Windmühlen Wassermühlen Weltkindertag 2017
Wettmarer Müller präsentieren Interessantes aus ihrem Alltag
Der 31. Weltkindertag rund um den Hannoverschen Maschsee fand auch im Jahr 2017 unter Mitwirkung von Wettmarer Müllern statt.
Wer in den Kalender von Gedenktagen schaut, der findet viel Erstaunliches, sinnvolle Anlässe zum Gedenken, aber auch weniger Überzeugendes, wie z.B. den „Tag des Deutschen Butterbrotes“, eingerichtet von der Werbegemeinschaft der Agrarwirtschaft.
Beim „Weltkindertag“ handelt es sich jedoch um eine seriöse bundesweite Veranstaltung, die den Kindern in aller Welt gewidmet ist und von dem gleichnamigen gemeinnützigen Hannoverschen Verein veranstaltet wird.
Als Förderprojekte beteiligt er sich 2017 u.a. an denProjekten:
1. „World Children`s Fund Deutschland e.V. (Hungerkrise im Sudan)
2. Handicap International (Prothesen für Opfer des Syrienkrieges)
3. Kinderschutz-Zentrum in Hannover (Gegen körperliche und psychische Gewalt gegenüber Kindern)“.
Die Arten der Hilfen werden folgendermaßen beschrieben: „Die Schulklassen sammeln Spenden und bringen die Spenden mit zur Kasse an das Maschsee Nordufer. Jedes Jahr werden tolle Projekte mit Spenden bedacht. Unter dem Motto "Wir wandern für den andern" laufen die Kinder um den Maschsee. An über 70 Ständen können die Kinder Spaß haben, aber auch viele Dinge dabei lernen. Kinder lernen Solidarität, Hilfsbereitschaft und den Austausch der Kulturen.“ [URL: https://www.weltkindertag-hannover.de/ (Stand: 21.9.17, 19.30h)].
Eine Menge unterschiedlichster Angebote als Belohnung für solch ein Engagement präsentierte sich um den Maschsee herum – wie jedes Jahr. Wen wunderts, dass deshalb auch 2017 ca. 5000 Schüler aus Grundschulen und den fünften und sechsten Schuljahrgängen das Gelände durchschwärmten?
Was hatten die beiden Müller der Bockwindmühle Wettmar in diesen quirligen Stunden anzubieten? Sie waren zum dritten Mal dabei und ersetzten die heute dominierenden Industriemühlen: „Die circa 550 Mühlenunternehmen in Deutschland produzieren pro Jahr 6,5 Millionen Tonnen Mahlerzeugnisse und 1,5 Millionen Tonnen Futtermittel.“ [http://www.muehlen.org/beruf/mitarbeite/ (Stand: 21.9.17, 19.55h)]. Die Bockwindmühle in Wettmar hingegen schaffte bei starkem Wind vielleicht drei Tonnen Mehl am Tag und der Müller in der Industrie heißt heute Verfahrenstechnologe und zu sehen ist kein traditionelles altes Handwerk, sondern wir kennen aus diesem modernen automatisierten, digitalisierten Produktionsprozess eigentlich nur noch das Endergebnis, die Kilotüte Weizenmehl o.ä. aus dem Supermarkt.
So also ernannten sich die eingeladenen Traditionsmüller selbst zu Vertretern der historischen Wind- und Wassermühlen der Region Hannover. Sie stellten neben einigen schriftlichen Informationen, z.B. Flyer und Poster über die Bockwindmühle Wettmar, einigen pädagogischen Arbeitsblättern, kleinen Mühlenmodellen und anderen Exponaten ein paar handfesten Geräte aus dem historischen Mülleralltag aus. Denn die Fragen mancher Schüler lauteten: „Kann man hier was machen?“ oder konkreter: „Was kann man hier machen?“
Man konnte z.B. versuchen, verschiedene getrockenete Getreidehalme , die in einem selbstgebauten Lernmodell in Plexiglasröhren sichtbar waren, den Körner in kleinen Gläsern mit ihren Namen zuzuordnen. Fallen, wie z.B. Buch“weizen“ waren auch eingebaut, denn er ist ein sog. „Pseudogetreide“ und gehört in Wirklichkeit zu den Knöterichgewächsen.
Man konnte mit einem kleinen (neuen) Mörser üben, wie vor ca. 10 000 Jahren Getreide zerkleinert wurde, um es für die menschliche Ernährung (in Form von Brei und Grütze) aufzubereiten.
Man konnte mit einer nachgebauten Handdrehmühle, die ab 400 v.Chr. nachgewiesen sind, selbst Getreide mahlen. Hier machte es Spaß, in der Vergangenheit war es eine stundenlange, mühselige Arbeit, die die Frauen zu verrichten hatten! Interessant ist für unsere Gegenwart auch, dass diese Mühlen während des Mittelalters verboten waren, um die Bauern zu zwingen, ihr Getreide bei der vorgeschriebenen Mühle des Grundherrn mahlen zu lassen – gegen Mahlzins für den Müller und vor allem den Feudalherrn selbst, versteht sich! Erst nach der Verkündung der Gewerbeordnung 1869/1871 wurde im damaligen Deutschen Reich der Gebrauch der Handdrehmühle wieder gestattet! – Nachzutragen bleibt, dass solche Geräte nach wie vor in anderen Erdteilen im täglichen Gebrauch sind: Eine junge Lehrerin aus dem Libanon bestätigte dieses am Weltkindertag, als sie sagte: „Meine Mutter hat auch noch solche eine Mühle.“ Und ein junger Lehrer aus Marokko kannte eine Handdrehmühle ebenfalls noch aus seinem Elternhause.
Man konnte am Weltkindertag an diesem Mühlenstand auch sehen, mit welchen Mitteln sich früher ein Müller gegen seinen Erbfeind, die Hausmaus, zur Wehr setzte: Schon im Mittelalter benutze man sog. Reusenfallen, die man heute noch als Lebendfallen in Tierhandlungen kaufen kann. Die Schüler konnten sich darüber hinaus aber auch eine nachgebaute tödliche „Schlagfalle“ vorführen lassen, die bereits 1425 von dem belgischen Künstler Robin Campin, Merode, auf einem Altarbild dargestellt wird, auf dem der biblische Zimmermann Joseph solche Fallen baut (zu besichtigen im „Metropolitan Museum of Art“ in New York). Die zweifelhafte Krönung war aber eine echte „Schwippgalgenfalle“ aus dem 19. Jh., bei dem die Maus mit einem Köder in ein Loch in einem Holzklotz gelockt wird und dort selbst einen Feder-Mechanismus auslöst, der sie mit einer feinen Drahtschlinge um den Hals schlagartig erwürgt. … Die Schüler fanden in dem Rahmen die Lebendfalle am besten!
Das beeindruckende Engagement der Veranstalter, großes Interesse auf Schülerseite, ein angenehmer Trubel, eine entspannte Atmosphäre fordern auf zur Teilnahme am Weltkindertag im September 2018.
Sehr schöner Bericht!