myheimat.de setzt auf dieser Seite ggf. Cookies, um Ihren Besuch noch angenehmer zu gestalten. Mit der Nutzung der AMP-Seite stimmen Sie der Verwendung von notwendigen und funktionalen Cookies gemäß unserer Richtlinie zu. Sie befinden sich auf einer sogenannten AMP-Seite von myheimat.de, die für Mobilgeräte optimiert ist und möglicherweise nicht von unseren Servern, sondern direkt aus dem Zwischenspeicher von Drittanbietern, wie z.B. Google ausgeliefert wird. Bei Aufrufen aus dem Zwischenspeicher von Drittanbietern haben wir keinen Einfluss auf die Datenverarbeitung durch diese.

Weitere Informationen

Science-Fiction Erzählung: Reise zum Mond oder Rache ist ein Gericht, das man am besten kalt genießt

  • Eine weitere SF-Story für die langen Tage zu Hause.
  • hochgeladen von Jens Schade

Eine weitere Science-Fiction-Erzählung aus meiner Schublade. Etwas Lesestoff für die langen Zeiten zu Hause. Da Ihr, liebe MyHeimatler, meine hier bislang veröffentlichten Geschichten nicht völlig verrissen habt, traue ich mich, eine weiter SF-Story einzustellen. Vor langer Zeit ausgedacht und getippt, dann weggelegt. Nun ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt. Der Titel:

                                     Reise zum Mond
                                               oder
          Rache ist ein Gericht, das man am besten kalt genießt

Der Mann setzte ein strahlendes Lächeln auf und strebte zielstrebig der kleinen Gruppe von drei Männern und einer Frau zu, die sich am Check-in von Lunatrans eingefunden hatten. Die Frau trug einen rosa Hosenanzug nach der neuesten Mode, der ihr üppiges – von einer augenscheinlich sehr wertvollen Kette geschmücktes - Dekolletee betonte und offenherzig zur Schau stellte, die Frisur war – wie neuerdings in Europa wieder gängig, hochgesteckt. Ihr Begleiter, ein älterer Mann, steckte in einem wohl zehntausend Dollar teuren schwarzen Anzug. Die beiden anderen Männer trugen schlichtere, billigere dunkle Anzüge, waren bedeutend jünger, aber kräftiger und zeichneten sich schon auf den ersten Blick als Personenschützer aus.

Der Mann mit dem strahlenden Lächeln ergriff die Hand der Frau und schüttelte sie. „Willkommen bei Lunatrans“, sagte er und versuchte, sein Lächeln noch zu steigern. „Meine Gesellschaft freut sich, Sie und Ihren hochgeschätzten Mann an Bord begrüßen zu dürfen. Mein Name ist Frank Risaya. Ich bin erster Leiter der Abteilung Personenbeförderung und stehe Ihnen auf diesen Flug persönlich zur Verfügung.“ Die Frau lächelte huldvoll zurück. Der Mann, der sich mit Risaya vorgestellt hatte, wendete sich den älteren Begleiter der Frau zu. „Herr Bundesrichter, Lunatrans freut sich über die Ehre, dass Sie mit uns reisen. Ich versichere Ihnen, den Flug werden Sie nicht vergessen.“

Der mit dem Titel Bundesrichter angesprochene Mann grüßte reserviert. „Lassen Sie uns an Bord gehen. Meine Frau und ich sind etwas müde. Der Shuttleflug zur Station war doch etwas anstrengend. Man scheint die Beschleunigung beim Start von der Erde einfach nicht in den Griff zu bekommen. Trotz künstlicher Schwerkraft schlägt sie immer noch voll durch.“

Frank Risaya nickte eilfertig. „Selbstverständlich. Bitte kommen Sie. Es tut mir leid, dass die Anreise nicht so angenehm war. Lunatrans hat leider auf die Zubringerflüge zur Raumstation keinen Einfluss. Beim Flug zum Mond werden Sie aber keine Beschleunigung spüren. Dafür garantiere ich. Ihr Gepäck ist bereits an Bord. Bitte, ich bringe Sie zu ihren Unterkünften.“

Die Startphase verbrachten Frank Risaya und seine Passagiere angeschnallt auf Sesseln in ihren jeweiligen Kabinen. Start bedeutete in diesem Fall, dass ihr Raumschiff – eigentlich nur ein großer, mit einem Lebenserhaltungssystem versehener bewohnbarer Transportcontainer - von einer speziellen Vorrichtung der Raumstation in Richtung Erdmond geschossen wurde. Dreieinhalb Tag würde die Reise dauern, bevor die Anziehungskraft des Erdtrabanten den Flug abbremsen und sie in eine Umlaufbahn um Luna lenken würde.

Der Leiter der Abteilung Personenbeförderung ließ seinen Gästen noch 20 Minuten Zeit, damit sie etwas Ruhe finden konnten. Dann trat er aus seiner kleinen Bediensteten-Kabine und ging zwei Schritte weiter, um an die Suitetür des Bundesrichters Steffen Debarkeling und seiner Gattin zu läuten. Die – weitaus kleinere – Kabine der beiden Leibwächter folgte im Anschluss, deren Tür stand offen und einer der Beamten lugte sofort heraus, als er Schritte hörte.

„Ich bin‘s nur“, grinste Risaya etwas verlegen. „Wer sollte es auch sonst sein?“

Der Beamte schaute ungerührt. „Der Steward oder die Stewardess vielleicht?“ fragte er zurück.

Risaya schüttelte den Kopf. „Leider nein. Um unseren VIP-Gästen eine große behagliche Suite anzubieten, können wir leider in den für diesen Personenkreis reservierten Schiffen keine größere Anzahl weiterer Menschen aufnehmen. Da wir Sie und Ihren Kollegen noch unterbringen mussten und ich mich persönlich um so wichtige Gäste kümmern wollte, gibt es keine weiteren Lunatrans-Mitarbeiter an Bord. Aber seien Sie unbesorgt. Ich verstehe auch etwas vom Service. Im Aussichts- und Gemeinschaftsraum stehen Begrüßungsgetränke bereit. Außerdem würde ich gerne etwas über unsere Mondschiffe erzählen. Dazu möchte ich den Bundesrichter, seine hochverehrte Gattin und natürlich auch Sie beide herzlich einladen. Übrigens, der Blick auf die Erde ist wirklich sehenswert, weitaus besser, als von der Raumstation.“ Risya beuget sich vor und flüsterte: „Im Vertrauen, ist es wirklich eine politische Mission, die ihren Chef zum Mond führt? Ich habe gehört, er ist als neuer Justizminister im Gespräch.“

Das Gesicht des Leibwächters versteinerte. „Über die Reise darf und werde ich keine Auskünfte geben“, schnarrte er. Der erste Abteilungsleiter zuckte die Schultern. „T’schuldigung, war ja nur eine Frage.“ Dann betätigte er den Türsummer an der Suite der Debarkelings

Die Willkommendrinks waren vollautomatisch angerührt worden, aber Frank Risaya versicherte seinen Passagieren, dass die Lunatrans-Maschine jeden Barkeeper auf der Erde und auf den Mond schlagen konnte, was die Qualität der jeweiligen Mixturen und ihren Geschmack betraf. Frau Debarkeling schien das Getränk besonders zu munden. Sie leerte ihr Glas sehr schnell und bat dann, ihr noch etwas einzuschenken. Richter Debarkeling verfolgte das Geschen mit zusammengekniffenem misbilligendem Gesicht. „Liebling, trinke nicht zu viel“, versuchte er ihr leise zuzuraunen, aber sie tat so, als hörte sie nichts. Die Frau des Bundesrichters trank auch dieses Glas in bemerkenswerter Kürze aus und begann, sich an einem der beiden Leibwächter anzulehnen. „Dieses Schiff fliegt ganz ohne Piloten?“, fragte sie dann. „Ist das nicht gefährlich?“

Frank Risaya räusperte sich und schüttelte energisch den Kopf. „Keine Sorge, Madam. Die Flugbahn wurde genau vorausberechnet. Der Mond wird uns abbremsen und Lunaorbit uns dann gezielt einfangen. Wir brauchen weder einen Antrieb noch Piloten. Die Schwerkraft der Erde und die des Mondes sorgen für uns. Und für alle Fälle haben wir kleine Steuerdüsen und einen guten Computer. Damit verfehlen wird die magnetischen Fangnetze von Lunaorbit auf keinen Fall.“

Madame Debarkeling lehnte sich noch kräftiger an ihren Leibwächter an. „Und wenn der Computer ausfällt? Fliegen wir dann in alle Ewigkeit durch den Raum?“

Frank Risaya setzt sein in langen Jahren antrainiertes überzeugendstes Lächeln auf. „Aber nein. Zum einen sind wir auf einen genau berechneten Kurs geschossen worden und zum anderen: ich wurde geschult, notfalls manuell einzugreifen. Also keine Sorge. Übrigens, sie werden es kaum bemerken, aber während unseres Fluges verringert sich die künstliche Schwerkraft kontinuierlich, bis wir das Mondniveau erreicht haben. Da gibt es dann bei der Ankunft keine großen Anpassungsprobleme.“

Madame Debarkeling ließ sich ein drittes Glas von der Maschine zubereiten und setzte an. Ihr Mann zog sie von dem Leibwächter weg und hielt ihren Arm. „Helen, Du verträgst keinen Alkohol. Bitte ...“

Sie riss sich los. „Ich bin kein kleines Kind. Behandele mich nicht so!“

„Helen, Schatz, bitte ...“

Verächtlich sah sie auf ihren Mann, nahm das Glas, nippte nur und sagte dann: „Ich bin in meiner Kabine, bis Du Dich entschuldigst.“ Dann hauchte sie den Beamten, der unberührt ihren Annäherungsversuch hingenommen hatte, einen Kuss zu und verschwand aus dem Aussichtsraum.

Ein Geräusch ertönte. Sofort hatten die beiden Leibwächter ihre bisherige lässige Haltung verloren. „Das ist nur unser Zimmermädchen“, sagte Risaya, das ich Ihnen vorstellen wollte. Ein quadratischer Kasten auf vier Rädern mit mindestens sechs ausfahrbaren Armen kam hereingerollt. Dieses Gerät sorgt für die Sauberkeit hier an Bord. Es wir auch ihre Zimmer richten. Also erschrecken sie nicht.“

„Nun ja“, murmelte der Bundesrichter. „Ich habe noch etwas zu tun.“ Vielen Dank Herr Risaya. Lassen sie das Abendbrot auf unser Zimmer bringen oder bringen Sie es selbst, wenn dieses Ding da es nicht kann.“

Der erste Abteilungsleiter für Personenbeförderung deutete eine leichte Verbeugung an. „Selbstverständlich. Aber ich hoffe, nach der Ruhezeit kann ich Sie morgen zu unserem besonderen Spezialitätenfrühstück hier im Aussichtsraum begrüßen.“

Während der Ruhezeit bezog einer der Leibwächter Position vor der Kabinentür der Debarkelings. Der andere legte sich zum Schlafen in seine Kabine. Frank Risaya hantierte noch mit irgendetwas an den Geräten, bevor er demonstrativ gähnte und zu dem Beamten sagte: „Wenn Sie keine Wünsche mehr haben, ziehe ich mich zurück. Legen Sie sich auch hin. Hier braucht niemand Posten zu stehen. Wir sind allein an Bord. Was soll schon geschehen.“

„Meine Arbeit mache ich richtig“, entgegnete der Angesprochene, „Gute Nacht Herr Risaya.“

Noch bevor der Wecker Frank Risaya aus dem Schlaf reißen konnte, tat dies bereits sein Türsummer. Verschlafen schlüpfte er in seine Shorts, öffnete er die Kabinentür und blickte in das besorgte Gesicht des einen Personenschützers. „Was kann ich für Sie tun“, murmelte Risaya und versuchte, ein Gähnen zu unterdrücken.

„Wie öffnet man von Außen die Kabinentüren“, fragte der Mann.

„Wie, was? Klingeln Sie und...“

Der Leibwächter zog Risaya nach draußen. „Mein Partner öffnet nicht. Wir müssen in die Kabine.“

„Er wird noch schlafen...“ Der Blick des Beamten ließ Risaya verstummen. Er folgte ihm zur Kabine der beiden Personenschützer und betätigte den Türsummer. Als keine Reaktion erfolgte, wandte er sich um. „Kleinen Moment, ich muss den Generalschlüssel holen.“

„Beeilung, Mann“, knurrte der Beamte. Frank Risaya holte eine Chipkarte aus seiner Kabine, öffnete eine kleine Klappe an der Seite der Kabinentür des Leibwächters, schob die Karte in einen Schlitz und tippte vier Zahlen ein. Die Tür glitt auf.

Der andere Beamte – jener, den Helen Debarkeling wenige Stunden zuvor mit ihrer Gunst bedacht hatte – lag mit geschlossenen Augen in seinem Bett.

„Er schläft“, bemerkte Risaya überflüssigerweise. Der Beamte trat zu seinen Kollegen und rüttelte ihn. Als keine Reaktion erfolgte, versuchte er den Puls zu fühlen. Dann sah er auf. und blickte Risaya an. „Mein Kollege schläft nicht“, sagte er, „er ist tot.“

Der Bodyguard richtete sich auf und drängte sich an Risaya vorbei. „Bleiben Sie hier, ich sehe nach dem Richter“, ordnete er kurz an, wartete keine Antwort ab, sondern betätigte den Summer an der Gästesuite. Nach einiger Zeit öffnete Bundesrichter Debarkeling selbst die Tür, das Haar unordentlich und einen Bademanteln um den Körper geschlungen. Risaya, der dem Leibwächter doch gefolgt war, erhaschte einen Blick auf das hinter dem Richter liegende Zimmer mit dem Bett, wo sich Frau Debarkeling ohne Nachtgewand verschlafen räkelte. „Was gibt es?“, fragte der Richter müde und ungehalten.

Der Beamte atmete tief durch. „Ich bitte um Verzeihung. Ich musste mich nur davon überzeugen, dass mit Ihnen alles in Ordnung ist. Wir haben gerade meinen Kollegen tot aufgefunden.“

„Was?“ fragte der Richter und trat nun vollends in den kleinen Gang hinaus, drehte sich kurz um und herrschte seine Frau an: „Du bleibst da!“. Dann verschloss er rasch hinter sich die Tür und ging zur Nachbarkabine. Kurz betrachtete er den Toten. Dann fragte er: „Warum?“

Der übrig gebliebene Beamte trat an das Bett heran, schlug die Decke zurück. Der Tote trug nur kurze Shorts. Der Beamte überprüfte den Körper seines Kollegen, drehte ihn herum, zog sogar die Hosen herunter, nur um dann festzustellen: „keine äußerlichen Verletzungen. Ich kann nicht feststellen, warum er starb. Seinem Gesicht nach ist er friedlich im Schlaf gestorben. Aber man stirbt doch nicht ohne Grund.“

„Vielleicht war er krank?“ fragte Frank Risaya. „Die medizinische Überprüfung vor den Raumflügen ist doch nur oberflächlich, da kann doch was übersehen worden sein.“

Der Beamte schüttelte den Kopf. „Wir beide wurden routinemäßig dienstlich erst vor kurzem untersucht. Hätte er etwas gehabt, dann wäre es festgestellt worden.“

„Offenbar doch nicht“, seufzte Risaya. „Aber das können wir wohl mit den Mitteln, die wir an Bord haben, nicht klären. Was machen wir mit ihm?“

„Die Leiche muss genauestens untersucht werden. Gibt es hier einen Kühlraum oder so etwas? Und am besten sollten wir umkehren.“

„Umkehren?“ Frank Risaya schaute ungläubig. „Lieber Herr, wir sind auf keinem richtigen Raumschiff. Wir haben keinen Antrieb, nichts. Wir fliegen in Richtung Mond und daran lässt sich nicht das Geringste ändern. Aber ihren Kollegen, hier lassen können wir ihn wohl nicht. Am besten stecken wir ihn in die Luftschleuse. Da ist er – nun ja, wenigstens außer Sichtweite.“

„Okay“, brummte der Beamte, „helfen Sie mir bitte.“

Risaya wich einen Schritt zurück. „Nein, äh, lassen wir ihn doch von der Reinigungsmaschine tragen. Die schafft das spielend. Und wir brauchen ihn nicht, äh, anzufassen.“

Der Beamte zuckte die Schultern. „Auch gut, rufen Sie die Maschine.“

Das einige Zeit später folgende Frühstück verlief in etwas gedrückter Atmosphäre. Nur Hellen Debarkeling schien die Sache etwas leichter zu nehmen und hatte sich extra für den Anlass in ein rosafarbenes, halbdurchscheinendes Minikleid gezwängt. „Ein paar Personen, eingeschlossen für einige Tage, ein mysteriöser Todesfall“, das ist ja wie im gruseligen Krimi“, schnatterte sie, schien sich aber gar nicht sonderlich zu gruseln.

Frank Risaya fühlte sich gleichwohl aufgefordert, zu antworten. „Madame, sorgen Sie sich bitte nicht. Alle Systeme funktionieren normal. Der beweist: wir sind alle gesund und munter. Es gibt so etwas, ein Mensch scheint kerngesund zu sein und dann doch, schwupp, von einem Augenblick auf den anderen, ist er tot. Einfach so, Herzversagen vielleicht. Das kommt vor. Ich bedaure, dass es auf diesen Flug geschehen ist und Ihnen die Freude an der Reise genommen hat. Aber sehen Sie es einmal so: Ihr Leibwächter ist friedlich eingeschlafen, keine Schmerzen, kein Todeskampf. Sanft hinübergeschlummert. Kein schrecklicher, qualvoller Tod. So ein Ende ist doch tröstlich.“

Helen Debarkeling streichelte sanft die Wange von Frank Risaya. „Ja sicher“, sagte sie und schaute ihn mit großen Augen an. „Und so lange Sie bei uns sind, haben wir nichts zu befürchten, nicht wahr, Kapitän Risaya?“.

Risaya nickte. „Ganz Recht, Madame. Hier passt der Chef noch selber auf. Was soll also geschehen?“

Bundesrichter Debarkeling fasste seine Frau an die Schulter und drehte sie leicht von Risaya weg. „Wir sollten uns jetzt zurückziehen“, sagte er mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete. „Wegen der Ereignisse haben meine Frau und ich nicht hinreichend Schlaf gefunden. Ich denke, wir holen dies jetzt nach. Wir sehen uns zum Mittagessen.“

Frank Risaya verneigte sich leicht. „Wie Sie wünschen.“

Zum Mittagsdinner, das Risaya nach einem vorgegebenen Programm von der Bordküche herstellen ließ (eigentlich wurden die vor dem Start vorbestellten und fertig angelieferten Gerichte nur aufgewärmt), erschienen Anfangs nur zwei seiner verbliebenen Gäste. „Meine Frau muss sich noch frisch machen“, erläuterte Debarkeling, „wir können schon Platz nehmen und“ – an Risaya gewandt –„Sie können die Getränke servieren – für mich und für meine Frau bitte keinen Alkohol, irgend etwas Fruchtiges“. Der Leibwächter fügte hinzu: „Für mich bitte auch nur Mineralwasser.“

„Sofort“ entgegnete Risaya und tippte Befehle in den Getränkeautomaten ein. Das Gerät füllte vier Gläser mit Flüssigkeiten. Risaya reichte dem Bundesrichter zwei gelbgefüllte Trinkgläser und schob ein Glas Wasser dem Beamten zu. Dann nahm er sich das letzte Glas gefüllt mit einem Drink und setzte sich hinzu, nur um gleich wieder aufzustehen, als Helen Debarkeling den Aufenthaltsraum betrat.

„Madame, Sie sehen bezaubernd aus“, machte Risaya ihr ein Kompliment. Während ihr Mann wieder seinen teuren Anzug angezogen hatte, trug seine Frau nunmehr eine weiße Caprihose und ein ebenso weißes, wie knappes Top. In der Hand hielt sie bereits ein Glas, was sie aus ihrer Kabine mitgebracht hatte. Helen Debarkeling lächelte Risaya dankbar zu. „Wie nett Sie Komplimente machen. Sie speisen mit uns? Ich glaube, wir haben alle Tage auf dieser Reise ein Kapitänsdinner, nicht wahr?“

Ihr Mann schaute missbilligend auf das Glas in ihrer Hand. „Schatz, weshalb musstest Du Dir schon wieder etwas bestellen?“ Sie wich in gespielter Abwehrhaltung zurück. „Nicht meine Schuld. Die Automatik hat ganz ohne mein Zutun mir dieses Glas ausgegeben. Sollte ich dass etwa wegschütten. Viel zu schade,“ rief sie fast.

„Seit wann gibt der Automat ein Getränk aus, ohne dass man auf den entsprechenden Knopf gedrückt hat?“ knurrte Debarkeling.

Frank Risaya lächelte wieder zuvorkommend. „Wenn Sie gestatten, werde ich den Automaten in Ihrer Suite nachher überprüfen.“

Richter Debarkeling wehrte ab. „Nein, sperren Sie nur alkoholische Getränke. Ich bin sicher, dann wird das Gerät nicht mehr ohne Aufforderung irgendetwas ausgeben.“

Frau Debarkeling starrte ihren Mann böse an. „Du glaubst mir nicht!“ Dann streichelte sie Risaya unter dem Kinn. „Sie glauben mir, Kapitän. Sie sind süß.“

„Helen!“ rief Debarkeling

Doch die Frau kümmerte sich nicht um ihren Mann. Verlegen wollte Risaya ansetzen, um aus seinem Glas zu trinken, da entwand seine Gesprächspartnerin ihm das Gefäß, rief „Lassen Sie uns Brüderschaft trinken. Ich heiße Helen“ und leerte sein Glas in einem Zug. „Nun noch einen Kuss“, sagte sie dann, während Richter Debarkeling aufgestanden war und noch einmal „Helen!“ rief.

Doch seine Frau gab Risaya keinen Kuss mehr. „Mir wird so komisch“, murmelte sie, bevor sie in sich zusammensackte und von Risaya aufgefangen wurde, der etwas hilflos blickte.

Der Beamte, der nun allein für den Personenschutz des prominenten Ehepaares zuständig war, sprang auf und übernahm die bewusstlose Frau. „Nebenan ist der Erste-Hilfe-Raum mit einer Liege“, rief Risaya, „bringen wir sie dorthin.“

Der Beamte, Risaya kannte immer noch nicht seinen Namen, er hatte sich nie vorgestellt, trug Helen Debarkeling zu der Liege und fühlte dann ihren Puls. „Nichts!“ rief er und riss ihr das Top vom Leib.

„Was machen Sie mit meiner Frau!“ schrie Debarkeling.

Der Beamte setzte zur Herzmassage an. „Ich versuche ihre Frau zu retten, übernehmen Sie die Mundbeamtung, wenn ich es sage, oder soll das lieber – der Beamte deutete auf Risaya – er hier machen?“ „Nein!“ Debarkeling drängte Risaya bei Seite.

„Wir haben hier ein Gerät, irgendwas mit Elektrizität, damit kann man Herzen wieder zu schlagen bringen!“ sagte Risaya und öffnete ein Fach.

„Her damit!“ rief Debarkeling und holen Sie weiche Kissen für meine Frau.“

„Nein, hart muss die Unterlage sein, keine Kissen, aber geben Sie das Ding her, ich weiß, wie es funktioniert“, sagte der Beamte schnell, ohne seine Arbeit zu unterbrechen.

Nach zehn Minuten gab er auf. „Wir haben Ihre Frau verloren. Tut mir leid. Aber das ist nichts mehr zu machen.“

Richter Debarkeling wirkte seltsam gefasst. „Arme Helen“, sprach er leise ohne irgendjemand anzusehen und bedeckte den Oberkörper seiner Frau mit dem Top. Dann blickte er Risaya an. „Ihre Gesellschaft kann sich auf etwas gefasst machen. In den Getränken muss etwas drin gewesen sein.“

Risaya protestierte etwas lahm. „Eine Fehlfunktion der Bordgeräte ist völlig unmöglich. Und, Ihre Frau hat aus meinen Glas getrunken und ich lebe noch.“

„Ja“, entgegnete der Beamte. „Aber das kann daran liegen, dass Sie gar nicht mehr dazu gekommen sind, aus Ihrem Glas zu trinken. Erinnern Sie sich. Frau Debarkeling hat es Ihnen abgenommen, bevor Sie auch nur einen Schluck nehmen konnten.“

Risaya blickte entsetzt in sein leeres Glas. „Ich glaube, ich muss mich setzen“, sagte er dann.

Die drei Männer starrten sich eine Zeitlang an. Schließlich sprach der Leibwächters des Richters: „Nun sind wir nur noch zu dritt. Der Tod meines Kollegen könnte natürliche Ursachen haben, wenn er auch ungewöhnlich ist. Irgendwelche Anzeichen für einen gewaltsamen Tod habe ich jedenfalls nicht feststellen können. Frau Debarkeling aber ist nicht einfach so gestorben. Es spricht viel dafür, dass sie vergiftet worden ist – wahrscheinlich durch Ihr Getränk, Herr Risaya.“ Der Beamte wehrte mit einer Geste, die Schweigen gebot, die geplante Erwiderung des ersten Abteilungsleiters für Personenbeförderung ab. „Es kann ein Unfall gewesen sein oder vorsätzlicher Mord. –Bitte warten Sie und lassen Sie mich aussprechen. Die Getränkemaschine kann einen Fehler haben, aber es könnten auch die angelieferten Zutaten schon mit dem Gift verseucht worden sein. Ihr Glas sollten wir für eine spätere Untersuchung sicherstellen, vorsorglich werden wir auch die nächsten zwei Tage, die wir noch gemeinsam verbringen müssen, von dieser Sorte Getränk Abstand nehmen. Und für den Fall, dass einer von uns der Giftmischer ist und vielleicht sein nächstes Opfer schon auserkoren hat, werden wir in Zukunft – so leid es mir tut, Richter Debarkeling - nur gemeinsam aus jeweils einem Glas trinken und von einem Teller essen. Das schließt zwar einen weiteren Giftanschlag nicht vollständig aus, macht es einem etwaigen Täter aber schon schwieriger, sich selbst zu verschonen.

„Ich weiß, wer der Mörder ist!“ Richter Debarkeling deutete auf Risaya. „Sie als Polizeibeamter kommen nicht in Betracht. Ich war es nicht, also bleibt nur unser Abteilungsleiter für Personenbeförderung. Ist es nicht seltsam, dass er hier ist und nicht eine ausgebildete Kabinen-Service-Kraft?“

Risaya versteifte seinen Oberkörper so gerade, als habe er einen Stock verschluckt. „Sie galten bei uns als hochrangige politische Persönlichkeiten, Sie und natürlich Ihre Frau. Meine Gesellschaft wollte ganz sicher gehen, dass ihre Mondreise zur vollen Zufriedenheit verläuft. Und da habe ich mich lieber selbst darum gekümmert.“

„Das ist Ihnen ja auch vollkommen gelungen“, bemerkte Debarkeling bissig.

Frank Risaya war erregt. Er schaute den Richter an. „Wieso ist es eigentlich so klar, dass nicht Sie der Schuldige sind.“

Debarkeling lief rot an. „Ich liebte meine Frau. Niemals würde ich sie umbringen, egal, was sie mir noch alles angetan hätte!“

Risaya schüttelte den Kopf. „Nein, Ihre Frau hätten Sie sicherlich nicht mit Absicht getötet. Aber Sie sind doch eifersüchtig, oder? Ihre Frau macht einem ihren Leibwächter ein bisschen schönen Augen –„

„Unterstehen Sie sich!“ schrie Debarkeling, doch Frank Risaya ließ sich nicht beirren. „ Sie hat ihm schöne Augen gemacht. Und? Am nächsten Tag war er tot. Ein Konkurrent um die Gunst Ihrer Frau weniger. Dann versuchte ihre Frau, auf ihre Weise, wohl ein bisschen nett zu mir zu sein. Sie wurden wieder eifersüchtig. Ich sollte sterben. Das Gift war schließlich in meinem Glas – dummerweise trank es Ihre Frau mir vorher weg.“

„Ungeheuerlich!“ Die Stimme des Richters überschlug sich. „Wie hätte ich das Gift denn in das Glas geben können?“ An seinem Leibwächter gewandt: „Sie sind doch Polizist. Nehmen Sie diesen Mann fest! Er ist ein Mörder, ich weiß es!“

Der Angesprochene hob beschwichtigend die Hände. „Bitte beruhigen Sie sich. Ich werde keinen festnehmen. Wir sind nicht im europäischen Hoheitsgebiet. Ich habe hier keine Amtsvollmachten. Wenn einer welche hat, ist es Herr Risaya, er ist wirklich so etwas wie eine Art Kapitän dieses Schiffes. Aber wir sind hier sowie alle gefangen, dieses Schiff ist für zwei Tage ein kleines Gefängnis. Um sicher zu gehen, bitte ich Sie, Herr Risaya, aber mit mir eine Kabine zu teilen. So können wir uns gegenseitig im Auge behalten. Denn ich traue Ihnen nicht ganz und von Ihnen kann ich das umgekehrt auch nicht erwarten."

Risaya nickte. „Ich vertraue ihnen, bin aber trotzdem einverstanden. Ich - ich möchte nicht allein sein.“

„Gut. Dann sind wir uns einig. Was machen wir mit Frau Debarkeling?“

Für eine weitere Person ist in der Schleuse noch Platz“, murmelte Risaya. „Und dann, ich werde versuchen, Lunaorbit über Funk zu erreichen. Andere sollen erfahren, was hier geschehen ist.“

„Eine gute Idee“, sagte der Richter, wieder in seinem alten, ruhigen Tonfall. „Dann steht Ihr Verhaftungskommando wenigstens bereit, wenn wir endlich ankommen.“

Wieder wurde die Reinigungsmaschine gerufen. Sie nahm den Körper der Frau vorsichtig mit zwei ihrer Greifarme hoch und rollte dann, begleitet von dem Leibwächter und Risaya mit der menschlichen Fracht hinaus.

Bundesrichter Debarkeling blieb im Aufenthaltsraum zurück. Eine zeitlang schien er in Gedanken versunken zu sein. Irgendeine Ahnung ließ ihn hochblicken. Erst wusste er nicht, was es war, bis er dichter an das Panzerglas der Aussichtsluke herangegangen war und in den Weltraum hinaus schaute. Von draußen schaute sein letzter Leibwächter hinein, ohne Raumanzug, sein Gesicht vom Vakuum entstellt. Ein Metallgreifer hielt seinen Körper im Griff. Die Reinigungsmaschine trieb ebenfalls im Weltall. Langsam entfernten sich die beiden vom Schiff, Debarkeling sah noch zwei andere Körper im Raum treiben. Bei einem handelte es sich unzweifelhaft um seine Frau, der andere schien zu dem in der Nacht verstorbenen Beamten zu gehören.

„Es hat einen bedauerlichen Unfall gegeben“, hörte er Risaya Stimmer hinter sich.

Debarkeling drehte sich wie im Traum herum. „Da sehen Sie, meine Frau und mein Leibwächter. Sie sind da draußen!“

Risaya nickte jovial. „Ja, ich weiß. Als ihr Beamter Ihre Frau neben seinen Kollegen betten wollte, schien er irgendwie den Schleusenmechanismus betätigt zu haben. Die Innentür schloss sich und die Außentür schwang auf. Sie wurden alle in den Raum hinausgerissen. Trösten Sie sich, der Körper Ihrer Frau wird nun niemals vergehen. Sie wird auf ewig hier draußen sein.

„Ich verstehe nicht, was Sie sagen“, sagte Debarkeling leise, „ich fühle mich wie im Traum.“

„Das ist der Schock. Jemanden ins Gesicht zu sehen, der einem plötzlichen Vakuum ausgesetzt wurde, ist kein schöner Anblick. Aber es ging sehr schnell. Ihr Beamter musste nicht lange leiden. Kommen Sie“, Risaya fasste den Richter am Arm und drängte ihn fast zur Liege im Erste-Hilfe-Raum, „legen Sie sich hin. Das wird Ihnen gut tun.“

„Ich, ich weiß nicht, ob das richtig ist“, sagte Debarkeling ganz schwach, doch Risaya drückte ihn sanft auf die Liege. „Aber sicher doch, Herr Richter, strecken Sie sich nur aus. Warten Sie, ich komme gleich wieder.“

Debarkeling brauchte fast zehn Minuten Erdzeit, um den Anblick endgültig zu überwinden und wieder zu seinem alten, klaren Kopf zurückzufinden. Nun erst merkte er, dass Risaya ihn auf der Liege festgeschnallt hatte. Er versuchte, sich herauszuwinden. Vergeblich. Soweit es ging, hob er seinen Kopf und rief: „Heh, Risaya, was soll das, machen Sich mich los! Wo zum Teufel sind Sie!“

Frank Risaya Kopf erschien in der Kabinentür. „Ah, Sie sind wieder bei sich. Schock überwunden?“ lächelte er.

„Verdammt ja, machen Sie mich los.“

„Eile mit Weile. Ungeduld tut einem Juristen selten gut.“ Risayas Lächeln war noch zuvorkommender geworden. „Wir unterhalten uns doch gerade so schön. Da möchte ich die Gelegenheit nutzen, ihnen etwas zu erzählen. Etwas von meinem Vater.“

Debarkeling zerrte an den Gurten. „Was geht mich Ihr Vater an? Ich kenne ihn nicht. Machen Sie mich los!“

Risaya schüttelte mit trauriger Miene den Kopf. „So vergesslich? Natürlich kennen Sie meinen Vater. David Risaya, so hieß er. Er betrieb ein kleines Restaurant. Unglücklicherweise lag es im Revier der Bande von Abdel Akbary. Sagt Ihnen dieser Name etwas? Er stand für illegales Glückspiel, Mädchenhandel, Prostitution, Rauschgift, Schutzgelderpressung und Auftragsmord. Mitarbeiter dieses ehrenwerten Herrn traten an meinen Vater heran und forderten Geld, um ihn zu beschützen. Mein Vater war kein Feigling, und das Lokal warf gerade genug ab, um uns, seine Familie über die Runden zu bringen. Geld für diesen Verbrecher abzuzweigen, war einfach nicht drin. Nun machte mein Vater einen Fehler. Er vertraute dem Staat und der Justiz. Er ging nur zum Schein auf das Angebot der Erpresser ein. Um nachweisen zu können, dass er unter Druck gesetzt wurde, zeichnete er heimlich die Verhandlungen mit Akbary selbst und seiner Leute auf einer Speicherkarte auf und zeigte Akbary dann an. Es kam sogar zu einer Strafverhandlung gegen diesen Kerl, der alles leugnete.“

Risayas bislang freundliches Gesicht verzerrte sich. „ Sie waren damals Vorsitzender der Kammer, die den Fall verhandelte. Und was taten Sie? Sie sprachen den Scheißkerl frei, weil keine Beweise vorhanden gewesen seien. Sie weigerten sich, die Videobilder meines Vaters überhaupt nur anzusehen! Das Material sei illegal gewonnen, mein Vater habe es unter Mißachtung der Persönlichkeitsrechte der Angeklagten gewonnen und mein Vater wurde nicht nur zu den Gerichtskosten verurteilt, sondern auch noch zu Schadensersatz gegenüber Akbary, weil der ja so in seiner Persönlichkeit geschädigt worden war.“ Risaya steigerte seine Lautstärke und griff an den Kragen von Debarkeling. „Auf den Film war der Beweis. Sie wussten, dass Akbary ein Verbrecher war und haben ihn freigesprochen, weil Ihnen die Freiheit eines Verbrechers wichtiger war als der Schutz der bedrohten Bürger! Akbary dankte es meinem Vater auf seine Weise. Das Lokal brannte ab und mit ihm verbrannten mein Vater und meine Mutter. Die Polizei ermittelte zwar Brandstiftung, stellte auch fest, dass meine Eltern noch gelebt hatten, als die Flammen sie auffraßen, ein Täter wurde natürlich nie ermittelt. Ich überlebte, weil ich und meine Schwester gerade bei einem Onkel zu Besuch waren.“

Nun lächelte Risaya wieder, „Damals habe ich Rache geschworen. An Akbary, an dem Staatsanwalt und an den hochnäsigen Herrn Richter. Nun, im Fall von Akbary kamen mir enttäuschte Geschäftspartner des Scheißkerls zuvor. Mein einziger Trost ist, dass sie offenbar nicht kurzen Prozess mit ihm machten, sondern dass er etwas von seinem Tod hatte. Beim Staatsanwalt ging es leider sehr schnell. Ein Autounfall. Er soll sofort tot gewesen sein, stand in der Zeitung. So blieben mir nur noch Sie. Ich verfolgte all die Jahre Ihren Aufstieg und hoffte, immer eine Gelegenheit zu finden, es Ihnen heimzuzahlen. Sicher, einen gezielten Schuss hätte ich schon mehrmals anbringen können, aber damit wären die Qualen meiner Familie nicht wiedergutgemacht. Sie sollt auch leiden, so wie ich, meine Schwester und vor allem meine Eltern gelitten haben.“

„Sie verrückter Irrer“ krächzte Debarkeling. Doch Risaya lächelte nur noch freundlicher. „Es war ein Geschenk des Himmels, als Ihr Büro dann bei meiner Gesellschaft den Flug buchte. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie glücklich ich war, als ich es erfuhr. Lange habe ich darauf warten müssen. Aber ein altes Sprichwort sagt: Rache ist ein Gericht, das man am besten kalt genießt, nicht wahr?“

„Sie“, keuchte Debarkeling, „Sie haben meine Frau und meine Leibwächter umgebracht!“

Risaya nickte bekümmert. „Ja, und es tut mir aufrichtig leid. Besonders um Ihre Frau. Sie konnte ja nichts dafür, dass Sie auch so’n Scheißkerl sind. Aber sie hatte einen leichten, schnellen Tod und merkte nichts. Es war tatsächlich Gift in meinem Glas. Wie gesagt, ich habe Ihr Leben verfolgt und war auch hinreichend über Ihre Frau informiert. Ich kannte ihr kleines Problem mit dem Alkohol und wusste, dass sie nach dem Genuss von auch nur wenig davon gern anderen Männern schöne Augen machte. Der Getränkeautomat in Ihrer Suite gab tatsächlich ohne Bestellung einen gehaltvollen Drink aus, nachdem Sie die Kabine verlassen hatten. Das wurde von mir arrangiert. Dann vergiftete ich meinen Drink. Wegen des verbliebenen Polizisten musste ich ja noch vorsichtig sein und konnte das Gift nicht direkt in das Glas ihrer Frau bringen. Das wäre auch zu auffällig gewesen. Aber meine Rechnung ging auf. Ich brauchte noch nicht einmal viel dafür zu tun, dass sie aus meinem Glas trank. Schauen Sie nicht so ungläubig. für mich war es doch kein Risiko. Ich durfte nur selbst nicht davon trinken. Hätte sie es nicht genommen, dann hätte ich es nur versehentlich verschütten müssen. Und Ihr erster Leibwächter schlief auch friedlich ein. Ich änderte nur etwas an der Kabinenbelüftung. Statt frischem Sauerstoff strömte Kohlenmonoxid ein. Er merkte rein gar nichts. Leider schliefen die beiden Leibwächter nicht gleichzeitig. Das war, zugegebener Maßen, ein kleines Problem. Denn der überlebende Beamte war mir körperlich weit überlegen und wurde zunehmend misstrauischer. Vorhin an der Schleuse ergab sich endlich eine Gelegenheit. Ich konnte die Reinigungsmaschine so einstellen, dass sie ihn ergriff und festhielt. Gegen die Motoren der Maschine kommt auch der stärkste Mann nicht an. Dann schloss ich das Innenschott und jagte den gesamten Schleuseninhalt in das Weltall hinaus. Leider für Ihren Aufpasser kein besonders angenehmer Tod, aber es ging relativ schnell, wenn es sie tröstet.“

„Warum meine Frau und die beiden anderen?“ murmelte Debarkeling. „Warum?“

„Da fragen Sie noch? Ich muss doch mit Ihnen alleine sein. Hier konnte ich Ihre drei Begleiter nun wirklich nicht gebrauchen.

„Sie sind total wahnsinnig!“

Risaya zuckte die Schultern. „Vielleicht. Aber was macht das schon. Jetzt habe ich Sie. Das ist alles, was zählt.

Debarkeling versuchte sich vergeblich aufzurichten. „Hören Sie. Dass mit Ihrem Vater tut mir schrecklich leid. Aber ich musste so entscheiden. Ich muss mich an Recht und Gesetz halten. Und es ist nun einmal unzulässig, heimlich jemanden aufzunehmen. Jeder Mensch hat bestimmte unveräußerliche Rechte. Auch ein Verbrecher. Verwehren wir sie ihm, stellen wir uns nur auf eine Stufe mit ihm. Das würde unser aller Freiheit letztendlich beeinträchtigen.“

„Freiheit?“ Risaya fuhr auf. „Freiheit ist, wenn man nicht in Furcht vor solchen Leuten wie Akbary leben muss. Denken sie einmal, was er und seine Leuten den jungen Frauen angetan haben, als die – wie sagt man in diesen Kreisen – „zugeritten wurden“. Und so’n Scheißkerl soll Freiheitsrechte haben? Nein. Wie ich es schon immer wusste. Sie, Herr Richter, haben sich nicht geändert. Was in den nächsten Tagen geschieht, haben Sie voll und ganz verdient.

Debarkelings Augen zeigten Furcht. „Damit kommen Sie nicht weit. In jetzt noch nicht einmal zwei Tagen sind wir bei Lunaorbit. Man wird feststellen, was hier geschehen ist. Es gibt kein Lügenmärchen, das man Ihnen abnehmen würde. Wenn Sie mich jetzt aber freilassen und von Ihrem Vorhaben absehen, wird man Ihnen das zu Gute rechnen. Ich werde mich für Sie verwenden, ganz bestimmt.“

Risaya lachte. „Sieh an, sie wollen schon wieder einem Verbrecher, diesmal mir, etwas Gutes tun. Oh nein! Übrigens, ich vergaß zu erzählen. Ich habe kurz die Steuerdüsen gezündet. Wir haben eine klitzekleine Kursabweichung und werden das Fangnetz von Lunaorbit leider verfehlen und eine Reise in die Ewigkeit antreten. Und da unser Luftvorrat noch eine ganze Weile reicht, haben wir noch viel Spaß miteinander.“

„Dann sterben Sie auch!“

Risaya zuckte mit den Schultern. „Und wenn. Ich habe erreicht, was ich mir in meinem Leben vorgenommen habe. Aber - kennen Sie meine Möglichkeiten? Vielleicht kann ich mich ja doch irgendwie retten. Denken Sie darüber nach.“

„Aber jetzt, hier ...“, Risaya holte ein kleines schmales Gerät aus einem Fach. „Den hab ich extra für Sie mitgebracht. Es ist ein altertümlicher Zahnarztbohrer, bestimmt schon sehr wertvoll, weil aus der Mitte des 20. Jahrhunderts. „Er funktioniert noch, ich habe ihn an die Stromversorgung anschließen können. Man kann ihn an vielen Stellen ansetzen.“

Risaya schaltete das Gerät mit einem Fingerdruck an. Surrend hielt er es vor die angstvoll weit geöffneten Augen des Bundesrichters. Risaya lächelte wieder sein bekanntes Lächeln. „Euer Ehren, wollen wir beginnen, ehe es langweilig wird?“

*****************************************************************************************************

Falls Euch/Ihnen meine frühere Werke gefallen: Zwei andere Stories habe ich bereits hhier auf MyHeimat ins Netz gestellt:

Kein Weihnachtsfest in Dahlum

Großvaters Geschichten

Weitere Beiträge zu den Themen

ErzählungScience FictionKurzgeschichteSF-StoryScien-Fiction-Kurzgeschichte

Kommentare

Beteiligen Sie sich!

Es gibt noch keine Kommentare. Um zu kommentieren, öffnen Sie den Artikel auf unserer Webseite.

Zur Webseite

Themen der Woche

Stadtbezirksrat Döhren-WülfelKarnevalBildergalerieHannoverBaustellenfestSchneefallsüdschnellwegVolkstrauertag 2024KarnevalsprinzWetterSchneeSüdschnellweg-Sanierung

Meistgelesene Beiträge