Nantes und die Küste der Liebe
Man glaubt zu träumen. Auf der Ile de Nantes am Ufer der Loire trottet einem so mir nichts dir nichts ein riesiger Elefant entgegen. Ganz gemächlich, so dass man sich nicht fürchten muss. Oder doch? Wenn er plötzlich trompetet und sein Rüssel Wasser sprüht und er mit den Augen rollt. Dass die Geburtsstadt von Jules Verne und seinen erfundenen Welten ein solch majestätisches Tier hervorbringt, sollte nicht verwundern: Der Elefant ist eine Maschine, zwölf Meter hoch und 45 Tonnen schwer. Auf seinem Rundgang über die Insel von Nantes, bis 1987 dem Schiffbau vorbehalten, dürfen 45 Passagiere mit „an Bord“. Weitere Tiermaschinen dieser Art finden sich in der „Galerie“ der ehemaligen Werfthallen. Auch diese Tiere darf man besteigen und sogar selbst steuern, den Kalmar, den Rochen, den Piraten-Fisch, die gigantische Königskrabbe… Maschinisten erklären die Konstruktion und wie man sie in Gang setzt. Die Objekte selbst bewegen sich auf Schienen fort. Einmalig und nur in Nantes zu erleben.
Ebenso außergewöhnlich dürfte das Schloss der Herzöge der Bretagne aus dem 15. Jahrhundert im mittelalterlichen Zentrum sein. Heute Stadtmuseum, brilliert es mit einer großartigen Sammlung von 850 Stücken und einem animierten 180-Grad-Video, das die historischen Momente der Hafenstadt humoristisch festhält. Ein witziger Augenschmaus. Darüber hinaus lässt sich auf der Festungsmauer promenieren und Nantes von oben betrachten. Führungen gibt es auch für Seh- und Hörgeschädigte sowie für Rollstuhlfahrer.
Die berühmte Grabstätte von Franz II., dem letzten Herzog der Bretagne, und seiner Frau, Eltern von der zeitweiligen Königin Frankreichs Anne de Bretagne, ist in der gotischen Kathedrale Saint Pierre et Saint Paul zu bestaunen.
Zur Mittagszeit ist es trendig, in „La Cigale“ gegenüber der Oper einzukehren, der prominenten Brasserie im sehenswerten Art-nouveau-Stil, in der sich vor dem Krieg die Halbwelt tummelte. Beim Schlendern durch die Straßen sollte man die Fassaden der Häuser betrachten, oft mit „mascarons“, Köpfen und Masken, bestückt und mit schmiedeeisernen Balkonen aus Marmor. Ein Schaufensterbummel lohnt in der exklusiven Passage Pommeray, die gern als Filmkulisse genutzt wird, und der – nomen est omen - „Schick-Scheck-Schock“-Straße (www.nantes-tourism.com (deutsch)).
Am Abend ist das frühere Dorf der Fischer und Kap-Hoorn-Fahrer Trentemoult am südlichen Ufer der Loire angesagt. Hier wohnte der Kapitän des Jules-Verne-Schiffs „St. Michel III“. Eine Überfahrt mit den Loire-Fähren ist übrigens kostenlos.
Die Bedeutung in Seehandel und Schiffbau, die die Hauptstadt der französischen Region Pays de la Loire und Verwaltungssitz des Departements Loire-Atlantique bis 1987 innehatte, fällt heute Saint-Nazaire zu. Aber auch diese Hafenstadt schielt nach Touristen. Im ehemaligen U-Boot-Bunker, den die deutschen U-Boote im Zweiten Weltkrieg fleißig nutzten, macht das Internationale Dampfermuseum Escal`Atlantic die Besucher zu Passagieren, die in einem nachgebauten Schiff an Bord gehen, um die Saga der Überseedampfer nachzuvollziehen. Realistisch der Kontrast zwischen Speisesaal mit eleganter Freitreppe und armseligem Zwischendeck der Auswanderer. Wenn am Ende der Alarm ertönt und man in den Rettungsbooten zu Wasser gelassen wird, kann einem wirklich anders werden. Titanic lässt grüßen (www.saint-nazaire-tourisme.com).
Wo im Westen Frankreichs die Loire in den Atlantik mündet, breiten sich die Salzgärten der Nation aus, seit Mönche sie um 877 geschaffen haben. Eindrucksvoll die unterschiedliche Landschaft auf der Halbinsel Guérande: hie das pays blanc, das weiße Land der Salzgärten, dort das pays noir, das schwarze Land des Torfmoores, des Marais mit seinen schmalen Sielen und Kanälen. Auf Kanus lassen sie sich in aller Stille erkunden. Für eine Radtour eignet sich der beschilderte „Vélocéan“.
Im Museum des niedlichen Dorfes Saillé erfährt man mehr über die Salzgewinnung und die „fleur de sel“, die Salzblume. Nicht versäumen darf man in der „Crêperie La Salorge“ eine bretonische „galette“ aus Buchweizen zu kosten, süß oder mit herzhaftem Belag, dazu Cidre, Apfelwein. Monsieur Sarkozy kann sich nicht irren. „Er aß hier mit japanischen Journalisten und kommt immer wieder“, freut sich die Besitzerin. Mittelalterlich gibt sich der Ort Guérande mit seinen Kopfsteinpflastergassen innerhalb der begehbaren Stadtmauer und den vier mächtigen Toren.
Weshalb noch ist eine Reise an den Atlantik angesagt? Um zu baden natürlich. Im Meer oder in den „Thermes Marins“, dem Zentrum für Thalassotherapie mit seinen Meeresschlamm-Anwendungen in Saint Jean de Monts. Der Ort mit einem Endlos-Strand und dem Label „Kid Station“ gilt als größte Sandkiste West-Frankreichs. Fort setzt sich der Strand in Notre Dame de Monts, ebenfalls mit dem Label „Kid Station“ ausgezeichnet. Die Kinderanimation mit Marionettentheater, Jonglieren, Muscheln suchen ist den ganzen Sommer über gratis. Ein „Jardin du Vent“ und seine vom Wind angetriebenen Objekte versprichen Überraschungen, denen selbst die Großen verfallen. Desgleichen der Hochseilgarten „Arbre et Aventure“. Alle wollen alles ausprobieren. Strandsegeln wie in St. Peter-Ording an der Nordsee steht hoch im Kurs. Dank der Vermietung von wasserfesten Rollstühlen mit dicken Plastikrädern und der Begleitung durch Rettungsschwimmer gleiten auch Behinderte gefahrlos ins seicht abfallende Meer.
Mit der Eisenbahn im Jahre 1880 kamen die ersten Touristen an die Westküste. Allein nach Saint Jean, das stolz 50 Campingplätze vorzeigen kann, zwei davon mit ADAC-Auszeichnung, und einen 18-Loch-Golfplatz, und nach Notre Dame kommen heute im Sommer 150.000 Gäste. Aber es wird nie zu voll. 1920 rief ein Journal seine Leser auf, der Küste Namen zu geben. Côte d`Amour, Küste der Liebe, ist geblieben und lockt sicher außer Familien auch junge verliebte Pärchen an (www.paysdelaloire.de).
Bürgerreporter:in:Elke Backert aus Hamburg |
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