Kann es einen Gott geben?
Diese Frage wird wohl fast jeder Bewohner unseres Planeten, vielleicht bis auf eine verschwindend geringe Anzahl von Menschen, mit einem Ja beantworten. Ja, es kann einen Gott geben. Doch wenn man die Frage stellen würde, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass es tatsächlich einen Gott gibt, dann würden die Antworten vermutlich ganz anders ausfallen. Da würde wohl ein großer Teil der Menschheit sagen, dass sie nicht wüssten, ob es einen Gott gibt, oder eben auch nicht. Und viele der 80 Prozent der Weltbevölkerung, die einer der großen Religionen angehören, werden in der heute wissenschaftlich aufgeklärten Zeit der Meinung sein, dass für einen Gott in dieser Welt kein Platz mehr ist, dass es nie einen Gott oder auch Götter gegeben hat.
Man stelle sich einmal folgendes vor:
Auf einem fernen Planeten irgendwo in den Tiefen des Universums hat sich im Laufe von ungeheuer langen Zeiträumen Leben entwickelt. Das Leben reifte heran und entwickelte sich durch Selektion und Auslese auf seiner Höhe zu einer intelligenten Lebensform. Diese Lebensform bildete viele unterschiedliche Gruppen aus, die sich in ihrer Art zu leben teilweise stark voneinander unterschieden. Alle diese Wesen hatten jedoch eines gemeinsam. Seit man denken konnte, also seit unvorstellbar langer Zeit, glaubte man an Götter, verehrte sie und brachte ihnen Opfer dar. Der Meinung dieser Wesen nach waren die Götter Herr über die Natur und die Kreatur, beherrschten ihren Lebensraum und wurden von ihnen deswegen aus Ehrfurcht angebetet.
Jede dieser vielen unterschiedlichen Gruppen - wir können sie auch als Stämme bezeichnen - hatte ihre eigenen Götter oder ihren eigenen Gott. So gab es auf diesem Planeten eine Unzahl davon und jeder Stamm war der Meinung, dass seine Götter die einzig wahren seien. Einer dieser vielen Stämme, nur verschwindend gering an Köpfen verglichen mit der Gesamtzahl der intelligenten Bewohner auf diesem Planeten, gelang es in der Neuzeit, die erst von äußerst kurzer Spanne war, auf irgendeine Art seinen Glauben großflächig zu verbreiten, so dass andere Stämme ihren alten Götter aufgaben und sich dem Neuen zuwandten. Zum Teil schlossen sich andere Stämme freiwillig dieser neuartigen Glaubensrichtung an, zum Teil wurde sie ihnen aber auch mit Gewalt aufgezwungen. So oder ähnlich erging es auch anderen Stämmen in anderen Teilen dieses Planeten, so dass sich schließlich neben vielen kleinen Stämmen mit ihren eigenen Göttern einige wenige Hauptglaubensrichtungen ausbildeten, denen schließlich der Großteil der intelligenten Wesen dieses Planeten angehörte. Natürlich kam es da, wo sich die verschiedenen großen Glaubensrichtungen berührten, oft zu Streitigkeiten und nicht selten auch zu Kriegen, denen viele intelligente Wesen zum Opfer fielen, denn jeder beharrte darauf, dass sein Glaube der Richtige sei.
In der allerjüngsten Zeit dieses Planeten gab es aber auch intelligente Wesen, die sonderten sich ab und waren nicht mehr bereit an einen Gott zu glauben. Ihrer Meinung nach brauchte die Welt in der sie lebten keinen Gott, der alles erschaffen hatte und der alles bis in die Einzelheiten lenken sollte. Sie meinten, bestärkt durch immer mehr angeeignetes Wissen, von dem vieles nachweisbar auf Tatsachen beruhte, anderes auf Spekulationen, dass zur Entstehung ihrer Welt überhaupt kein Gott notwendig sei und dass sich ihre Welt von allein erschaffen habe.
Viele der intelligenten Wesen auf diesem Planeten waren der Meinung, dass nur ihr eigener Glaube der Richtige sei und versuchten andere zu missionieren. Sie verstanden die anderen nicht, die einen anderen Gott verehrten. Viele andere Wesen waren aber auch tolerant. Sie waren zwar der Meinung, dass ihr Glaube der richtige sei, ließen andere aber gewähren und tolerierten deren Einstellung. Und dann gab es noch die, die keinen Gott mehr hatten. Sie verstanden die anderen, oder auch nicht, tolerierten sie aber.
Was würde ich als Außenstehender und objektiver Betrachter nun zu dieser Geschichte auf dem fernen Planeten sagen? Ich würde dazu meinen, dass ich nicht sagen könnte, welche Glaubensrichtung die richtige und welches die falsche sei und wer den richtigen Gott ausgewählt hat und wer an ein Hirngespinst glaubt. Ob es vielleicht mehrere Götter gäbe, nur einen einzigen oder vielleicht gar keinen. Meiner Meinung nach könnte das auch keines der Wesen auf diesem fernen Planeten beurteilen und sei es noch so intelligent.
Was will ich nun mit dieser Geschichte sagen? Es ist die Geschichte der Menschheit selber. So und nicht anders spielte es sich auf der Erde ab. Es gibt verschiedene Glaubensrichtungen: Die Juden, aus denen die Christen und die Mohammedaner hervorgingen, die alle ein und denselben Gott haben, den Gott Abrahams. Die Hinduisten, die Buddhisten, die Konfuzianer, andere kleinere Religionsgruppen und die vielen Stammesreligionen. Welche von diesen Religionen ist die Richtige? Wer hat den einzig wahren Gott, der wirklich alles erschaffen hat und der alles lenkt? Sind es vielleicht die Christen, die der größten Glaubensrichtung angehören? Sind es die Mohammedaner, die vielleicht am strenggläubigsten sind? Sind es vielleicht die Buddhisten oder Konfuziunisten, die zwar einen Glauben, aber keinen Gott haben. Oder ist es eine der vielen anderen Religionsgruppen? Oder sind es etwa diejenigen, die überhaupt keinen Gott haben, überhaupt keiner Religion angehören? Ich vermag es nicht zu sagen und andere vermögen es meines Erachtens ebensowenig, auch wenn sie überzeugt sind, dass ihre Religion die einzig richtige und ihr Gott der einzig wahre Gott sei.
In meiner Kindheit und auch noch zu meiner Jugendzeit habe ich an unseren Gott, den Gott der Christen und seinen Sohn Jesus fest geglaubt, weil ich durch meine Umwelt geprägt war. Doch schon am Ende meiner Jugendzeit bekam ich Zweifel und schon bald war in meinem Leben kein Platz mehr für diesen Gott. Ich habe mich viel mit Wissenschaft, speziell der Astronomie, beschäftigt. Auch wenn der heutige Wissensstand, dem der Urknall als Grundlage dient, vermutlich noch längst nicht der Weisheit letzter Schluss ist, so bin ich doch der Meinung, dass sich die Welt von selbst erschaffen hat und dass dazu kein Gott notwendig war. Je weiter sich das Wissen der Menschheit entwickelt, desto weniger Raum bleibt für Götter oder den einen Gott. Zu Zeiten des Alten Testamentes wandelte Gott noch auf Erden. Menschen wie Noah, Abraham und Moses wollen oder sollen Kontakt zu ihm gehabt haben. Später wurde er in den Himmel versetzt, auch wenn Jesus noch mit ihm sprach, zumindest den alten Schriften nach. Doch als später nach der Industriellen Revolution der Himmel erobert wurde, fand man dort keinen Gott. Wo war er? Jedenfalls nicht im Himmel. Vielleicht in den Herzen der Gläubigen oder gar in einer anderen Dimension? Meiner Meinung nach gibt es den Gott der Christen nicht und auch keinen Gott einer anderen Religion. Aber das ist nur mein ganz persönlicher Glaube, und glauben heißt nicht wissen, sondern eben nur glauben. So will ich nicht ausschließen, auch wenn ich nicht daran glaube, dass es vielleicht doch irgendeine Macht gibt die alles erschaffen hat und die vielleicht sogar alles lenkt. Alles kann möglich sein, kann es doch nicht widerlegt werden. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass es so ist, die ist wohl äußerst gering. Ob ich die Wirklichkeit wohl jemals erfahren werde? Wahrscheinlich nicht und wahrscheinlich auch kein anderer Mensch, solange es Menschen geben wird. Alles ist nur Glauben, auch wenn die Wissenschaft mit Riesenschritten voranschreitet. Man kann noch so viele Fakten und Tatsachen sammeln, das Wissen erweitern und sich daraus ein Gesamtweltbild formen. Doch die letzte Frage, die wird vermutlich für immer und für jeden von uns offen bleiben. Zumindest auf dieser Erde.
Auch wenn ich schon häufiger über diese Zusammenhänge nachgedacht habe, so will ich doch hiermit versuchen, meine Gedanken darüber aufzuschreiben. Den Anstoß dazu hat mir eine nahe Verwandte gegeben, die mich gefragt hat, warum ich nicht an Gott glaube und dass sie das und mich nicht verstehen könne. Sie ist eine gläubige Christin und kann es nicht akzeptieren, dass andere Menschen anders denken als sie. Ich toleriere sie und ihren Glauben. Doch habe ich kein Verständnis für ihre Intoleranz. Jeder Mensch soll so leben wie er es für richtig hält und andere so leben lassen, wie sie es für sich für richtig halten. Kein Mensch soll einem anderen seinen Glauben aufdrängen, und aufzwingen schon gar nicht. Dass das in der Vergangenheit und der Geschichte des Christentums oft geschehen ist (natürlich auch bei den anderen Religionen), darüber und über Anderes will ich jetzt berichten und damit bin ich wieder bei der Anfangsgeschichte angekommen, die unsere eigene ist und die ich jetzt näher betrachten möchte.
Vor langer Zeit
Unsere Erde existiert seit etwa 4,5 Milliarden Jahren. Das ist ein Zeitraum der so lang ist, dass ihn sich unser Gehirn kaum vorzustellen vermag. Doch es brauchte, gemessen an dieser Zahl, gar nicht so lange, bis die ersten primitiven Lebensformen entstanden. Sie entwickelten sich, wie von Charles Darwin im 19. Jahrhundert erkannt, durch Auslese und Selektion ständig weiter. Bis zu Darwins Zeiten hatte man angenommen, dass Gott alle Lebewesen so geschaffen hatte, wie sie existierten. Doch nun erkannte die Wissenschaft, dass alle diejenigen Lebensformen, die der Umwelt nicht angepasst waren, von der Bildfläche des Lebens verschwanden und nur die überleben und sich weiter entwickeln konnten, die sich auf die Umweltbedingungen einstellten. Mit anderen Worten: Das Leben entwickelte sich eigenständig. Brauchte es dazu einen Gott, der diesen Vorgang steuerte? Oder geschah alles durch Zufall, durch Selektion und von ganz allein?
Bis die ersten menschenähnlichen Wesen auftraten, sollte allerdings noch sehr viel Zeit vergehen. Vor etwa fünf Millionen Jahren erschien ein früher Vormensch auf der Bühne des menschlichen Lebens, eine Übergangsform zwischen Tier und Mensch, der Australopitecus, der allerdings kein direkter Vorfahr sondern nur ein Verwandter von uns ist. Sein Gehirn war noch sehr klein, und ob er schon Werkzeuge benutzte, ist nicht bekannt. Spätestens mit Beginn der Altsteinzeit wurde das anders. Schon eine Million Jahre vor dieser Zeit benutzen die frühen Vormenschen den Faustkeil als Werkzeug. Doch nun wurden neben dem Erlernen des Feuermachens diverse andere Werkzeuge entwickelt, die das Leben vereinfachten. Spätestens seit dieser Zeit, vielleicht aber auch viel früher, begannen die Menschen an Götter zu glauben und führten religiöse Riten durch.
Seit etwa 300 000 Jahren gibt es den Menschen der Neuzeit, den Homo sapiens, der den bisherigen Höhepunkt der Entwicklung des Lebens auf der Erde darstellt. Er steht seit dieser Zeitspanne dem heutigen Menschen, was das Gehirnvolumen anbelangt, kaum nach. Er hat dieses geistige Potential nur noch nicht in dem Maße ausgeschöpft wie wir es heute tun. Aber es war bereits vorhanden. Auch er hatte wie seine Vorfahren einen festen Glauben. Auch er glaubte an Götter und brachte ihnen, selbst noch in der Jungsteinzeit vor wenigen tausend Jahren Opfer dar. So hat man in mehreren Höhlen Niedersachsens, z. B. in der Lichtensteinhöhle bei Osterode oder in den Ithhöhlen, verkohlte Menschenknochen, sogar die von Kindern, gefunden. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie den Göttern geopfert wurden. Das klingt aus unserer heutigen Sicht grausam und unmenschlich. Doch können wir diese Menschen deswegen verurteilen, die zu ihrer Zeit nach bestem Wissen und Gewissen und in bestem Glauben gehandelt haben, um die Götter und damit ihre Existenz für sich zu gewinnen? Sie taten ihrer Meinung nach das Richtige und wollten auf keinen Fall den Zorn der Götter heraufbeschwören, der vielleicht zu ihrem Untergang hätte führen können. Auch in späterer Zeit sollte ähnlich Grausames, aber in größerem Stil, geschehen. Dann jedoch auch von Christen, die aus anderen Beweggründen handelten, die nicht ihre Existenz bedrohten. Darauf komme ich noch zu sprechen.
Vor etwa 11.000 Jahren begannen die ersten Menschen sesshaft zu werden. Die Anfänge der Stadt Jericho fallen in diese Zeit. Noch einige tausend Jahre später entwickelten sich die ersten Hochkulturen, wie z. B. die der Ägypter, der Sumerer und der Babylonier. Ihnen folgten viele andere Kulturen. Zum Schluss waren es nach den Griechen die Römer, die in das Mittelalter überleiteten. Sie alle hatten eines gemeinsam, nämlich viele Götter. Die einen mehr, die anderen weniger. Doch insgesamt war es eine fast unüberschaubare Anzahl von Göttern (allein die Römer hatten 60). Doch wer hatte die richtigen Götter oder den Gott der alles erschaffen hatte? Kulturen kamen und Kulturen gingen, und mit ihnen kamen Götter und gingen Götter. So war es bisher immer. Warum sollte es ausgerechnet ab jetzt anders sein?
Auch einigen Sippen erging es nicht anders, die südlich des Toten Meeres im Raum Palästina, dem Ursprungsort des Judentums und des Christentums, lebten. Sie waren aramäischer Herkunft und aus Nordarabien eingewandert. Jede dieser Halbnomaden-Sippen hatte ihren eigenen Gott, der sich dem jeweiligen Sippenoberhaupt, dem Vater, offenbarte. Es war der Kult der Vätergötter. Die Sippe verehrte diesen Gott als „Gott unseres Vaters“. Unter seiner Führung und seinem Schutz begaben sich die Halbnomaden auf die von den Jahreszeiten bestimmten Wanderungen. So ist es auch zu erklären, dass einige Sippen von ihnen nach Ägypten zogen, um dort vorübergehend Fuß zu fassen. Die folgende Geschichte ist allgemein bekannt. Um der Fronherrschaft des Pharaos - eventuell Ramses II oder dessen Sohn Merenptah - zu entgehen, verließen die Sippen unter Führung von Moses Ägypten, um in den Raum Palästina zurückzukehren. Dort vereinten sie sich mit den ansässigen Sippen und verehrten von nun an nur noch einen Gott, den Gott Jahwe. Die charakteristischen Eigenheiten der vielen Vätergötter wurden von nun an auf diesen einen Gott übertragen. So z. B. die freiwillige Bindung Gottes an eine bestimmte Menschengruppe, Schutz des Rechtes und des Lebens, Führung und friedfertige Haltung. Das war der Anfang der Jahwereligion, des Judentums und der Beginn Israels. Gleichzeitig war es der Ursprung der später nachfolgenden Weltreligionen der Christen und der Mohammedaner. Hatten sich bis dahin den Menschen, zumindest den Oberhäuptern der Sippen, die jeweiligen Götter offenbart, so war es von nun an nur noch ein einziger Gott, der sich einigen wenigen Menschen offenbarte.
Für mich stellt sich nun hier die Frage, wie auch zu den Zeiten davor: Haben diese wenigen Menschen wirklich Kontakt zu einem Gott gehabt? Waren sie nur in dem festen Glauben Kontakt zu ihm gehabt zu haben? Oder haben sie es nur vorgegeben, weil sie etwas Besonderes darstellen wollten und mussten, weil es von einem Sippenoberhaupt erwartet wurde? Diese Frage kann nicht beantwortet werden. Für mich ist jedoch die Wahrscheinlichkeit der letzteren beiden Möglichkeiten die Größere. In der Bibel selbst heißt es mehrmals: Gott hat sich ihm im Traum offenbart. Jeder Mensch träumt, doch sind seine Träume deswegen Wirklichkeit? Andere göttliche Offenbarungen können, wie häufig bei Naturvölkern, auch in Trance oder durch Halluzinationen zustande gekommen sein. So sind die Betroffenen fest davon überzeugt Kontakt zu einem Gott gehabt zu haben, obwohl sie einer Sinnestäuschung erlegen waren. Für sie war es real, was sie da erlebt haben. Für andere ist es das nicht. Jeder Mensch hat seine eigene Wahrnehmung, und so kann man oft kaum sagen, welche Wahrheit die Richtige ist.
Auf Halluzinationen deuten auch 12.000 Jahre alte Felszeichnungen von Nomaden in der Sahara hin. Dort sind Figuren in den Fels gemalt, die Pilze am ganzen Körper tragen, zum Teil auch einen großen auf dem Kopf. Einige haben eindeutig die Form von Fliegenpilzen. Auch wenn sie giftig sind, so wirken sie doch in bestimmten, geringen Dosen als Drogen. Die Schamanen, und nur die durften Drogen herstellen, haben durch diese Zugang zu Bewußtseinserweiterungen gefunden, die sie in "göttliche Welten" versetzten. Und sie haben die Drogen bei bestimmten Anlässen und Feierlichkeiten an den ganzen Stamm verteilt, so dass bei diesen alle Teilnehmer in ekstatische Zustände geraten sind, hallizuniert haben. Könnte das zum Teil zur Entstehung von Religionen und Gotteserfahrungen beigetragen haben? Ist neben den Unerklärlichkeiten der Naturphänome und einem Nachdenken über das Leben nach dem Tod auf diese Weise eine Götterwelt entstanden?
Diese Pilzgestalten sind übrigens unabhängig voneinauf auf allen Kontinenten entstanden, sei es nun als Felsmalerein oder als Figuren wie in Mittelamerika. Überall auf der Welt wurden bei bestimmten Anlässen Drogen verwendet. Und wohl aus keinem Krieg sind sie für die Soldaten - vom Altertum bis heute - als Aufputschmittel, zur Konzentration und zur Unterdrückung von Schmerzen wegzudenken, wohlwissend, dass sie süchtig machen. Doch das nur nebenbei und nun zurück zur Geschichte.
Vor etwa 2000 Jahren betrat ein Mensch die Erde, der die Welt stark beeinflussen sollte. Jesus wandelte durch Palästina und predigte den Menschen von Vergebung der Sünden, von Liebe und von Friedfertigkeit. Er setzte sich für die Armen, Kranken und Schwachen ein und sogar für seine Feinde: „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun.“ Die Wissenschaft weiß über diesen Jesus, dessen Lehren nicht neu waren, sehr wenig. Alles was von ihm bekannt ist wurde mündlich überliefert. Beweise gibt es nicht. Ob er sich selber als Gottes Sohn betrachtet hat ist nicht bekannt. Wissenschaftler vermuten, dass es nicht so war. Ihrer Meinung nach sah er sich als Prediger. Doch das ist alles Spekulation. Jedenfalls wurde ihm irgendwann die Rolle des Gottessohnes auferlegt, und eine neue Weltreligion, das Christentum, entstand.
Einmal fragte mich eine Bekannte, die gläubige Katholikin ist: „Wie erklärst du dir denn die Jungfrauengeburt?“ Für mich war diese Frage typisch für einen Menschen, der an irgendetwas glaubt und es deswegen gar nicht erst infrage stellt. Auch ich bin in jungen Jahren nicht auf die Idee gekommen darüber nachzudenken, ob es Gott wirklich gibt oder nicht, ob Jesus sein Sohn sei oder eben nicht. Für mich waren das Gegebenheiten, die ich nicht angezweifelt hätte. Und so geht es wohl allen streng Gläubigen. Das, was ihnen von Anfang an beigebracht worden ist, ist für sie richtig und Gesetz. Und wehe, es kommt jemand daher, der ihren Glauben und ihre Welt infrage stellen will.
Dazu ein Beispiel, dass nichts mit Religion zu tun hat, wenn auch man es vielleicht als eine Art Religion bezeichnen könnte. Da Ufos - ich glaube nicht daran, allerdings schon an außerirdisches Leben - ein interessantes Gebiet sind, wohnte ich mit Freunden einmal einer Sitzung des Hannoverschen Ufo-Clubs bei. Fast alle Mitglieder hatten angeblich Ufos gesichtet, manche wollten sogar Kontakt zu ihnen gehabt haben. An diesem Abend war ein Psychologe eingeladen, der zu dem Thema Ufosichtungen ein Buch geschrieben hatte und darüber referierte. Er versuchte die Sichtungen, die, seiner These nach, verstärkt in menschlichen Krisenzeiten auftreten sollen, durch menschliche Ängste zu erklären. So waren es seiner Meinung nach Halluzinationen, die von den betroffenen Personen aber als real empfunden wurden. In der anschließenden Diskussion meldete sich eine ältere Frau zu Wort und sagte zum Ärgernis der anderen Ufologen entrüstet: „Nun machen sie doch nicht unseren schönen Glauben kaputt.“ Auch wenn ich die Ufologen nicht mit religiös Gläubigen vergleichen will, so hat der Inhalt dieses Satzes, den die ältere Dame ausgesprochen hat, mir doch zu denken gegeben. Es gibt zum einen die Gläubigen, die ihres Glaubens sicher sind und nicht daran zweifeln. Es gibt aber auch diejenigen, die zwar glauben, aber - vielleicht im Unterbewußtsein - anders denken oder sich ihrer Sache zumindest nicht sicher sind und ihre eigene (heile) Welt nicht zerstört haben möchten. Zu ihnen gehörte diese Frau.
Nun zurück zu meiner Bekannten, zur Empfängnis und zur Jungfrauengeburt Marias. Bei den meisten Völkern war es früher so - gerade im Orient hatte das große Tradition - dass schriftlich kaum etwas fixiert wurde, zum Teil, weil es eine Schrift nicht gab. Es wurde von einer Generation zur nächsten mündlich weiter übermittelt. Dass die Originalgeschichten nicht unbedingt erhalten blieben, kann man sich gut vorstellen. Der eine oder andere Erzähler gab einer Geschichte – ungewollt oder aber auch mit Absicht - noch etwas an Würze hinzu oder ließ das eine oder andere weg. So konnten sich Geschichten im Laufe der Zeit verändern. Das war also ganz natürlich. Wie war es nun zu Zeiten Jesu. Die Evangelisten, die die Jesusgeschichte aufschrieben, taten das lange Zeit nach seinem Tod, etwa zwischen 30 und 200 Jahren danach. Bis dahin wurde ihnen alles mündlich überliefert. Wer will nach diesem Zeitraum wissen, ob die Jungfrauengeburt Tatsache war, ein Übermittlungsfehler, eine verfälschte Weitergabe oder was auch immer? Wer war dabei und hat Maria rund um die Uhr beobachtet, um ausschließen zu können, dass nicht doch ein Mann zu ihr gekommen war, zumal sie ja mit Josef leiert war? Oder war in dieser Geschichte gar nicht von einer Jungfrau die Rede, sondern nur von einer jungen Frau? Eben der angesprochene Übersetzungsfehler. Diese Fragen stellen sich streng Gläubige nicht, oder sie wollen sie sich nicht stellen. Bis heute lässt der Vatikan an dieser und anderen Fragen nicht rütteln. Ist er damit in der heutigen Zeit noch glaubwürdig oder macht er sich nicht damit und den ganzen christlichen Glauben selbst unglaubwürdig? Hat Jesus tatsächlich Wasser in Wein verwandelt, Lahme gehend gemacht und den toten Lazarus zum Leben erweckt? Ist Jesus wirklich Gottes Sohn oder doch nur ein, wenn auch bewundernswerter Mensch und Prediger? Fragen über Fragen. Alle diese Geschichten sind mündlich weitergegeben worden, und keine von ihnen kann bewiesen werden. Dabei legt der Mensch doch sonst sehr viel Wert auf Beweise, um irgendetwas zu glauben. Doch Religionen scheinen eine Sonderstellung zu haben.
Wie dem nun auch sei, ob wahr oder nicht. Jedenfalls wurde mit Jesus der neue Glaube des Christentums geboren. Vergleichen wir die vielen verschiedenen Religionen der Welt einmal mit einen Baum, so ist dieser neue Zweig des Christentums zunächst ein sehr kleiner unter unzähligen anderen, denn er hatte zunächst nur wenige Anhänger. Doch wie jeder Zweig und sei er noch so klein, beanspruchte er die Wahrheit und Richtigkeit seines Glaubens für sich. So blieb er nicht klein, sondern wuchs und wuchs und entwickelte sich bald zu einem dicken Ast, sogar dem dicksten des Baumes, an dem wiederum andere Zweige wuchsen. Das Christentum breitete sich durch den Apostel Paulus und andere in der hellenistischen Welt aus und entwickelte sich zu einer Weltreligion.
Hier stellt sich mir erneut eine Frage, sofern es die wahre Religion mit dem einzig wahren Gott überhaupt gibt. Wird sie durch die Anzahl ihrer Gläubigen legitimiert? Ist sie durch Größe die wahre Religion? Oder kann auch eine der unzähligen kleinen Glaubensrichtungen, die von dem Großteil der Welt nicht wahr- oder ernstgenommen werden und die nur wenige Anhänger zählen, die wahre Religion sein? Auch hier denke ich, dass alles möglich sein kann. Auch wenn die Mehrzahl hinter einer Sache steht, so bedeutet das nicht automatisch deren Richtigkeit. Ein einzelner kann Recht und die Wahrheit erkannt haben. Dafür gibt es unzählige Beispiele in der Geschichte der Menschheit.
Natürlich gab es bei der Ausbreitung des christlichen Glaubens Schwierigkeiten. Die römische Welt glaubte, jedenfalls mehr oder weniger, an ihre eigenen Götter und wer möchte sich schon seinen Glauben streitig machen lassen und seine Welt verändert haben? So kam es zwangsläufig zu den Christenverfolgungen. Die Christen mussten sich in den Katakomben verstecken und wurden in die Arenen getrieben. Natürlich war das grausam. Doch sollten die Christen selber in späteren Jahrhunderten nicht weniger grausam handeln.
Ewa 100 Jahre vor dem Untergang des Römischen Reiches gelang es den Christen in Mitteleuropa Fuß zu fassen. Die Germanen liefen zum christlichen Glauben über. Andere Völker wie Kelten, Nordgermanen, Slawen und Ungarn wurden durch Missionstätigkeit gewonnen.
Parallel dazu entwickelte sich im 7. Jahrhundert eine andere Weltreligion, die denselben Ursprung und denselben Gott hatte wie das Junden- und das Christentum und die sich rasend schnell über die damalige Welt ausbreiten sollte. Es war der Islam, der in seiner Hochzeit ein Gebiet von Spanien bis nach China umfasste. Die Religionen unterschieden sich auch dadurch, dass Jesus bei den Moslems nur einer von vielen Propheten war. Der Begründer ihrer Religion war der Prophet Mohammed. Auch auf moralischem Gebiet gab es eine Unterscheidung. Während die Christen andere Religionen nicht respektierten, waren da die Moslems viel toleranter. So konnte ein Europäer durchaus mit Ansehen im Orient leben. Umgekehrt wäre dies nicht möglich gewesen. Ein Moslem galt bei den Christen als Heide.
Als im 11. Jahrhundert die Türken Jerusalem eroberten, war dies der Auslöser für eine Reihe von Kreuzzügen. Diverse Heere brachen bis ins 13. Jahrhundert im Namen Gottes – paradoxerweise im Namen desselben Gottes, den auch die Feinde verehrten - in das Morgenland auf, um die Heiden, die Ungläubigen aus Jerusalem zu vertreiben und den eigenen Glauben durchzusetzen. So kam es durch die Religionen zu Kriegen, Mord und Totschlag. Es ist kaum zu glauben, aber bis in die heutige Zeit hält dieser Zustand an. Sei es in Israel und Palästina zwischen den Juden und den Moslems, sei es in Indien zwischen den Hinduisten und den Sikhs, sei es in Nordirland zwischen den Protestanten und den Katholiken, sei es in den neunziger Jahren auf dem Balkan zwischen Christen und Moslems, oder in diversen anderen Gebieten der Erde. Und wenn Jesus nicht am Kreuz gestorben wäre, wäre dann den Juden Verfolgung und großes Leid erspart geblieben? Hätten dann nicht Millionen von ihnen ihr Leben lassen müssen, und das durch Christen?
Natürlich sind an all diesen Konflikten nicht nur allein die Religionen schuld. Aber sie tragen den großen Anteil daran, und manchmal sind sie eben doch die Hauptverursacher dafür gewesen.
Wenn man nun einen Schluss aus diesem allen ziehen sollte, dann würde er hart ausfallen: Gäbe es keine Götter und Religionen, so wäre die Welt friedlicher. Viele Millionen Menschen wären dann nicht grausam behandelt worden oder hätten dann nicht ihr Leben verloren.
Die Grausamkeiten - die es bei allen Religionen gab - sollten jedoch nicht abreißen. Kaum waren die Kreuzzüge vorüber, ging es vom späten Mittelalter bis zum Ende des 17. Jahrhunderts weiter. Nun suchte die Kirche die Opfer in den eigenen Reihen. Hexenverfolgung und Ketzerei waren angesagt. Zehntausende Menschen, hauptsächlich Frauen, mussten ihr Leben auf den unzähligen Scheiterhaufen lassen. Fielen Menschen, z. B. durch Denunziation oder einfach nur, weil sie irgendwelchen Leuten oder den Kirchenmännern aus irgendeinem Grund im Wege waren oder ihnen nicht passten, auf, so wurden sie angeklagt und vor das kirchliche Gericht der Inquisition gestellt. Religiöser Fanatismus und auch aufgestaute Sexualität – wodurch, kann sich wohl jeder vorstellen - lagen hier dicht beieinander. Wie diese Verhandlungen nur ausgehen konnten stand von vornherein fest. Unter der Folter gestand jeder, was die Folterknechte hören wollten. Bei der anschließenden Hexenprobe wurden die Angeklagten gefesselt ins Wasser geworfen. Gingen sie unter und ertranken, so waren sie schuldlos. Schwammen sie auf der Wasseroberfläche, so konnten es nur Hexen sein, und sie wurden verbrannt.
(Später hinzugefügt: Den Absatz über die Hexenverfolgung muss ich revidieren. Inzwischen habe ich in Erfahrung gebracht, dass sich die Kirche zunächst sogar gegen Hexenverfolgungen aussprach und sie auch später nicht guthieß. Ausnahmen gab es immer, so wie z. B. in Bamberg. Die Hexenprozesse wurden in der Regel vor nichtkirchlichen Gerichten geführt.)
Doch die Grausamkeiten sollten sich nicht nur auf die christliche Alte Welt beschränken. Ende des 15. Jahrhunderts entdeckte Kolumbus – lange nach den Wikingern und wohl auch anderen – Amerika. Damit bewies er, was man in manchen anderen Ländern, so im Orient, schon vor der Zeitrechnung wusste, dass die Erde eine Kugel sei. Auch in Amerika lebten Menschen und das nicht in geringer Zahl. Dort gab es jede Menge zu missionieren. Da die „Wilden“ nicht immer freiwillig zum Christentum übertreten wollten, wurde ihnen der Glauben mit Gewalt eingetrichtert. So vernichtete z. B. Hernando Cortez im Namen Gottes das Aztekenreich. Die Verbreitung des Glaubens war ihm dabei äußerst wichtig, diente ihm wohl aber auch als Vorwand. Schließlich war es das Bestreben jedes Conquistadors Ansehen, Macht und Reichtum zu erlangen. Die Gier nach dem Gold des sagenhaften Goldlandes Eldorado war grenzenlos. Andere, wie Francisco Pizzaro in Peru oder Francisco Vasquesz de Coronado im Süden Nordamerikas folgten seinem Beispiel, hinterließen Angst und Schrecken bei den Bewohnern des Landes, den Indianern und zogen eine blutige Spur.
Das Ende des Mittelalters war eine aufwühlende Zeit. Die Welt veränderte sich. Nicht nur, dass sie größer wurde, weil immer mehr Land entdeckt wurde und die weißen Flecken auf den Landkarten schrumpften. Der Fortschritt setzte nun - viele andere Länder waren da weit voraus - auch in der Alten Welt mit aller Macht ein. Wurden die wenigen Bücher, die es bis dahin gab, von Mönchen in dunklen Klosterkammern bei Kerzenlicht und Öllampen mit viel Aufwand kunstfertig geschrieben und angefertigt, so kam nun ein Mann, der durch seine Erfindung eine völlig neue Welt schuf, die der Kirche schwerstens zu schaffen machen sollte. Johannes von Gutenberg erfand die Buchdruckkunst. Gab es bis dahin nur einige wenige Menschen, die Lesen und Schreiben konnten, so sollte sich das nun ändern. Zunächst wurde zwar nur in Lateinisch gedruckt. Doch das sollte bald anders werden, so dass das Wissen dem gewöhnlichen Bürger zugänglich wurde. Das war für die Katholische Kirche zunächst nicht schlimm, im Gegenteil. Sie benötigte riesige Geldsummen für den Bau der Peterskirche in Rom. So verkaufte sie Ablasszettel, die ihr diesen Gewinn einbrachten. Wurden die für teures Geld käuflich erworben, so sprachen sie den Besitzer von seinen Sünden frei, bewahrten ihn vor dem ewig flammenden Inferno der Hölle, und er konnte sich getrost auf das Paradies freuen. So die Kirche.
Doch dann trat ein Mann auf den Plan, der sollte alles verändern und das mit Hilfe der Buchdruckkunst, ohne die er dieses Werk nicht vollbracht hätte. Es war der Reformator Martin Luther, der die 95 Thesen an die Schlosskirche zu Wittenberg schlug. Sie fanden in allen deutschen Landen Verbreitung, ebenso wie seine anderen, aus den Augen der Katholischen Kirche ketzerischen Schriften. Doch wagten es die Kirchenmänner nicht mehr Martin Luther, wie noch hundert Jahre zuvor Jan Hus, aus dem Weg zu räumen. Sie erklärten ihn zwar für Vogelfrei, wollten ihn aber als Märtyrer auf dem Scheiterhaufen vermeiden. Damit war der Grundstein gelegt für eine Spaltung der Kirche, die Martin Luther gar nicht wollte. Die Reformation verselbstständigte sich und griff um sich und verbreitete sich über Nord-Europa wie ein Lauffeuer.
Doch auch wenn damit das Mittelalter endgültig beendet war, so gab es eine Institution, die hielt an vielen Dingen aus dieser Zeit fest. Das war die Kirche, die die Scheiterhaufen noch zweihundert Jahre lang brennen ließ. Andersdenkende wurden nach wie vor verfolgt und nicht geduldet. Bekanntestes Beispiel ist wohl Galileo Galilei. Er bekannte sich öffentlich zu dem heliozentrischen Weltsystem des Kopernikus, der herausgefunden hatte, dass die Erde nicht im Mittelpunkt der Welt steht. Seiner Meinung nach war es die Sonne, um die alle Planeten kreisten. Galilei wurde zum Schweigen verurteilt. Trotzdem brachte er sein Hauptwerk „Dialog über die beiden großen Weltsysteme“ heraus, in dem er versuchte, seine neue Weltansicht zu beweisen und wurde darum wegen Ungehorsams und Ketzerei angeklagt. Bis zu seinem Tod blieb er Gefangener der Inquisition. Es ist kaum zu glauben aber doch wahr. Dreihundert Jahre benötigte die Katholische Kirche, um Galilei zu rehabilitieren. Erst im Jahre 1992 wurde ihm von Papst Johannes Paul II. Recht zugesprochen.
Doch es gibt noch mehr Punkte, die die Katholische Kirche auch heute noch im mittelalterlichen Licht erscheinen lassen. Da ist z. B. das Zölibat, das sich auf den Evangelisten Matthäus beruft. Dabei widerspricht es eher den Lehren Jesu. Ist es noch zeitgemäß oder war es das jemals? Ich wage es zu bezweifeln. Kann es von Gott gewollt sein, dass ein Mensch seine natürlichen Triebe unterdrücken und ohne sie auskommen soll? Ist das nicht eher unmenschlich und sogar unchristlich – was hätte Jesus dazu gesagt, wo er doch für alle Menschen Verständnis hatte - und ruft es nicht bei den Betroffenen, wie zu allen Zeiten, zum Hintergehen auf? Kann es der Wille eines Gottes sein, den angeblich so heiligen und frommen Menschen zur Lüge herauszufordern, da ein Leben ohne die Befriedigung dieser Sexualtriebe wohl kaum möglich ist? Außerdem liegt es vermutlich zum Großteil am Zölibat, dass zum Missbrauch an Kindern und Jugendlichen führt. Wie tief ist die Kirche da gesunken, wobei heute wahrscheinlich, so schlimm es auch ist, nur die Spitze eines Eisberges bekannt ist und eine externe Untersuchung nicht zugelassen wird. Die Kirche lässt nur durch eigene, abhängige Istitutionen untersuchen, mauert, vertuscht und deckt die Täter.
Ein anderer Punkt ist die Beichte. Wer berechtigt einen Menschen dazu, auch wenn er das Priesteramt erlernt und erworben hat, einem anderen Menschen seine Sünden zu vergeben? Hat etwa ein Gott diese Priester dazu bevollmächtigt, oder waren es nur andere Menschen, irgendwelche Kirchenoberen? Ist dieser Vorgang legitim und von Gott gewollt oder könnte und dürfte nur er selbst die Sünden vergeben?
Ein weiterer Punkt ist die Unfehlbarkeit des Papstes. Kann es einen Menschen geben, der unfehlbar ist und alles richtig macht? Dessen Wort Gesetz ist und nicht angetastet werden darf, obwohl auch ihm Fehler nachgewiesen werden können? Würde ein solcher Mensch nicht von Menschenhand in die Nähe des Göttlichen gerückt? Wäre das nicht Frevel und so etwas nicht nur durch einen Gott selber möglich?
Auch hier gibt es Diskussionsstoff, wahrscheinlich noch für lange Zeit. Für mich kann ich diese Frage klar beantworten: Nichts und niemand ist unfehlbar. Ein Papst oder Kirchenkleriker genauso wenig wie jeder andere Mensch. Ausgenommen vielleicht ein möglicher Gott (und vielleicht selbst der nicht).
Es gibt noch mehr Punkte, die an der Katholischen Kirche stören, auch wenn sie keine frühzeitlichen Überbleibsel sind. Beispielsweise die Untersagung der Verwendung von Kondomen. Soll Leben dadurch um jeden Preis geschützt werden, so wird genau das Gegenteil erreicht. Die Krankheit Aids kann sich schneller ausbreiten und vernichtet Millionen von Menschenleben. Darunter leidet besonders der Kontinent Afrika, aber auch die übrige Welt. Ist dieses Untersagen moralisch vertretbar?
Bei dem Wort Afrika fällt mir eine Geschichte ein, die sich zu Zeiten des Papstes Johannes Paul II. in den siebziger Jahren abspielte. In dem kleinen relativ armen afrikanischen Staat Elfenbeinküste kam ein wahnsinniger Herrscher auf die Idee, eine Kirche nach dem Vorbild des Petersdomes in Rom zu errichten. Sie sollte diesem möglichst genau gleichen. Dabei lebten in diesem Land hauptsächlich Moslems und nur zwanzigtausend Christen. Das gigantische Bauwerk wurde zwischen Palmen vollendet, wobei immense Kosten entstanden. Zur feierlichen Einweihung wurde der Papst eingeladen. Für sein Kommen verlangte dieser jedoch einen Preis. Die Höhe der Kirchenspitze musste niedriger sein als die des Petersdomes im Vatikan. Diese Geschichte bedarf wohl kaum einer Erläuterung. Trotzdem ein Wort: Wie kann sich ein Papst, das Oberhaupt der Katholischen Kirche, das eigentlich Vorbildfunktion haben sollte, zu einer solchen Aktion hergeben? Einen gigantischen Bau in einem kleinen Land einzuweihen, in dem die Menschen in Armut leben.
Dieser Vorgang zeigt auf, wie weltfremd die Katholische Kirche nicht selten sein kann. Sicher hat auch die Protestantische Kirche ihre Schattenseiten. Doch sie zeigt sich weltoffener, reformwillig und passt sich der Zeit an. Sie sieht sich als eine von mehreren christlichen Kirchen und nicht als die einzig wahre, wie es die Katholische Kirche erst im Herbst 2000 formuliert hat.
Nun hat sich die Kirche in der letzten Zeit stark gewandelt. Hatte sie früher nur die Aufgabe, den Menschen den Glauben nahe zu bringen, zu missionieren, die Weltpolitik mitzubestimmen und Macht auszuüben, möglichst mehr als der Kaiser, so ist das in der heutigen Zeit anders. Die Kirche hat sich aus der Politik zurückgezogen und konzentriert sich auf das, was dem Christentum entspricht. Sie ist auch ein normales wirtschaftliches Unternehmen geworden, dem man Raffgier und Habgier, wie im Mittelalter, schon längst nicht mehr unterstellen kann. Sie engagiert sich auf vielen sozialen Gebieten für karitative, humane Zwecke in der ganzen Welt. Diese Aufgaben sind von großem Wert. Allein deshalb ist die Kirche eine sinnvolle Einrichtung.
Auch das Bild Gottes hat sich in der letzten Zeit gewandelt. Wurde jahrhundertelang von der Kirche und den Kanzeln mit Gottes Zorn gedroht - es gab die Strafpredigt und es wurde abgekanzelt - wenn man seine Gebote nicht befolgte und konnte seine Rache fürchterlich sein, so wird heute das Bild eines sanften und gütigen Gottes vermittelt, und Himmel und Hölle stehen nicht mehr wie früher im Vordergrund.
Auch hier stellt sich mir wieder eine Frage. Müsste ein Gott nicht immer denselben Charakter haben? Kann es denn sein, dass die Gläubigen ihn nach ihren Vorstellungen formen? Dass er mal als zorniger, dem Menschen drohender Gott und mal als sanfter, guter Gott dargestellt wird? Müsste er denn nicht immer gleich sein, da ihn der Mensch in seiner Existenz schließlich nicht beeinflussen kann?
Noch eine Frage stellt sich: Sind Christentum und Kirche unweigerlich miteinander verbunden? Ist nur der ein Christ, der einer der vielen Kirchen angehört? Diese Frage kann klar mit einem Nein beantwortet werden. Natürlich kommt die Kirche ohne das Christentum nicht aus. Ihre Existenz beruht darauf. Umgekehrt ist es anders. Eine christliche Einstellung braucht die Kirche nicht zwangsläufig. Die Kirche ist eine menschliche Institution und von Menschenhand geschaffen. Nicht aber von Gott oder Jesus. Jeder kann eine christliche Einstellung haben, ohne, dass er einer Kirche angehört. So umfasst die christliche Einstellung einen größeren Bereich als den der Kirche, auch wenn ihr die meisten Christen angehören. So steht ein Christ seinem Gott nicht näher, wenn er einer Kirche angehört und zur Kirche geht. Und auch nicht näher, wenn er ein kirchliches Amt innehat. Christ sein bedeutet, an Gott und Jesus Christus zu glauben und nach den Zehn Geboten zu leben und zu handeln, egal ob man einer Kirche angehört oder auch nicht. Vor Gott sind alle Menschen gleich, egal ob Papst oder Pastor, Reicher oder Armer, Gesunder oder Kranker, Schwarzer oder Weißer. Gott macht da keinen Unterschied. Obwohl die Kirche also nicht unbedingt notwendig wäre, ist sie für einen Großteil der gläubigen Christen wichtig. In ihr haben sie eine Anlaufstelle. Sie verstärkt ihren Glauben, und an diesem Ort können sie sich ihrem Gott besonders nahe fühlen.
Das Christentum hat seinen Ursprung in Jesus Christus, dem Messias, dem Erlöser oder wie auch immer er genannt wird. Das gesamte Christentum und sämtliche christlichen Kirchen basieren auf ihm und verdanken ihm ihre Existenz. Doch wer war Jesus überhaupt? Was weiß man über ihn? Im Grunde ist es sehr wenig. Objektiv gesehen und nicht aus dem Blickwinkel der Gläubigen ist er noch nicht einmal eine historische Person. Das heißt, dass im wissenschaftlichen Sinn geschichtlich nichts über ihn bekannt ist. Deswegen gibt es auch keine Biografie über ihn. Trotzdem ist seine Existenz bewiesen, da ihn verschiedene Quellen erwähnen. Im jüdischen Talmud wird er nur am Rande erwähnt und hat keinerlei Bedeutung. Etwas mehr kann man über ihn aus den Briefen des Paulus erfahren, die etwa 30 Jahre nach Jesus Tod entstanden sind und damit die ersten schriftlichen Zeugnisse über ihn darstellen. So hat Paulus Jesus zwar nie getroffen, aber immerhin Personen gekannt, die ihm nahe standen. So auch Jacobus, einen der Brüder Jesu. Paulus selber verehrte den auferstandenen Christus. Doch erfahren wir aus seinen Briefen fast nichts über das Leben Jesu, ausgenommen dem Tod am Kreuz. Und das Leben Jesu, so schreibt er, gehe ihn nichts an.
Mehr und fast alles was wir über Jesus wissen, erfahren wir aus dem Neuen Testament. Die Evangelisten haben es niedergeschrieben. Begonnen haben sie damit vier Jahrzehnte nach Jesu Tod. Sie waren also auf mündliche Überlieferungen angewiesen. Was das bedeutet kann man sich vorstellen. Erzählungen lassen, wie schon erwähnt, viel Spielraum. So kann sich die Geschichte von einem Mund zum nächsten verändern. Sei es nun durch Weglassen oder Hinzufügen von Gegebenheiten, mal aus Versehen, mal mit Absicht. Oder sei es dadurch, dass sie der Sichtweise eines Gläubigen entsprach, wie es bei den Evangelisten der Fall war. Sie waren keine neutralen Berichterstatter, sondern Gläubige, die ihren Glauben niederschrieben. Ihren Worten kann man immerhin entnehmen, das sich Jesus vermutlich selber nicht als Gottes Sohn betrachtet oder bezeichnet hat. Andere haben das irgendwann von ihm behauptet und ihm diese Rolle auferlegt.
So ist also die wirkliche Geschichte des Leben Jesu nicht bekannt. Alles ist vage, Annahme, Deutung, Legende oder Spekulation. Aus einem winzigen Samenkorn unter vielen, vielen anderen hat sich der riesige Ast einer Weltreligion entwickelt, der sich weiter verzweigte. Christus hat gelebt, war dieses Samenkorn und war richtungsweisend für ein moralisch vernünftiges und friedfertiges Verhalten der Menschheit (auch wenn er andererseits zu Rebellion und Gewalt aufgerufen hat), was man der Kirche über den Großteil von zwei Jahrtausenden absprechen muss. Darum hat Jesus unseren Dank, unsere Hochachtung.
Übrigens spielt Jesus auch im Koran eine wichtige Rolle, ist darin vielleicht die wichtigste Person. Während Mohammed nur viermal erwähnt wird, wird Jesus 12 mal erwähnt. Nach islamischen Glauben ist Jesus allerdings nicht am Kreuz getötet worden, sondern das nur scheinbar - wie auch immer. Eine Theorie, die auf alten christlichen Schriften beruht und vom Koran übernommen wurde, besagt, dass Simon von Cyrene, der für Jesus das Kreuz getragen haben soll, statt seiner getötet wurde. Laut dieser Schriften wurde Jesus also nicht gekreuzigt, sondern Gott hat ihn zu sich geholt. Gott war es dieser Theorie demnach, der Jesus` Weg bestimmt hat, nicht die Juden.
Doch wie sicher ist es, dass Jesus der Sohn Gottes ist und dass es diesen Gott überhaupt gibt?
Und noch eine Überlegung
Wenn ich einmal davon ausgehe, dass es den Gott der Christen wirklich gibt, so stellen sich mir erneut einige Fragen. Hat dieser Gott nur die Erde geschaffen mit allem was darauf lebt, oder hat er das ganze Universum erschaffen? Hat er das Letztere getan, dann hat er viel zu tun gehabt. Nach heutigem Wissen gibt es eine Billion Galaxien. Zur besseren Vorstellung: das sind eine Million mal eine Million! In jeder Galaxie befinden sich zig Milliarden von Sternen. In unserer Milchstraße sind es rund 200 Milliarden. Wohl die meisten dieser Sterne haben Planeten. Sicher gibt es bei dieser unglaublichen Vielzahl von Planeten eine riesige Anzahl, auf denen sich Leben entwickelt hat. Und darunter gibt es vermutlich wiederum nicht wenige, die von intelligentem Leben bewohnt sind oder waren. Natürlich ist das Spekulation. Aber sie ist nach heutigem Wissensstand als Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Und wenn es so wäre, kann sich ein Gott und sei er noch so mächtig, dieser ungeheuren Vielzahl von Lebewesen annehmen?
Allein in unserer eigenen Galaxie benötigt das Licht, das in einer Sekunde immerhin dreihunderttausend Kilometer zurücklegt, von einem Ende zum anderen etwa einhundertzwanzigtausend Jahre. Die Dimensionen zu anderen Galaxien oder sogar bis zum Rande des Weltalls sind noch um so Vieles größer, dass wir es uns nicht im Entferntesten vorzustellen vermögen. 93 Milliarden Lichtjahre beträgt der Durchmesser, durch Expansion immer größer werdend. Kann ein Gott diese riesigen Entfernungen überbrücken und an allen Orten des Universums gleichzeitig sein? Ein streng Gläubiger würde an dieser Stelle wahrscheinlich entgegnen, dass für Gott Entfernungen keine Rolle spielen, da er in einer für uns unvorstellbaren Welt existiert, und dass er sich um Billionen Dinge gleichzeitig kümmern kann. Er mag Recht haben, auch wenn ich nicht daran glauben kann.
Allein wenn ich die Erde betrachte wird mir fast schwindlig bei der Anzahl der Lebewesen. Zurzeit gibt es auf ihr über sieben Milliarden Menschen, und es werden immer mehr. Zu Zeiten Jesu waren es etwa 300 Millionen und in Palästina nur wenige Tausende, um die er sich zu kümmern hatte. Und beschränkt sich Gott nur auf die Menschen oder auch auf die Tiere und vielleicht sogar die Pflanzen? Eben auf alles Leben? Kann sich Gott jedem einzelnen Menschen oder zumindest jedem der über zwei Milliarden Christen widmen und dessen Leben lenken? Jeder dieser Menschen hat sein eigenes kompliziertes Leben, sein eigenes Schicksal. Kann Gott da den Überblick behalten und das alles schaffen? Ein Gott kann es womöglich, auch wenn ich es mir nicht vorzustellen vermag. Vorstellen könnte ich mir schon eher, mal angenommen es gäbe einen Gott, dass er zwar die Welt erschaffen hätte, sich aber nicht um jeden einzelnen Menschen kümmern würde, sondern der Welt und dem Leben freien Lauf lassen würde. Doch müsste man einen Gott anbeten, der sich nicht um einen kümmert und einen wohl gesonnen ist oder einen beschützt? Der sich neutral verhält und allem seinen freien Lauf lässt?
Und angenommen es gäbe den guten Gott, der sich um jeden einzelnen Christen kümmern würde. Der seinen Lebenslauf lenkt oder ihn behütet. Warum, wenn es so wäre, warum ließe er dann so viel Leid zu? Warum würde er es nicht so einrichten, dass es allen Menschen gut gehen würde? Warum gibt es dann Kriege, Mord, Totschlag, Folter, Vergewaltigung, Krankheit und Leiden. Warum ließe er es dann zu, dass die Kirche selbst sogar für schreckliche Dinge verantwortlich war und es auch heute noch indirekt ist?
Wenn er sich nun aber doch nicht um jeden einzelnen Menschen kümmert, sondern vielleicht nur um die Welt im Ganzen und um die Erde im Allgemeinen. Warum schützt er die Erde dann nicht vor dem Menschen, der diesen wertvollen Lebensraum vernichtet? Seinen eigenen und auch den allen übrigen Lebens. Warum lässt er das zu und warum gibt es dann überhaupt einen Grund ihn zu verehren und ihn anzubeten?
Eine weitere Überlegung führt auf das Gebiet der Wissenschaft. Nach heutigen Erkenntnissen ist unser Universum 13,7 Milliarden Jahre alt. Die Welt des Großen kann die Wissenschaft inzwischen durch die Naturgesetze erklären. Wir wissen von Raumkrümmung, Zeit, Materie und Gravitation. Dieses alles hängt miteinander zusammen. Albert Einstein hat als erster erkannt, dass die Zeit kein konstanter Faktor ist. Bei hohen Geschwindigkeiten oder starker Gravitation läuft sie langsamer. Dass es so ist, ist keine Theorie, sondern messbar, auch wenn es uns sehr seltsam erscheint. Und wir wissen auch, dass die Zeit bei Lichtgeschwindigkeit und in Schwarzen Löchern stillsteht. Zeit existiert dort nicht mehr. Wie war es nun als das Universum seinen Anfang nahm? Es entstand aus dem Nichts heraus, aus einem unvorstellbar winzigen Punkt, der sich vor eben diesen 13,7 Milliarden Jahren mit ungeheurer Geschwindigkeit explosionsartig ausdehnte. Vor diesem Urknall gab es weder Raum noch Zeit, und erst mit dieser Ausdehnung entstand beides. Doch wenn es weder Zeit noch Raum gab, kann es auch kein Wesen, keinen Gott gegeben haben, der das Universum schuf, denn ein solcher würde einen Raum benötigen, in dem er existieren kann, genauso wie einen Zeitraum auch.
Für uns normale Menschen, die wir keine Astronomen, Mathematiker oder Physiker sind, die die Naturgesetze erkannt haben wollen und beschreiben, ist dieses alles nicht begreifbar. Es übersteigt unser Vorstellungsvermögen. Wir können es nur hinnehmen und glauben - oder auch nicht glauben. Also ist auch das eine Art von Glauben, auch wenn es, so die Wissenschaft, auf unwiederlegbaren Fakten und Naturgesetzen beruht.
Ob es nun tatsächlich so ist, oder ob wir vielleicht doch irgendwann wieder ein anderes Weltbild haben werden, werden wohl die Generationen nach uns erfahren. Vielleicht aber auch wird es nie mit Sicherheit geklärt werden können. Doch mit den neuartigen Technologien, die der Wissenschaft heute zur Verfügung stehen und 2016 mit der Entdeckung der Gravitationswellen, kann mit deren Hilfe vielleicht bald sogar der Urknall erforscht werden.
Wenn ich nun über all das nachdenke worüber ich bis hierhin berichtet habe, dann kann es für mich daraus nur einen Schluss geben: Es gibt wahrscheinlich weder einen Gott, wie den Gott der Christen, noch gibt es andere oder mehrere Götter, welcher Religion auch immer. Wie unsere Erde und das Leben entstanden sind, ist zumindest in etwa bekannt und wissenschaftlich begründet, auch wenn sich das Weltbild in Zukunft noch verändern kann. Aber wo bleibt da noch Raum für einen Gott, da man ihn für die Erschaffung nicht braucht. Die frühen Menschen auf der Erde haben sich Götter gemacht, da sie unwissend waren und Naturphänomene wie Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, Gewitter, Stürme oder einen Regenbogen nicht verstehen und deuten konnten. Sie hatten Angst vor den Naturgewalten, die ihre Existenz bedrohten und wollten sie besänftigen. So war es natürlich, dass sie sich durch Unerklärbares Götter schufen. Doch je weiter sich der Mensch entwickelte, je mehr er erforschte, erfuhr und die Welt zu verstehen lernte, desto weniger Götter brauchte er. Hatte früher jedes Volk oder sogar jede Sippe wie in Palästina vor der Zeit von Jocob und Isaack und den anderen Gestalten des Alten Testaments ihren eigenen Gott, so wurden es mit der Zeit immer weniger Götter. Und was war mit den Menschen, die ihre Götter aufgaben und sich einem neuen Gott zuwandten? Lebten sie danach etwa besser als vorher? Hat der Wechsel eines Gottes oder seine völlige Aufgabe irgendwelche Folgen, egal ob im Guten oder im Schlechten? Leben Atheisten weniger gut als andere Menschen? Werden sie, wie auch immer, vom Leben benachteiligt? Ich kann es jedenfalls nicht sehen und ich kann nicht erkennen, dass Menschen, die nicht an einen Gott glauben irgendwelche Nachteile erfahren. Für mich gibt es da keinen Unterschied.
Doch um eines sind die Gläubigen zu beneiden. Sie glauben an ein Weiterleben nach dem Tod. Für mich ist nach dem Tod alles zu Ende. Mit diesem Gedanken kann ich gut leben, da ich daran glaube, dass durch die Auflösung des Körpers auch eine Existenz des Geistes nicht mehr möglich ist, so, wie es die Jahrmilliarden vor meiner Geburt auch war. Aber schön ist der Gedanke doch, dass man ewig leben könnte und den Verstorbenen in einer anderen Welt vielleicht wieder begegnen würde. Weniger schön wäre die Vorstellung, für immer und ewig in der Hölle zu schmoren. Aber ob es so ist oder auch nicht hängt meiner Auffassung nach wiederum nicht mit dem Glauben zusammen. Entweder gibt es ein Weiterleben oder es gibt es nicht, egal ob man an einen Gott glaubt oder auch nicht.
Aber auch wenn ich nicht an die göttliche Existenz glaube, so kann ich sie doch nicht ausschließen. In dieser Welt, von der wir längst nicht alles wissen – vielleicht wissen wir nur einen Bruchteil von dem was wirklich ist - kann alles möglich sein, selbst ein Gott. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass es ihn gibt, ist verschwindend gering.
Wenn ein wirklich Gläubiger diesen Text lesen sollte, dann wird er vielleicht brüskiert und empört sein, vieles abstreiten oder zu erklären versuchen. Doch wer versucht, sich ernsthaft mit diesen Dingen auseinanderzusetzen, der wird zumindest einiges infrage stellen. Vermutlich möchte das ein streng Gläubiger aber gar nicht. Vermutlich möchte er in seiner Welt und mit seinem Glauben und Denken so weiterleben wie es ist. Mein Ziel ist es auch nicht mit meinen Ausführungen einen Gläubigen von seinem Glauben abzubringen. Doch wenn mich jemand danach fragt, wie meine Verwandte und kein Verständnis für meinen Nichtglauben aufbringt, dann sind einige erklärende oder fragende Worte angebracht. Toleranz ist ein wichtiges Gut in unserer Welt. Jeder sollte den Andersdenkenden so respektieren, wie es ihm gefällt zu leben, sofern er anderen dabei nicht schadet. Auch wenn man selber seinen Glauben hat, egal welchen, so sollte man doch Verständnis haben für andere Glaubensrichtungen und sie akzeptieren. Jeder Mensch soll den Glauben haben, den er für richtig hält. Oder eben gar keinen.
Wie wird es nun in Zukunft mit den verschiedenen Religionen weitergehen? Auch hier kann man nur Vermutungen anstellen. Bei den Christen ist die Entwicklung jedenfalls dramatisch. Immer mehr Menschen verlassen die Kirche und gefährden damit auch deren Existenz. War es in früheren Zeiten üblich, dass die Menschen beteten und zur Kirche gingen, so ist das längst nicht mehr der Fall. Zum Großteil sind es diejenigen aus der älteren Generation, die es regelmäßig in die Kirche zieht. Junge Menschen sieht man dort nur sehr wenig, es sei denn bei den Sekten. Die Kirchengänger sollen nur etwa drei Prozent der Bevölkerung ausmachen. Und wenn die Kirchen zu Weihnachten tatsächlich einmal voll sind, so hat das traditionelle Gründe. Zum Weihnachtsfest gehört die Stimmung der Kirche einfach dazu, das Glockengeläut, Kerzenschein, der Geruch von Tannennadeln und die Geschichte aus dem Lukasevangelium. Da die Menschen wissenschaftlich immer aufgeklärter werden, ist es ein natürlicher Vorgang, dass immer mehr den Glauben verlieren. So vermute ich jetzt einmal, dass diejenigen Menschen, die wirklich gläubige Christen sind, bald eine Randgruppe der Gesellschaft sein werden und es hauptsächlich Atheisten geben wird. Ob die dann ohne einen Gott schlechter leben werden als die gläubigen Christen, das wird die Zukunft zeigen.
Siehe auch:
War Ramses der Große der Pharao des Mose?
»und suggeriert, dass die zweite, von Ihnen angesprochene Variante ›besser‹ sei.«
Das ist nicht beabsichtigt. Beide Herangehensweisen haben ihre "Berechtigung". Keine Wertung.