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Neue Urteile zum Fotorecht: Wie weit reicht die Panoramafreiheit? - Und: Sind Fotos im Internet vogelfrei?

  • Ganz ohne Recht geht es auch beim Hobby Fotografieren nicht.
  • hochgeladen von Jens Schade

Es gibt wieder interessante gerichtliche Entscheidungen zum Fotorecht. Zwei aktuelle Fälle werden hier vorgestellt.

Der Begriff „Panoramafreiheit“ hat für uns Fotografen - jedenfalls solange wir unser Hobby in Deutschland nachgehen - eine zentrale rechtliche Bedeutung. Erlaubt uns damit das Gesetz doch, Fotos von Kunstwerken, die bleibend im oder am öffentlichen Raum zu sehen sind (das können auch Gebäude sein, etwa der Gerry-Tower in Hannover oder das Reichstagsgebäude mit der besonders gestalteten Glaskuppel in Berlin), ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers von öffentlichen Flächen aus zu fotografieren und diese Bilder auch zu nutzen (jedenfalls in Deutschland und in Ländern mit vergleichbaren Regelungen). Über Einzelheiten zur Panoramafreiheit hatte ich ja schon mehrmals in der Serie zum Fotorecht hier auf myheimat geschrieben, so dass ich mich nicht wiederholen will. Bei Bedarf mag der geneigte Leser diese älteren Beiträge aufrufen.

Die Vorschrift des § 59 Abs. 1 Satz 1 Urhebergesetz (UrhG) erlaubt dabei nicht nur das Fotografieren eines Werkes, sondern darüber hinaus selbst die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe dieser Fotografie zu gewerblichen Zwecken. Für juristisch Interessierte zum Nachlesen: Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, GRUR 1990, 390, 391 - Friesenhaus; Landgericht (LG) Mannheim, GRUR 1997, 364, 365 f.; Dreier im Kommentar zum Urheberrecht von Dreier/Schulze, 5. Aufl., § 59 UrhG, Rn. 1; Czychowski in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 59 UrhG Rn. 10; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl., § 59 UrhG Rn. 12 und BGH, Urteil vom 19. Januar 2017 – I ZR 242/15 –, Rn. 21, in juris, das ist eine juristische Datenbank).

Jetzt gestattet der § 59 UrhG allerdings nur das Vervielfältigen eines geschützten Werkes mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder durch Film, mit anderen Worten, in Form einer nur zweidimensionalen Kopie. Ein dreidimensionaler Nachbau eines Werkes - beispielsweise eine Gebäudes oder eines Denkmals - ist dadurch nicht gedeckt. Genau darum ging es im vom Bundesgerichtshof am 19. Januar 2017 (Az.: I ZR 242/15) entschiedenen Fall (Stichwort „East Side Gallery). Hier hatte jemand ein auf einem Reststück der „Berliner Mauer“ aufgetragenes Gemälde fotografiert und damit vervielfältig. Soweit, so gut. Ein Foto ist zweidimensional und das Mauergemälde befindet sich an einem öffentlichen Raum, nämlich an einer Straße. Aber, und jetzt kommen wir zu dem juristischen Problem, unser Fotograf hat es nicht dabei belassen. Er hat ein (dreidimensionales) Architekturmodell von der Mauer gebaut und dann einen Papierabzug seines Gemäldefotos auf dieses Mauermodell geklebt. Das so gestaltete Modell wurde dann noch einmal abfotografiert und dieses Bild ins Internet gestellt.

Der Rechteinhaber des eigentlichen Mauergemäldes war nicht amüsiert, sah darin einen Eingriff in sein geschütztes geistiges Eigentum und zudem ein Verstoß gegen das Veränderungsverbot des §62 UrhG. Doch die Karlsruher Richter folgten dieser Ansicht nicht und wiesen in letzter Instanz die Klage ab. „Durch das Aufbringen der Fotografie eines Werkes auf einem dreidimensionalen Träger wird eine nach § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG zulässige Vervielfältigung des Werkes durch Lichtbild erst dann zu einer nach § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG unzulässigen Vervielfältigung des Werkes in dreidimensionaler Form, wenn dadurch zwischen der Fotografie und dem dreidimensionalen Träger nicht nur eine rein äußerliche, physische Verbindung geschaffen wird, sondern darüber hinaus eine innere, künstlerische Verbindung entsteht, so dass die Fotografie nicht lediglich von einem dreidimensionalen Objekt getragen wird, sondern mit diesem zu einem einheitlichen Werk verschmilzt. Wird eine zweidimensionale Fotografie auf eine ebene Fläche eines dreidimensionalen Trägers aufgeklebt, wird damit in aller Regel lediglich eine äußerliche Verbindung hergestellt und kein dreidimensionales Werk geschaffen. Auch wenn die Fotografie eines sich bleibend an einem öffentlichen Ort befindlichen Werkes auf Souvenirartikeln wie Kugelschreibern oder Tassen aufgebracht wird, wird damit lediglich eine rein äußerliche, physische Verbindung geschaffen. In solchen Fällen wird die Fotografie lediglich von einem dreidimensionalen Objekt getragen und verliert dadurch nicht den Charakter eines Lichtbildes“, meint der BGH. Etwas anderes soll nur dann gelten, wenn zum Beispiel aus verschiedenen Blickwinkeln angefertigte Fotografien eines dreidimensionalen Werkes (wie etwa die jeweils in Draufsicht angefertigten Fotografien der sechs Seiten eines kunstvoll bemalten Würfels) auf einen entsprechenden dreidimensionalen Träger eines verkleinerten Modell des Würfels aufgebracht werden. Dann, so die BGH-Richter, entstehe dadurch eine dreidimensionale Nachbildung des dreidimensionalen Werkes. In einem solchen Fall würden die Fotografien ebenso wie die Bemalung mit dem dreidimensionalen Träger eine künstlerische Einheit bilden und damit zu einer nicht erlaubten räumlichen Nachbildung des ursprünglichen Werkes führen.

Zum Abschluss dieses Beitrages zum Fotorecht noch ein weiterer Fall. Wenn jemand ein vorn einem Dritten angefertigtes Foto unerlaubter Weise auf seiner Internetseite veröffentlicht, dann begeht dieser „Jemand“ eine Urheberverletzung. Sollte man meinen. Meint auch der BGH. Doch wegen des Zusammenspiels von nationalem und europäischen Rechtes werden manche Rechtsfragen arg kompliziert. Weil geistiges Eigentum auch ein Wirtschaftsgut darstellt, hat die Europäische Union sich dieses Themas ebenfalls angenommen und die „Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft“ erlassen. Und dazu hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg ein Wörtchen mitzureden. Das macht die Sache nicht unbedingt einfacher.

Der Fall: Ein Berufsfotograf stellt (ich vermute einmal gegen entsprechende Bezahlung) einem Onlineportal ein von ihm aufgenommenes Foto einer spanischen Stadt zur Verfügung. Das Onlineportal veröffentlicht dieses Bild dann auch zulässigerweise im Internet. Schließlich haben die Portalbetreiber die Nutzungsrechte gekauft und wollen die Aufnahme für ihr Gewerbe einsetzen. Und jetzt kommt eine Schülerin ins Spiel. Zur Illustration eines Referates in einer Spanisch-Arbeitsgemeinschaft lädt sie sich eben jenes Städtebild herunter und baut es in ihr Referat ein. Das Referat einschließlich des fremden Fotos wird nun ebenfalls auf den Internetseiten ihrer Schule veröffentlicht. Das bemerkt der Fotograf und geht dagegen gerichtlich vor, fordert Unterlassung und Schadenersatz. Klagegegner ist nun aber nicht die Schülerin selbst, sondern das Land als Aufsichtsbehörde der Schule und Dienstherr der Lehrer. Der Fall geht durch die Instanzen und landet schließlich in der Revision beim BGH. Das Land hat sich nun eine raffinierte Verteidigungsstrategie ausgedacht.

Im Europarecht kommt es für den Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 eben jener obengenannten Richtlinie 2001/29/EG nach Ansicht des EuGH auf zwei entscheidende Merkmale an, damit eine Urheberrechtsverletzung angenommen werden kann.
Entweder muss dass geschützte Werk unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich von dem bisher verwendeten unterscheidet, neuveröffentlicht worden sein, oder , wenn dies nicht der Fall ist, dann aber für ein neues Publikum wiedergegeben werden, also für ein Leser bzw. Betrachter, an das der Inhaber des Urheberrechts nicht dachte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubte. Und hier liegt der Hase im Pfeffer. Denn ein anderes technisches Verfahren zur Veröffentlichung wurde nicht gewählt. Sowohl die erlaubte Wiedergabe des Bildes auf dem Online-Portal als auch die gerade nicht erlaubte Veröffentlichung auf der Schulhomepage erfolgten im Internet. Und nun argumentierte der Beklagte, auch die zweite Variante einer unzulässigen Bildnutzung - ein anderes Publikum -liege nicht vor.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hinsichtlich der „Verlinkung“ von Werken liegt nämlich keine Wiedergabe für ein neues Publikum vor, wenn auf einer Internetseite anklickbare Links zu Werken bereitgestellt werden, die auf einer anderen Internetseite mit Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber für alle Internetnutzer frei zugänglich sind. Unterliegt der Zugang zu den Werken auf der rechtmäßigen Internetseite keiner beschränkenden Maßnahme, sind die Werke dort eben für sämtliche Internetnutzer frei zugänglich. Werden, so der EuGH, diese Werke den Nutzern einer Internetseite über einen anklickbaren Link zugänglich gemacht, sind diese Nutzer potentielle Adressaten der ursprünglichen Wiedergabe. Sie sind Mitglieder der Öffentlichkeit, die die Inhaber des Urheberrechts erfassen wollten, als sie die ursprüngliche Wiedergabe erlaubten. Eine solche Wiedergabe erfolgt deshalb nicht gegenüber einem neuen Publikum und stellt nach Ansicht der Europarichter keine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG dar. Folge: Die Verlinkung bedarf keiner Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber.

Nun argumentierte das beklagte Land folgendermaßen: die Voraussetzung des „neuen Publikums“ - sei bei einer erneuten Veröffentlichung eines bereits mit Zustimmung des Rechtsinhabers im Internet auf einer frei zugänglichen Seite veröffentlichten Werkes auf einer weiteren, anderen Webseite nicht erfüllt. Die Homepage der Schule mit dem Referat spreche schließlich kein neues Publikum an. Die Schulwebseite richte sich, wie bereits die Internetseite des Online -Portals, an das allgemeine Internetpublikum.

Würde diese Ansicht zutreffen, so wären einmal rechtmäßig ins Internet gestellte Fotografien quasi Freiwild. Jeder könnte sich die Fotos klauen und ohne Erlaubnis und Vergütung auf seiner Interessierte verwenden. Zu Recht wollten die Bundesrichter deshalb auch der Ansicht des Beklagten nicht folgen, mochten andererseits aber auch nicht ohne Absicherung durch den EuGH die Revision der Schulbehörde zurückweisen. Daher legte der erste Zivilsenat des BGH diese Frage mit Vorlagebeschluss vom 23. Februar 2017 (Az. I ZR 267/15) den Luxemburger Richtern nun zur Klärung vor. Auf die Entscheidung des EuGH dürfen Fotografen gespannt sein.

Wer mehr zum Thema Fotorecht lesen möchte, klicke diesen Link an:
www.myheimat.de/hannover-doehren-wuelfel-mittelfeld/ratgeber/fotorecht-auf-myheimat-eine-link-liste-d2679106.html

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