Bergwandern um Latemar und Rosengarten

Der Rosengarten, dessen höchste Spitze 3.004 Meter aufragt.
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  • Der Rosengarten, dessen höchste Spitze 3.004 Meter aufragt.
  • hochgeladen von Elke Backert

Deutsch ist Trumpf im Südtiroler Eggental

Nach einer herzhaften Brettljause in 2337 Meter Höhe starteten wir unsere erste Wanderung in den Dolomiten. Toni, unser Bergführer, bestand auf der Stärkung, obwohl wir doch bisher nur gemütlich mit Sessel- und Korblift von Welschnofen in 1200 Meter Höhe aus nach oben gefahren waren. Oder glaubte Toni, uns kaum be“wanderten“ Großstädtern mit dem zur Jause servierten 88er Südtiroler Chardonnay Mut machen zu müssen? „Trinkt`s nur“, ermunterte er die Zweifler unter uns, „hier oben zeigt der Wein keine Wirkung. Die merkt ihr erst später beim Abstieg.“
Toni, mit seinen 70 Jahren ein rüstiger und erfahrener Bergsteiger, hatte einen „mittelschweren“ Weg vor dem Rosengartenmassiv gewählt, in dem wir zwei tollkühne Kletterer hängen und hangeln sahen. Tonis Kommentar: „Wo wir früher sechs Nägel gebraucht haben, hauen die heute sechzig ein.“ Toni wollte uns die bizarre wildromantische Kalksteinformation des Dolomitgesteins so richtig nahebringen und machte immer wieder auf die herrlichen Ausblicke aufmerksam. Das auf sonnigem Hochplateau gelegene Eggental gehört zum UNESCO-Weltnaturerbe Dolomiten.
Zum Wandern, dem „Atemholen der Seele“, entschließen sich jedes Jahr viele Millionen Bundesbürger. Bis in den November hinein ist das Wandern im Eggental möglich, ob in Welschnofen, das auf Italienisch Nova Levante heißt, und um den Karersee, den Carezza di Lago, oder in Deutschnofen, Obereggen, Eggen und Petersberg, auch in der Gemeinde Tiers am Rosengarten und in der Gemeinde Steinegg, die alle in einer Höhe bis zu 1550 Meter liegen.
Wir befinden uns ja in Südtirol, der nördlichsten Ecke Italiens. Bekannt geworden sind die Weiler durch ihre ausgezeichneten Skipisten, weshalb sie im Winter Hochsaison haben. Sehnsüchtig erinnert sich Toni an die Sommer vor etwa 50 Jahren, als er „keinem Wanderer begegnete“. Heute führen verschiedene markierte Wege um den 2796 Meter hohen Latemar, den „Hausberg“ von Obereggen. Hier spaziert man mit den Kühen um die Wette, deren Glockenläuten, aber auch deren Fladen einem ständige Begleiter sind.
Beim Abstieg quer durch die Wiesen der saftigen Almen, deren Gefälle mir fast senkrecht vorkommt, wage ich kaum, den Fuß aufzusetzen, um die reiche Flora nicht zu zertreten. Doch die mannigfaltigen Enzianarten, der gelbleuchtende Rhätische Mohn, die rosa blühende Alpenrose, das wie ein Mini-Löwenmäulchen anmutende Alpenleimkraut, die blaue Teufelskralle, die nach Schokolade duftende Braunelle, auch Schwarzes Kohlröschen geheißen, der nach seinem Geräusch benannte Piffpuffpaff, Silberwurz, Steinbrech, Hornklee und viele mehr, nicht zu vergessen das Edelweiß, von dem hier die herrlichsten Exemplare zu sehen sind, richten sich immer wieder auf. Allein die Wiederkäuer sind ihre Feinde.
Nach diesem dreistündigen Abstieg ist Rast vor oder in einer Hütte angesagt: rustikales Bauernessen auf Tiroler Art, etwa Spiegeleier mit Speck in einer großen Pfanne, in die wir alle gleichzeitig das würzige Anisbrot oder das flache, Knäcke-ähnliche Schüttelbrot tunken, oder eine edle Gourmet-Mahlzeit mit Rehrücken und Steinpilzpolenta, zu der als Vorspeise Kasnocken mit Knoblauch und Schlutzkrapfen gereicht werden, das sind spinatgefüllte Teigtaschen in Butter. Was die Südtiroler Küche so interessant macht, ist ihre italienisch-österreichische Mischung.
So ist es auch mit der Sprache: Die Einheimischen wachsen zweisprachig auf, aber, so sagen sie, „wir reden deutsch“. Und am liebsten sind ihnen deutsche Gäste.
Von der architektonisch reizvollen, weil mit abgerundeten „Ecken“ gebauten Frühstückspension St. Florian in Obereggen oder dem Sporthotel, das Wochenpauschalen mit Halbpension offeriert, gibt es genügend Auswahl, auch preiswerte Unterkünfte.
Die Schilder in den Wäldern „Pilze sammeln verboten“ sind inzwischen entfernt. Damals hätten die „schlimmen Italiener“ die Pilze angeblich beinahe ausgerottet. Aber seit 1991 erlaubt eine Lizenz vom Gemeindeamt: l Kilo für jeden polizeilich gemeldeten Übernachtungsgast, aber nur an den ungeraden Tagen.
Erst seit gut 150 Jahren, als man die Dolomitenstraße baute, ist das Eggental erschlossen. Schon wenn man von Bozen, auf dessen St.-Magdalena-Berg der gleichnamige berühmte rote Vernatsch wächst, hineinfährt in die schmale hohe Porphyrschlucht, deren Gestein wie von einem Bildhauer „geschnitten“ scheint, hat einen die Bergwelt des Eggentals gefangen genommen. Ach nein, das war einmal. Man baute einen Tunnel, der einmal kurz und noch einmal am Tunnel-Ende diese einzigartige Schlucht preisgibt. Dennoch: beeindruckend. Bildstöcke, winzige Kapellen, einsam am Wegesrand oder in luftiger Höhe, etwa St. Helena mit schönsten Fresken aus dem 15. Jahrhundert, dem „Buch der Armen“, wetteifern mit der über 500 Jahre alten Wallfahrtskirche Maria Weissenstein. Seit ihr der Papst im Juli 1988 einen Besuch abstattete, versammeln sich im Hochsommer allsonntäglich auf den Wiesen rundherum bis zu 4.000 Menschen, zumeist Italiener, die der Messe über Lautsprecher lauschen und danach zur Stärkung den Grill anzünden.
Als Konkurrent behauptet sich aber auch der wunderschön, etwa 1.300 Meter hoch gelegene Golfplatz Südtirols in Petersberg. Wer bisher das Golfen als Sport für die ältere Generation geringschätzte, wird hier eines Besseren belehrt. Auf dem sonnigen, waldreichen und bergigen 18-Loch-Gelände braucht man eine gehörige Portion Puste und Durchhaltevermögen. Als Belohnung darf zum Abschluss der schwere Südtiroler Lagrein, ein autochthoner körperreicher, tiefdunkler Rotwein, genossen werden.

Eggental Tourismus/Val d`Ega Turismo, Dolomitenstr. 4, I-39056 Welschnofen/Nova Levante, Tel. 0039/0471/619500, info@eggental.com, www.eggental.com

Bürgerreporter:in:

Elke Backert aus Hamburg

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