Lausanne - grüne Stadt am Genfer See
„Gut, dass Sie jetzt unsere schöne Stadt besuchen. Irgendwann werden wir eine Baustelle sein, denn Lausanne will die Straßenbahn wieder einführen.“ Die Stadtführerin der Hauptstadt des Kantons Waadt im französischsprachigen Teil der Schweiz sieht das Grauen vor sich. Aber keine Angst, noch kann man gemütlich durch die Altstadt schlendern, in den zahlreichen Parks und am Genfer See Ruhe finden.
Die Grünflächen sind so zahlreich, dass sich allein darum 350 Arbeiter kümmern. Auch die Fondation de l`Hermitage ist in einem so prachtvollen Park angesiedelt, dass Einheimische gern in ihm ein Picknick veranstalten. Ob das erlaubt ist, stört wohl niemanden. Die Galerie zeigt Temporär-Ausstellungen über Malerei und Bildhauerei von 1850 bis 1920 mit Akzent auf Impressionismus und französischer Kunst und lohnt allein des Parks wegen einen Besuch.
Die Haupteinkaufsstraße Rue de Bourg widmet dem Erfinder von „Maigret“, Georges Simenon (1903-1989), der die letzten 17 Jahre seines Lebens in Lausanne wohnte, ein Gedenkschild. Darauf ist zu lesen, dass diese Straße sein liebster Spazierweg war, wo er seine Einkäufe tätigte. Den Markt, zu dem vom höher gelegenen Teil Lausannes eine mit Schindeldach gedeckte schöne lange Treppe führt, schätzte er jedoch besonders. Angenehm war für den Pfeifenraucher auch der Tabakladen in der Nähe seines Wohnhauses, in dem die diversen Tabake noch heute von Hand gemischt werden. Für jeden Geschmack die richtige Melange.
Die auf einem Hügel über der Stadt stehende gotische Kathedrale aus dem 13. Jahrhundert ist der größte Kirchenbau der Schweiz. Das wertvollste Stück der schönen Kirchenfenster, ebenfalls aus dem 13. Jahrhundert, ist die Rosette. Diese aus 105 Medaillons zusammengesetzte Rose zählt mit den Rosetten von Notre-Dame Paris und Chartres zu den bedeutendsten Europas.
Bis ins Jahr 1405 reicht die Tradition des Turmschreiers zurück. Hoch oben aus seiner Kammer, 75 Meter über dem Boden im hohen Turm - das sind 160 Stufen -, lässt er seinen Ruf in alle vier Himmelsrichtungen über die Dächer der Altstadt erschallen: „Hört, ihr Leut`und lasst euch sagen, die Uhr, die hat zehn geschlagen…“ Allerdings sagt er es auf französisch. Dank einer speziellen Beleuchtung des Turms lässt sich dieser zwanzig Minuten dauernde Auftritt von verschiedenen Brücken und Plätzen der Stadt aus beobachten.
In der malerisch am Genfer See gelegenen Olympiastadt mit dem Olympischen Museum ist eine Fahrt auf dem See ein Muss, etwa vorbei an den terrassierten Weinbergen des Lavaux, die von der UNESCO ins Welterbe aufgenommen wurden, zum berühmten Schloss von Chillon. Segelfreaks bevorzugen sicher „La Vaudoise“, das letzte Boot mit flachem Boden und lateinischen Segeln aus dem Jahr 1932, das die Piraten von Ouchy navigieren (www.lavaudoise.com).
Der halbmondförmige Süßwassersee wird auf der einen Seite von den terrassenförmigen Weinbergen des Lavaux und La Côte und auf der anderen Seite von den majestätischen Alpen umrahmt, die den See mit ihrem ewigen Schnee überragen.
Einmal in Lausanne, darf man die Collection de l`Art Brut nicht versäumen. Bei der Sammlung von Gemälden, Zeichnungen, Skulpturen, Stickereien, Collagen, Objekten handelt es sich um Kunst, die von Amateuren in psychiatrischen Anstalten, Gefängnissen oder anderen kulturell in einer Außenseiterposition stehenden Orten geschaffen wurde. 1945 prägte der französische Maler Jean Dubuffet (1901-1985) den Begriff „Art But“, um Werke zu bezeichnen, deren Urheber als Autodidakten außerhalb jedes institutionellen Rahmens, jeglicher Regeln und aller künstlerischen Erwägungen arbeiteten. Einzelgänger, Außenseiter und Insassen psychiatrischer Kliniken wie Aloïse(1886-1964), Adolf Wölfli (1864-1930) oder Heinrich Anton Müller (1865-1930). Auf Dubuffets erster Reise in die Schweiz im Jahr 1945 besucht er verschiedene Kliniken, damals Orte der Ausschließung par excellence, und besichtigt mehrere Sammlungen mit Werken geisteskranker Menschen. Es ist dennoch keine Kunst von Irren.
Nehmen wir das Beispiel Aloïse. Aloïse Corbaz lernt Schneiderin, möchte aber Sängerin werden, hat eine schöne Stimme, nimmt Gesangstunden beim Organisten der Kathedrale von Lausanne und singt im Kirchenchor. Als sie sich in einen Theologiestudenten verliebt, unterbindet ihre ältere missgünstige Schwester dies und schickt Aloïse als Kindererzieherin nach Deutschland. Später wird sie Gouvernante beim Hofgeistlichen Kaiser Wilhelms II. im Schloss Sanssouci in Potsdam. Bei einer Veranstaltung sieht sie den Herrscher und verliebt sich in ihn. Diese unmögliche Leidenschaft wird sie nie mehr loslassen.
Sie kehrt nach Lausanne zurück, wo sie wegen Wahnvorstellungen und hysterischer Anfälle in einer Anstalt untergebracht wird und 44 Jahre bis zu ihrem Tod verbringen muss. Sie beginnt zu schreiben und zu zeichnen, später mit Farbstiften. Sie bügelt alte Papiere auf und näht sie aneinander, so dass die Arbeitsflächen mehrere Meter lang sein können. In ihren Kompositionen erkundet sie die Themen Frau und Liebe. Dabei spielt die weibliche Figur die Hauptrolle. Sie ist groß und schön, sinnlich und prachtvoll gekleidet. Sie besitzt einen fülligen Körper und üppiges Haar. Sie verschleiert den Blick ihrer Protagonistinnen mit einer blauen Iris, die das ganze Auge füllt. Diese Augen sind für ihr Werk typisch und verleihen ihren Figuren einen sakralen Charakter.
Heute umfasst die Collection über 60.000 Werke und empfängt rund 40.000 Besucher im Jahr.
www.lausanne-tourisme.ch und Schweiz Tourismus in 60070 Frankfurt, Tel. 0800/10020030 (gebührenfrei), www.MySwitzerland.com
Bürgerreporter:in:Elke Backert aus Hamburg |
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