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Mit der Hilfe der Gastarbeiter erreicht Deutschland eine große Wirtschaftskraft

Deutschland ist durch die Gastarbeiter seit 1955 total verändert worden.

„Die Gastarbeiter", ein Bericht von meinem Freund Juan Carlos Blanco Varela.

Als 10-Jähriger kam ich mit meinen Eltern nach Deutschland und lebte 54 Jahre in diesem schönen Land, das Land meiner Jugend, das Land, das mir viel gegeben hat, erst als Rentner ging ich zurück zu meinem Geburtsort in Spanien.

Als erstes eine Information zu meiner Person:
Wie wir bereits vorher berichtet haben, die Gastarbeiter sollten nur eine begrenzte Zeit in Deutschland arbeiten und leben, aber es ist alles ganz anders verlaufen als gedacht, viele blieben und holten sogar ihre Familien nach Deutschland. Auch meine Familie blieb hier, zum Beispiel ich Juan Carlos Blanco Varela (1952 geb.), meine Schwester Maria del Carmen Blanco Varela (1955 geb., lebt heute in Zamora/Spanien), meine zweite Schwester Maria Jesus Blanco Varela (1960 geb., heute Maria Schmidt genannt, lebt immer noch in Misburg). Wir gehören zur zweiten Generation, mein Sohn Juan Carlos Blanco Urbano, (1973 geb.) lebt in Kleefeld/Hannover, er ist in Hannover geboren, ist bereits die dritte Generation, hat drei Kinder Anna Maria Blanco Jagodzinski, Fabio Noel und Diego Joel, das ist die vierte Generation, die sich in Deutschland in der Zeit zwischen 1962 bis heute gebildet hat.

Im Jahr 1962 mussten meine Eltern nach Deutschland auswandern, meine Mutter Maria del Carmen Varela Lopez, kam nach Cuxhaven, mein Vater Basilio Timoteo Blanco Fontenla nach Stade an der Elbe. Es dauerte 4 Monate, bis mein Vater zu meiner Mutter nach Cuxhaven umgezogen ist. Ein Jahr später sind wir, die drei Kinder von Spanien aus nach Cuxhaven geholt worden, ich begann mein erstes Schuljahr mit 11. Jahren in der Ritzebütler Volksschule in Cuxhaven. Im Jahr 1964 siedelten wir alle nach Hannover um, mein Vater erhielt ein Arbeitstellung bei der Hanomag und meine Mutter in der Continental/Vahrenwald. Wir lebten in einem kleinen Keller in der Posthornstrasse in Linden. Damals war es sehr schwierig in Hannover Wohnraum zu finden, mein Vater zahlte damals für einen kleinen Kellerraum, dort wo früher Getränke Vogelmann war, 300 DM Miete im Monat und das war damals sehr viel Geld. Wir lebten dort bis 1966, danach fanden wir eine etwas größere Wohnung in Mittelfeld/Hannover, sie war aber immer noch zu klein für uns fünf, da beschlossen meine Eltern, meine beiden lieben Schwestern zu einem bekannten Internat "Las Doroteas" nach Pontevedra/Spanien zu bringen. Meine Eltern und ich blieben in Mittelfeld. Zwischendurch arbeiteten wir drei zusammen bei der Fa. Kertess AG in Hannover, An der Weide, die Firma Kertess baute eine neue Fabrik in Misburg und so sind wir mit der Firma 1968 nach Misburg umgezogen und wohnten in der Straße An der Johanniskirche, eine Neubauwohnung die unser Meister bei der Firma Kertess und der Misburger Karl Ulhorn, uns vermittelt hatte. Dort habe ich mit meinen Eltern gelebt, die Wohnung war groß, so das ein Jahr später meine beiden Schwestern wieder nach Deutschland zurückgeholt wurden.

Sehr schön war meine Kindheit nicht, aber ich will mich nicht beschweren. Ich wollte eigentlich über mich selbst nicht berichten, da in der Chronik Misburg 2012, ausführlich in meinem Lebenslauf berichtet wird, dafür möchte ich über andere Gastarbeiter, die durch ihre Arbeit und besonderes Sozialverhalten, das Leben der Mitmenschen in Misburg verbessert und auch mitgestaltet haben, sie haben es verdient als echte Misburger erwähnt zu werden, denn die meisten Gastarbeiter der ersten Generation konnten sich rasch und problemlos integrieren und sich mit ihrer neuen Heimat identifizieren. Leider ist das in der heutigen Zeit mit der Integration der Immigranten etwas schwieriger geworden.

Gastronomie, Kioske, Obstläden, Kulturzentrums usw., Ein buntes Kulturland ist Deutschland durch die Gastarbeiter geworden. Das Leben in Deutschland war auf einmal total anders als ich es im Jahr 1963 vorfand. Deutschland hat viel südeuropäische Kultur übernommen, verstärkt durch den deutschen massiven Tourismus in den Ländern wo die Gastarbeiter herkommen. Es dauerte nicht lange, bis Spagetti, Giros, Alioli oder Paella von der deutschen Küche nicht mehr wegzudenken war und das ist heute immer noch so.

Die damaligen Gastarbeiter sind nach Deutschland gekommen um fleißig zu arbeiten, aber nach einigen Jahren begannen sie sich als eigenständige Mitbürger in der Gastronomie zu betätigen, sie eröffneten zahlreiche Restaurants und machten aus Deutschland ein multikulturelles Paradies der Gastronomie. Sie sind integriert worden ohne die Wurzeln ihrer eigenen Kultur zu verlieren. Sie wurden von der deutschen Bevölkerung als Mitbürger anerkannt, sie konnten sich rasch mental mit Deutschland identifizieren, sodas in jedem Ort ein Italiener, Spanier oder ein Grieche um die Ecke nicht fehlen durfte, so konnte man sich an die Urlaubserlebnisse gern erinnern.

Wie gesagt, ab der 50er Jahre, wie überall in Deutschland, kamen auch die Gastarbeiter in den Industrieort Misburg an. Der erste Italiener in Misburg war Calogero (Lilo) Italia, er war bereits im Jahr 1944 gekommen (als Häftling im KZ-Lager Neuengamme). Er heiratete eine deutsche Frau und war der erste, der mit seiner Mobileisdiele mit den Fahrrad Eis in Misburg verkaufte, immer mit seinem Hut auf dem Rad unterwegs, verkaufte er sein selbstgemachtes Eis. Er wurde in Misburg eine Kultperson, Ende der 90er Jahre ist er gestorben, sein Grab ist im Misburger Waldfriedhof.

So wie ich, sind viele Gastarbeiter der ersten Stunde alte Misburger geworden, Carlos der Spanier aus El Ferrol (La Coruña), die Italiener Calogero Sanfilippo, Angelino, Cosimo Ritacco, Enzo, die Griechen Paul Zervas und Vajos Motsios, beide waren Schwager und machten die erste Schneiderei „Grenoble" an der Anderterstrasse auf, Paul ging danach in der Gastronomie. Sie alle haben sie sich als alte Misburger identifiziert. Calogero Sanfilippo, Vajos und Carlos aus Spanien haben sich nicht in der Gastronomie selbständig gemacht, Carlos gehörte in den 60er Jahren zu den starken Jungs aus dem Kraftsportstudio in der Kurzen Strasse in Misburg, er arbeitete bis zu seiner Rente im Volkswagenwerk in Hannover.

Danach kamen in den 70er Jahren die Italiener Giuseppe, Natale, Antonio Ritacco und viele andere Italiener die bei der Firma Rethfeld arbeiteten. Auch die spanische Familie Cobano und Rodriguez, Jesus und Javier Rodriguez spielten in den 70/80er Jahren bei Stern Misburg Fußball, in der Bezirksoberliga, Manuel Cobano hat es auch zu Hannover 96 geschafft, spielte in der zweiten Liga mit, danach ging er nach Celle. Natale war auch Wirt vom „Casa" und über Giuseppe muss ich sagen, er hat viel für das Leben in Misburg getan, er war auch 10 Jahre lang der Wirt der Schützen beim Schützenfest in Misburg und mit Spenden für Wohltaten hat sich Giuseppe immer beteiligt (dafür ist er in der Chronik Misburg 2012 verewigt worden). Aber auch die, die etwas später gekommen sind haben viel für Misburg geleistet wie der Italiener Corallo, der Jugoslave Ranko oder der Grieche Alexandros Sotiriadis (bei Alex) mit seiner Frau Kula Gaidatzi (sie gehören zu meinen besten Freunden). Dazu möchte ich auch Dimitri und Katharina von „Cafe Oreo" nennen (die Misburger Chronik 2012 berichtet darüber).

Diese ersten Gastarbeiter mit ihren vielfältigen Kulturen haben ohne Frage viel für das tägliche Leben in Misburg beigetragen. Sie sind von den Bürgern respektiert und anerkannt, heute sind sie vom täglichen Leben nicht mehr wegzudenken.

Ab den 70er Jahren kamen zu uns die Gastarbeiter aus den orientalischen Ländern.

Zu dieser Zeit kamen zu uns die Gastarbeiter aus den Balkan (ehemalige jugoslawische Republiken, aber auch die aus dem orientalischen Osten, wie die Türkei und auch aus den arabischen Ländern. Etwas problematisch verlief die Integration der Gastarbeiter, die nach den 70er Jahren zu uns gekommen sind. Die meisten stammen aus islamischen Ländern, geprägt von einer islamischen, orientalischen und patriarchalischen Kultur. Sie wurden in Deutschland mit einer modernen und freien westliche Kultur konfrontiert, eine Gesellschaftsform die sie in ihren Heimatländern nicht kannten.

Für diese Menschen, die aus Not zu uns kamen, war es wie ein Schock, dazu sprachen die Imanen dauernd das die westliche Kultur Dekadenz bedeutet, danach glaubten diese Gastarbeiter, das sie in einer Welt leben das ohne Anstand und Moral in Wohlstand lebt, laut den Worten der Imanen ist diese Art zu leben, gegen die strengen Regeln des Koran. Es war eine neue Art zu leben die sie nie begriffen haben, das führte dazu das sie sich isoliert haben. Frauen durften nur noch nach strengen Regeln gekleidet auf die Straße und die Kinder wurden zuhause nach den Schriften des Koran erzogen.

Erst nach dem diese Kinder eingeschult wurden begann die Problematik, in der Schule lernten sie, dass viele Dinge im Leben in der heutigen Zeit etwas anders laufen als es zuhause von ihren Eltern erzählt wird. Der Besuch der Schule brachte oft Konflikte und Meinungsverschiedenheiten in den patriarchalischen orientalisch geführten Familien und das führte dazu, dass diese Kinder in zwei verschiedenen Kultursystemen aufgewachsen sind. Sie bekamen große Probleme mit der eigenen Identität, sie fühlten sich, als wenn sie in zwei verschiedenen Welten lebten. Doch in Deutschland sind sie durch ihr Verhalten fremd und in ihren Heimatländern wurden sie nicht akzeptiert, da sie eine fremde Mentalität hatten. Diese Kinder von Gastarbeitern waren hier wie dort Fremde und was daraufhin folgte, erleben wir zur Zeit in ganz Europa, ohne Integration ist keine Kommunikation möglich, man hat dann auch kein Verständnis für die Kultur und der europäischen Werte.

„Meiner Meinung nach hat sich die Situation der Integration von orientalischen Gastarbeitern sogar verschlechtert und man hat den Eindruck, dass sie sich nicht integrieren lassen wollen und möchten am liebsten, dass die Europäer sich auf ihre Lebenskultur, Lebensart und Traditionen umstellen. Das ist zu viel verlangt, das geht gar nicht, entweder akzeptieren sie die Regeln, Traditionen und Gesetze der europäischen Länder oder sie müssen schnellstens Europa verlassen, eine andere Wahl gibt es nicht!“

Ich würde gern noch viel ausführlicher über die Gastarbeiter berichten, aber ich muss versuchen meine Berichte kürzer zu fassen, in der Chronik Misburg 2012, wird ab Seite 413 bis 419 über dieses große Thema berichtet.

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1 Kommentar

Das ist wieder ausgesprochen spannend geschrieben und
zu den Gastarbeitern aus allen Ländern kann ich jedes Wort nur bejahen.

Vielen lieben Dank für den Bericht,
Grüße, Romi

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