Das neue Rathaus blieb ohne ein Bild des Kaisers
Hermann Löns schrieb einst über das hannoversche Rathaus, das einzig Gute daran sei, dass kein Hannoveraner der Architekt war. Nun, diese Worte sind schon recht lange her. Inzwischen ist der Kommunaltempel zu einer richtigen Sehenswürdigkeit avanciert, oft halten Touristen das Gebäude sogar für das Königsschloss. Der Sitz des Stadtoberhauptes wird jetzt 100 Jahre alt. Grund genug, sich hier einmal damit zu beschäftigen.
Geschichtliches aus der Südstadt: In der Südstadt erschien zwischen 1981 bis 1985 der Maschseekurier, eine durch Anzeigen finanzierte Stadtteilzeitschrift. Damals schrieb ich für diese Zeitung Beiträge aus der Geschichte der Südstadt. Die Hefte sind lange vergriffen. Nun sollen an dieser Stelle in loser Folge einige der alten Stories vorgestellt werden. Denn Heimatgeschichte ist immer interessant und nie von gestern. Zugegeben: Das Neue Rathaus liegt nicht in der Südstadt. Die Grenze ist die Willy-Brandt-Allee und da steht unser imposanter Kuppelbau auf der falschen Seite. Aber 1985 habe ich mich nicht so um Grenzen geschert und die Sache etwas großzügiger gesehen. Das hat damals zu folgendem Beitrag geführt.
Das Neue Rathaus ist gar nicht mehr so neu, wie sein Name vermuten lässt. Die Raumnot der städtischen Verwaltung erzwang den Neubau eines Rathauses bereits Anfang des 20. Jahrhunderts. Das „Alte Rathaus“ neben der Marktkirche platzte trotz Erweiterungen (der sogenannte „Dogenpalast“) aus allen Nähten und auch das vorübergehend bezogene Wangenheimpalais war als „Neues Rathaus“ zu klein. Der neue Monumentalbau in Renaissanceformen wurde in den Jahren 1901 bis 1913 am Rande der Maschwiesen errichtet. Mit dem Werk begann der Berliner Geheime Baurat Hermann Eggert. 1910 wurde er entlassen, weil er „immer verknöcherter“ geworden sein und an überalterten Plänen festgehalten haben soll. So heißt es jedenfalls in einem Protokoll der Baukommission. Gustav Halmhuber vollendete das Bauwerk. Der Baugrund war übrigens nicht der sicherstes. 6026 Buchenpfähle müssen das Neue Rathaus tragen.
Die Nordfront des Rathauses ist reichhaltig geschmückt. Löwen, Figuren und Reliefbilder verzieren den Prunkbau der wilhelminischen Epoche. Ein Reliefbild des Kaisers Wilhelm II. war ursprünglich ebenfalls vorgesehen Doch dies blieb Hannover erspart. Die Welfenanhänger innerhalb der Baukommission wussten solche Pläne zu verhindern. So blieb dem Kaiser nur die Teilnahme an der Einweihungsfier. „Alles bar bezahlt, Majestät!“ soll der damalige Stadtdirektor Tramm dabei erläutert haben. Heute undenkbar.
Zu der Rathauskuppel (Höhe der Kuppelspitze 97,67 Meter) gelangen Besucher mit einer besonderen Einrichtung: Ein Fahrstuhl mit Schrägaufzug. Der früherer Südstädter Kabarettist Dietrich Kittner meinte dazu einmal bissig, das zeige, wie man auf krummen Touren in Hannover nach oben komme.
Mit dem Neuen Rathaus entstand ein bedeutendes Gartendenkmal im Süden des Kuppelbaues. Der Maschpark mit dem Maschteich. Doch das ist eine andere Geschichte.
Bürgerreporter:in:Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld |
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