\\\ Film des Monats ///

"Menschen in der Schanze" - Die G20-Doku "Der Gipfel - Performing G20" war u.a. »Film des Monats«
57Bilder
  • "Menschen in der Schanze" - Die G20-Doku "Der Gipfel - Performing G20" war u.a. »Film des Monats«
  • hochgeladen von Max Bryan

+++ Transkript der Fragen und Antworten aus der Debatte nach dem Film plus Einladunng 1. Februar +++

-->https://www.facebook.com/notes/max-bryan/-film-des...

Das Hamburger Stadtmagazin "Oxmox" kürte die G20-Doku "Der Gipfel - Performing G20" neulich zum "Film des Monats". Wer den Film noch nicht gesehen hat, das Hamburger MPZ in der Sternstrasse 4 zeigt den Streifen am 1. Februar um 19.30 Uhr und die Nachfrage ist groß. Selbst gut ein halbes Jahr nach Ende des "Gipfels" in Hamburg ist das Thema immer noch präsent in den Medien. AUCH - und vielleicht gerade WEIL Polizei und Senat mit dem Schwärzen von Akten und ihrer "Null"-Aufklärungspolitik das Hinterfragen der Ereignisse geradezu provozieren und so gab es zuletzt auch im Hamburger "Knust" dann jede Menge Rückfragen aus dem Publikum. Die Fragen und Antworten zusammengefasst.

Ein Nachbericht von Max Bryan

12. November - der Film im Knust ist gerade vorüber und Moderator Martin Nieswandt ruft die Gäste des Abends auf die Bühne. Seit Anlaufen des Films hat sich eine kleine Diskussionsrunde im Anschluss an den Film etabliert. Das Publikum hat Möglichkeit Fragen zu stellen - so auch dieses Mal und der Einladung gefolgt war unter anderem auch die Vizepräsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft Christiane Schneider, die zugesagt hatte etwas über den Stand der Dinge im G20-Sonderausschuss zu berichten.

Große Fortschritte kann Christiane nicht verkünden. Nur so viel, dass der Widerstand gegen die Aufarbeitung an vielen Ecken und Enden doch spürbar ist und sie nach wie vor auf Akten stößt, die zu weiten Teilen geschwärzt sind. Was sich hinter den Schwärzungen verbirgt, wollte Christiane dann mal wissen und recherchierte ein wenig nach und stieß dann auf Dinge, die bereits allseits bekannt sind - die in der Presse oder bei Wikipedia stehen - wo eine Schwärzung also absolut kein Sinn mache - geschwärzt wurde trotzdem - schon das sagt viel über den wahren Aufklärungswillen er Beteiligten und ein Trauerspiel ist es dann schon, was Senat und Polizei sich da leisten.

Thema "Quelleninformationen"

Das sind Informationen verdeckter Beamter, die das Einsatzgeschehen während der Gipfeltage entscheidend prägten und die regelmäßig dazu dienten, Maßnahmen in Gang zu setzen, die bis heute scharf in der Kritik stehen. Wie beispielsweise die "Info", dass am Abend des 7. Juli in der Schanze bis zu 1500 "zu allem bereite Gewalttäter" zugegen seien, die unter anderem Gehweg-Platten und Molotow-Cocktails auf Dächer entlang des Schulterblattes schleppten, doch am Ende wurde nichts davon gefunden. Nicht einen einzigen Beweis konnte die Polizei im Nachgang hierzu präsentieren, weshalb die Frage erlaubt sein muss, ob diese "Quelleninfo" - also die Info eines verdeckten Beamten der Wahrheit entsprach - oder sie entweder erfunden oder zu Gunsten der Polizei "geschönt" war, um das Nichteingreifen in der Schanze selbigen Abends zu rechtfertigen. Wie wahrscheinlich ist so ein Vorgang? Und ließe sich dieser je beweisen?

Keine Beweise für Darstellung der Polizei

Auch die Einsatz-Entscheidungen vom 6. Juli ("Welcome to hell"- Demo" basieren allein auf Quelleinformationen, deren Urheber bislang nicht genannt wurden. So habe es Erkenntnisse darüber gegeben, dass in Höhe Reeperbahn am 6. Juli seitens der Autonomen "etwas geplant" sei und man deshalb entschied, den Demozug nicht in die Stadt zu lassen, sondern früh in Höhe der besagten Flutschutzmauer aufzustoppen. Auch dafür und für diese Quelleninformationen wurden bis dato keinerlei Beweise präsentiert.

Sonderausschuss = zahnloser Tiger

Ein "PUA" - ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss hätte die Macht Zeugen unter Eid zu befragen - doch dieser ist nicht mal in Sicht, weil außer den Linken kaum einer für einen solchen "PUA" gestimmt hatte.

Fakt ist - der Helikopter in der Luft am Abend des 7. Juli hat einen leistungsfähigen Scheinwerfer an Bord, mit dem man die Dächer bis auf den letzten Winkel hätte gut ausleuchten können und "Gehwegplatten" oder "Eisenstangen" wären da sicherlich ins Auge gefallen. Doch bis dato gibt es diese Bilder nicht - auch da muss nachgeforscht werden, wie ein verdeckter Beamter am Boden wissen will, was auf den Dächern lagert und ob diese Darstellung nicht reine Erfindung von Verfassungsschützern war, die mit dieser Quellen-Info einen ganz bestimmten Zweck verfolgten.

Gekaufte Leute?

Es gab ja die Behauptung - in der Schanze sei ein Hinterhalt aufgebaut worden - man habe Gehwegplatten und Molotow-Cocktails auf Dächern gelagert und in der bisherigen Darstellung der Polizei war es so, dass diese Quelleinformationen von Tatbeobachtern stammen - also von Polizisten/innen, die vor Ort waren und das gesehen haben. Christiane Schneider von den LINKEN schickte an den Senat dann eine sogenannte "kleine Anfrage"- wonach sich herausstellte, dass es diese Gegenstände nie gegeben hat und man habe ja auch erst 4 Tagen nach dem 7. Juli mit der Beweissicherung begonnen - warum so spät? Daran könne man sich "nicht mehr erinnern", zitiert Christiane Schneider die Antwort des Senats auf ihre kleine Anfrage.

Interessant sei zudem, dass im Innenausschuss zunächst gesagt wurde, es handele sich bei den Urhebern der Quelleinformationen um Beamte der Polizei - später hieß es "nach Verfassungsschutz-Informationen". Nun muss man wissen, dass der Verfassungsschutz in Hamburg in der Regel NICHT mit verdeckten BEAMTEN arbeitet - sondern mit "V-Leuten" - mit gekauften Leuten also - das heißt, die Information, dass die ganze Schanze aufgerüstet sei, dass dort ein Hinterhalt drohe, stammt - "wenn das stimmt" - so Schneider - von gekauften Leuten und auf Nachfrage, ob diese Quelleinformationen denn auch gesichert seien - ob die durch Dritte nochmal überprüft worden seien - habe der Hamburger Senat zur Antwort gegeben: "Nein, das sei nicht üblich" - so der Bericht von Christiane Schneider am 12. November im Hamburger Knust.

Dieses Detail um eine mögliche Beteiligung des Verfassungsschutzes ist deshalb so wichtig, weil nach wie vor halb Hamburg rätselt, warum die Polizei über Stunden ins Schanzenviertel nicht einrückte und die Läden dort dem Mob überließ. Schneider hofft, dass sich diese Frage noch klären lässt.

Bunt gegen Schwarz

Was in meiner Rückschau überwiegt, die Polizeigewalt oder die Buntheit der Proteste, wurde ich gefragt und in erster Linie natürlich Beides, denn Beides fand statt. Ich war ja mitten drin, in dieser Situation am Hamburger Fischmarkt zum Beispiel, wo Gesamteinsatzleiter Hartmut Dudde im Sonderausschuss ja zugeben musste, sich gezielt diesen Ort neben der Flutschutzmauer ausgesucht zu haben - mit der Begründung, mit der Begründung, dass man "nicht glaubte, dass die Leute die Mauer da hoch kommen". Will heißen, man wollte die Vermummten dort stellen, wo es kein Entkommen gab - sie an die Wand drücken - um den Rest der Demo vorbei zu lassen.

Das dies schief ging, haben wir alle gesehen. Wir sahen, dass Menschen in Panik über diese Flutschutzmauer kletterten, weil sie einfach nur "raus" wollten. Man sah, dass Leuten mit Pfefferspray in den Rücken geschossen wurde. Leute, die nur fliehen wollten - verstörende Bilder gingen um die Welt und vor dem Hintergrund einer Geschichte in Duisburg 2010 - wo Leute in solch beengten Verhältnissen auch zu Tode kamen - ist diese Einsatztaktik - wie auch die Wahl des Ortes dafür - meines Erachtens ein unverantwortliches Vorgehen von Hartmut Dudde gewesen.

Dudde hätte den Aufzug auch 100 Meter weiter hinten aufstoppen können - wo die Leute problemlos nach links und rechts hätten aus der Demo ausscheiden können (dort gibt es keine Mauern) - warum hat man stattdessen dort aufgestoppt - wo die Leute nicht weg konnten? Wo sie sich bestenfalls in Luft hätten auflösen müssen - um dem Kessel zu entkommen? Diese Vorgehensweise ist unverantwortlich! Dudde hat mit dieser Taktik am Hamburger Fischmarkt Menschenleben riskiert. Leute hätten dort schwer verletzt werden können. Er sollte nie wieder ein Kommando bekommen.https://www.change.org/p/hamburgische-b%C3%BCrgers...

Kein Lehrbuch fürs Kesseln

Ich hatte da neulich ein Gespräch mit dem Professor der Polizeiakademie Hamburg - Herrn Rafael Behr geführt - und ob es denn eine lehrbuchmäßige Anweisung darüber gäbe, wie ein Kessel zu bilden sei und nein, die gibt es nicht. Sondern das sei "Handlungswissen"und läge im Ermessen des jeweiligen Einsatzleiters - und dass Dudde kein Kind von Traurigkeit ist, wenn es ums Draufhauen geht, wissen wir alle.

"In Betrachtung der Geschehnisse lässt sich erkennen, dass die Polizei einen hohen Anteil daran hat, was in den Tagen des Gipfels in Hamburg geschehen ist. Die Eskalation ging - und das muss man festhalten - AUCH von der Polizei aus, die einen demonstrationsfeindlichen Rahmen gesetzt hatte und massive Polizeigewalt ausübte" - urteilt der Berliner Protestforscher Dr. Dr. Peter Ullrich.

https://protestinstitut.eu/uber-das-institut/team/...

Protestforscher wird deutlich

Seines Wissens nach verfügt die Polizei über einen "nahezu uferlosen Ermessensspielraum", das habe man am Beispiel G20 eindrucksvoll miterleben können. Auf jeden Fall könne man festhalten, dass es "keinerlei Zwangsläufigkeit gab". Vermummung müsse nicht zwangsläufig zu einer sofortigen Strafverfolgung führen - "da sie prinzipiell toleriert werden kann, als Ausdruck und Symbol gegen Repression beispielsweise", so Ullrich am Rande einer Diskussionsrunde - zu der die Hamburger Rosa Luxemburg Stiftung Ende September eingeladen hatte.

Vermummung zwinge also nicht unmittelbar zum sofortigen Einschreiten. "Selbst wenn die Polizei zur Ansicht gelangt, sie müsse die Vermummung sofort strafrechtlich verfolgen, ist sie keinesfalls gezwungen dies an Ort und Stelle zu tun" - doch das habe sie getan und damit wissentlich in Kauf genommen, dass das passiert, was am Ende auch passiert ist" - so Dr. Ullrich in seiner Einschätzung vom 21. September diesen Jahres.

Seinem Empfinden nach, wurde seitens der Polizei eine Eskalationsstrategie verfolgt, die hochgradig gefährlich war. Nicht nur durch den Einsatz von Waffen und Prügeln, sondern durch die ausgelöste Panik - die von der Polizei mit provoziert wurde.

Polizist kritisiert Einsatz

Auch mit dem aktiv im Dienst befindlichen Polizisten Oliver von Dobrowolski konnte ich am 22.9. sprechen und auch er sieht Dudde´s Einsatz durchaus kritisch. Im Interview berichtet er über den Vertrauensverlust und ob die tatsächliche Vorgehensweise nicht vielleicht sogar von längerer Hand geplant gewesen sei.

"Ob man bestimmte Ausgestaltung des Einsatzes als Generalprobe für zukünftige Einsätze geplant" habe - was sich aber nur schlecht beweisen ließe. Dobrowolski ist Mitglied eines Berliner Kommunikationsteams der Polizei und hatte an den Gipfeltagen erstaunlich wenig zu tun. Seine Arbeit sei irgendwie "nicht gefragt" gewesen, berichtet er in der Runde am 21. September diesen Jahres. "Die harte Hamburger Linie dominierte das Einsatzgeschehen" - da seien auch Leute wie er machtlos dagegen und können nur zuschauen, was die Einsatzleiter dann vorgeben.

Dobrowolski engagiert sich im Verein "Polizei Grün"
http://polizei-grün.de/wir-ueber-uns/vorstand/ eine Möglichkeit Verständnis auf BEIDEN SEITEN zu schaffen. Man versuche zu beraten und die eigene Expertise mit in die Arbeit der GRÜNEN (die Partei) mit einzubringen, damit auch die innenpolitische Kompetenz innerhalb der Partei größer werde.

Ob so ein Fehlverhalten der Polizei wie das vom 6. Juli am Hamburger Fischmarkt auch personelle Konsequenzen haben müsse, wollte ich zum Schluss von ihm noch wissen und als "Mensch" sage er natürlich "ja" - da werde in Hamburg ja Einiges auch schon getan, wenngleich auch nicht in dem Umfang, wie es eigentlich notwendig wäre - zum Beispiel im Rahmen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses - der ja nicht zu Stande kam, aber Dobrowolski sei gespannt, auf das, was noch käme und was der Sonderausschuss vielleicht dann noch erreichen kann.

Fazit Fischmarkt

Der Beschuss mit Pyro in dem Video plus Flaschenbewurf mag schlimm sein - ABER: Die Frage ist AUCH, WARUM das stattfand? Wer will den allen Ernstes daran glauben, dass eine Gruppe Vermummter sich freiwillig und ohne Gegenwehr vom Rest der Versammlungsteilnehmer trennen lässt?

Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt doch, dass es immer dann ESKALIERT, wenn diese harte "Hamburger Linie" durchgesetzt wird und noch NIE ging es daraufhin friedlich zu Ende. Die Frage muss daher lauten, WER ein Interesse an dieser Eskalation hatte. Die Demonstranten, die fast 20 min lang brav in der Reihe standen und darauf warteten dass die Demo losläuft oder die Polizei, die nie vor hatte, die Demonstranten in dieser Konstellation in die Stadt zu lassen. Ich denke Letzteres trifft zu.

Foto: Die Polizei versucht die Demo-Spitze vom Rest der Demo zu trennen. Erst DANACH flogen Flaschen und Pyro als Reaktion auf diesen Angriff der Polizei gegen die Demospitze. Ursache und Wirkung - könnte man sagen ...

Totalausfall nach Sicherheitsgarantie

Erst am 9. November tagte der Sonderausschuss erstmals auch in Anwesenheit des Oberbürgermeisters Olaf Scholz und es wird berichtet, er sei sich keiner Schuld bewußt.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1069675.g...

Zwar habe Scholz die gegebene Sicherheitsgarantie nicht einhalten können, aber dafür habe er sich ja entschuldigt. Schuld oder gar Verantwortung übernehmen müsse er nicht - so der Tenor seines Auftritts vom 9. November.

"Ohne Tote kein Rücktritt"

Die Tageszeitung "Junge Welt" schoss daraufhin mit voller Breitseite gegen die Ignoranz des Hamburger Oberbürgermeisters und titelte in ihrem am 10.11. erschienenen Beitrag "Ohne Tote kein Rücktritt". Dem Sinn nach stimmt das natürlich und vielleicht ist dies die zentrale Aussage die bleibt, von diesem G20, dass keiner sich mal hinstellt und Fehler eingesteht oder gar Konsequenzen daraus zieht und zurück tritt.

Ich meine, wenn da nur EINER sich mal hinstellen würde und sagt - "okay - wir haben es vermasselt - dumm gelaufen - es war ein Fehler - nächste mal machen wir es besser" oder wenigstens eine aufrichtige Entschuldigung dafür, dass die Schanze am Abend des 7. Juli stundenlang sich selbst überlassen wurde - dass sich niemand da hinstellt und die Verantwortung übernimmt - das meine Damen und Herren ist ein Trauerspiel!

Das Rätsel der Schanze

Eine Frau aus dem Publikum glaubt zu wissen, warum die Schanze am Abend des 7. Juli allein gelassen wurde: "Das machen die doch immer - weil lieber in der Schanze als bei uns vor der Haustür im Karoviertel - so dicht an den Messehallen" - ruft sie dazwischen und das sei "reine Absicht gewesen" - damit der Mob sich in der Schanze austobt, um anderen Orts keine Schäden zu riskieren - so eine der Zuhörerinnen an diesem Abend. Und in der Tat, da könnte was dran sein.

Da gab es ja diesen Einsatzleiter Herr Großmann vor Ort, der an diesem Abend das Kommando in der Schanze hatte der nach 22 Uhr dann anrief und bei Dudde nachfragte, wie es nun weiter ginge, weil man traue sich nicht in die Schanze, wegen der "Quelleninformationen", die besagten, dass es zu gefährlich sei, seine 6 Hundertschaften da reinzuschicken. Daraufhin rief Dudde das SEK und der Rest ist bekannt.

Interessant daran ist, dass die selbe Truppe, die sich zunächst und stundenlang nicht in die Schanze traute, weil sie Furcht hatten, ihnen könnten unter anderem Gehwegplatten und Steine auf den Kopf fallen, dass die selbe Truppe nach 23 Uhr im Schlepptau des SEK dann doch noch in die Schanze vorrückte und da hätten ja auch Gehwegplatten herunterfallen können - also exakt das Wurfmaterial, vor dem sich Großmann´s Truppe zuvor noch fürchtete.

Frage also ist - warum war die Furcht von vor 22 Uhr nur eine Stunde später plötzlich verflogen? Nur weil am Boden ein SEK sich auf das Haus am Schulterblatt 1 zubewegt, schwindet die Gefahr der Gehwegplatten vom Dach ja nicht - weil auch da hätten Großmann´s Leuten Gehwegplatten auf den Kopf fallen können - WENN es diese Gefahr vom Dach denn überhaupt gegeben hat. Das wurde zuletzt ja hinlänglich bezweifelt - zumal es keinerlei Beweise für die Behauptungen der Polizei gibt, man habe Gehwegplatten auf den Dächern gelagert.

Auch Monate nach dem Vorfall wurden keinerlei Beweise - Protokolle oder Bilder zu diesen Behauptungen gefunden - die eine Gefahr vom Dach - wie zunächst behauptet - belegen würden.

Das zeigt, dass es diese Gefahr - möglicherweise - nie gab und Großmann´s Leute auch ohne SEK und weit vor 22 Uhr das Areal hätten sichern können, um die Läden in der Schanze und deren Bewohner zu beschützen.

Für viele Anwohner jedenfalls ist es heute noch ein Rätsel, weshalb die Seitenstraßen Juliusstrasse, Susannenstrasse und Altonaer Straße bis spät in die Nacht komplett offen waren.

Ich meine an jedem 1. Mai - und wenn Ausschreitungen sich abzeichnen - werden die Zubringerstraßen zum Schulterblatt dicht gemacht - abgeriegelt - da kommt keiner rein oder raus und an so einem wichtigen Tag, wo man weiß, dass die europaweite autonome Szene anreist und die Schanze immer der Spot ist, wo so Dinge passieren, da hat man zu wenig erfahrene Einsatzkräfte vor Ort, die sich fürchten da reinzugehen? Das ist nur schwer nachvollziehbar - auch weil keiner sich hinstellt und auch nur ansatzweise Fehler eingesteht.

Null Selbstreflexion

Im Grunde ein Trauerspiel, denn im Grunde ist erwiesen, dass der wahre Grund der Zurückhaltung darin liegt, nicht genügend erfahrene Leute vor Ort gehabt zu haben. Stattdessen Leute, die sich in der Schanze überhaupt nicht auskennen und deshalb wohl auch Furcht hatten da reinzugehen. Das wurde im Nachhinein aber nicht an die große Glocke gehängt - weil die Polizisten seien ja "Helden" (O-Ton Olaf Scholz) und Helden fürchten sich nicht. Wohl deshalb auch die offiziellen Sprachregelung: "wir haben keine Fehler gemacht" und Ausreden im Sinne von "es war noch niemals so schlimm gewesen und ohne SEK wäre die Situation nicht zu klären gewesen" - das meine Damen und Herren ist meines Erachtens Polizei-Lyrik - denn die Lage wäre ja möglicherweise besser beherrschbar gewesen, wenn man von Beginn an die Kräfte anders verteilt hätte und erfahrene Hamburger Einheiten frühzeitig am Hamburger Pferdemarkt schon stationiert hätte. Doch die waren offenbar mit anderen Dingen beschäftigt. "Der Schutz der Staatsgäste geht vor" - so steht es im Rahmenbefehl und so wurde es umgesetzt. Eine Sache von mangelnder "Größe", das nicht voll und umfänglich zuzugeben.

Rätsel gelöst

Mein Eindruck: Die "besten Einheiten" - die mit den Krawallen in der Schanze auch ohne SEK hätten fertig werden können, waren überall dort stationiert, wo NICHTS LOS WAR - wo es bestenfalls Staatsgäste beim Musikhören zu bewachen gab. Das nämlich hatte Priorität - "der Schutz der Staatsgäste geht vor" - so lautet Dudde´s Rahmenbefehl vom Juni diesen Jahres und genau der wurde eingehalten. Dass dabei der Mob genügend Zeit und Muse hatte die Schanze auseinanderzunehmen wurde als Kollateralschaden dann offenbar in Kauf genommen. Besser dort, als woanders - oder wie? Genau das KÖNNTE die Denkweise der Einsatzleiter an diesem Abend gewesen sein - nur gäbe das -wenn es denn zuträfe - wohl auch keiner so Recht zu. Die Größe hat Niemand innerhalb der Polizei - im Gegenteil. Der besagte Rahmenbefehl wurde - wohlbemerkt NACH Veröffentlichung in den Medien für die spätere Einsichtnahme im G20-Sonderausschuss ja peinlicher Weise noch geschwärzt - schon das zeigt, dass die Damen und Herren Verantwortlichen etwas zu verbergen haben und nicht wollen, dass die Wahrheit ans Licht kommt.

Wahrheit geschwärzt

Als Christiane Schneider das erste mal den Aktenraum zur Sichtung der G20-Akten betrat, sah sie direkt, dass ein Großteil der zur Verfügung gestellten Akten geschwärzt oder zum Teil auch ganz entnommen war. Viele der Akten seien auch "Verschlusssache" und als "nur für den Dienstgebrauch" gekennzeichnet. Das sei die "niedrigste Geheimhaltungsstufe die es gibt" und Abgeordnete haben das Recht Einsicht zu nehmen. Doch das war gar nicht möglich, weil ein großer Teil dieser Akten geschwärzt war. Wie beispielsweise der Rahmenbefehl, der besagt, dass der Schutz der Staatsgäste höchste Priorität hat oder schlichte "Zeitlisten - was wann wie passiert ist - alles geschwärzt und man kann nicht den geringsten Grund erkennen, warum es geschwärzt ist" - so Schneider am 12. November im Knust.

Die Beamten berufen sich auf Artikel 30 der Hamburgischen Verfassung. Demnach können Akten geschwärzt oder auch gar nicht vorgelegt werden, "wenn durch die Freigabe das Staatswohl gefährdet wird" - so der Bericht. https://www.welt.de/regionales/hamburg/article1688... Frage: Wenn alles gut und richtig war, warum sollten ungeschwärzte Inhalte dann das Staatswohl gefährden? Hhm ... schon seltsam.

Zwar habe die Behörde inzwischen zugesagt, weite Teile der Akten zu entschwärzen und entnommene Aktenteile wieder rein zu tun in die Ordner, aber das bedeutet natürlich auch, dass die Parlamentarier das alles noch mal lesen müssen und das Ziel der Polizei sei "klar erkennbar". Es bestehe darin "so wenig wie möglich öffentlich zu machen" - berichtet Christiane Schneider in der Rückschau auf die letzten Wochen und Monate.

Die gute Nachricht: Die verschiedenen Parteien im Sonderausschuss sind "einhellig der Meinung, dass das so überhaupt gar nicht geht" und man habe auch Druck ausgeübt - wie eben die Veröffentlichung einer nachgezeichneten Seite, die Christiane Schneider dann bei Facebook postete. Jeder glaubte zunächst, sie habe rechtswidrig gehandelt und im Aktenraum fotografiert, dabei hat sie nur nachgezeichnet was sie sah - nämlich kaum etwas nicht Geschwärztes und die Veröffentlichung hat ihre Wirkung nicht verfehlt. Der Aufreger war da und schon ruderte der Senat zurück und versprach Besserung.

Das Beispiel zeigt, dass Öffentlichkeit durchaus wichtig ist, um Dinge in Gang zu setzen, um Leuten auf die Finger zu klopfen, die meinen, das Volk hinters Licht führen zu können. Auch wir kleine Blogger haben über Facebook und die sozialen Netzwerke genügend Schlagkraft die Wahrheit breit zu streuen und damit viele Menschen zu erreichen. Mit etwas Glück siegt am Ende sogar die Wahrheit, das ist auch meine Intention, nur deshalb schreibe ich diese Berichte - auch um ein gewisses Gleichgewicht wieder herzustellen. Andere Mainstream-Medien berichten nämlich gerne auch mal zu Gunsten der "Anderen".

Medien gegen Schneider?

So schoss die Presse neulich auch gegen Christiane Schneider, von wegen es sei "unverschämt" weiter Nachforschungen anzustellen - Schneider wolle G20 -Geschichte "umschreiben" (Knust 12.11.) - doch das tatsächliche Problem ist: "Die Geschichte wurde ja bereits umgeschrieben!" - so Schneider. Nämlich es gab die Krawalle und die Polizei wurde der Lage nicht Herr - "Punkt aus". WARUM sie der Lage nicht Herr wurde, hinterfragt die Mainstream-Presse kaum und nach Konsequenzen des Desasters schon gar nicht. Für den Mainstream ist das Thema durch, für Schneider & Co noch lange nicht und ein paar Einzelkämpfer gibt es noch, die vehement nach der Wahrheit suchen. Die nämlich ist der Motor unserer Demokratie und in der wollen wir schließlich auch leben.

"Was wir tun, ist einen kritischen Blick auf die Polizei zu werfen und zu sagen, dass eben nicht alles in Ordnung war - dass die Polizei teilweise - und nach unserer Auffassung - rechtswidrig gehandelt hat - dass sie AUCH rechtswidrige Gewalt ausgeübt hat" - so Schneider und das müsse aufgedeckt und aufgeklärt werden.

https://www.abendblatt.de/hamburg/article212468123...

Und da hat sie natürlich Recht. Es könne nicht angehen, dass "unsere Geschichte dermaßen enteignet wird, dass dies eine ganze linke Bewegung spaltet" - sagte Schneider am 12. November im Knust.

Flora muss weg?

Interessant jedenfalls bleibt, dass immer dann, wenn es brenzlich wurde, wenn es um die wirklich heiklen Einsatz-Motive ging, wie in der Schanze am Abend des 7. Juli, wo angeblich 1500 zu allem bereite Gewalttäter zugegegen gewesen sein sollen oder eben eine Aktion in Höhe Reeperbahn geplant sei (6. Juli) - immer dann, wenn es um diese schwammigen Gründe für Einsätze ging, beruften die Verantwortlichen sich auf die schon erwähnten "Quelleinformationen". Also Inhalte, die weder das Volk, noch die Parlamentarier bislang einsehen oder nachprüfen konnten.

Verschwörungstheoretiker könnten diesen Umstand hernehmen, um zu sagen, dass genau diese Entwicklung gewollt war, dass man die Schanze absichtlich im Stich ließ, um nachher zu skandieren - hört zu - wir brauchen härterer Gesetze - wir brauchen Gummigeschosse und SEK auf jeder Demo und müssen endlich auch die Rote Flora beseitigen, weil die sei ja die Wurzel allen Übels.

Ganz ehrlich? Plötzlich melden sich Leute aus Bayern, die meinen - die Flora müsse weg - obwohl sie nie einen Fuß vor die Flora gesetzt haben und wie man allein daran sehen kann, hat Alles seine Wirkung - einen gewissen Effekt - in dem Fall auf die seit Jahren voranschreitende Stigmatisierung und Kriminalisierung des Rote-Flora-Umfelds und so könnte man glauben, dass genau dieser Effekt auch gewollt ist - dass ein ganzes linkes Lager diskreditiert werden soll - einschließlich Derer, die parlamentarisch die Sache der Linken unterstützen.

Da ist so eine kaputte Schanze natürlich ein willkommener Anlaß - um sagen zu können - schaut her - das sind die Bösen - die müssen wir bekämpfen - wir brauchen härtere Gesetze - mehr Polizei und stärkere Waffen gegen den Mob.

Ein Fest für jeden Polizeigewerkschaftler, der sich eine weitere Aufrüstung der Polizei wünscht. Vielleicht sogar mit SEK und Sonderbefugnissen auf Demos, die in Härtefallen dann vielleicht auch nicht mehr nur der Unterbindung von Störungen dient, sondern AUCH der gezielten Ausschaltung missliebiger Menschen und diese Entwicklung ist durchaus bedenklich - das muss man so einfach mal festhalten.

Dudde = Jesus?

Für viele der während des G20 im Einsatz befindlichen Beamten käme Gesamteinsatzleiter Hartmut Dudde gleich nach "Jesus Christus", weil er das alles so "toll gemacht" habe - weiß Christiane Schneider zu berichten. Andererseits gibt es aber auch kritische Stimmen innerhalb der Polizei, die insbesondere die Versorgungslage der Beamten kritisieren - aber das war bestenfalls eine Randerscheinung unter den Kritikern.

Durschlagende Argumente gegen Dudde aus dem Inneren heraus gibt es kaum. Nur von außen - da wird die eklatante Verfehlung des Gesamteinsatzleiters sichtbar - im Spiegelbild derer, die Dudde´s Leistung anhand von Ergebnissen beurteilen. So geschehen auch in jener Petition von Martin Nieswandt - der mehr als 12.000 Stimmen gegen Dudde sammeln konnte. Darunter viele fundierte Kommentare, warum der Mann nie wieder ein Kommando bekommen darf.

12.000 Menschen wollen, dass Dudde geht

Moderiert hat die Diskussionsrunde im Knust der Hamburger Unternehmer Martin Nieswandt, der unlängst eine Petition für die Absetzung Dudde´s in Gang brachte.

https://www.change.org/p/hamburgische-b%C3%BCrgers...

Mehr als 12.000 Menschen haben dort schon unterschrieben und die unzähligen Kommentare unterhalb dieser Petition machen deutlich, dass es eine Menge Menschen in Hamburg und ganz Deutschland gibt, die sich einen Richtungswechsel in der Hamburger Polizeiführung wünschen. Weil sonst ändert sich nie was und die harte "Hamburger Linie" bleibt das was sie ist. Demonstrationsfeindlich!

Dabei hat die Polizei ja eigentlich die Aufgabe die Demonstranten zu schützen und als Bürgerpolizei da zu sein. Dudde gehe da "einen anderen Weg" und der sei "nicht mehr zeitgemäß", meinen die Unterstützer der Petition gegen Dudde.

Martin sagt: "Schaut man bei Wikipedia nach Hartmut Dudde, kann man sehen, was dieser Mensch in den letzten Jahren an Polizeiarbeit geleistet hat und man wird kaum bis keine Hinweise darauf finden, dass Dudde an einer Debatten-Kultur interessiert ist" - er kenne nur eines: "draufhauen" - so Martin Nieswandt in seiner Moderation vom 12. November.

\\\ Film des Monats ///

Bei aller Aufregung um bislang ungeklärte Fragen der G20-Aufarbeitung gibt es aber auch positives zu berichten. Wie die Tatsache, dass die G20-Doku "Der Gipfel - Performing G20" vom Hamburger Stadtmagazin "Oxmox" zum Film des Monats gekürt wurde. Das ist ein wichtiger Meilenstein in der öffentlichen Debatte um Sinn und Unsinn des G20 in Hamburg, sind es doch Film wie diese, die am Ende dazu beitragen, dass - wenn auch nur scheibchenweise - die Wahrheit ans Licht kommt.

Für viele der Mainstream-Medien ist das Thema längst durch. Kaum einer berichtet noch darüber und doch ist es wichtig, die Debatte um Wahrheit und Konsequenz aufrecht zu erhalten, weil nur so generiert sich Veränderung - nur so steigen die Chancen, dass auch der letzte Schuldige sich eingesteht, möglicherweise einen Fehler gemacht zu haben und schon dafür lohnt sich jede weitere Anstrengung im Beitragen weiterer Momente zur Aufarbeitung des G20-Gipfel-Geschehens.

Ich für meinen Teil werde das Thema weiter begleiten, gleichwenn es die kommenden Wochen verstärkt auch andere Themen wieder geben wird. Auch die Obdachlosen brauchen eine Stimme und wollen betreut sein. Gerade erst lief das Hamburger Winternotprogramm an und wir sind mit eigenen Wohncontainern auch dabei die Ärmsten der Stadt unterzubringen. Neben meiner Leidenschaft als Journalist und Graswurzelreporter, liegt mir das Streetworken doch sehr am Herzen und Beides läuft parallel auch einige Zeit schon.

Hoffen wir, dass die Bemühungen in Sachen G20 nicht umsonst waren und Wahrheit am Ende siegt und NICHT NUR 18-jährige Italiener dann 5 Monate im Knast sitzen, sondern auch Diejenigen, die in den Tagen des G20 das Recht beugten und rechtswidrig handelten. -->http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2017/Linke-...

\\\ ON THE ROAD ///

20 Berichte in 20 Wochen - das ist mehr als ich erwartet hatte. Inzwischen gibt es Anfragen aus Lübeck und NRW - die alle den Film zeigen wollen - an gleich mehreren Orten. Auch Berlin ist im Gespräch und sogar aus Österreich und der Schweiz gibt es Anfragen: "Ganz Europa will diesen Film sehen", schreibt mir ein Interessent aus Wien und ja, wir werden schauen, dass der Film auch andere Städte erreicht, denn er trägt eine wichtige Botschaft. Er zeigt unter anderem das, was viele von uns NICHT MEHR SEHEN WOLLEN - die Gewalt auf den Straßen nämlich - sie sollte der Vergangenheit angehören, weshalb dieser Film AUCH ein Experiment für die Zukunft ist, sagte Rasmus Gerlach neulich in seinem Interview und schon dafür lohnt sich jeder Einsatz, auch über die Grenzen der Stadt hinaus.

-->https://vimeo.com/242354777

So Politik will - sehen wir uns dann im Sommer 2018 mit einem abschließenden Bericht zum Thema wieder - dann wenn auch der Abschlussbericht des G20-Sonderausschusses vorliegt. Bis dahin dürften auch die letzten G20-Videos ihren Weg an die Öffentlichkeit gefunden haben. Viele auch meiner eigenen Videos sind allesamt noch unveröffentlicht und werden in den kommenden und Wochen und Monaten im Rahmen der "G20-Diary"-Serie gezeigt, auf dass die Wahrheit ihren Weg finde.

DENN: "Die Wahrheit ist eine nicht zerstörbare Pflanze. Du kannst sie begraben unter einem Felsen - unter dichtem Beton - sie wird ihren Weg finden - wenn die Zeit gekommen ist." (F. Thiess)

www.maxbryan.de

Text und Fotos: Max Bryan

Nächster Hamburg Termin: 1.2. - MPZ - Sternstrasse 4 - 19.30 Uhr - Film & Debatte

Bürgerreporter:in:

Max Bryan aus Hamburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

4 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.