Teil 2 Tikki und der Drache - Ein Märchen für Weihnachten

Auf dem Weg in die Berge
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Tikkis Mutter will für die Kranken eine Medizin herstellen, aber dazu braucht sie die blaue Donnerblume. Diese wächst hoch oben zwischen den Felsen in den Bergen und ist sehr selten.
„Mutter, ich hole die blaue Donnerblume. Ich kenne alle deine Pflanzen. Bleib du bei den Kranken, ich bin bald wieder zurück!“ sagt Tikki und läuft davon.

Beim Wandern durch den Wald wird die Traurigkeit mit jedem Schritt weniger und Tikki fühlt sich leicht und beschwingt.
„Komm kleiner Hase, renne mit mir, hallo ihr lieben Meisen und Finken, fliegt doch mit“ ruft Tikki und zusammen mit den Tieren steigt er den Berg hinauf. Er sucht und sucht und klettert dabei immer höher ins Gebirge.

Dabei kommt er an der Höhle des Drachen vorbei. Tikki hört Geräusche und hält an.
Er wundert sich: „Da drinnen weint doch jemand!“
Er klettert in die Höhle und schaut sich um. Der grüne Drache liegt matt am Eingang, dicke Tränen rollen aus seinen Augen.
“Hallo, ich bin Tikki. Warum weinst du denn?“ fragt Tikki mitleidig.
Der Drache seufzt: „Ich habe solche schreckliche ZS, es tut so weh…“.
Tikki versteht den Drachen, denn dieser spricht mit Magie von Herz zu Herz. Aber er weiß nicht, was ZS bedeutet und schaut verwundert.
Der Drache seufzt: „Zahnschmerzen, Tikki, ZS steht für Zahnschmerzen, ohh es ist so schlimm…“
„Ich hole meine Mutter, die kann dir bestimmt helfen!“ ruft Tikki und rennt flugs zurück ins Tal. Die Meisen schwirren um ihn herum, der Hase schaut verdutzt.

Seine Mutter steht in der Küche und kocht eine Suppe. Sie schaut auf, als Tikki atemlos ins Zimmer stürmt.
„Mutter, schnell komm, der Drache hat schreckliche ZS, ahh…Zahnschmerzen, du musst ihm helfen!“ Die Mutter lacht und zieht den Suppentopf vom Feuer. Sie packt eine Zange ein und sucht nach passenden Kräutern. Dann machen sich die beiden auf den langen Weg zur Drachenhöhle.

Der Drache erwartet sie voller Hoffnung und reißt sein Maul weit auf. Auf der rechten Seite ist das Zahnfleisch rot und furchtbar dick geschwollen.
„Das schaut ja schlimm aus!“ poltert die Mutter. Sie packt den schmerzenden Zahn mit der Zange und stemmt sich mit dem Fuß gegen den Unterkiefer des Drachens. Sie zieht und zieht und zieht. Der Drache stöhnt und jammert. Tikki klopft mitleidig seinen schuppigen Hals und spricht ihm beruhigend zu.
Endlich knirscht und kracht es, die Mutter plumpst nach hinten. Sie hält den großen Drachenzahn mit Zange in die Luft. Schweißtropfen rinnen über ihre Stirne. Drachenblut fließt aus dem Loch im Kiefer.
„Was hast du denn gefressen, dass der Zahn so kaputt ist?“ fragt sei den dankbaren Drachen.
„Hhm, es ist die viele Schokolade…“.
Tikki lacht: „Was, ich wusste gar nicht, dass Drachen Schokolade fressen.“
Der Drache brummt verlegen: „Ich liebe Schokolade, ich bin ganz wild darauf und fresse sie den ganzen Tag.“
„Ich mag Schokolade auch ganz arg, aber Mutter gibt mir nicht so viel. Sie sagt, dass ich gesunde Sachen essen soll. Das solltest du auch tun.“
„In Ordnung Tikki, ich verspreche dir, dass ich ab jetzt gesunde Sachen essen werden und nicht mehr so viel Schokolade. Ich möchte nicht noch einmal solche ZS haben, die sind ja dunkeldrachengrauenhaft!“

Die Kräuterfrau füllt das Loch im Kiefer des Drachen mit Heilkräutern, um die Blutung zu stillen und wendet sich zum Gehen.
„Bitte wartet einen Augenblick. Ich möchte euch ein Geschenk geben.“
Der Drache verschwindet in seiner Höhle und kommt mit einem Säckchen zurück. Mit seinen schwarzen Krallen zieht er vorsichtig eine seidene Stoffkappe heraus.
„Das ist eine TTK, sie ist für dich, Tikki.“
„Was ist denn eine TTK? Das kenne ich nicht.“
Der Drache schaut geheimnisvoll. „Eine TTK ist eine Tiertarnkappe. Wenn du sie aufsetzt, verwandelst du dich in das Tier, an das du gerade denkst.“
Tikki ist ganz aufgeregt. „Au fein, danke! Darf ich sie gleich aufsetzen, ich möchte gerne ein Drache sein wie du.“
Der Drache schüttelt seinen großen Kopf und warnt: „Die TTK hilft dir nur in Zeiten großer Not. Deswegen benütze sie nie aus Spaß, versprich mir das!“
Tikki hält die Tiertarnkappe in seinen Händen und verspricht dem Drachen hoch und heilig, sie nie zum Spaß aufzusetzen.
Der Drache wendet sich an Tikkis Mutter. „Liebe Kräuterfrau, dir schenke ich meinen besten GS.“
Die Mutter lächelt und wartet. Der Drache holt einen roten, glatt geschliffenen Stein aus dem Sack. Dieser schimmert und glänzt und taucht die ganze Höhle in rötliches Licht, als der Drache an ihm reibt.
„Ein GS ist ein Geheimnisstein. Er wird dir den Weg weisen, wenn du nicht mehr weiter weißt. Zeige ihn keinem Menschen, dem du nicht vertraust und bewahre ihn gut. Er ist sehr alt und kam von weit her zu mir.“
Die Mutter bedankt sich beim Drachen und steckt den Stein in ihre Tasche.
„Halt, wartet! Ihr braucht noch die BD, die findet ihr zwischen den Felsen über der Höhle“, verrät ihnen der Drache.
Tikki kichert. „Die BD, die blaue Donnerblume!“
Er klettert hoch und holt die Pflanzen.

Beide kehren nach Hause zurück und die Mutter bereitet mit der blauen Donnerblume die Medizin. Sie geht zu den Kranken und flößt ihnen die heilende Tinktur ein.
Dabei erzählt sie den Leuten: „Der Drache hatte ZS, ähh…Zahnschmerzen. Tikki hat ihn gefunden. Dann hat uns der Drache verraten, wo die blaue Donnerblume zu finden war.“
Die Leute schämen sich, weil sie sich so vor dem brüllenden Drachen gefürchtet hatten. Sie hatten Angst gehabt, dass er ihnen etwas Böses antun würde. Dabei hat er ja nur geheult, weil er unter so schlimmen Zahnschmerzen gelitten hatte.

Tikki läuft zu den Kindern, die auf dem Dorfplatz spielen. Sie bleiben stehen und schauen ihn an.
Tikki spricht langsam: „Ich kann euch zwar nicht mit den Ohren hören, aber ich kann die Worte von euren Lippen lesen, wenn ihr deutlich sprecht.“
Die Kinder stehen um Tikki herum und klopfen ihm auf die Schultern. Sie bewundern Tikki für seinen Mut und das Erlebnis mit dem Drachen. Jetzt verstehen sie Tikki und sein Problem mit dem Hören.

Im Dorf kehrt Ruhe ein, die Menschen haben keine Angst mehr. Und die Kinder spielen nun mit Tikki. Sie lernen die Zeichensprache und formen die Worte deutlich mit ihren Lippen. Tikki ist jetzt einer von ihnen.

Ende des Märchens, aber noch nicht Ende von Tikkis Geschichten

Bürgerreporter:in:

Karola Wood aus Günzburg

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