Dr. Felicia Spreyer:“ Im Studium habe ich erst begriffen, was der Beruf mit sich bringt“-Ein Interview
„Der Berufswunsch Tierärztin begegnet mir oft“, sagt die Tierärztin Dr. Felicia Spreyer in einem Interview mit Myheimat. Die Erwartungshaltung der jungen Menschen entspricht oft nicht dem tatsächlichen Berufsbild. Felicia Spreyer hat vor ca. 6 Jahren in Röfingen /Roßhaupten eine Kleintierarztpraxis eröffnet. Die Leute, so erzählt sie, fanden es klasse. Bereits bei der Gründung im Jahr 2014 wurde sie vom Bundesverband Praktizierender Tierärzte als „Katzenfreundliche Praxis“ ausgezeichnet.
Bevor sie ihre eigene Praxis eröffnete war sie unter anderem an der Tierklinik Gessertshausen und der Medizinischen Kleintierklinik der LMU München beschäftigt. In einem exklusiven Interview hat sie uns die Vor- und Nachteile des Berufs erläutert.
Thomas Rank: Sind sie mit Tieren aufgewachsen?
Dr. Felicia Spreyer: Ja. Die Tiere haben bei uns zur Familie dazugehört. Wir hatten einen Hamster, Kaninchen und später einen Hund. Ich war auch als Kind immer mit dabei, wenn wir mit den Tieren zum Tierarzt mussten. Es ist wunderschön, wenn man als Kind mit Tieren aufwächst.
Thomas Rank: Was hat sie bewogen, den Beruf der Tierärztin zu wählen?
Dr. Felicia Spreyer: Die Berufswahl kam bei mir sehr spät. Der ausschlaggebende Faktor war die Kombination eines naturwissenschaftlichen Studiums mit der späteren praktischen Tätigkeit am Tier. Mein ursprünglicher Gedanke war das Studium der Zoologie, was mit aber dann doch zu theoretisch war. Richtig begriffen, was der Beruf so mit sich bringt, habe ich allerdings erst im Studium. Ich habe 11 Semester an der LMU München studiert. Natürlich gehören auch Praktika zum Studium.
Thomas Rank: Was bedeutet für Sie der Beruf der Tierärztin?
Dr. Felicia Spreyer: Ich begleite die Tiere medizinisch und betreue auf diesem Weg auch die
Tierbesitzer. Kommunikation ist der Kern meiner Arbeit. Oft sind die Besitzer aufgeregter als die Tiere und verstehen nicht, was in ihrem Vierbeiner vor sich geht. Meine Aufgabe ist es, ihnen zu erklären, was wir warum tun müssen und wie es den Tieren dabei geht. Die Zeiten, wo man dem Tier irgendeine Spritze gibt ohne etwas dazu zu erklären, sind vorbei. Der Tierarzt muss mit dem Tierbesitzer und dem Tier als Team zusammenarbeiten. Nur so kann man zum Erfolg kommen. Dazu gehören Ehrlichkeit und Vertrauen.
Thomas Rank: Wie geht es Ihnen, wenn Sie Tieren helfen können?
Dr. Felicia Spreyer: Das ist ein schönes Erfolgserlebnis. Wenn mir ein Katzenbesitzer bei der Kontrolluntersuchung 2 Wochen nach einer Zahnsanierung erzählt, wie gut es der Katze geht, dass sie wieder auf Bäume klettert und sich nicht mehr so viel unter der Couch versteckt, dann ist es ein tolles Gefühl, dem Tier geholfen zu haben!
Thomas Rank: Wenn Sie Tieren nicht helfen können, wie fühlen Sie sich?
Dr. Felicia Spreyer: Natürlich ist das sehr frustrierend. Wenn es die Möglichkeit gibt, meinen Patienten außerhalb meiner Praxis, z.B. bei einem Spezialisten für Onkologie, Kardiologie etc., zu helfen, ist es meine Aufgabe, für meine Kunden/Patienten den richtigen Ansprechpartner in einer Klinik zu finden. Wenn unserem Patienten aber nicht geholfen werden kann, dann spreche ich auch ganz offen über den Tod. Er gehört einfach auch wie bei Menschen zum Leben dazu. Dann ist es meine Aufgabe begleitend da zu sein und zu versuchen, auf natürliche Weise mit dem Thema Tod umgehen. Ich würde nie ein Tier erlösen, wenn es auch nur einen Funken Hoffnung gibt. Trotz der schlimmen Situation können wir in meiner Praxis ein Umfeld schaffen, in dem sich alle wohlfühlen können.
Thomas Rank: Wie ist das für Sie, wenn Sie ein Tier gehen lassen müssen?
Dr. Felicia Spreyer: Ich leide mit den Besitzern des Tieres mit. Ich muss den Menschen die Zweifel nehmen und sie bei dieser Entscheidung unterstützen. Je länger der Verlauf einer Krankheit dauert, desto schwerer ist es, den richtigen Punkt zu finden, vom Tier Abschied zu nehmen. Das geht mir genauso wie den meisten Tierbesitzern. Wenn es aber eine Möglichkeit gibt, dem Tier zu helfen, darf man natürlich nicht gleich die Flinte ins Korn werfen.
Thomas Rank: Würden sie den Beruf heute noch einmal wählen?
Dr. Felicia Spreyer: Ja, auf jeden Fall würde ich den Beruf wieder wählen.
Thomas Rank: Was macht Ihnen an dem Beruf besonders viel Spaß?
Dr. Felicia Spreyer: Der persönliche Umgang mit den Menschen und ihren vierbeinigen Begleitern. Ich habe früher in Kliniken gearbeitet. Dort war mir der Umgang mit den Menschen auf Dauer zu anonym. Das Arbeiten macht richtig Spaß, wenn man seine Patienten und Kunden schon lange kennt und viel miteinander erlebt hat. Ein super tolles Team, wie ich es habe, gehört auch dazu. Es ist aber auch ein sehr arbeitsintensiver Beruf. Man muss gerne Arbeiten und sich engagieren. Man darf nicht halbherzig an den Beruf herangehen und sich auch für nichts zu schade sein. Viele meiner Kunden kennen mich recht gut und wissen, dass ich auch Mutter zweier Kinder bin. Meine Kunden erzählen mir viel und auch ich gehe sehr offen mit meinem Privatleben um. Das macht einem den Umgang miteinander viel leichter.
Thomas Rank: Bleibt noch viel Zeit für die Familie?
Dr. Felicia Spreyer: Wenn ich die Praxis nicht im eigenen Haus hätte, könnte ich nicht so arbeiten. Ich habe zwei Söhne und muss eine gesunde Balance zwischen Familie und Arbeit finden. Mein Mann ist Fachtierarzt für Pferde und ist auch viel beruflich unterwegs. Ich muss Prioritäten setzen. Wenn meine Jungs eine Schulaufführung haben, dann bleibt das Handy natürlich aus. Meine Söhne dürfen auch ab und zu mit in die Praxis, damit sie sehen und begreifen, was ich arbeite. Dadurch haben sie auch Verständnis dafür, wenn zum Beispiel das Abendessen ohne Mama stattfindet, weil ein Notfall in die Praxis kommt.
Thomas Rank: Wie schaut ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?
Dr. Felicia Spreyer: Mein Arbeitstag beginnt meist morgens um ca. 7 Uhr. Da steht erst mal Büroarbeit an. Um 7.45 Uhr beginnt dann die Praktische Arbeit.Wir Operieren jeden Tag (in der Regel 1-3 Operationen) Gegen 10 Uhr beginnt dann die Terminsprechstunde. So können wir auch Rücksicht auf die Bedürfnisse unserer Patienten nehmen (gestresste Katzen, unverträgliche Hunde etc.). An einem Tag mit Vor- und Nachmittagssprechstunde habe ich ca. 20 Patienten. Natürlich bekommen wir zusätzlich auch Notfälle rein – auch außerhalb der Sprechzeiten. Die anderen „Patienten“ und Ihre Halter sind meist sehr verständnisvoll, wenn es dadurch auch mal zu längeren Wartezeiten kommt. Gegen 22 Uhr am Abend wird dann das Handy ausgeschaltet.
Thomas Rank: Würden sie jungen Menschen den Beruf des Tierarztes empfehlen?
Dr. Felicia Spreyer: Ja. Es ist ein spannender und auch sehr sicherer Beruf. Eine gute Berufswahl, wenn man sich bewusst ist, dass man viel arbeiten muss. Man kann eigentlich keine klare Linie zwischen Beruf und Freizeit ziehen. Es ist sehr arbeitsintensiv. Viele Wochenenddienste und in Kliniken gehören Nachtdienste natürlich ebenfalls dazu.
Thomas Rank:Haben sie auch Schulpraktikanten*innen?
Dr. Felicia Spreyer: Ja, ich habe immer wieder Anfragen. Die Praktikanten nehme ich schon mit dem Hintergedanken, ob potentielle Auszubildende dabei sind. Viele Praktikanten*innen sind aber schon mit einfachen Tätigkeiten, z.B. Reinigungsarbeiten wir Tisch-Abwischen oder Staubsaugen überfordert. In unserem Berufsfeld muss man einfach mit anpacken können, auch mal einen 50 kg schweren Hund hochheben, und sich auch mal die Hände „schmutzig“ machen. Das theoretische Wissen ist hier anfänglich zweitrangig, dass können sie bei mir erlernen. Ich bin mit meinen Azubinen sehr glücklich. Sie sind sehr engagiert und mir ist wichtig, dass sie eine gute Ausbildung bekommen. Außerdem muss die Teamarbeit funktionieren, dann haben wir alle Spaß bei der Arbeit. Ich habe 4 Angestellte und freue mich jeden Tag über die gute Zusammenarbeit.
Thomas Rank: Sie wurden als Katzenfreundliche Praxis ausgezeichnet. Was steckt dahinter?
Dr. Felicia Spreyer: Der Bundesverband Praktizierender Tierärzte und die Firma Royal Canin vergeben diese Auszeichnung. Dabei sind verschiedene Forderungen zu erfüllen, die auch nachgewiesen werden müssen. So wurde bei uns schon bei der Praxisgründung darauf geachtet, dass im Wartezimmer Raumteiler vorhanden sind. Wir haben am Empfang eine erhöhte Abstellmöglichkeit für Katzenkörbe, damit die Katzen mit großen Hunden nicht in Berührung kommen. Wenn wir bei einer Katze Blutdruck messen möchten oder eine andere „ aufregende“ Untersuchungen stattfindet, muss sie nicht ins Wartezimmer, sondern kommt gleich in einen separaten ruhigen Raum. Auch in unsere stationären Unterbringungen – für Patienten nach Operationen oder auch für längere Aufenthalte - können Hund und Katzen getrennt werden, um Stress zu vermeiden. Außerdem bieten wir eine Terminsprechstunde an, um Wartezeiten kurz zu halten. Katzenbesitzer haben häufig eine große Scheu, die Katze zum Tierarzt zu bringen – das zeigen uns Studien und Umfragen immer wieder. Hier herrscht ein großer Handlungsbedarf. Wir müssen den Menschen den Weg zum Tierarzt leichter gestalten, um die medizinische Versorgung unserer Katzenpatienten zu verbessern. Eine Herausforderung, auf die ich auch auf unserer Website www.praxis-spreyer.de in Blog-Artikeln eingehe.
Bürgerreporter:in:Thomas Rank aus Günzburg |
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