Am romantischen Rhein – Von Koblenz bis Rüdesheim

Eine der schönsten Landschaften Deutschlands. Das obere Mittelrheintal, das zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört.
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  • Eine der schönsten Landschaften Deutschlands. Das obere Mittelrheintal, das zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört.
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Wer an besonders romantische Landschaften in Deutschland denkt, der denkt vermutlich in erster Linie an das Elbsandsteingebirge mit der Bastei bei Dresden oder das obere Mittelrheintal zwischen Koblenz und Bingen, auch Loreleytal genannt. Das letztgenannte haben wir uns für dieses Mal ausgesucht. Und das ist gerade nach dem Touristenrummel der Ostertage besonders schön, liegt doch die Natur des eindrucksvollen Rheingrabens, der sich tief in das Rheinische Schiefergebirge hineingefressen hat, ruhig und still vor uns. Das einzige das die Ruhe stört sind die unzähligen Güterzüge, die im Fünfminutentakt durch das Tal donnern. Doch irgendwann nimmt man sie nicht mehr wahr. Wahr nimmt man aber die eindrucksvollen Anblicke, die sich einem überall ergeben.

Wir starten unsere Tour in Koblenz. Und gleich dort, von der gewaltigen Festung Ehrenbreitstein, hat man einen besonders schönen Anblick. Natürlich ist es der auf das Deutsche Eck, wo die Mosel in den Rhein mündet. Kaiser Wilhelm, hoch zu Ross, blickt von seinem Denkmalsockel auf die Vereinigung der beiden Ströme. Wer möchte, kann zur Festung von Koblenz mit der Seilbahn über den Rhein hinüber gondeln. Wir ziehen jedoch den kurzen Steilweg vom diesseitigen Rheinufer auf die Höhe hinauf vor, wollen wir doch auf Bequemlichkeiten verzichten und unsere Rheinerkundung mit einigen Wanderungen verbinden.

Natürlich hat man von Koblenz die Möglichkeit, das linke oder rechte Rheinufer hinaufzufahren. Wir entscheiden uns für das östliche, werden aber das westliche auf dem Rückweg nehmen. Die Strecke misst von Koblenz bis Bingen nur 67 Kilometer. Also in mehreren Tagen viel Zeit, das Weltkulturerbe der UNESCO Oberer Mittelrhein einigermaßen kennenzulernen.

Bei der Weiterfahrt hat man meist die gegenüberliegenden Hänge gut im Blick. Die auf der eigenen Seite ragen zu steil empor als das man sie gut überschauen könnte. Und so bemerken wir die eine oder andere Burg, von denen es an diesem Rheinabschnitt immerhin etwa 40 an der Zahl gibt, auf der eigenen Flussseite gar nicht.
Die Hänge zu beiden Seiten des Tales sind vielseitig. Mal Wald, mal Weinfelder und mal Schieferfelsen sorgen für Abwechslung. Dazwischen auf den Mittelterrassen immer wieder eine mittelalterliche Burg. Und alle paar Kilometer ein kleiner Ort, der sich zwischen den Steilhängen und dem Fluss dicht in das Tal schmiegd. Natürlich benötigen auch die Straßen und die Eisenbahnlinien beiderseits des Flusses ihren Raum, und so ist eben alles dicht gedrängt beieinander. Doch gerade das hat seinen Reiz, wirkt es doch von weiter oben wie eine Modelleisenbahnlandschaft.

Und das Weiteroben lohnt sich immer, wo man auch anhält und eine Höhe ersteigt. Von überall hat man einen fantastischen Blick auf den sich unten zwischen den Hängen windenden Rhein. Wie klein sind doch die Häuser dort unten, die Züge und Autos, und wie klein die Schiffe, die ihren Waren im langsamen Tempo flussauf- und in schnellem flussabwärts transportieren. Sie müssen dabei aufpassen, nicht auf einen der vielen Felsen im Fluss aufzulaufen. Und die gefährlichsten von ihnen befinden sich in Höhe des Loreleyfelsens. Dort oben sitzt die aufreizende Jungfrau, kämmt ihr goldenes Haar und verdreht den Schiffern den Kopf, die dann schon mal auf ein Riff auflaufen können und mit Mann und Maus gesunken sind. So hat es Heinrich Heine in seinem Loreley-Gedicht beschrieben. Erfunden aber hat die Loreley Clemens von Brentano im Jahr 1800. Heute kann man sie als Bronzestatue am Ende einer schmalen und langgezogenen Halbinsel nahe des Felsens finden.

Nachdem wir zuvor schon von einem Aussichtspunkt einen herrlichen Blick über St. Goarshausen mit der Burg Katz hatten, besteigen wir nun natürlich auch über viele Treppenstufen den Loreley-Felsen, der sich in einer Flussbiegung steil über den Rhein erhebt. Und auch von dort oben – ich muss es kaum noch erwähnen – ist der Blick eindrucksvoll. Und gegen Abend sind an diesem wohl bekanntesten Ziel dieses Rheinabschnitts auch nur noch vereinzelt Touristen unterwegs. Allerdings sollen wir im Laufe dieser Rheintour feststellen, dass es diverse deutlich reizvollere Ausblicke als den von diesem berühmten Felsen gibt. Aber die sind nicht mit Bus oder PKW erreichbar. Man muss sich dabei schon auf des wandernden Müllers Spuren begeben.

Nach Übernachtung auf dem Loreley-Campingplatz mit Blick auf die Burgen Katz und Maus, erreichen wir am nächsten Vormittag schon bald den schönen Ort Kaub. Dort steht mitten auf einer Rheininsel die weiße Burg Pfalzgrafenstein, die einst, wie auch der Binger Mäuseturm, als Zollstation diente. Natürlich die obligatorische Wanderung die Hänge hinauf. Der Blick geht auf die Burg Gutenfels, die auf einem Landschaftssporn 110 Meter über Kaub steht und die Dächer des Ortes mit ihren Stadttürmen. Weiter entfernt liegt auf der anderen Seite St. Goar mit der Burg Rheinfels.

Gegen Mittag erreichen wir Assmannshausen. Auch wenn der Ort sehr klein ist, so hat er doch an der Rheinpromenade ein paar besonders schöne Fachwerkhäuser aufzuweisen. Weinromantik pur. Von dort starten wir zu einer knapp 20 Kilometer langen Wanderung, die uns zum Niederwalddenkmal führen soll. Zunächst geht es durch die Gassen des Ortes und dichten Buchenwald steil bergauf. Dann haben wir die Höhe erreicht. Ein gutes Stück hinter dem Schloss Hotel Niederwald tut sich vor uns im Wald eine schmale Schneise auf. Wir wundern uns darüber, wie schmal der Rhein dort unten in der Ferne geworden ist. Später sollen wir allerdings feststellen, dass es die Nahe war, die bei Bingen in den Rhein mündet. Der Rhein selber wird gerade dort bei Rüdesheim und Bingen noch breiter.
Schließlich treten wir aus dem Wald heraus. Das pompöse Niederwalddenkmal thront über den Weinhängen. Majestätisch schaut über Preußenkönig Wilhelm mit seinen Generälen die walkürenhafte, lorbeerbekränzte Germania in die Weite. In der erhobenen Rechten die Reichskrone, die Linke auf ein Schwert gestützt. Darunter das martialische Gedicht Die Wacht am Rhein, das damals zur Kaiserzeit als inoffizielle Nationalhymne galt.
Natürlich sind an diesem bekannten Ort etliche Touristen aller möglichen Nationalitäten anzutreffen. Die meisten sind mit der Seilbahn von Rüdesheim heraufgekommen. Für uns wird es jedoch gleich ruhiger, als wir nach der schönen Aussicht über die Weinhänge nach Rüdesheim und Bingen und auf den Rhein hinunter, durch die Weinberge hinabwandern.
Allerdings halten wir uns im weltbekannten Rüdesheim nur kurz auf. Einmal durch den Ort, natürlich die Drosselgasse, dann wieder aus dem Touristenrummel heraus und in die Stille der Weinberge hinein. Dort treffen wir auf der sieben Kilometer langen Rückwanderung nur noch vereinzelt auf Menschen. Dabei führt uns die gesamte Strecke an den Weinhängen weit oberhalb des Rheins entlang, den Fluss immer unter uns. Über Burg Ehrenfels und einen weiten Rechtsbogen des Rheins erreichen wir gegen Abend wieder Assmannshausen.

Danach setzen wir bei Rüdesheim mit der Fähre über den Rhein nach Bingen hinüber. Ein Stück durch den Ort, die Nahe überquert und dann wieder in das engere Rheintal hinein. Nun geht es auf der linken Flussseite Richtung Koblenz zurück. Vorbei an der Burg Rheinfels erreichen wir nach kurzer Fahrt den Ort Trechtingshausen, über dem die große Burg Reichenstein thront. Der Campingplatz darunter soll uns zur Übernachtung dienen.

Da es nach zwei besonders warmen Apriltagen – bis 24 Grad – am folgenden Morgen leicht regnet, nutzen wir das Wetter zu einer Burgbesichtigung. Und die lohnt sich ganz besonders. Denn auch wenn die Burg, wie so viele andere auch, als Hotel dient, so kann man deren größte Bereiche auch erkunden. Wir ersteigen die Türme, von denen im Mittelalter die Besitzer der Burg den Rhein überwacht haben. Da sie irgendwann zu Raubrittern wurden, warteten sie auf vorbeifahrende Kähne und plünderten sie aus. Deswegen machten sie sich beim Erzbischof von Mainz alles andere als beliebt.
Im 19. Jahrhundert wurde die Burg von der Familie eines Industriellen bewohnt, der auch mit Kaiser Wilhelm befreundet war. Und so gibt es in den Museumsräumen viel zu sehen. Eine der größten Geweihsammlungen Deutschlands, Ritterrüstungen, Waffen, eine großartige Bibliothek, ein Musizierzimmer und vieles mehr.

Auf der Weiterfahrt sehen wir am Straßenrand ein Hinweisschild mit der Aufschrift Siebenburgenblick. Das reizt uns. Also ein paar Kilometer die Hänge durch den Wald hinaufgewandert bis zu einem Aussichtspunkt. Doch der Blick ist eher enttäuschend, eine Art Mogelpackung. Ein Stück unter uns liegt zwar die Burg Sooneck. Doch nur vier weitere Burgen können wir mit viel Mühe und etwas Fantasie rheinabwärts in der Ferne ausmachen. Es hat sich also nicht wirklich gelohnt. Lohnen würde sich vermutlich die Besichtigung der Burg Sooneck, in dessen Nähe wir beim Abstieg vorbeikommen. Doch zu einer zweiten Burgbesichtigung an diesem Vormittag haben wir keine Lust und setzen unsere Fahrt fort.

Allerdings nicht weit. Schon nach wenigen Kilometern erreichen wir den Ort, den wir schon auf der Hinfahrt von der anderen Uferseite bestaunt hatten. Und dieser ist unzweifelhaft der mit Abstand schönste Ort am gesamten, romantischen Rhein. Das ist Bacharach, das sich malerisch an die Hänge anschmiegt, die Burg Stahleck auf einer Höhe darüber. Etliche Stadttürme sind erhalten. Auch ein großer Teil der Stadtmauer mit einem zugänglichen Wehrgang darauf. Dicht lehnen sich die alten Häuser im Inneren daran. Wir schlendern durch enge Fachwerkgassen, sehen in den einen oder anderen lauschigen Winkel, und wir steigen zur gut erhaltenen Burg hinauf, in der eine Jugendherberge untergebracht ist. Schöner kann eine solche nicht liegen. Alles das beeindruckt uns sehr.
Aber es wird noch eindrucksvoller. Wir steigen durch die Weinberge zum Heinrich Heine Blick hinauf, von dem einst auch der große Dichter und Schriftsteller in die Ferne geschaut hat. Wir sehen dem romantischen Ort auf die grauen Schieferdächer, die Türme, die Peterskirche und die Ruine der Wernerkapelle, die einst Heine dazu animiert hat seinen Roman Der Rabbi von Bacharach zu schreiben. Rechts auf dem Hang die Burg Stahleck und weiter links natürlich der Rhein. Was für Anblicke sind das doch! Der Inbegriff deutscher Romantik. Keine andere Aussicht im Rheintal kann da wohl mithalten.

Mit diesem großartigen Höhepunkt unserer Reise treten wir dann am Abend nach drei Tagen die Heimfahrt an. Wir sind zufrieden mit dem, was wir gesehen haben. Wer ein Fable für eine wunderbare Natur, für Geschichtliches und erst recht für die Romantik hat, der befindet sich im oberen Mittelrheintal in der richtigen Gegend. Sie ist deutlich mehr als einen Kurzbesuch wert. Auch einen längeren Urlaub könnte ich mir dort gut vorstellen, gibt es doch in herrlicher Umgebung eine Menge zu erkunden und natürlich auch den einen oder anderen edlen Tropfen zu verköstigen. Damit haben wir nun selbst in Erfahrung gebracht, warum es am Rhein so schön ist. 

Bürgerreporter:in:

Kurt Wolter aus Hannover-Bemerode-Kirchrode-Wülferode

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