Beim Bürgerverein Bothfeld, Klein-Buchholz und Lahe gehen die Lichter aus
Wieder hört ein Traditionsverein aus dem Nordosten Hannovers auf zu existieren.
An über 85-jähriges Wirken für das Gemeinwohl soll noch einmal erinnert werden.
Gründung des Bürgervereins Klein-Buchholz.Bothfeld.Lahe
Der Bürgerverein Klein-Buchholz.Bothfeld.Lahe wurde sehr wahrscheinlich im Jahr 1927 gegründet. Diese Gruppierung ging aus dem Bürgerverein des 33. Wahlbezirks hervor, dessen 1. Vorsitzender Wilhelm Reinecke aus dem Klein-Buchholzer Kirchweg 1 war. Der Klein-Buchholzer Landwirt bekleidete dieses Amt auch im neuen Verein zunächst weiter. Der Bürgerverein Klein-Buchholz.Bothfeld.Lahe vertrat die Interessen der alteingesessenen Bewohner. Fast gleichzeitig gründete sich in Bothfeld ein „Bürgerverein Bothfeld“, der die Belange der Einwohner in den Siedlungsgebieten wahrnahm. Zum 1. Vorsitzenden wurde der Telegraphen-Direktor Karl Knop aus der Heimstättenstraße 5 gewählt.
Politische Einflussnahme durch die NSDAP
Im Jahr 1933 begann die politische Einflussnahme durch die Nationalsozialisten. Die Ortsgruppe Hannover-Bothfeld verfolgte dabei eine kompromisslose Linie. Zur Jahreswende 1935/36 drohte die örtliche Leitung allen Parteigenossen mit Ausschluss, wenn sie nicht unverzüglich ihren Austritt aus den Bürgervereinen erklären würden. Mit dem Argument „Die bisherige Tätigkeit der Bürgervereine ist von der Parteiorganisation voll und ganz übernommen worden, so dass die Bürgervereine im nationalsozialistischen Staate keinerlei Lebensrechte mehr besitzen“ berief sich die Bothfelder Ortsgruppe auf einen Verbotsbeschluss der Gauleitung von April 1934, obwohl seit 1935 bei der NSDAP die Meinung vorherrschte, dass Bürgervereine bei der Überwachung der Bürger eine wichtige Rolle spielen und deshalb eine Auflösung nicht nötig sei. Kaum vorstellbar, dass das Bothfelder Vorgehen ohne Wissen des Gauamts Hannover geschah. Später stellte man das Ganze als „Missverständnis“ heraus.
Die Gleichschaltung schritt aber weiter voran. Der Stadtverband Groß-Hannover e.V. installierte Bezirksvereine, die jetzt für die Belange der Bürger in den einzelnen Stadtteilen zuständig waren. Mitglied konnte nur jemand werden, der die Voraussetzungen des Reichsbürgergesetzes erfüllte, das heißt, er musste nach den Nürnberger Rassegesetzen vom 15. September 1935 „deutschen oder artverwandten Blutes“ sein.
1945 wurden die Bezirksvereine, wie alle NS-Einrichtungen, von den Siegermächten verboten.
Wiedergründung des Bürgervereins Klein-Buchholz.Bothfeld.Lahe
Im Oktober 1949 erfolgte im Gasthaus „Im Krug zum grünen Kranze“ die Wiedergründung des Bürgervereins Klein-Buchholz.Bothfeld.Lahe. 25 Mitglieder waren anwesend. Umbenennung in: Bürgerverein Bothfeld, Klein-Buchholz u. Lahe. Alte Briefköpfe mit der Bezeichnung „Bürgerverein Klein-Buchholz, Bothfeld und Lahe“ wurden zunächst weiterverwandt.
In den Vorstand wurden gewählt:
1. Vorsitzender = Erich Wiese 2. Vorsitzender = Louis Rahlfs
1. Schriftführer = Louis Scheele 2. Schriftführer = Hermann Bendix
1. Kassierer = Willy Wehrspann 2. Kassierer = Franz Habel
Erich Wiese blieb bis 1975 der 1. Vorsitzende. Dessen Nachfolger wurde Gerhard
Bertram. 1997 übernahm Artur Tantow den Vereinsvorsitz.
Im Mittelpunkt der Vereinsaktivitäten standen in den zurückliegenden fast 60 Jahren nach der Wiedergründung vornehmlich Aussprachen über Straßen- und Wegebau, Kanalisation, Grundstückspolitik und Bebauungsplanung. Die Jahres-Hauptversammlungen fanden überwiegend in den Gasthäusern Rahlfs, Halberstadt (Bothfeld) oder Wöhlers Gasthaus (Klein-Buchholz) statt.
Auf zwei erreichte Ziele kann der Bürgerverein nach lebhaften Debatten besonders stolz sein:
> Aufstellen eines Gedenksteines für die Opfer des 2. Weltkriegs zu Füßen des Kriegerdenkmals an der Bothfelder Kirche.
> Verhinderung einer Hochhaus-Bebauung des Bothfelder Angers (bis zu 14 Geschosse) zwischen Bothfelder Kirchweg und Im Heidkampe.
Durch die Einrichtung von Stadtteil-Bezirksräten (in Bothfeld: Bezirksrat Bothfeld-Vahrenheide) und Bürger-Sprechstunden wurde der politische Einfluss der Bürgervereine in den letzten beiden Jahrzehnten sehr stark zurückgedrängt.
Auflösung des Vereins
Vergeblich versuchte Artur Tantow in den vergangenen Jahren einen Nachfolger für den Vereinsvorsitz zu finden. Obwohl es - bis zuletzt - noch 160 Vereins-Mitglieder gab, wollte keiner Verantwortung übernehmen, und so kam, was kommen musste: Der Verein wurde jetzt aufgelöst. Noch ist offen, wer für das Kriegerdenkmal künftig die Verantwortung trägt.
Auch für die Einladung der Bothfelder Vereine anlässlich des Volkstrauertages gibt es noch keine Ersatzlösung. Vielleicht übernimmt diese Aufgaben ein anderer Bothfelder Verein? Oder ein Vertreter der Kirche St. Nicolai? Einen großen Auftritt gibt es für den ehemaligen Bürgerverein in diesem Jahr noch: Anbringung eines metallenen Schildes, von Metallbau Dühlmeyer gefertigt, an der Hochzeitseiche im Bothfelder Anger (siehe Foto). Freuen wir uns alle darauf.
Literatur: MLYNEK, K.: Die Gleichschaltung der hannoverschen Bürgervereine in der NS-Zeit in: Hannoversche Geschichtsblätter, Hannover 1980
Bürgerreporter:in:Bernd Sperlich aus Hannover-Bothfeld |
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