Ich schneide an Deiner Freiheit....
Alle zehn Sekunden wird auf der Welt ein Mädchen an ihren Genitalien verstümmelt - häufig mit altem, rostigem Werkzeug. Es passierte am frühen Morgen. In einem Busch irgendwo in Kamerun. Am Vortag hatte ihre Großmutter sie zu dieser "Freundin" mitgenommen. Ein ganz normaler Besuch, hieß es. Noch vor Sonnenaufgang wurde die Sechsjährige geweckt und nach draußen gebracht. Die beiden Frauen legten sie auf den Boden, die "Freundin" nahm ein Messer und entfernte ihr die Klitoris und die Schamlippen. Keine Ankündigung, keine Betäubung, keine Erklärung. Um das Bluten zu stoppen und eine Infektion zu vermeiden, legte sie Blätter und Kräuter auf die Wunde. "Jetzt bist du eine richtige Frau und jeder wird dich respektieren", sagte die Großmutter stolz. Das Mädchen verstand nicht. Auch heute, 40 Jahre später, nicht. Inzwischen lebt die Frau in Hamburg, ist verheiratet und hat zwei Kinder.
150 Millionen weltweit betroffen
Es sind Fälle wie dieser, gegen die der Abenteurer Rüdiger Nehberg und seine Frau Annette seit Jahren kämpfen. Vor elf Jahren gründeten sie die Menschenrechtsorganisation Target, die sich seitdem für die Abschaffung der weiblichen Beschneidung einsetzt. "Wir wollen an die Öffentlichkeit bringen, dass Genitalverstümmelung eine Sünde ist, denn zurzeit sind etwa 150 Millionen Mädchen und Frauen weltweit davon betroffen", sagt Annette Nehberg.
Und die Folgen der Prozedur sind verheerend: Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation zufolge sterben 25 Prozent der Mädchen und Frauen während des Eingriffs oder an seinen Folgen. Außerdem kann es zu Schockzuständen, starken Blutungen oder Infektionen kommen. Die Frauen leiden teils lebenslang an den psychischen Folgen, an chronischen Schmerzen oder werden unfruchtbar.
Zwar leben die Betroffenen vor allem in Afrika, doch auch in Hamburg sind Mädchen aus afrikanischen Familien gefährdet. Im Auftrag des Kinderhilfswerks Plan International wurden im vergangenen Jahr Migranten aus 26 Ländern südlich der Sahara interviewt. Ziel der Befragung: herauszufinden, ob und inwieweit Mädchen und Frauen aus Hamburg betroffen sind.
"Es ist gefährlich, den Deutschen davon zu erzählen"
Seit mehr als zehn Jahren kämpfen Annette und Rüdiger Nehberg für die Abschaffung der weiblichen Beschneidung. Die Macher der Studie konnten nachweisen, dass ein Teil der Befragten Genitalverstümmelung noch immer befürwortet. Eine Frau aus dem westafrikanischen Staat Guinea kündigte an: "Ich werde meine Tochter beschneiden lassen. Ihr Körper muss die Spur des Messers tragen. Das ist sehr wichtig."
Bei einer kleinen Gruppe von in Hamburg lebenden Mädchen ist die Gefahr, dass sie bei Besuchen im Heimatland ihrer Eltern beschnitten werden, hoch: "Wir haben 13 Mädchen identifiziert, die eventuell einer Gefahr ausgesetzt sind", erzählt Anja Stuckert, Referentin von Plan International. Eine Befragte erzählte, dass sie ihre Tochter eigentlich im vergangenen Jahr während eines Heimaturlaubs beschneiden lassen wollte. "Ich hatte aber Angst, dass sie hier in Deutschland davon erzählen würde. Deshalb warte ich noch so lange, bis sie versteht, dass es gefährlich ist, den Deutschen davon zu erzählen."
Offenbar keine Beschneidungen in Hamburg
Aber: Die Gefahr, dass Mädchen in Hamburg beschnitten werden, ist laut Plan International relativ gering. Zum einen hätten viele Menschen Angst, ihre Aufenthaltsgenehmigung zu verlieren - schließlich gilt die weibliche Genitalverstümmelung hierzulande als Körperverletzung und kann mit Freiheitsentzug bis zu fünf Jahren bestraft werden. "Zum anderen sind die afrikanischen Communitys in Hamburg relativ klein, und so etwas würde sich schnell rumsprechen", erzählt Stuckert. Anders sei dies zum Beispiel in Frankreich, wo es tatsächlich zu Beschneidungen käme.
Weibliche Genitalverstümmelung ist in afrikanischen Ländern vor allem südlich der Sahara verbreitet. Außerhalb Afrikas wird der Eingriff in arabischen Ländern wie Oman und dem Jemen praktiziert. Der Tradition zufolge soll das Entfernen der äußeren Geschlechtsmerkmale die Jungfräulichkeit eines Mädchens bewahren, seinen Sexualtrieb zügeln und es in eine gehorsame und treue Ehefrau und Mutter verwandeln. "Die weibliche Beschneidung gibt Frauen einen guten Status. Um zu heiraten, muss eine Frau beschnitten sein, sonst bekommt sie keinen Mann", sagte eine Frau aus Gambia einer Interviewerin.
"Ein Verbrechen, das gegen die höchsten Werte des Islam verstößt"
Das "Goldene Buch" wird Imamen von Moscheen als Predigtgrundlage zur Verfügung gestellt. Im Kampf gegen das blutige Ritual setzen die Nehbergs vor allem auf die Kooperation mit dem Islam, "da 85 Prozent der Betroffenen Muslima sind", so Annette Nehberg. Einen Durchbruch brachte 2006 eine von Target initiierte internationale Konferenz hochrangiger islamischer Gelehrter in Kairo. Dort ächteten die Teilnehmer den Brauch unmissverständlich als ein "strafbares Verbrechen", das "gegen die höchsten Werte des Islam" verstößt.
Die Ergebnisse der Konferenz dokumentierten die Nehbergs in einem "Goldenen Buch", das sie sowohl in islamischen Gemeinden in Deutschland als auch in afrikanischen Ländern verteilen lassen. "Das Schwierigste ist, die Menschen zum Umdenken zu bewegen - hin von einem 'Es ist von Gott gewollt' zu einem 'Es ist eine Sünde'", erzählt Annette Nehberg.
In Hamburg arbeitet Target unter anderem mit Mustafa Yoldas zusammen. Er ist Vorsitzender der Schura, des Rates der islamischen Gemeinschaften in Hamburg. Yoldas hat in den vergangenen Monaten etwa 100 "Goldene Bücher" in islamischen Gemeinden verteilt. "Die Menschen, die hier leben, erkennen immer mehr die Unsinnigkeit dieser Tradition", sagt der praktizierende Arzt. Die größte Herausforderung ist laut Yoldas, den Eltern deutlich zu machen, dass der 5.000 Jahre alte Brauch nicht Bestandteil ihrer Religion ist. "Es gibt keine Legitimation für diese Tradition. Sie gehört abgeschafft."
Immer, wenn der Mensch sich moralisch generell über andere Lebewesen stellt, kommt so ein Scheiß dabei heraus und er nimmt sich heraus, an Mensch (werden ja auch Jungen beschnitten) und Tier herumzuschneiden, wie es ihm grad passt oder gar Schlimmeres zu tun bis hin zum Vergasen.