Kunstausstellung in Höchstädt
Kunst als Heilung: Die Werke von Sigrid Ahle
Sigrid Ahle in Höchstädt
Unweit des Schlosses liegt in einer Seitengasse der Geigerturm. Neben dem Diebsturm ist der Geigerturm einer der ursprünglich 14 Türme, die Teil der Stadtbefestigung gewesen waren. Die Türme stammen vermutlich aus dem 13./14. Jahrhundert und waren noch bis ins 16. Jahrhundert hinein erhalten geblieben. In dieser historischen Kulisse verbirgt sich ein geheimnisvolles Juwel, denn der Geigerturm gehört wie das Schloss zu den Ausstellungsräumen des Kulturforums Höchstädt. Einst war der Turm sogar bewohnt, weshalb im Untergeschoss eine kleine Küche und Sanitäranlagen vorhanden sind. Eine steinerne Wendeltreppe führt hinauf in die drei Stockwerk, wo in heller und heimeliger Atmosphäre Künstlerinnen und Künstler ihre Werke ausstellen können.
Zum Zeitpunkt unseres Besuches dort stellte Frau Sigrid Ahle ihre Kunstwerke aus. Die gelernte Grafikerin, aufgewachsen in Kicklingen, malt seit Anfang ihrer Zwanziger, nach dem Studium hat sie sich dem Erschaffen von Karten mithilfe eines Computers und Druckers zugewandt. Das Filzen praktiziert sie schon seit mehr als 15 Jahren und hat sich diese Technik selbst beigebracht. In ihren Werken verarbeitet sie viele ihrer seelischen Erlebnisse, die sich mit der „Sehnsucht nach Leichtigkeit und Schwerelosigkeit“ befassen.
„In der Schwebe“
Im ersten Ausstellungsraum vereinen sich die Kunstwerke unter dem Titel „In der Schwebe“: Symbolisch für die Künstlerin steht auf dem größten Acrylbild der Ausstellung das Reh, das sich in offener Landschaft mitten im Sprung befindet. „Man weiß nicht, wie lange es gebraucht hat, um abzuspringen, ob es gezögert hat“, erklärt die Künstlerin. „Man weiß auch nicht, wie es auf der anderen Seite weitergeht, aber der Moment in der Schwebe ist auf die Leinwand gebannt.“
Dieser Leitgedanke zieht sich durch viele ihrer Werke. „Für mich ist es ganz wichtig, dass ich von innen heraus meine Stimmungen und Gefühle aufs Blatt bringen oder an Filzarbeiten umsetzen kann.“ Aufgrund ihrer psychischen Erkrankung ist Sigrid Ahle seit Längerem berentet, womit die Künstlerin sehr offen umgeht. Vor diesem Hintergrund entstehen auch ihre Werke, denn so kann sie mit ihren Gedanken und Gefühlen umgehen. Am Gemälde „In der Schwebe I“ erkennt man deutlich, dass Franz Marc (1880-1916), ein deutscher Maler des Expressionismus und Mitbegründer von „Der blaue Reiter“, ihr Idol ist, besonders im Bezug auf die Tierdarstellungen.
„In Auflösung“
Im zweiten Stockwerk wandeln sich die Motive, Farben und Bedeutung der Kunstwerke merklich. Frau Ahle beschäftigt sich gedanklich oft mit dem Sterben und stellt sich in ihren Zeichnungen vor, wie sich der Körper auflöst, hier in Schmetterlinge und Pusteblumen, anstatt einfach nur zurückzubleiben. In all ihren Werken werden Tiere abgebildet, denn: „Tiere begleiten mich einfach ein Leben lang. Auch als Kind hatte ich eine ganze Sammlung an Hasen, Katzen und Tauben. Da ist schon immer die Nähe dagewesen zum Geschöpf Tier.“
„Im Gewand der Nacht“
Einhergehend mit ihrer Erkrankung leidet Sigrid Ahle oft unter schlechtem Schlaf, was sie in dem Motiv des schwarzen Panthers darstellt. Diese Bilder sind in dunklen Tönen und Farben gehalten. Ihre Krankheit selbst symbolisiert die Künstlerin in einem Löwen, „ihr unbezähmbarer Begleiter“, der immer an ihrer Seite ist. Manchmal übermannt er sie, obwohl sie sich zu schützen versucht, an guten Tagen spazieren sie einfach nebenher.
Eines ihrer jüngeren Werke zeigt eine Art Engel, der einen Vogel umarmt. In diesem Bild zeigt die Künstlerin, dass sie sich behütet fühlt und sie sich in der Welt aufgehoben weiß. Ihr religiöser Glaube ist tief verwurzelt und spiegelt sich auch in ihren Werken wieder. Mit diesem Gemälde wird deutlich, dass die Künstlerin einen Entwicklungsprozess durchlebt und sich ein Fortschritt in ihrem Denken und Fühlen bemerkbar macht. Dass sie dies in ihrer Kunst ausdrücken kann, ist sehr wichtig für Sigrid Ahle: „Für mich ist das ganz wichtig, auch für das innere Gleichgewicht. Man kann vieles verarbeiten, auch Dinge, die nicht so positiv sind, und dann gibt man sie ab und die Energie ist auch wieder verwandelt und weg.“
Text: Sandra Kost
myheimat-Team:Sandra Kost aus Augsburg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.