Appenzellerland: Sauen und Frauen erhalten den Kanton

Das ist Appenzell.
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Appenzellerland: Sauen und Frauen erhalten den Kanton
Seit über 130 Jahren gibt es die Appenzeller Bahnen. Sie machen es dem Fremden leicht, den 6.000 Einwohner zählenden Ort Appenzell in der von gewöhnungsbedürftigem Schwyzerdütsch geprägten Ostschweiz zu finden. Auf jedem Tischchen am Fenster ist das Streckennetz aufgemalt. Man erreicht Appenzell von St. Gallen aus oder von Zürich mit Umsteigen in Gossau.
Vom Bahnhof braucht man nur „ein Bröckli“ zu gehen und muss stehen bleiben, weil man die reich bemalten Häuserfassaden bewundern muss und die „Datschi“giebel - die geduckte Dachform. Ebenso sehenswert sind die originellen Wirtshaus- und Hotel-Aushängeschilder, die „Taveen“ (von Taverne). Mit einem solchen Schild lockt auch das Heimatmuseum zum Reinschaun. Anschaulich dokumentiert es Brauchtum, Trachten und Kunsthandwerk. Breiten Raum nimmt die Bauernmalerei ein, die ab 1765 neben die höfische Malerei trat. Wie zeitaufwendig die Handstickerei war, zeigt ein Trachtenkragen, für den eine Frau 500 Stunden brauchte. Am Stickstock sitzt eine Dame in „Barärmeltracht“. Helligkeit bekommt sie vom „Beleuchtungsstock“: In zwei mit Wasser gefüllten Glaskugeln bricht sich das Licht und erhellt so den Arbeitsplatz.
Das erste elektrische Licht erhielt im Jahre 1904 die Pfarrkirche St. Mauritius. „Frauen und Sauen erhalten den Kanton“, hieß es damals: Die Frauen trugen mit ihrer Stickerei zum Lebensunterhalt bei, die Sauen mit ihrem Fleisch. Das gewürzte luftgetrocknete Fleisch, Mostmöckli genannt, kann aber auch vom Pferd stammen – und niemand schmeckt den Unterschied!
Berühmt sind der Appenzeller Käse, der Kräuterschnaps Alpenbitter, zum Vollmond gebrautes Bier, mit Trockenbirnen angereichertes „Birrebrot“ und gefüllte Biberfladen, eine Art Honiglebkuchen.

Große Bedeutung hat die Kuh. Sie trägt immer eine Glocke um den Hals. Glocken in allen Größen fertigt der Sattler Hampi Fässler. Drei riesige Glocken ergeben ein Glockenspiel. Neben Senntumriemen stanzt er goldene und silberne Kühe auf Gürtel, Schlüsselanhänger, Melkmützen und auf die für einen Appenzeller lebensnotwendigen Hosenträger. Eins der Hotels händigt dem Gast einen Zimmerschlüssel aus mit - hölzerner Kuh. Lebendig und mit Geläute begegnen sie einem bei Ausflügen durch die hügelige Landschaft vor der Kulisse schneebedeckter Zwei-, Drei- und Viertausender.
Abenteuerlich ist die Fahrt mit der Luftseilbahn von Wasserauen auf die Ebenalp. In sechs Minuten überwindet die Kabine mit bis zu 40 Personen die Strecke: von 867 auf 1590 Meter, ein Höhenunterschied von 723 Metern. Oben angelangt könnte man mit dem Gleitschirm hinabfliegen. Zuerst aber wartet das Wildkirchli auf fromme Besucher. Im Schutz der zum Tal hin offenen Höhlenkirche finden Trauungen und Jodlermessen statt: Die Sennen jodeln ihren Gott an! Nach dem kühlen Gang durch die eiszeitliche Bärenhöhle erwärmt den Fröstelnden ein „Höhlenkaffee“, der es dank Schnaps und Sahne obenauf in sich hat.
Dass der Tourismus schon im 17./18. Jahrhundert seinen Anfang nahm, erfährt man auf dem Säntis, dem mit 2502 Metern höchsten Berg des Appenzeller Landes. Von der Schwägalp bringt eine ebenso ungewöhnlich schwankende Luftseilkabine Groß und Klein, Kinderwagen und Hunde in schwindelnde Höhen, den Schnee greifbar. Skifahrer und Snowboarder haben hier lange Saison. Die anderen genießen den Ausblick auf die Alpen bei einem „Säntis-Kaffee“.
Zurück in Appenzell, ist das Museum Liner ein Muss. Wegen seiner ungewöhnlichen Bauweise statten ihm Architekten aus aller Welt einen Besuch ab. Es ist dem Werk von Carl August Liner (1871-1946) mit gegenständlicher und dem seines Sohnes Carl Walter (1914-1997) mit abstrakter Malerei gewidmet. Es zeigt aber auch wechselnde Ausstellungen von Bedeutung. Aus einem der wenigen Fenster guckt man beinahe ins Haus des Ephraim Kishon.

Bürgerreporter:in:

Elke Backert aus Hamburg

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