Erotik in Stein und in Bronze – Hannover zeigt viel nackte Haut
Wer durch Hannover bummelt, dem ist sicher schon einmal die eine oder andere Skulptur, die sich so zeigt wie Gott sie schuf oder die zumindest nur dürftig bekleidet ist, aufgefallen. Und natürlich bleibt der Blick darauf einen Augenblick haften, bietet doch ein wohlgeformter Körper einen schönen Anblick. Und so war es wohl zu allen Zeiten, auch wenn sich das Schönheitsideal im Laufe von Jahrtausenden und später Jahrhunderten immer wieder verändert hat.
Schon vor 25 000 Jahren in der Steinzeit begann die Kunst der nackten Körperdarstellung. Zunächst waren es Frauenfiguren primitiver Art wie die Venus von Willendorf, aus Stein oder Elfenbein von Mammutzähnen gefertigt. Dabei handelte es sich um rundliche Frauenkörper mit nur dünnen Armen und angedeuteten Beinen, dafür aber mit schweren Brüsten. Vielleicht entsprach das damals dem Schönheitsideal. Und wenn es so war vermutlich deswegen, weil wohlgenährt und mit runden Formen ausgestattet, ein langanhaltender Winter besser überstanden werden konnte und so das Überleben gesichert wurde.
Im Alten Ägypten wiesen Steinbildnisse noch starre und unnatürliche Körperhaltungen auf. Erotischer wirken die Malereien in den Gräbern, so zum Beispiel die in dünne, fast durchsichtige Gewänder gekleideten Frauen im Grab des Nacht in Theben, der als wohlhabender Beamter vor 3400 Jahren gelebt hat. Selbst hatte ich die Gelegenheit, mir die wunderbaren Wandbilder dort anzusehen.
Die Griechen jedoch brachten diese Kunst zur absoluten Vollendung. Ihre perfekten Skulpturen, die nun auch aus Bronze bestanden, wurden idealisiert dargestellt. Meist waren es athletische, muskulöse Männerkörper, aber auch wohlgeformte Frauenkörper, denen leider später oft die Arme abhanden gekommen sind.
Die Römer standen den Griechen darin nicht nach, formten und meißelten ihre Figuren nicht weniger schön, jedoch schon in realistischeren Posen.
Im ausgehenden Mittelalter war es Michelangelo, der die Kunst der nackten Körperdarstellung wie kein anderer prägen und beherrschen sollte. So manches Mal stellte er sie absichtlich, manchmal zum Leidwesen seiner Auftraggeber, in außergewöhnlichen Körperhaltungen dar. Und meistens waren es männliche Skulpturen wie der David, die er formvollendet schuf.
In der Renaissance hielten sich die Künstler an die Formen ihrer klassischen und antiken Vorbilder.
Im Barock gab es jedoch eine Veränderung, und das können wir gut im Großen Garten in Herrenhausen erkennen. Die Skulpturen wurden oft in dramatischen Szenen gezeigt. Faune, die Frauen an sich reißen. Muskulöse Männer in Heldenposen. Und die Figuren durften nun auch Emotionen zeigen. Die Welfen waren es damals, die durch diese herrlichen Parkanlagen lustwandelten.
So hat sich die Kunst im Laufe der Zeit verändert, und sie wird sich wohl auch weiterhin verändern. Doch eines ist immer gleich geblieben. Wohlgeformte nackte oder nur dürftig bekleidete Körper haben zu allen Zeiten ihren Reiz. Sie werden immer Konjunktur haben, und die Blicke der Menschen werden sie immer auf sich ziehen.
Wenn man in Hannover an Skulpturen denkt, so fällt einem zunächst Herrenhausen ein. Dort kann man sich jede Menge davon anschauen, in den verschiedensten Posen. In Stein und in Bronze, und sogar vergoldet. Doch dann muss man schon überlegen, wo ebenfalls nackte Skulpturen im Straßenbild auftauchen. Oftmals geht man daran vorüber, ohne sie wahrzunehmen. Wenn man zum Beispiel die Rückseite des Rathauses vom Maschpark aus betrachtet, dann entdeckt man dort eine Menge steinerner Figuren. Und viele davon zeigen sich ebenfalls nackt. Auch ein Blick auf die Vorderfront des Landesmuseums lohnt sich. Dort oben an der Fassade sieht man viele wunderbare Reliefs, die die Weltgeschichte in verschiedenen Bildern darstellen. Unbedingt sehens- und beachtenswert. Und andere Skulpturen findet man an verschiedenen Stellen des Stadtbildes. Am Maschsee, zurzeit der Nationalsozialisten entstanden, am Georgsplatz, an der Hans-Böckler-Allee, im Stadthallengarten und erst recht auf einigen Stadtfriedhöfen. So in Stöcken und ganz besonders auf dem Engesohder Friedhof. Es lohnt sich, einmal einen Spaziergang an den verschiedenen Orten unserer Stadt zu machen und sich diese Bildnisse anzusehen.
An dieser Stelle möchte ich viele davon, wenn auch längst nicht alle, zeigen. Auch andere wären es wert gewesen, hier festgehalten zu werden. Aber es sind einfach zu viele.
Doch am besten schaut man sie sich vor Ort und dreidimensional aus den verschiedenen Perspektiven an. Oft wird man über ihre Ausdruckskraft oder ihre Schönheit überrascht sein, oder sogar staunen. Und man wird manchmal ihre formvollendeten Linien bewundern, denn es ist ein ganz natürlicher menschlicher Instinkt, sich über Schönes dieser Art zu freuen.
Auch erotisch:
Danke, Kurt. Text und Fotos beeindrucken sehr. Da ich alle Fotos betrachtet habe, viele vertraut sind aber doch unbekannte Schönheiten entdecken konnte, bin ich voller Lobes. LG Gabriele