Orchideen vor der Haustür
Nicht etwa während des Biologieunterrichts, sondern erst bei meiner beruflichen Tätigkeit im RPMuseum, erfuhr ich erstmals über Orchideen, die am Rand der Mittelgebirge, also im Hildesheimer Gebiet heimisch sind.
Jetzt fand ich zwei Exemplare quasi vor unserer Haustür
Nicht etwa während des Biologieunterrichts, sondern erst bei meiner beruflichen Tätigkeit im RPMuseum, erfuhr ich erstmals über Orchideen, die am Rand der Mittelgebirge, also im Hildesheimer Gebiet, heimisch sind.
Bald darauf – es ist bereits Jahrzehnte her – entdeckte ich eine vermeintliche Orchidee in einem fast vollständig zugewachsenen Weg oberhalb einer sumpfigen Senke im Steinberg bei Ochtersum. Leider versäumte ich den Fund näher zu untersuchen oder fotografisch zu dokumentieren. Somit ist diese Beobachtung nahezu wertlos.
Das Ereignis steigerte jedoch meine Aufmerksamkeit. Wohl deshalb machte ich eine erneute Entdeckung, diesmal im Wohngebiet östlich des Steinbergs, nämlich im eignen Vorgarten. Kaum jemand wird beim Vorübergehen dem kleinen grün bewachsenen Fleckchen Aufmerksamkeit schenken. Mit unscheinbarem Bewuchs hinter einer hüfthohen Berberitzenhecke sieht der Vorgarten sogar etwas ungepflegt aus. Er macht nichts her, könnte man sagen. Eine junge Felsenbirne mit armdicken Stamm, ein Vogelbeerbaum, ein kleiner Quittenstrauch, das war‘s schon. Damit es im Winter etwas grün bleibt sorgen zwei Kirschlorbeer-Büsche und selbstständig angesiedelte Eiben. Die gesamte Bodenfläche ist von Efeu und Sinngrün (Vinca) überwuchert. Deren Ausläufer müssen gelegentlich etwas zurückgestutzt werden. Dabei entdeckte ich eines Tages eine vermeintliche Orchidee. Durch ihre Blattform und den aufstrebenden Stiel mit den erbsengroßen Blütenkapseln fiel mir diese Pflanze auf. Sie blieb unangetastet, vergaß sie einstweilen, bis ich feststellte , dass sie von Jahr zu Jahr an gleicher Stelle wieder auftauchte. Anfang 2016 wartete ich regelrecht auf sie. Dann sah ich eines Tages einen etwa 25 cm über den Efeuteppich hinausragenden bräunlichen Stängel mit knubbeligen Anhängseln. War das der Rest der vorhergehenden Wachstumsperiode, so unscheinbar wird eine neue Pflanze doch wohl kaum dem baldigen Sommer begegnen. Frische grüne Blätter erwartete und vermisste ich beim gelegentlichen Blick vom Fußweg aus. Meine Orchidee hat wohl an der Nordseite des Hauses doch nicht die richtigen Standortbedingungen vorgefunden, meinte ich. Vielleicht ist ihr das Efeu zu nahe gerückt. Vorsicht machte ich ein wenig Platz und erkannte, sie existiert noch, ist offenbar aber bereits verblüht.
Ein paar Tage darauf, beim Fegen des Gehwegs, kam der freundlich Nachbar vorüber. Nach dem Gruß, über meine niedrige Hecke auf eine Stelle im Vorgarten deutend und sagte: „Da wächst seit mehreren Jahren eine Orchidee.“ Den Besenstiel zu Hilfe nehmend und hinzufügend: „Da, neben der Felsenbirne, der aufragende Stängel.“ Es gab keinerlei Widerhall. Der etwas seltsame Gesichtsausdruck meines Gegenüber gab mir zu denken. Vielleicht hatte ich ein x-beliebiges Kraut aufgrund falscher Erwartungen als Rarität angesehen? Schwamm drüber.
Während einer geruhsamen Mittagspause auf der Terrasse liegend bemerkte ich ein ungewöhnlich erscheinendes „Unkraut“ nahe dem Bretterzaun des südlich angrenzenden Nachbargartens. Damit endete abrupt die Siesta. Nach erster Inspektion wollten die eigene Bibliothek und das Internet zu Rate gezogen werden. Denn eines war mir sofort klar, meine Orchidee hatte einen weiteren Standort gefunden. Es galt nun endlich etwas über diese Pflanze in Erfahrung zu bringen. Ich bemühte mich sie zu bestimmen und kam zu dem Ergebnis: Epipactis helleborine, Die deutschen Namen sind Breitblättrige Stendelwurz oder Breitblättrige Sitter. Die Art wurde 2006 zu Orchidee des Jahres gewählt. Es heißt sie sei gar nicht so selten. Gleichwohl ist sie, wie alle heimischen Orchideen geschützt.
Schutz will ich meinen Entdeckungen selbstverständlich gewähren. Da es keinen Rasenmäher in unserem Garten gibt, sind meine Schützlinge kaum gefährdet.
Wie es mit den Ansprüchen der Orchideen hinsichtlich Bodenbeschaffenheit steht, gilt es zu erkunden. Zunächst werde ich gar nichts verändern, schließlich suchten sie sich den Standort aus. Er wird ihnen also zusagen. Mir bleibt das Beobachten und die Freude an der Natur in nächster Umgebung.
Falls unter den Lesern auch einer heimischen Orchideenarten in Wald und Flur oder gar vor der Haustür finden sollte, bitte ich um eine Standortangabe.
Wer Epipactis helleborine genauer kennenlernen möchte, findet reichhaltige Informationen und gute Fotos auf den Webseiten von Arbeitskreis Heimische Orchideen Bayern e.V. Arbeitskreis Heimische Orchideen
Nachtrag 21.09.2016
So selten, wie ich dachte, scheint die Epipactatis denn doch nicht sein. Dazu gab mir ja auch Karin schon Hinweise. Jetzt fand ich einige trockene Exemplare auf einem öffentlichen Platz in einem bepflanzten Betonbeet am Südfriedhof Hildesheim, Marienburger Straße.
2. Nachtrag 01.07.2017
Von wegen "kaum gefährdet", weil es keinen Rasenmäher gibt! Eine Orchidee fiel dem Unkrautzupfen zum Opfer. Es geschah unabsichtlich und mich selbst trifft ein Teil der Schuld, denn ich versäumte es, meine lieben Frau auf ein neues Exemplar aufmerksam zu machen. Möglicherweise handelte es sich dabei sogar um eine andere Orchideen-Art. Lediglich einige schlechte Foto existieren davon. Nun hoffe ich auf die nächste Vegitationsperiode.
Hallo Rolf, Knipse-Fotos können auch gut und aussagekräftig sein, der Fotograf 'sieht' das Bild/Motiv und die Kam hält es nur fest.
So wie auf dem Profilfoto gehe (liege) ich sonst nie auf Fotopirsch - das war eine Ausnahme, da geht die Wiese etwas aufwärts - ich hatte das für Martina aus Jux gemacht und so eine Orchidee fotografiert.
Ich habe eine Knipse mit Klappdisplay und brauche mich nur bei Bedarf etwas 'beugen'. Ich bin ja nu auch kein junger Hüpper mehr.......
Liebe Grüße Karin