Toni macht Deutschland glücklich - Ist damit der Weltmeister-Fluch besiegt?

Kroos macht den Wahnsinn in letzter Sekunde perfekt. Es darf gefeiert werden.
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Puh! Da haben wir aber noch mal Glück gehabt. Der Sturz in den Abgrund schien bereits unvermeidlich. Doch die Jungs mit dem Adler und den vier Sternen auf der Brust konnten ihn buchstäblich in allerletzter Sekunde verhindern. Nach 95 nervenaufreibenden Minuten, die auch uns Zuschauern alles abverlangt haben, kann nun erst mal tief durchgeatmet werden. Und die Pulsfrequenz läuft inzwischen nach einer unruhigen Nacht fast wieder normal. Der WM-Fluch scheint besiegt zu sein, der die vorherigen drei Weltmeister jeweils aus der Vorrunde katapultiert hatte. Brasilien, Italien und Spanien mussten allesamt schon nach den ersten drei Spielen ihre Koffer packen und vorzeitig, noch bevor die WM mit den K.O.-Spielen so richtig begonnen hatte, ihr Rückflugticket einlösen.

Das sollte Deutschland als amtierenden Weltmeister natürlich nicht passieren, war doch auch stets von der Verteidigung dieses schönen Titels die Rede. Und wohl kaum jemand hätte im Entferntesten daran gedacht, dass so etwas möglich sein würde, schien doch die Gruppe F mit Schweden, Südkorea und Mexiko kein ernst zu nehmendes Hindernis zu sein. Allein die Mexikaner, so war im Vorfeld zu hören, könnten unserer Mannschaft etwas Paroli bieten.

Und so sollte es dann tatsächlich kommen. Die deutsche Elf stand im ersten Gruppenspiel völlig neben sich, kam mit dem genauen Passspiel und der Aggressivität der Mittelamerikaner überhaupt nicht zurecht. Fehlpässe in Folge und Unachtsamkeiten führten zu einer verdienten Niederlage. Die fußballverrückten Mexikaner waren aus dem Häuschen und wir wieder erwarten am Boden. Damit stand Deutschland nun schon mit dem Rücken zur Wand, nur noch K.O.-Spiele vor Augen. Das kann bekanntlich für weiche Knie sorgen, und der Druck wurde enorm groß.

Doch alles sollte nun gestern Abend gegen Schweden besser werden. Und das war nun wirklich ein machbarer Gegner, obwohl die Schweden beim letzten gemeinsamen Aufeinandertreffen aus einem 0:4-Rückstand noch ein 4:4 gemacht hatten. So war man sich sicher, dass nun drei Punkte eingefahren werden würden.
So sah es dann zunächst auch aus. Nach anständigem Start ins Spiel mit neuem Personal und guten Chancen schien alles seinen Weg zu gehen. Die Nordländer igelten sich kompakt hinten ein, sorgten aber doch tatsächlich für zwei drei gefährliche Vorstöße. Und bei einem hatte die deutsche Mannschaft verdammt viel Glück, hätte es doch durchaus einen Elfer für die Blau-Gelben geben können. Aber es gab in diesem Spiel hauptsächlich eine Richtung, die auf das schwedische Tor.
Doch dann passierte der sonst so sicheren „Passmaschine“ Toni Kroos ein Missgeschick. Nach einem Fehlpass im Mittelfeld setzten die Schweden einen Konter, und schon zappelte die Kugel in den Maschen. Leider in den falschen. Die deutsche Mannschaft stand unter Schock. Bis zur Pause brachte sie nichts mehr zustande. Und so stand sie nun tatsächlich und wider Erwarten mit einem Bein am Abgrund. Sollte sich der Fluch der Weltmeister doch wiederholen? Das Zittern begann.
Doch manchmal hat man auch das Glück des Tüchtigen. Und so war es kurz nach der Halbzeit, als der starke Marko Reus zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort stand und aus dem Gewühl heraus den Ball dieses Mal in die richtigen Maschen drosch. Es durfte aufgeatmet werden. Doch natürlich musste ein zweiter Treffer her, drohte doch sonst nach wie vor ein vorzeitiges Aus, da den Schweden im Falle eines Unentschiedens ein solches auch gegen die Mexikaner für ein Weiterkommen gereicht hätte.
Doch das Anrennen schien nicht von Erfolg gekrönt zu werden, auch wenn es die eine oder andere Chance gab und schließlich der eigewechselte Julian Brandt den Ball an den Pfosten knallte und unsere blankgelegten Nerven damit noch mehr strapazierte. Irgendwie sollte es einfach nicht sein. Es war zum Haare raufen.
Dann immerhin fünf Minuten Nachspielzeit. Doch eigentlich hatte man den Glauben an einen Sieg schon aufgegeben und sich damit abgefunden, dass man nun ein Weiterkommen nicht mehr in der eigenen Hand haben würde, dass alles vom Spiel, auch wenn man das nächste gegen Südkorea gewinnen würde, Schweden gegen Mexiko abhängen würde. Und wie gut die Schweden verteidigen konnten, dass hatte man nun am eigenen Leib erfahren.

Dann die 92. Minute. Wieder über die linke Seite. Doch den Angriff wussten die Schweden ein paar Meter vor der Grundlinie und vor dem Sechzehner nur durch ein Foul an Timo Werner zu stoppen. Ein paar Sekunden waren noch zu spielen, der Freistoß die letzte Chance. Fast sämtliche Spieler auf dem Platz reihten sich hintereinander im Strafraum auf und erwarteten die Flanke von Toni Kroos. Der Schiri gab den Ball frei. Kroos zu Reus, der für ihn stoppte, und dann zirkelte er den Ball mit Wucht und eleganter Flugkurve ins lange Eck. Unfassbar! Was für ein Kunstschuss. Nun brachen alle Dämme. Das Unglaubliche war geschehen. Die deutschen Spieler konnten ihr Glück kaum fassen, lagen sich in den Armen. Selbst Jogi Löw sprang wie ein Irwisch von der Bank auf. Und die Schweden waren am Boden, hatten doch zumindest den einen Punkt und damit ein mögliches Weiterkommen in den letzten Minuten des Spiels fest eingeplant. Doch nun war ihr Glück zerstört, und eine Achtelfinalteilnahme wird für sie nun äußerst schwierig werden. Und Deutschland hat, wie es ältere Fußballfans immer mal wieder erlebt haben, den Kopf in letzter Minute aus einer engen Schlinge gezogen.

Mit diesem nicht mehr erwarteten Sieg scheint der WM-Fluch der vergangenen Weltmeisterschaften besiegt zu sein. „Doch der Ball ist rund“, wie es Altbundestrainer Sepp Herberger 1954 formulierte und „Ein Spiel dauert 90 Minuten“. Da kann viel passieren. Alles ist möglich und nichts unmöglich. Doch wer glaubt schon, dass gegen Südkorea nicht gewonnen wird und dass die Schweden gegen Mexiko gewinnen. Es müßte schon mit dem Teufel zugehen, wenn es mit dem Achtelfinale nicht klappen sollte. Doch wir sind nun gewarnt und Vorsicht ist geboten. Und außerdem sollte das ständige Gerede von der Titelverteidigung in den Medien und von den Fans endlich aufhören. Es muss von Spiel zu Spiel gedacht werden. Nur das ist der richtige Weg.

Bürgerreporter:in:

Kurt Wolter aus Hannover-Bemerode-Kirchrode-Wülferode

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