It`s Tea Time

Stilvoll sündigen beim High Tea in The Langham Hilton
  • Stilvoll sündigen beim High Tea in The Langham Hilton
  • hochgeladen von Elke Backert

Mitte des 17. Jahrhunderts war in Deutschland Tee nur als Arzneimittel in Apotheken erhältlich. Das Teetrinken als Genuss bürgerte sich erst im 19. Jahrhundert ein. Vorreiter war England, wo es um 1700 allgemein üblich wurde. Und so ist es geblieben.
Was Urlauber eher aus den ehemaligen englischen Kolonien, heute Ferienziele, kennen, die Tea-time, wird in London höchst kalorienreich zelebriert, ist aber eine Sünde wert.
Keine Angst, Jackett und Krawatte verlangt der befrackte Ober von den männlichen Gästen nicht mehr. Auch Jeans sind willkommen. Er weiß, dass es sich heute um Touristen handelt, die entweder neugierig auf die englische Tradition sind, sie schon kennen und wirklich very british finden oder, rundum gesättigt, aufs Abendessen verzichten wollen.
Dass die Themse-Metropole nicht gerade billig ist, hat sich herumgesprochen. Warum also nicht stilvoll den Tee genießen: in The Langham Hilton (www.london.langhamhotels.com, www.visitbritain.com), dem ältesten Grandhotel Londons (von 1865) und einem florentinischen Palast nicht unähnlich.
The Palm Court empfängt den Gast in einem lichten Art-déco-Ambiente mit Spiegeln an den Wänden, einer gläsernen Decke, schmiedeeisernen Treppenaufgängen, einem plätschernden Brunnen, knöcheltiefen Teppichen und natürlich Palmen.
Hat der Gast mit Hilfe des Obers seinen Platz gefunden, darf er Einblick in die Full Afternoon Tea-Karte nehmen und seinen Tee aus acht Sorten wählen. Frischer loser Blatt-Tee, versteht sich, keine Beutel. „Tea is like wine. Choose it according to the time of day, the weather, the mood...” Glaubt man dem Besitzer der Tee-Dynastie Twining, dann ist Tee mit Wein vergleichbar. Man soll sich bei der Auswahl nach der Tageszeit richten, nach dem Wetter und seiner eigenen guten oder schlechten Laune.
Ob Sonnenschein oder Nebel, das Flair des Raums und der eifrige Pianist zaubern auf der Stelle gute Laune. Damit sich der Ober beim Einschenken nicht die Hand verbrennt, ist ein origineller „Sarotti-Mohr“ aus Stoff über den heißen Henkel der schweren Silberkanne gestülpt. Auch ein silbernes Teesieb muss sein. Zucker und Milch stehen bereit. Sodann wird eine dreistöckige Etagere aufgetragen, die einem den Mund wässrig macht. Unten fängt man an, mit den Sandwiches: dünne Weißbrotrechtecke mit zartem Räucherlachs, Kochschinken, Cheddar, Ei und den von Engländern geliebten Gurkenscheiben (cucumbers) belegt. Eine Etage höher verführen Home made French Pastries, köstlichste Mousse- und Obsttörtchen. Und darüber Baked Scones with Clotted Cream & Strawberry Preserve. Eigentlich ist man schon satt, aber, nun ja, man muss ja alles probieren. Also schneidet man eins der weichen konischen Gebäckstücke auf und bestreicht es mit Erdbeermarmelade, über die man dicke fette Sahne häuft. Hm, das schmeckt ungewohnt fein. Herr Ober gießt Tee nach, und – man traut seinen Augen nicht – Herr Ober ergänzt das soeben Verspeiste durch neue Leckereien. Aus dem Nachmittagstee wird eine Fressorgie. Das ist wohl der Grund, warum Engländer Tee „essen“ (to eat tea).

Das stilvolle Event darf sich zwischen 15 und 17 Uhr abspielen und schlägt mit 19,50 Pfund zu Buche. Beim Champagne Afternoon Tea beendet man das Ganze mit einem Glas Champagner und zahlt 26 Pfund.
Zum Abschied spielt der Pianist - er hört ja deutsche Zungen - Lilli Marleen und die deutsche Nationalhymne. Deutschland, Deutschland über alles? Mag er die Deutschen oder mag er sie nicht? Trotzdem ein gelungener Hochgenuss.

Bürgerreporter:in:

Elke Backert aus Hamburg

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