Die Leine im Großraum Hannover - ein attraktives Naherholungsgebiet

Bei Koldingen erreicht die Leine, aus dem thüringischen Eichsfeld kommend, den Großraum Hannover.
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Die Leine ist kein großer Fluss. Knapp 280 Kilometer lang, nur an wenigen Stellen kaum mehr als 30 Meter breit, entspringt sie im thüringischen Eichsfeld in Leinefelde, windet sich dann begleitet vom Leinebergland über niedersächsischen Boden, danach durch die Landeshauptstadt und mündet schließlich etwa 40 Kilometer nördlich davon im platten Land in die Aller. Eigentlich wäre die Leine nicht von großer Bedeutung. Doch sie ist es trotzdem, ist doch nur durch sie die Stadt Hannover mit einem Großraum von immerhin einer Million Einwohnern entstanden. An einer Stelle im Bereich der heutigen Altstadt gab es eine Furth und einen erhöhten Uferbereich. Grund genug vor rund 1000 Jahren, dort vor Hochwassern geschützt, einen Handelsplatz und schließlich eine Stadt anzulegen. An anderer Stelle habe ich ausführlicher darüber berichtet: Das alte Hannover - und wie es entstand
In diesem Beitrag wollen wir uns nun nur diesem Leineabschnitt widmen, der den Großraum Hannover betrifft, ist doch das langgezogenes Grüngebiet für viele Stadtbewohner ein attraktiver Naherholungsraum.

Bei Koldingen tritt die Leine in dieses Gebiet ein. Und gleich dort hat sie mit der südlichen Leinemasch eine Landschaft geschaffen, die jede Menge schönster Natur zu bieten hat. Großflächiges, sumpfige Wiesengelände mit kleinen Auwaldbereichen. Durchflossen wird sie auch von der Alten Leine, einem Nebenflüsschen, das vor Jahrhunderten einmal den Hauptlauf der Leine bildete. Doch irgendwann wurde dieser abgetrennt, um der Schifffahrt kürzere Wege zu ermöglichen. Bei Hemmingen befinden sich im Naturschutzgebiet Sundern die Reste eines weiteren abgeschnittenen Leinearms, der mit der Leine schon lange nicht mehr in Verbindung steht. Diese Landschaft hat sich im Laufe langer Zeit zu einem eindrucksvollen Auwald entwickelt.
Das ganze Gebiet zwischen Koldingen und Döhren ist ein Vogelparadies. Für Graugänse, Störche, Grau- und Silberreiher, Kormorane und viele andere. Seit 20 Jahren hat sich auch der Biber wieder angesiedelt, der überall seine Spuren hinterlässt: angeknabberte und gefällte Bäume, Dämme, Biberpfade und -burgen. In allen Gewässern beiderseits der Leine ist er längst wieder heimisch. Und wenn sich die Leine so richtig breit macht, was alle paar Jahre vorkommt, dann setzt sie die ganze Masch unter Wasser. Die Straßen zwischen den Dörfern des rechten und linken Leineufers sind dann nicht mehr passierbar.

Angezogen werden die Wasservögel durch die vielen Teiche, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch Kiesabbau entstanden sind. Sie haben die Landschaft, nachdem sie im Laufe der Jahrzehnte zu eindrucksvollen Biotopen geworden sind, zu ihrem Vorteil verändert. Besonders südlich von Koldingen mit der gleichnamigen Seenplatte, die nach dem Steinhuder Meer das bedeutendste Vogelzugsgebiet der Region ist.
Kleinere Teiche, hauptsächlich zwischen der Leine und der Alten Leine, sind ehemalige Tongruben. Da es unmittelbar um Hannover keinen Kalk- oder Sandstein gab, war Ton das geeignete Material, um die neueren Häuser der Stadt nun nicht mehr als Fachwerk, sondern aus Stein zu erbauen. So wurden Unmengen von Ziegeln dazu benötigt. Allein in der Grasdorfer Masch wurden jährlich 14 Millionen Ziegel hergestellt. Der Ton wurde mit Pferdefuhrwerken, Loren und sogar Seilbahnen über die Leine aus der Masch zu deren Rand transportiert, um in den vielen Ziegelbrennereien weiterverarbeitet zu werden. Die Marktkirche und das Alte Rathaus sind eindrucksvolle Bauten Norddeutscher Backsteingotik aus dieser Zeit des Tonabbaus und der Ziegelproduktion.

Zum Ende der südlichen Leinemasch erreicht der Fluss mit Döhren das Stadtgebiet von Hannover. Dort am Wehr trennt sich die Leine in zwei Arme auf, umfließt die Leineinsel, auf der einst die „Wolle“, die Wollwäscherei und Kämmerei ihren Standort hatte, um gleich darauf wieder zusammenzufinden. Nicht weit hinter der Leineinsel erreicht sie den Maschsee. Sie windet sich an seinem westlichen Ufer parallel zu diesem entlang. An den Bootshäusern wird sie von einer stählernen, schmiedeeisernen Fachwerkbrücke überquert. Über diese führte einmal die Bahnlinie nach Altenbeken am Teutoburger Wald. Am gegenüberliegendem Ostufer weist die Straße des Altenbekener Damms noch heute darauf hin.

Kurz dahinter trifft die Leine auf ein weiteres Wehr. Dort gibt sie den Großteil ihrer Wassermenge an den Schnellen Graben ab, der es in das kleine Flüsschen Ihme, das eigentlich nicht mehr als ein größerer Bach ist, leitet. Doch von da ab wird die Ihme auf ihren letzten Metern tatsächlich zu einem Fluss. Angelegt wurde diese Abzweigung mit dem Schnellen Graben, deren Ursprünge über 500 Jahre zurückreichen, um der Altstadt von Hannover bei den immer wieder auftretenden Hochwassern eine Überflutung zu ersparen. So wird damit der Großteil des Leinewassers um das alte Hannover herumgeführt. Trotz dieses Kanals kam es in der Stadt immer mal wieder zu schweren und dramatischen Überschwemmungen. So auch nach dem Krieg, im Febrauar 1946, als das Neue Rathaus unter Wasser stand und das Stadtarchiv am Waterloplatz bis zum zweiten Stock überflutet wurde. Wertvolle Bücher und Dokumente der Stadtgeschichte gingen dabei verloren. Heute werden sie zum Teil aufwändig saniert. Eine Mammutaufgabe. Und ganz Linden wurde damals zu einer Insel, war von den Wassermassen eingeschlossen. Ein Grabstein auf dem Wilkenburger Kirchhof weist auf eine noch frühere Überflutung hin. 1723 fand in der Strömung eine 27jährige Frau den Tod. Heute kann es diese Jahrhunderthochwasser kaum noch geben, gibt es doch bei Salzderhelden ein riesiges Auffangbecken, dass eine Menge Leinewasser aufnehmen kann.

Weiter strömt die Ihme am Ihmezentrum vorbei, wo vor einigen Jahren, indem das Erdreich tiefer gelegt wurde, auch ein Überflutungsgebiet entstanden ist. 2013, gleich nach seiner Fertigstellung, konnte sich dieses beliebte Erholungsgelände beim vorerst letzten großen Hochwasser bewähren.
Die schmalere Leine nimmt indessen einen anderen Weg. Nachdem sie den Maschsee verlassen hat, fließt sie am Maschpark mit der schönen Szenerie des Neuen Rathauses vorbei, unterquert die Straße Friederikenplatz, muss dann einen kleinen Wasserfall hinunterstürzen und plätschert gleich darauf an den steinernen Köpfen der Flussgötter vorbei. Damit erreicht sie am Niedersächsischen Landtag, der im einstigen Welfenschloss untergebracht ist, das alte Hannover. An der Stelle, kurz bevor sie die Höhe des Beginenturms passiert, wird es demnächst eine große Welle geben, die künstlich erzeugte Leinewelle. Sie soll Sportlichen die Gelegenheit zum Surfen geben. Vermutlich wird das auch für die Besucher der erneuerten, schmucken Leinepromenade am Hohen Ufer, die sehr gelungen ist, eine Attraktion werden.

Danach windet sich die Leine, begleitet von einem Spazier- und Radweg, der wegen und zur Expo angelegt wurde, durch die Calenberger Neustadt. Sie unterquert die schönste aller Leinebrücken an der Königsworther Straße, deren Bronzeskulpturen von Nixen und Flussgöttern sehenswert sind und erreicht dann die Höhe der Herrenhäuser Gärten, zunächst die des Georgengartens. Kurz darauf vereint sie sich am Fährmannseck an der Bar Strandleben mit ihrem am Maschsee abgezweigtem Wasser, dem der Ihme. Damit ist sie wieder komplett. Bald darauf erreicht sie das Leinewehr in Limmer, wo sich die hier breite Wasserfläche in drei Arme aufteilt: den Leineverbindungskanal, der zum Stichkanal zum Lindener Hafen und zum Mittellandkanal führt, dem weiteren Leinelauf und dem kleinen Ernst-August-Kanal mit seinen historischen Schleusentoren. Im 18. Jahrhundert wurde an dieser Stelle die Wasserkunst erbaut, mit deren Hilfe und einem ausgeklügelten System die Wasserspiele des Großen Gartens angetrieben wurden. Die Große Fontäne erreichte eine Höhe von damals sensationellen 30 Metern, was die Regenten anderer Fürstentümer, die zu Besuch kamen, vor Neid blass werden ließ. Aber das Fürstentum Hannover musste sich auch anstrengen, um die Kurwürde zu erreichen, die bald darauf die Welfen auf den Britischen Königsthron führen sollte.

Hinter dem breiten Wehr umströmt die Leine zwei kleine Inseln, bevor sie die nördliche Leinemasch erreicht. Durch sie mäandert sie in vielen Kurven zwischen Letter auf der einen und Herrenhausen und Stöcken auf der anderen Seite dem Kloster Marienwerder entgegen. Und damit endet der Flussabschnitt, der für Erholungssuchende zum Spazierengehen, Radfahren oder zu Bootsfahrten einlädt. Es macht Spaß, dieses Stück Leine zu erkunden. An ihm und auch an der mehr oder weniger parallel verlaufenden Ihme kann man die ganze Stadt durchqueren und befindet sich dabei immer im Grünen. Und Grünflächen kombiniert mit Wasserflächen haben sowieso immer ihren besonderen Reiz und ziehen die Menschen an.

Siehe auch: - Die Restaurierung des historischen Leinewehrs am Maschsee ist abgeschlossen - Hochwasser an der Leine - Winterzauber in der südlichen Leineaue - Herbstzeit an der Leine - Vogelparadies südliche Leineaue

Bürgerreporter:in:

Kurt Wolter aus Hannover-Bemerode-Kirchrode-Wülferode

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