stünden überall Wegweiser in der allerdings nur scheinbaren Einöde.
Die Wattführerinnen, beide wollen irgendwann studieren, begleiten die muntere Gruppe aus Frankenberg an diesem sonnigen Tag -, doch aus Nordwesten drückt ein starker Wind aus der Deutschen Bucht Richtung Land, treibt den feinen Sand der Dünen vor sich her.
In die wunderbare und weltweit einzigartige Welt der nordfriesischen Halligen tauchten sie in diesem Frühling förmlich ein, die 40 Mädchen und Jungen der Burgwaldschule. Eine Woche lang erkundeten sie von der ideal gelegenen Jugendherberge Husum aus diese spannende Region zwischen dem Nord-Ostsee-Kanal und der Insel Sylt im Norden.
Und jetzt sind sie alle hier draußen, auf Umweltexkursion.
Es sind Siebtklässler, die sich für den Wahlpflichtkurs Naturwissenschaften entschieden haben und seit Schuljahresbeginn das Thema „Wasser“ in allen Facetten beleuchten. In einer Mineralwasserfabrik in Bad Vilbel sind sie gewesen, auch im Hochbehälter der Stadt und knietief in Bächen, um dort nach Bachflohkrebsen oder Fliegenlarven zu suchen.
Immer wieder stoppt Elisa, zeigt auf eine Stelle am Boden und gibt inmitten einer kolossalen Ansiedlung von Sandklaffmuscheln und sich eben erst gehäuteter Krabben spannende Erklärungen zum Leben der Muschelart, die nach der Kinderzeit immer an einem Fleck in dreißig Zentimeter Tiefe verweilen muss. „Die Herzmuschel jedoch kann sich schnell wieder verbuddeln, denn sie hat einen kräftigen Grabfuß!“
Nicht ohne Probleme ist es, hier unverwundet beim „Barfußgang“ durchzukommen.
Deshalb sollten unbedingt alte Turnschuhe und Strümpfe angezogen werden. „So vermeidet ihr schmerzende Schnitte in den Fußsohlen!“
Darauf hatten die für eine Woche mit den jungen Naturwissenschaftlern der Klassen 7a bis 7e ans Meer gereisten Biolehrer Konsuela Bende, Carmen Weimer und Hans-Friedrich Kubat hingewiesen. Aber auch Gummistiefel seien ungeeignet, denn diese laufen beim Waten in den tiefen Prielen von oben mit Wasser voll - und die Menschen sich anschließend Blasen...
Das, was beim ersten Hinsehen wie eine leblose, trostlose Weite aussieht, entpuppt sich immer mehr als ein Lebensraum mit eine ungeheuren Fülle an kleinen und großen Arten. Sicher, die bedeutendsten Großtiere sind hier die Seehunde. „Da hinten auf den emporragenden Sandbänken liegen sie oft und sonnen sich!“ Elisa weist auf höhere Punkte in
etwa 250 Metern Entfernung hin. Schwärme von Gänsen ziehen gerade über die Köpfe hinweg zu den Salzwiesen der Insel, drei Möwenarten suchen schreiend nach Fischen, Muscheln und Krabben, andernorts stochern Austernfischer und andere Watt- und Watvögel im Schlick, der allerlei Leckerbissen während der Ebbezeit beherbergt.
Kaum ein anderer Ort weist eine so hohe Dichte an Individuen auf wie das Watt, das sich von Frankreich über Belgien, Holland und Deutschland bis nach Dänemark erstreckt – fast 400 Kilometer lang.
Und eine Art fällt hier jenseits der Priel ganz besonders auf neben Miesmuscheln, Herzmuscheln und Co.. Es ist die Pazifische Auster, die seit etwa acht Jahren wieder in der südlichen Nordsee lebt. Von irgendwoher wurde diese bizarre Muschel eingeschleppt, vor Jahrzehnten schon waren die heimischen Vertreter der essbaren Art den Umweltbedingungen zum Opfer gefallen.
Allmählich nähert sich das Land, nun heißt es: Raus aus den nassen Strümpfen und Schuhen, Füße waschen, Trockenes anziehen.
Das, was die Realschüler draußen im Watt live erlebten, konnten sie beim Besuch des klasse „Mulimar Wattforums“ in Tönning in Ruhe überprüfen, noch einmal anschauen. Spannende
(unschädliche) Physiologie-Versuche mit lebenden Seesternen, Meeresschnecken oder Muscheln gemeinsam mit Biologen und Ökologen stießen auf großes Interesse bei den Schülern. Das Wattforum bietet so viele tolle Dinge, dass die Zeit eigentlich fast zu kurz war.
Im Hafen von Schlüttsiel ging`s los zu einer weiteren Tour raus zu den Halligen. Langeneß war das Ziel. Nach einem kurzen Anlegen auf Hooge machte das Schiff Hilligenlei fest. Es ist eine eigene Welt, die sich auf einer Hallig erschließt.. Dort, wo die Gruppe auf scheinbar festem Grund gerade läuft, kann bei der nächsten Sturmflut Meerwasser stehen. Nur die höheren Warften schauen dann noch aus dem Meer heraus. Gerade am Leuchtturm im Westen der Hallig gab es viele kleine und größere Entdeckungen zu machen.
Äußerst spannend war für die Burgwaldschüler die zweistündige Rundfahrt durch den Hamburger Hafen am Anreisetag und der Besuch des Storchendorfes Bergenhusen am letzten Tag. Es sind 18 Paare dieser wunderbaren Vögel, die in diesem Jahr dem Brutgeschäft nachgehen.
Natürlich durfte, wenn man schon einmal in Husum weilte, der Besuch des Theodor-Storm-Hauses sowie der Grabstätte des Dichters vieler Romane, Gedichte und Novellen nicht fehlen.
Die Fotos zeigen die jungen Leute, wie sie eine tolle Welt im Norden Deutschlands entdecken...
Bürgerreporter:in:Hans-Friedrich Kubat aus Vöhl |
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