Kaiser, Kuren und Kasino

Der Weiße Turm am Schloss, Wahrzeichen Bad Homburgs
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Das hessische Bad Homburg vor der Höhe rühmt sich zu Recht als internationales Mode- und Fürstenbad

Mit leeren Flaschen und Kanistern bepackt marschieren des Morgens einige Einwohner von Bad Homburg zu einer der Quellen im Kurpark, um das gratis fließende mineralhaltige Wasser abzufüllen - zum Trinken, zum Kaffeekochen und zum Gießen der Blumen. „Wenn die besonders prächtig gedeihen, kann es uns nicht schaden“, lacht eine rüstige alte Dame.

2012 konnte die Stadt 100jähriges Jubiläum feiern, da sie mit „allerhöchster Zustimmung“ Seiner Majestät seit dem 22. November 1912 den Zusatz „Bad“ tragen darf. Die durch zehn Mineralquellen möglichen Heilanwendungen kann man auch heute noch genießen. Die Quellen im Kurpark, deren Heilkraft nachweislich bereits die Römer nutzten, sind frei zugänglich. Jeder darf sie schmecken, wenn sie auch nicht jedem schmecken. Zu Zeiten des Badearztes Dr. Trapp um 1850 herum bekamen die Kurgäste morgens zwischen fünf und sechs Uhr die gefüllten Gläser von hübschen Brunnenmädchen gereicht, um, so Trapp, „die schlummernde Selbsthülfe der Natur“ zu wecken. Je nach Brunnen wurde und wird das Wasser gegen Erkrankungen von Magen und Darm, Leber und Galle, für Herz und Kreislauf und zur Regulierung des Blutdrucks getrunken.

Doch die sprudelndste „Quelle“ war und ist das Spielkasino. So voll, ja überfüllt habe ich noch nie eine Spielbank gesehen. 1841 rollte die erste Roulette-Kugel. Möglich gemacht hatten es die französischen Zwillingsbrüder François und Louis Blanc, die sich gleichzeitig verpflichteten, einen Kurpark anzulegen und ein Kurhaus zu bauen. Der Kurpark allein ist schon eine Sehenswürdigkeit, birgt er doch viele Schätze. Nicht nur 82 Baumarten aus aller Welt, schönste Springbrunnen, einen Weiher, Schwanenteich genannt, auch Denkmäler, eine Russische Kirche, das Kaiser-Wilhelms-Bad, seit 2002 Day-Spa „Kur-Royal“, die Orangerie, ehemals eine offene Wandel- und Trinkhalle, die Konzertmuschel und zwei Thai-Salas, dekorative thailändische Tempel. Tennis- und Golfplatz, ein 6-Loch-Platz, ein Platz des kurzen Spiels, dürfen natürlich nicht fehlen.

Spaziert man heute durch den 45 Hektar großen unter Denkmalschutz stehenden und vom königlich-preußischen Generalgarten-Direktor Peter Joseph Lenné gestalteten Kurpark von Bad Homburg, fällt es leicht, sich die Damen in den kostbaren Roben des 19. Jahrhunderts vorzustellen, wie sie verspielt mit Sonnenschirmchen ihre weiße Haut schützend über Brunnenallee und Kaiser-Wilhelm-Promenade flanieren.

Die Villen am Rande der Promenade durften nicht höher als acht Meter sein, keinen weißen Anstrich tragen, und da sie als Gästehäuser dienten, mussten sie alle Balkone haben. Der erste Bauherr war Dr. Trapp selbst, der sich vom großherzoglichen Baudirektor Georg Moller aus Darmstadt das klassizistische Haus mit der heutigen Nummer 6 errichten ließ. Er vermietete ebenfalls, und als 1844 ein Graf von Lingen mit Gemahlin bei ihm logierte, stellte sich heraus, dass es Prinz Wilhelm von Preußen war, der spätere Kaiser Wilhelm I., und Prinzessin Augusta. Auch Oskar Wilde nächtigte dort, Schauspieler O. W. Fischer wohnte im heutigen Hotel Steigenberger, „Kaiser“ Franz Beckenbauer war hier, der englische König Eduard VII. (Regierungszeit 1901-1910) mit seinen vielen Frauen, der deutsche Rock`n`Roll-Sänger Ted Herold, und Ludwig Erhart soll hier in der hellgelben Villa die D-Mark erfunden haben. Englische Kurgäste nannten die reinen vom Taunus („die Höhe“) wehenden Fallwinde Champagnerluft, und Kaiser Wilhelm II. (1858-1941) meinte: „Nur hier in Homburg kann ich gut schlafen.“

Wohl einer der Gründe, weshalb er und viele andere das Landgrafenschloss zu ihrer Sommerresidenz erklärten. Zuerst aber fällt dem Besucher der singulär stehende „Weiße Turm“ auf, der Bergfried der mittelalterlichen Hohenburg aus dem 14. Jahrhundert, die Landgraf Friedrich II. abreißen ließ, um die „Friedrichsburg“ zu bauen, die erste frühbarocke Residenzanlage nach dem Dreißigjährigen Krieg. Der „Weiße Turm“ wurde zum Wahrzeichen Bad Homburgs und kann bestiegen werden. Während Goethe (1749-1832), der im Schloss zu Gast war und sich dort in eine Hofdame verliebte, Homburg als „dreckiges, verschlafenes Nest“ beschimpfte, setzte Heinrich von Kleist Friedrich II. in seinem Drama „Prinz von Homburg“ ein literarisches Denkmal.
Baulich verändert, war das Schloss bis 1866 Residenz der Landgrafen von Hessen-Homburg und danach ein gern besuchter Sommersitz der preußischen Könige und deutschen Kaiser.
Die Gemächer im Königsflügel sind vor allem durch den Geschmack Kaiser Wilhelms II. und seiner Gemahlin Auguste Viktoria geprägt und sollen das einzige in Deutschland erhaltene Beispiel für die Wohnkultur des deutschen Kaiserhauses sein.
Im Englischen Flügel schlurft man in Filzpantoffeln durch die Räume, in denen die aus dem englischen Königshaus stammende Landgräfin Elisabeth (1770-1840) nach dem Tod ihres Gatten Friedrich VI. Joseph 1829 lebte, den sie 1818 geheiratet hatte. Die Räume im damals modernen Empire-Stil erreichen mit dem Speisesaal in farbenfrohem pompejanischen Stil einen Höhepunkt. Hier ist auch eines der ersten „water closets" zu bewundern. Und hier erfährt man, warum der Kaffee nach dem Zweiten Weltkrieg „Blümchenkaffee“ hieß. Elisabeth servierte Kaffee in einer Meißner-Tasse mit einem Blümchen am Boden. Trotz gefüllter Tasse konnte man das Blümchen am Boden sehen.

Reichen einem Kaiser, Kuren und Kasino nicht, kann man auch zurück in die Römerzeit stapfen. Das Maritim-Hotel bietet seinen Gästen Ausflüge an, etwa zur Saalburg, einem ehemaligen Kastell des römischen Limes und dem am vollständigsten rekonstruierten Kastell des Obergermanisch-Raetischen Limes, der seit 2005 zum UNESCO-Welterbe zählt. Kaiser Wilhelm II. war wesentlich an der Rekonstruktion beteiligt.

Bürgerreporter:in:

Elke Backert aus Hamburg

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