Erinnerungen: Kindheit im Sommer (ab 1945) -Teil II-

Der "Kleeblatt-Club" mit Anhang

Wir waren etwa 8 Kinder in unserer Siedlung, die fast täglich miteinander spielten und gründeten den "Kleeblatt-Club". Erkennungszeichen war ein selbst gebasteltes 4-blättriges Kleeblatt, auf Pappe geklebt und mit einer Sicherheitsnadel an der Kleidung befestigt. Unser "Club" organisierte Vorführungen für Eltern und Kinder, indem wir in unserem Garten allerlei vortrugen, wie singen, tanzen, balancieren, Witze machen usw. Auch verkauften wir "Eis": vorher gekochte Götterspeise wurde zwischen Waffelbruchstücke gequetscht.

Aber das Lieblingsspiel war "Mutter und Kind". Es begann immer mit der Hochzeit. Meine Schwester Ilse spielte meistens die Braut und wurde entsprechend hergerichtet. Fredi als der einzige Junge, der so etwas mitmachte, war der Bräutigam. Ich, als das älteste Mädchen, war die Brautmutter. Werner, schon älter als wir alle, spielte - wenn er Zeit hatte - den Pastor. Die anderen waren Brautjungfern oder streuten Blumen. Es war jedes Mal eine wunderschöne Feier mit Umzug durch die ganze Siedlung.
Anschließend kam es sofort zur Geburt des ersten Kindes, wobei ich die Rolle wechselte und Hebamme wurde. Auf einem Tisch im Schuppen wurde die Puppe Bärbel "aus dem Bauch" der Braut hervorgeholt. Zusammen mit den anderen Puppen in Karren und Wagen wurde das Neugeborene dann spazieren gefahren.
Unsere Puppenkarren hatte Onkel Herbert übrigens selbst hergestellt. Sie waren aus Holz. Da sie ebenfalls hölzerne Räder hatten, rumpelten sie ziemlich laut über den Schotter. Aber uns störte das nicht; wir waren stolz und glücklich damit.

In den vielen mit Wasser gefüllten Bombentrichtern haben wir auch gern nach Fröschen gejagt und im nahen Bach "Flöth" kleine Fische (Stichlinge) gefangen, seziert und den Puppen zu essen gegeben.

Auch im Sommer hatte meine Mutter später Probleme mit meiner Lesewut. Anstatt im Haushalt und auf dem Feld zu helfen, saß ich lieber im Garten und las. Schon in sehr jungen Jahren habe ich dicke Wälzer aus dem Bücherschrank meiner Eltern verschlungen wie "Buddenbrooks" und "Soll und Haben".

Rückblickend hatten wir, trotz bescheidener Verhältnisse, mancher Geldsorgen, Nahrungsmittelknappheit und allgemeiner Versorgungsschwierigkeiten eine unbeschwerte, fröhliche Kindheit. Zumindest habe ich sie so in Erinnerung!

Ende

Bürgerreporter:in:

Irmgard Richter-Brown aus Springe

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