Geschichtliches aus Döhren-Wülfel: Diebe suchten die junge St. Bernwardkirche gleich nach der Weihe heim

1893 geweiht: Die St. Bernwardkirche erinnert in ihrer Architektur an die Romanik.
  • 1893 geweiht: Die St. Bernwardkirche erinnert in ihrer Architektur an die Romanik.
  • hochgeladen von Jens Schade

Es war ein sonniger Herbsttag, als sich Wilhelm Sommerwerck, Bischof in Hildesheim, am Morgen des 8. September 1893 auf den Weg nach Döhren im Landkreis Hannover machte. Dort fieberten die katholischen Einwohner schon den kommenden Ereignissen entgegen. Schließlich sollte ein lang gehegter Wunschtraum Wirklichkeit werden. Der Bischof kam, um die frisch erbaute St. Bernwardkirche zu weihen.

Die Chronik vermeldet damals einen festlich herausgeputzten Kirchplatz, auf dem Fahnen und Girlanden im Wind flatterten. Abordnungen vieler Vereine waren aufmarschiert, der Direktor der Döhrener Wolle hatte seinen katholischen Arbeitern einen freien Tag gewährt. 118 Schulkinder standen Spalier, als der Bischof endlich mit der am Bahnhof auf ihn wartenden Pferdekutsche in Döhren eintraf. Nun konnte Architekt Christoph Hehl zur symbolischen Schlüsselübergabe schreiten.

Architekt Hehl hatte eine Basilika in romanischen Stilformen entworfen. Etwas über ein Jahr lang brauchten die fleißigen Bauarbeiter, bis das Werk vollendet war. Allerdings verzichtete die junge Gemeinde vorerst aus Geldmangel auf ein Querschiff und dem Chor. Denn die Baugelder mussten mühsam zusammengetragen werden. Das Startkapital für den Bau betrug nur 13 Mark. Soviel hatte 1888 die erste Spendensammlung erbracht.

Die Bernwardkirche war nach St. Godehard in Linden und St. Marien in der Nordstadt der dritte Ableger der zentralen katholischen Kirche St. Clemens in Hannovers Innenstadt. Und es sollte noch bis 1908 dauern, bevor Döhren eine eigene Pfarrstelle bekam. So wirkte als erster Geistlicher in Döhren Bernhard Jördens als Pastor in der nach dem mittelalterlichen Hildesheimer Bischoff benannten Kirche.

Abgesehen von der schon 1886 erbauten benachbarten katholischen Schule, dem heutigen Pfarrhaus, lag St. Bernward damals mitten im freien Feld. Die einsame Lage schien nicht nur fromme Menschen in das Gotteshaus zu locken. Nur wenige Wochen nach der Weihe, im November 1893, raubten Diebe bereits Ziborium und Montranz, wertvolle Behältnisse für Hostien. Es sollte nicht der einzige Besuch von Einbrechern bleiben. Einen Tag vor Heiligabend 1908 stahlen Ganoven einen Kelch; bei ihrem dritten Besuch im Januar 1909 scheiterten sie allerdings an der dicken Portaltür.

Seit 1907 lenkten ein gewählter Kirchenvorstand und eine Gemeindevertretung die Geschicke der Gemeinde. Alle Stände waren vertreten. Arbeiter, Handwerksmeister, Milchhändler und Aufseher weist die Liste der ersten Kirchenvorständler aus. Sie hatten eine wachsende Zahl von Gläubigen zu betreuen. 589 Döhrener Katholiken ergab eine Volkszählung im Jahr 1885, bis zum 1. 12. 1909 schnellte die Anzahl der Gemeindemitglieder auf 5212 hoch.

Die Zeit des Drittes Reiches hinterließ auch in der Gemeindechronik ihre Spuren. In den Jahren 1935 und 36 versuchten die Katholiken mit Glaubenskundgebungen Zeichen zu setzen, 1937 begannen die Döhrener, so heißt es in der zum 100. Jubiläum vor einigen Jahren herausgegebenen Festschrift, "mit apologetischen Vorträgen" gegen den Unglauben zu sprechen. Und der Wetterhahn auf dem Kirchturm öitt ebenfalls unter dem Krieg. Er verlor beim dritten Bombenangriff auf Hannover am 8. Oktober 1943 durch Splitter seinen Kopf.

In den Jahren 1959 und 60 rückten erneut Bauarbeiter an. Die Kirche wurde um die aufgeschobenen Bauabschnitte erweitert, die Platzzahl wuchs von 400 auf 650 Sitze. Danach veränderte St. Bernward nicht mehr groß ihr Gesicht. Nur 1983 konnte die lang ersehnte neue Orgel geweiht werden. Erst kurz vor dem großen Jubiläum 1993 herrschte auf dem Kirchplatz und im Gotteshaus wieder geschäftiges Treiben von Handwerkern. Insbesondere wurde der Kirchenraum völlig neugestaltet. Der Altar rückte weiter in die Mitte der Kirche und ein neues Altarbild schmückt nun den Innenraum. Mittelpunkt des Kunstwerkes ist eine Ikone, die Christus darstellt. Das Original befindet sich im Kloster Watopedi auf dem Berg Athos.

Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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