Historische Friedhöfe in Hannovers Osten: Schöne Steine künden von grausamen Ereignissen
Die Bothfelder Nicolaikirche birgt einen historischen Schatz besonderer Art: Grabsteine aus drei Jahrhunderten künden von Familiengeschichten und dem Schicksal längst vergangener Ahnen. So musste der offenbar aus Rinteln zugezogene Grobschmied Fritz Huntemann 1655 seine nur wenige Wochen alten „Zwesieken“, wie Zwillinge auf Plattdeutsch genannt wurden, wieder zu Grabe tragen. Auch Heinrich Hanebuth, dessen Familienname dank eines nahen Verwandten mittels Raub und Mord in die hannoversche Geschichtsschreibung Eingang fand, starb 1656 bereits im Alter von nur neun Jahren.
Diese Denkmale markieren noch heute den Kirchhof des früheren Dorfes Bothfeld. Es ist nicht die einzige geschichtlich wertvolle Ruhestätte im Osten Hannovers. Die Experten der Niedersächsischen Denkmalpflege entdeckten eine ganze Reihe von Friedhöfen im Stadtgebiet, die jetzt als Baudenkmale unter dem besonderen Schutz des Gesetzes stehen.
Möglicherweise haben die schönen alten Grabsteine von Bothfeld mit schaurigen Ereignissen zu tun. Es sei doch merkwürdig, dass prächtige Denkmale vor allem an den Gotteshäusern am Rande großer Moorgebiete wie in Bothfeld zu finden seien, meinte der Heimatforscher Helmut Zimmermann in seinem Buch „Von Anderten bis Stöcken“. Ein Bothfelder Geistlicher habe einmal erzählt, so Zimmermann weiter, dass dieser Umstand mit dem Dreißigjährigen Krieg zusammenhängen könnte. Helmut Zimmermann: „ Damals ist sicher mancher versprengter Soldat im Moor verschwunden, und dies sicherlich nicht mit vollem Geldbeutel.“ Wie aber, so fragte Zimmermann, hätte dieser mit nicht ganz reinen Gewissen erworbene Besitz besser auf „anständige Weise“ wieder angelegt werden können, als Verstorbene mit aufwendigen Grabsteinen zu verewigen.
Vom Reich der Spekulation wieder zurück auf den Boden historischer Tatsachen. Der Kirchhof rund um den wuchtigen Turm des alten Bothfelder Gotteshauses wurde Mitte des vergangenen Jahrhunderts zu klein. Pastor Hermann Christian Friedrich zum Berge, übrigens der Schwiegervater des Deutschlandlied-Dichters Heinrich Hoffmann von Fallersleben, ließ deshalb 1869 den neuen Sankt-Nicolai-Friedhof an der Ebelingstraße anlegen. Diese Anlage steht ebenso auf der Liste der hannoverschen Baudenkmale wie der erst 1924 eröffnete Israelitische Friedhof an dern Burgwedeler Straße. Die leider 1938 zerstörte Friedhofshalle wurde 1960 durch einen Neubau von Hermann Guttmann ersetzt.
1,4 Hektar groß ist der Stadtteilfriedhof Nackenberg. Die Stadt eröffnete ihn 1886 und schon 1972 stellte sie ihn wieder außer Dienst. Seine „schöne Backsteinmauer mit dem gotisierendem Tor“ wird in der hannoverschen Denkmaltopographie besonders hervorgehoben.
In der Kapelle des Misburger Waldfriedhofes hängen zwei alte Grabplatten des 17. Jahrhunderts an der Wand. Doch der erste Eindruck täuscht. Die historischen Steine markieren nicht die Ruhestätte der alten Misburger. Die Grabmale kamen auf einer ehemaligen Hofstelle bei Bauarbeiten wieder zum Vorschein und fanden hier einen würdigeren Platz. Der Dorffriedhof von Misburg lag am Seelberg. Die Anlage zählt zu den wenigen Erinnerungen an das alte Dorf. 1827 angelegt, wird der Friedhof seit 1921 als Grünanlage genutzt. Die benachbarten Anderter hatten in ihrem Dorf überhaupt keinen Platz für ihre Toten. Sie bauten ihren Friedhof 1976/79 in Kirchrode an der Ostfeldstraße.
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Bürgerreporter:in:Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld |
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