Bezirksrat streitet über Wasserkraft

Seit 1402 wurde die Leine in Döhren urkundlich nachweisbar aufgestaut und trieb Wasserräder an. Hier ein erhaltenes Gemälde von der Döhrener Wassermühle.
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Im Bezirksrat Döhren-Wülfel wurde der Wahlkampf eingeläutet. Die CDU beantragte auf der Juni-Sitzung der Bürgervertretung im Freizeitheim Döhren, die Pläne für eine Turbinenanlage an der Leine zu stoppen. Es entspann sich um die kühlen Leinefluten eine heiße Redeschlacht. Letztendlich scheiterte der Vorstoß der Christdemokraten. Mehrheitlich wurde der Antrag abgelehnt.

Bis Anfang der 70ger Jahre im vorigen Jahrhundert drehten sich Turbinen im sogenannten Turbinenkanal zwischen den Leinearmen in Döhren. Dann machte die Döhrener Wolle dicht. An die Weiternutzung der neuwertigen Wasserkraftanlage dachte damals keiner der Verantwortlichen. Die Turbinen wurden verkauft, das ehemalige Turbinenhaus zum Brückenhaus umfunktioniert, die alten Schächte mit Beton ausgegossen. Erst etwa 10 Jahre später wurden wieder Pläne diskutiert, die Wasserkraft der Leine nicht weiter ungenutzt über das Wehr rauschen lassen. Verschiedene Investitoren kamen und gingen, ohne dass viel geschah. Jetzt möchte die AUF Eberlein GmbH hier umweltfreundlichen Strom erzeugen. In den Blick geriet zunächst das kleine Wehr am Turbinenkanal, inzwischen wird aber auch über eine Anlage am großen Leinewehr nachgedacht. Und wieder laufen die Anlieger der benachbarten Eigentumswohnungen auf der Leineinsel gegen diese Pläne Sturm. Sie befürchteten Beeinträchtigungen und einen Wertverlust ihrer teuren Immobilien. Die CDU in Döhren machte sich zu ihrem Sprachrohr.

Vor allem die SPD-Fraktion und die Vertreter der Grünen im Bezirksrat blickten jedoch über den engen Horizont der Leineinsel hinaus. Die Politiker plädierten für die Nutzung der Wasserkraft auch im kleinen Rahmen der von Investor Eberlein angedachten Mini-Anlage.

„Der Ausstieg aus der Kernenergie ist beschlossene Sache. Laut Studie vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom April 2009 schwankt der Stromverbrauch in Deutschland zwischen 40 und 80 GW. Das Leitszenario der Leitstudie 2008 für das Jahr 2020 unterstellt eine installierte Leistung von rund 38 GW Windenergie und 17,9 GW Photovoltaik. Damit würden in Deutschland knapp 56 GW Kraftwerkskapazität installiert sein, die allerdings über keine langfristig exakt planbare Einspeisung verfügen“, rechnete SPD-Fraktionsvorsitzender Bert Oltersdorf vor und kam zu dem Schluss, dass auch kleine Anlagen sinnvoll seien. Oltersdorf: „Wenn wir die Prognosen der Studie zugrunde legen, wissen wir, dass wir uns dazu verpflichtet fühlen, jede Möglichkeit zur Erzeugung von regenerativen Energiequellen überprüfen zu lassen. Aus diesem Grund wollen wir als SPD-Kommunalpolitiker das Planfeststellungsverfahren, damit die unterschiedlichen Belange und widerstrebenden Interessen abgewogen werden. Außerdem hat die Vergangenheit uns gezeigt, dass um jeden Windpark, um jedes einzelne Windrad gestritten, ja mitunter gekämpft wird, genauso wie zurzeit bezüglich des Wasserkraftwerks an der Döhrener Wolle.“

Merkwürdig findet Manfred Müller, Ratsherr der SPD, das Wirtschaftsverständnis der CDU im Stadtteil. Müller: „Hier wird ein seriöser Investor an den Pranger gestellt bevor überhaupt von kompetenter Seite sein Ansinnen geprüft worden ist. Hier werden vorgeschoben Naturschutzinteressen missbraucht für die Durchsetzung von Einzelinteressen. Und die CDU ist ihr willfähriges Sprachrohr.“ Ratsherr Müllers Kritik geht aber noch weiter. Er hat kein Verständnis für die von der christdemokratischen Fraktion vertretene Meinung, das rechtstaatliche Verfahrung - wie ein Planfeststellungsverfahren - als bürgerfeindlich und einseitig eingestuft werden. „Was ist aus der Rechtsstaatspartei CDU geworden?“ fragt Manfred Müller. „Verfahrenssicherheit, Investitionssicherheit, Prüfsicherheit, Überprüfbarkeit und Gerichtsfestigkeit sind wohl keine Werte mehr für die örtliche CDU.“ Sein Fazit: „Mit solch einer Einstellung ist die Zukunft nicht zu erreichen.“

Man solle doch das Ergebnis des Planfeststellungsverfahrens doch erst einmal abwarten“, riet auch SPD-Vertreter Jens Schade. „In Rahmen dieses rechtlichen Verfahrens werden alle Einwendungen geprüft. Erst mit den Ergebnissen dieser Prüfung kann überhaupt eine fundierte Entscheidung getroffen werden“, sagte er. Der Einwand, ein Umweltverband habe sich generell gegen kleine Wasserkraftanlagen ausgesprochen, lies er nicht gelten. „Es geht doch nicht um einen völligen Neubau. Die Wehranlagen, der bedeutendste Eingriff in den Fluss, sind bereits vorhanden. Neue Turbinen an den Wehren fallen daneben nicht ins Gewicht.“ Bezirksratsherr Schade erinnerte daran, dass die Döhrener die Wasserkraft der Leine bereits seit dem Mittelalter genutzt haben.

Seit 1402 wurde die Leine in Döhren urkundlich nachweisbar aufgestaut und trieb Wasserräder an. Hier ein erhaltenes Gemälde von der Döhrener Wassermühle.
Noch rauscht die Leine ungenutzt über das Wehr: Ein Investor möchte hier aber Strom aus der Wasserkraft gewinnen.
Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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