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Fotorecht: Wenn ein Fotograf in die Luft geht

  • Diesmal geht es um ein Urteil zu Aufnahmen aus der Luft.
  • hochgeladen von Jens Schade

Wer schon einmal geflogen ist, hat bestimmt die Gelegenheit genutzt, ein paar tolle Aufnahmen durch das Flugzeugfenster zu schießen. Wenn nicht nur Wolken auf den Aufnahmen zu sehen sind, sondern auch ein Teil der Erdoberfläche, könnte es juristische Probleme geben. Hat ein Grundstückseigentümer die Lufthoheit über sein Grundstück? Darf er deshalb Luftaufnahmen davon verbieten? Mit diesen Fragen hatte sich die 10. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe zu beschäftigen. Die Fotofreiheit hat in diesem Fall gesiegt. Allerdings sind einige Ausführungen in dem Urteil aus meiner Sicht für Fotografen nicht ganz unproblematisch.

Worum ging es? Ein Unternehmen ließ von einem Flugzeug aus Luftbilder anfertigen und stellte diese dann als eine Art Landkarte ins Internet. Das passte dem Kläger nicht, der auf den zusammengestellten Bildern sein Haus und seinen Garten von oben entdeckte. Er reklamierte eine Verletzung seines Eigentumsrechtes und seines Persönlichkeitsrechtes. Das Landgericht wertete hingegen das Fotografieren von oben und die anschließende Veröffentlichung der Aufnahmen als rechtens.

In früheren Beiträgen hatte ich bereits die Rechtsprechung kritisiert, die grundsätzlich auch eine Eigentumsverletzung durch das bloße Fotografieren annimmt, Für mich absurd – denn wenn lediglich vom Eigentum reflektierte Lichtstrahlen auf einem Film oder einem Chip gespeichert werden, ist die Sache, deren Eigentum sich da jemand rühmt, dadurch doch gar nicht berührt. Aber viele Gerichte sehen sich eben als Schild und Schwert des Eigentums. Wir müssen die Rechtsprechung so hinnehmen und können nur hoffen, dass es eines Tages vielleicht einen einsichtigen Gesetzgeber gibt, der hier ein Machtwort spricht.

Doch was hat Eigentumsschutz mit dem Fliegen zu tun?

„Ungebetenes Eindringen in den Luftraum eines Grundstückes, die lotrecht darüber befindliche Luftsäule, stellt grundsätzlich eine Eigentumsbeeinträchtigung dar. Das Grundeigentum erfasst nämlich auch den Luftraum über dem jeweiligen Grundstück; eine höhenmäßige Beschränkung findet nicht statt“, wird in dem Urteil ausgeführt. Das heißt, ein Grundeigentümer hat erst einmal die unbegrenzte Luftherrschaft über alles, was sich direkt senkrecht über seinem Grundstück befindet. Dass er nun das Überfliegen durch Flugzeuge nicht verbieten kann, liegt einzig und allein daran, dass der Gesetzgeber ihm dieses spezielle Recht ausdrücklich genommen hat. § 1 Abs. 1 Luftverkehrsgesetz gibt die ordnungsgemäße Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge grundsätzlich frei und beschränkt dadurch das Eigentum.

Nun hätte das Thema Eigentumsverletzung möglicherweise schon deshalb abgehakt werden können, weil vielleicht gar nicht absolut senkrecht von oben fotografiert wurde, sondern das Flugzeug knapp neben dem klägerischen Grund und Boden vorbeisauste und die eigentumsrechtlich geschützte Luftsäule nicht durchflog. Doch das Landgericht stieg tiefer in die Problematik ein.

Wir erinnern uns: in einer umstrittenen Entscheidung hatte der Bundesgerichtshof  (BGH) festgelegt, dass das ungenehmigte Fotografieren auf dem Grundstück selbst den Eigentümer jedenfalls teilweise um die Früchte bringt, die er aus seiner Parzelle ziehen darf. Und deshalb heißt es: „Da der Grundstückseigentümer … entscheidet, wer sein Grundstück betreten darf und zu welchen Bedingungen dies ermöglicht werden soll, gehört zum Zuweisungsgehalt des Eigentums auch das Recht, darüber zu entscheiden, wer die wirtschaftlichen Vorteile ziehen darf, die das Betreten des Grundstücks eröffnet.“

Das ließe nun den Schluss zu, wenn ein Fotograf nicht auf dem Eigentum eines Klägers steht, dann ist aus Eigentumsschutzgründen nichts gegen das Fotografieren einzuwenden. Doch in vielen juristischen Darstellungen wird die Fotografierfreiheit unter Berufung auf dieses BGH-Urteil weiter eingeschränkt und behauptet, man dürfe nur den Auslöser von einer öffentlich zugänglichen Stelle aus betätigen (also nicht etwa vom Grundstück des Nachbarn aus). Wie das noch mit den „Früchten, die vom Grundstück selbst gezogen werden und deshalb nur dem Eigentümer zustehen“ in Einklang zu bringen ist, übersteigt meine Phantasie.

Leider folgt auch das Landgericht Itzehoe dieser Linie und spricht „von allgemein zugänglichen Stellen“, von denen aus lediglich ein Grundstück fotografiert werden dürfe. Für den hier referierten Fall war dies allerdings kein Problem: „Luftbildaufnahmen ist es ... immanent, dass diese von einem beliebigen Standort oder mittels Satelliten aus dem öffentlichen (Welt-)Raum und damit - auch wenn nicht für jedermann möglich - von einer allgemein zugänglichen Stelle aus angefertigt werden“, stellen die Richter immerhin fest.

Doch Vorsicht: Auch wenn der Luftraum dank des Luftverkehrsgesetzes eine allgemein zugängliche Stelle ist, so ganz sicher kann ein Fotograf dann doch nicht sein. Denn ein weiteres maßgebliches Argument für das Landgericht Itzehoe war, dass die Bilder aus einer Höhe von 15.000 Fuß aus aufgenommen wurden. Und wenn ein Flugzeug mal tiefer fliegt? Das Urteil verhält sich dazu offen: „Bei welcher Tiefe (oder Höhe) das Interesse des Grundstückseigentümers an der Ausschließung einer Einwirkung entfällt, lässt sich nicht allgemein festlegen. Entscheidend sind die konkreten Verhältnisse, wobei jedes schutzwürdige Interesse das Verbietungsrecht begründen kann.“

Die Richter stellten im vorliegenden Fall zudem darauf ab, dass die Bildqualität der streitigen Fotos „sehr gering ist und eine begrenzte Zoommöglichkeit keine detaillierte Betrachtung zulässt.“

Wie sollte es anders sein. Immer, wenn einem etwas nicht passt, dann wird der Hammer, der Datenschutz heißt, hervorgeholt. So auch hier. Die Richter gehen in der besprochenen Entscheidung davon aus, dass das Bundesdatenschutzgesetz tatsächlich auch hier anwendbar ist. Allerdings hat dies der Klage nicht zum Erfolg verholfen. Immerhin billigten die Richter der Beklagten zu, dass „der Kläger den Eingriff jedenfalls gemäß § 1004 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch analog zu dulden hat, weil die Beklagte ein berechtigtes Interesse i.S.d. Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO (= Datenschutzgrundverordnung) hat.“ Und hier wird es wieder kritisch. Die Richter treffen eine Einzelfallabwägung zwischen dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Klägers und den Interessen der Beklagten. Und das bedeutet: eine klare Linie gibt es nicht; jeder neue Fall könnte auch anders beurteilt werden.

Welche berechtigten Interessen konnte die Beklagten gegen die DSGVO ins Feld führen: Sie berief sich auf die Informationsfreiheit und die durch Art. 12 und 14 Grundgesetz geschützte wirtschaftliche Betätigungsfreiheit.

Für die Beklagte sprach letztendlich auch, dass es keinen „konkreten Zusammenhang zwischen der Abbildung des Hausgrundstücks samt Adresseingabe und dem Kläger als Person gab und die Abbildung auch keinen gesteigerten Informationsgehalt bezüglich der Person des Klägers oder irgendeiner anderen Person enthält.“

LG Itzehoe, Urteil vom 11. Juni 2020, Az.: 10 O 84/20.

Nun denn. Nur eines ist sicher. Selbst Bilder aus einem Flieger werfen viele rechtliche Probleme auf.

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2 Kommentare

danke für den informativen bericht.

Google Earth macht so scharfe auch 3D Bilder, da braucht man nicht aus dem Flugzeug oder der Drohne zu fotografieren.
Wenn man unter die Erde sehen will, dann gilt übrigends das Bergrecht.

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