London
London und Hannover – eine ganz besondere Beziehung
Manchmal schreibt das Weltgeschehen kuriose Geschichten. Viele Hannoveraner wissen vielleicht gar nicht, dass einstmals ihr Kurfürstentum, das etwa der Fläche des heutigen Niedersachsens entsprach, im 18. und 19. Jahrhundert einmal von London aus regiert wurde. Das ist für ein deutsches Kurfürstentum schon sehr ungewöhnlich. Aber wie konnte es dazu kommen?
Nachdem das Haus Stuart, das gut 200 Jahre lang die englischen Könige stellte, keine Nachkommen mehr aufweisen konnte, gab es ein Problem: Woher nun einen neuen König oder eine Königin nehmen, durften doch die Katholiken der Stuarts nach einem von 1701 erlassenen Gesetz nicht mehr den Thron besteigen, sondern nur noch Protestanten. Und solche standen dem Vereinigten Königreich nicht zur Verfügung. Deswegen musste man sich anderweitig nach einem Thronfolger umsehen. Und der Nächstmögliche war die verwitwete Herzogin Sophie von der Pfalz im Kurfürstentum Hannover, eine Enkelin des früheren englischen Königs Jacob I. Aber einige Wochen, bevor sie die Thronfolge antreten sollte, starb sie an einem Herzinfarkt im Großen Garten von Herrenhausen. So kam es, dass nun ihr ältester Sohn Georg Ludwig König in England werden sollte. Im Jahr 1714 reiste er, kaum Englisch sprechend, mit seinem Hofstaat nach London und wurde dort in der Westminster Abbey als Georg I. zum König von Großbritannien und Irland gekrönt.
Mit der Ernennung Georg I. entstand somit eine Personalunion zwischen Hannover und England, die 123 Jahre andauern sollte. Das Kurfürstentum Hannover wurde in dieser Zeit von England aus regiert, wobei die alltäglichen Regierungsgeschäfte allerdings weiterhin in Hannover durchgeführt wurden. Und so kam es in dieser Zeit, dass das norddeutsche Kurfürstentum in eine Art Dornröschenschlaf verfiel, da es aus der Sicht Englands keine große Rolle spielte. König Georg sollte jedoch nicht der einzige Welfe aus dem Haus Hannover auf dem Thron bleiben. Sechs weitere folgten ihm. Zum Schluss die große Viktoria, die das größte Weltreich beherrschte, das die Erde je gesehen hat. Durch seine Kolonialpolitik nahm das Vereinigte Königreich etwa ein Drittel des Erdballs ein. Mit der Thronbesteigung Viktorias war die Personalunion allerdings dann 1837 beendet, da in Hannover, inzwischen zum Königreich geworden, keine Frauen auf dem Thron sitzen durften. Und mit dem Tode Viktorias im Jahr 1901 ging eine 187jährige Herrschergeschichte der Welfen aus dem Haus Hannover in Großbritannien zu Ende.
Aber auch wenn das Kurfürstentum und spätere Königreich Hannover für Großbritannien und Irland also mehr oder weniger unbedeutend war, so gab es doch viele Verbindungen zwischen den beiden nun verbandelten Ländern. Es fand ein reger Austausch auf verschiedenen Gebieten statt. So manche Hannoveraner wechselten nach England über, einige wieder zurück. So z.B. der weltbekannte Astronom Wilhelm Herschel mit seiner Schwester Caroline, die auch eine bekannte Violistin und Sängerin war. Beide leisteten auf dem Gebiet der Astronomie Bedeutendes. Oder Graf Carl von Alten, ein hannoversch-britischer General aus Hannover, der am Sieg bei der Schlacht von Waterloo einen wichtigen Anteil trug. Georg III., der englische König und Kurfürst von Hannover, wurde 1814 auch zum König von Hannover. Später zog Ernst August aus London nach Hannover und wurde dort 1837 zum Köing ernannt.
Und als Königin Elisabeth 1965 Hannover besuchte, war auch ich als Kind, von meinen Eltern mitgenommen, vor dem Neuen Rathaus zur Stelle, wo sie stehend und huldvoll winkend in einem offenen Mercedes 600 Pullmann direkt an uns vorbeifuhr und die Menge ihr zujubelte. Als Erbprinz Ernst August von Hannover 1999 Caroline von Monaco heiratete, musste er Königin Elisabeth um deren Erlaubnis bitten. Und dessen Sohn, der jetzige Erbprinz von Hannover, der ebenfalls Ernst August heißt, wuchs in London auf, zog erst vor wenigen Jahren nach Hannover ins Fürstenhaus von Herrenhausen und siedelte vor kurzer Zeit nach Österreich über. So in der Art gab und gibt es etliche Verbindungen zwischen Hannover und London, den zwei so ungleichen Städten.
London ist eine der attraktivsten Großstädte der Welt und eine der von Touristen am meisten besuchtesten. Und aus Sicht der zuvor beschriebenen Verhältnisse ist sie für einen Hannoveraner und Niedersachsen zusätzlich interessant. Über die niedersächsische Metropole habe ich schon viele Myheimatberichte veröffentlicht. An dieser Stelle möchte ich nun die britische Hauptstadt in einigen Bildern zeigen. Viele werden die gezeigten Motive aus eigener Anschauung kennen. Und sie werden mir bestätigen können, dass London mit seiner ganz eigenen Atmosphäre eine der eindrucksvollsten Weltstädte nicht nur Europas, sondern der ganzen Erde ist. Und diese zu erkunden, macht einfach viel Spaß, hat sie doch so viel zu bieten. Sei es an Bauwerken, Museen, Parks und was auch immer. Oder man lässt einfach nur dieses Flair auf sich wirken, bummelt kreuz und quer durch die City oder fährt mit einem der roten Doppeldeckerbusse mal hierhin und dorthin. Überall gibt es so viel zu sehen, und natürlich auch zu fotografieren. Und wenn man dort als Hannoveraner unterwegs ist, dann wandelt man auch auf den Spuren der Welfen.
Wer mehr über das interessante Thema der Welfen auf dem englischen Thron erfahren möchte: Vor 300 Jahren begann die Personalunion der Welfen mit Großbritannien - Über einen Zeitraum von 187 Jahren stellte das Kurfürstentum Hannover die englischen Könige.
Bürgerreporter:in:Kurt Wolter aus Hannover-Bemerode-Kirchrode-Wülferode |
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