Die Geschichte von Tom Blomefield und Tengenenge

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Tom Blomefield, Sohn einer Künstlerin und eines Möbelschreiners in Südafrika diente in den 40er Jahren bei der Navy, verdingte sich nach dem 2. Weltkrieg als Arbeiter im damaligen Rhodesien auf einer Tabakfarm in der Guruve-Region und heiratete schließlich die Schwester eines benachbarten Farmers. Mit dem Kauf von einem Stück Land 100 KM nördlich von Salisbury, dem heutigen Harare, begann schließlich die Geschichte von Tengenenge.

Blomefield sprach damals bereits – sehr ungewöhnlich für Weiße im damals von Rassentrennung geprägten Rhodesien – verschiedene afrikanische Sprachen und übernahm auch die Lebensweise und Gebräuche seiner schwarzen Farmarbeiter. Das erworbene Land nannte er damals Tengenenge, was in der Sprache der Chewa aus Malawi "Ursprung des Ursprungs" bedeutet.

Nachdem ein Zyklon das Land gefolgt von einer anhaltenden Dürreperiode heimsuchte, stand Blomefield mit seiner Farm kurz vor dem Ruin. Die Entdeckung und der Abbau von Chromvorräten auf seinem Farmgebiet retteten die Farm. Nach der einseitigen Unabhängigkeitserklärung Rhodesiens kamen die Farm und der Bergbau aufgrund des weltweiten Handelsembargos durch die UNO nach 1965 zum Erliegen. Seine Ersparnisse reichten nicht lange. Sowohl seine Familie als auch seine Farmarbeiter waren dadurch existenziell bedroht.

In dieser Zeit erinnerte er sich an die künstlerische Veranlagung die er von seiner Mutter geerbt hatte, setzte einen Jugendtraum um und beschäftigte sich mit der Bildhauerei. Der Künstler Crispen Chakanyuka machte ihn damals auf die reichen Vorkommen von Serpentin auf seinem Farmgebiet aufmerksam, einem harten, in vielen Farben vorkommenden Stein, der ideal zu Skulpturen verarbeitet werden kann.

Blomefield scharte verschiedene Künstler um sich, unter anderen stießen auch Barankinya Gosta, Wazi Maicolo und Bernard Matemera dazu. Die Werkzeuge zur Steinbearbeitung stellten die Künstler damals selbst her: Aus alten Landwirtschaftsmaschinen und sonstigen Eisenteilen. Seine Farmarbeiter sowie Menschen aus den umliegenden Farmen arbeiteten mehr und mehr an Skulpturen und bekamen dazu von Blomefield Werkzeug und Steine, Verpflegung und Unterkunft. Erste Erfolge stellten sich ein, nachdem die Arbeiten aus Tengenenge in der damals neu gebauten Nationalgalerie in Salisbury (Harare) ausgestellt wurden. Der Verkauf war so lange erfolgreich, bis unterschiedliche Auffassungen zum Bruch mit dem Direktor der National Galerie, Frank McEwen führten. Blomefield weigerte sich damals, weitere Werke dort auszustellen, um seine Künstler vor der formalen Bevormundung zu bewahren. Kunstinteressierte und Kunden kamen danach direkt nach Tengenenge, und Blomefield begann, selbst neue Märkte in Salisbury, Malawi und Mosambique zu erschließen.

Der Bruch mit McEwen und die Eigenwilligkeit Blomefields führten auch dazu, dass sich in Tengenenge eine eigene Bildhauerkultur in einer liberalen, fast anarchistischen Atmosphäre entwickelte und mehr und mehr Menschen ihr Talent unter Beweis stellen konnten. Mit dem Ausbruch der rhodesischen Befreiungskriege kam dann der Kunstabsatz allerdings fast zum Erliegen und bis Ende des Krieges hatten alle Künstler außer Josia Manzi und seiner Familie Tengenenge verlassen, Blomefield musste Tengenenge schließen.

Mit der Unabhängigkeit Simbabwes 1980 wagte der unermüdliche Blomefield sofort einen zweiten Anlauf, der sich anfangs sehr schwierig gestaltete, da einige Künstler der ersten Generation lieber unabhängig in Harare und nicht in der Kooperative arbeiten wollten. Aus der Not heraus wohnte Blomefield selbst mit den verbliebenen Künstlern in Tengenenge und bewegte u.a. Bernard Matemera, Makina Kameya und Wazi Maicolo zur Rückkehr. Langsam zogen wieder Leben und Optimismus in Tengenenge ein. Dabei blieben die Künstler in ihrer Lebensweise bescheiden, ein Lebensstil gepaart mit kreativem Können, was bald auch das Interesse ausländischer Museen weckte, die auf der Suche nach neuen Kunstformen waren. Das Bildhauerdorf Tengenenge wurde jetzt international bekannt. Die "Shona Skulptur" wurde als eigene und reinste Kunstentwicklung des 20. Jahrhunderts bezeichnet und Tengenenge als ein eigenständiger Bestandteil dieser Kunstrichtung.

Eine weitere Entwicklung Tengenenges ist besonders erwähnenswert. Blomefield verfügte auf seiner Farm über eine bunte Mischung von Menschen unterschiedlichster Herkunft und beschäftigte diese auch nach den Saisonarbeiten weiter. So lebten die Menschen unterschiedlichster Stämme und Nationen in gegenseitigem Respekt zusammen und bis heute hat sich die gewachsene Gemeinschaft eines traditionellen afrikanischen Dorfes erhalten. Dabei ist Tengenenge nach wie vor offen für Neuankömmlinge, die sich dort niederlassen wollen. Etablierte Künstler unterstützen talentierte Anfänger bis sich zeigt, ob diese eigenständig arbeiten können, denn eines der wenigen Gebote der Kooperative ist das absolute Kopierverbot.

Als einer der berühmtesten Künstler der ersten Generation Tengenenges hat es Bernard Matemera zu Weltruhm gebracht. Selbst das Museum Of Modern Art in New York verfügt über Skulpturen Matemeras. Ursprünglich wurden seine Arbeiten von McEwen, dem Direktor der National Galerie in Harare, abgelehnt. Nach Ausstellungen in Indien, den USA und Europa ziert heute als späte Genugtuung seine Skulptur "Man Changing into a Rhino" den Eingang der National Galerie in Harare. Für Tengenenge war Bernhard Matemera bis zu seinem Tod so etwas wie das Familienoberhaupt Tengenenges. Heute zählt man ihn zu den bedeutendsten Bildhauern des 20. Jahrhunderts.

Inzwischen gehören Computer, Internet, Telefon und Elektrizität auch in Tengenenge zur Selbstverständlichkeit. Doch seinen Charme hat dieses Dorf bis heute nicht verloren. Inzwischen arbeiten dort die Künstler der dritten Generation, weiterhin stehen hunderte von Kunstwerken auf einfachen Pfählen oder im Gras rund um die Lehmhütten, und im ganzen Dorf hört man fast nur Eines: Das Klingen der Meisel in Stein.

Tom Blomefield besuchte bereits mehrere Male den Kunst- und Kulturstandort Birkenried, wo durch das Engagement von Franz Ludwig Keck die Shona-Kunst aus Tengenenge seit 2004 einen außerordentlichen Stellenwert besitzt.

Bürgerreporter:in:

Bernhard Eber aus Günzburg

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