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Betreuungsgeld ist ein sozial- und gleichstellungspolitischer Rückschritt

„Um Wahlfreiheit zu anderen öffentlichen Angeboten und Leistungen zu ermöglichen, soll ab dem Jahr 2013 ein Betreuungsgeld in Höhe von 150,- Euro, gegebenenfalls als Gutschein, für Kinder unter drei Jahren als Bundesleistung eingeführt werden.“ (Koalitionsvertrag, Kapitel III Sozialer Fortschritt)
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Verbände sind sich einig, dass ein Betreuungsgeld grundsätzlich kontraproduktiv ist und fordern daher dessen Streichung aus den Planungen der Regierungskoalition.
1. Wahlfreiheit wird dadurch hergestellt, dass genügend qualitativ hochwertige und gebührenfreie bzw. kostengünstige Ganztagsbetreuungsplätze zur Verfügung stehen. Auch 2013 werden nach gegenwärtigem Stand des Ausbaus nicht ausreichend Kita-Plätze für Unter Dreijährige vorhanden sein. Insbesondere die Tagesbetreuung wird den Bedarf nicht decken.
2. Die Konzeption des Betreuungsgeldes verstößt gegen grundlegende Prinzipien der Elternautonomie: Eine Entscheidung, wie Eltern ihre Kinder betreuen, sollte nicht prämiert, honoriert oder bestraft werden. Genauso wenig darf der Staat über ein Gutscheinsystem andeuten, einkommensarme Eltern könnten nicht verantwortungsbewusst und im Interesse der Kinder haushalten.
3. Populistische Äußerungen in Bezug auf arme Familien mit und ohne Migrationshintergrund sind menschenfeindlich, negieren die Anstrengungen vieler Familien und verhindern deren Förderung und Integration umso mehr. Einflächendeckendes Angebot an Kita-Plätzen für alle Kinder sowie Angebote der Familienbildung sind der richtige Schritt auch zu mehr Bildungs- und Chancengerechtigkeit.
4. Das Betreuungsgeld setzt darüber hinaus auch für Frauen falsche Signale – nämlich nach der Geburt eines Kindes länger aus ihrer Erwerbstätigkeit auszusteigen. So verfestigen sich traditionelle Geschlechterrollen und der Wunsch der Familien auf eine gleichberechtigte Verteilung der Sorge- und Erziehungsaufgaben bleibt unberücksichtigt.
Das Betreuungsgeld widerspricht den Prinzipien einer modernen Gesellschaft in hohem Maße. Es konterkariert die gleichstellungspolitischen, sozialpolitischen und familienpolitischen Ziele, für die sich die Interessenvertretungen seit vielen Jahren einsetzen.
Der Ausbau der Kinderbetreuung muss höchste Priorität haben. Dabei geht es nicht nur um Plätze für unter Dreijährige, sondern auch um Ganztagsplätze für 3-6jährige Kinder, die vielerorts noch nicht vorhanden sind. Wir fordern die Bundesregierung auf, ihre Bemühungen darauf zu konzentrieren und das für das Betreuungsgeld vorgesehene Budget dafür zu verwenden.
Unterzeichnende Verbände:
Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V. (AKF)
Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF)
Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (BdWi)
Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen
Deutscher Frauenrat e.V.
DGB Bundesvorstand, Bereich Gleichstellungs- und Frauenpolitik
Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V.
Evangelische Aktionsgemeinschaft für Familienfragen e.V. (eaf)
Familienberatungszentrum Balance Berlin e.V.
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)
IG Metall Vorstand
pro familia Bundesverband e.V.
ver.di Bundesverwaltung, Bereich Frauen- und Gleichstellungspolitik
Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V (VAMV)
Verband binationaler Familien und Partnerschaften, (iaf) e.V.
Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF)

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1 Kommentar

>"sind sich einig, dass ein Betreuungsgeld grundsätzlich kontraproduktiv ist und fordern daher dessen Streichung"

Im Prinzip gibt es schon ein Betreuungsgeld - und zwar per Zuschüsse an die Anbieter für jene, die nicht selbst betreuen, sondern ihre Kinder weggeben in die Fremdbetreuung.

>"1. Wahlfreiheit wird dadurch hergestellt, dass genügend qualitativ hochwertige und gebührenfreie bzw. kostengünstige Ganztagsbetreuungsplätze zur Verfügung stehen"

Das ist doch keine Wahlfreiheit, wenn nur Fremdbetreuung unterstützt wird.

>"2. Die Konzeption des Betreuungsgeldes verstößt gegen grundlegende Prinzipien der Elternautonomie: Eine Entscheidung, wie Eltern ihre Kinder betreuen, sollte nicht prämiert, honoriert oder bestraft werden.

Aber es wird doch schon prämiert - und zwar das Weggeben der Kinder in die Fremdbetreuung durch die 3- bis 4-stelligen Zuschüsse an die Anbieter (plus demnächst Gebühren, wenn die auch noch übernommen werden).

>"4. Das Betreuungsgeld setzt darüber hinaus auch für Frauen falsche Signale – nämlich nach der Geburt eines Kindes länger aus ihrer Erwerbstätigkeit auszusteigen. So verfestigen sich traditionelle Geschlechterrollen und der Wunsch der Familien auf eine gleichberechtigte Verteilung der Sorge- und Erziehungsaufgaben bleibt unberücksichtigt."

Wer so argumentiert, steckt anscheinend selbst noch in den 50ern. Heutzutage hält niemand eine Frau davon ab, nach der Geburt eines Kindes wieder zu arbeiten, denn auf das Kind kann auch der Vater aufpassen.

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