MARTERIA Zurück in die Zukunft II-Marteria kommt am 22. November in die Ratiopharm Arena Neu-Ulm-Tickets ab sofort im Vorverkauf
Gold für »Zum Glück in die Zukunft«. Platin für »Lila Wolken«. Marteria gehört ohne jeden Zweifel zu den erfolgreichsten Künstlern der deutschsprachigen Musikwelt, vor allem jedoch zu den entscheidenden Vorreitern und Impulsgebern des aktuellen HipHop-Booms. Dreieinhalb Jahre nach dem hochdekorierten Erstling ist der Rostocker nun mit dem Nachfolger »Zum Glück in die Zukunft II« zurück: Angriffslustig und nachdenklich, humorvoll und melancholisch, provokant und manchmal beinahe schmerzhaft direkt. Ein visionäres Album, das von Lebensentwürfen und Lebensbewältigung handelt, von der Revolution und vom Reisen, vom Erwachsenwerden und davon, auf ewig Kind zu bleiben. Es ist größer als HipHop.
Marteria kommt am 22. November um 20 Uhr in die Neu- Ulmer Ratiopharm Arena. Tickets gibt es ab sofort im Vorverkauf
Wenn man Marteria kennt, dann weiß man, dass er bestimmte Lieblingswörter hat, die er vielseitig einsetzt. Einer dieser omnipotenten Begriffe ist der »Vibe«. »Zum Glück in die Zukunft II« ist eine Platte, die diese diffuse Qualität in jeder Minute verkörpert. Wo andere Rapper die Stadion- Opulenz für ihr Genre entdecken, lässt Marteria mutigen Minimalismus walten. Die Musik dieser Platte besinnt sich auf die Wurzeln. Kopfnicker-Beats und knusprige Dilla-Drums, brachiale Basslines und ganz viel Atmosphäre: Klagende Vokalfetzen, Maschinengeräusche und warme Rhodes, analoges Geblubber und digitale Analogien, Sirenen, Synthies und 808-Gedonner.
Gleichzeitig ist es eine textlastige Platte, ein Album zum bewussten Anhören, zum darin Versinken. Kopfhörermusik. Neben der melancholischen, beinahe düsteren Seite hat »Zum Glück in die Zukunft II« auch eine aggressive, aufrührerische Ebene. »Bengalische Tiger« klingt, als tanzten Timbaland, M.I.A. und El-P in der Wüste um den »Burning Man« herum. Diese bedrohliche Energie kommt von den Erfahrungen, die Marteria auf seinen Reisen der letzten Jahre machte. »Das Thema der Platte ist die Welt«, sagt er. »Seit das letzte Album draußen ist, sind wir gereist.« Auf diesen Reisen sind natürlich Songs entstanden, zum Beispiel als Marteria zusammen mit seinem Musikerkollegen Maeckes für die gemeinnützige Organisation Viva Con Agua e.V. in Uganda war. Oder als er mit den Toten Hosen in Argentinien war, um an deren letzten Album »Ballast der Republik« mitzuarbeiten. Hier hat Marteria auch eigene Songs geschrieben wie »Welt der Wunder«, einer Ode an die ewige Neugier der rastlos Suchenden: »Wir leben auf einem blauen Planet, der sich um einen Feuerball dreht/mit einem Mond, der die Meere bewegt/und du glaubst nicht an Wunder? « Von Südamerika über Alaska bis in den Himalaya, von Chile über Island nach Ostafrika sind Marteria und sein Fotograf und Seelenverwandter Paul Ripke gereist. Die beiden Freunde sammeln »Länderpunkte«: Für jede Nation, in der man zumindest einmal übernachtet hat, bekommt man einen Punkt. Marteria hat bislang 41
Die Außenperspektive verleiht ihm die Möglichkeit der Draufsicht. In »OMG!« singt Marteria, er sehe Gangster wie Emos auf der Suche nach Sinn — ein offensiver Kommentar zum hiesigen Szene- Geschehen, aber auch eine breitbeinige Feststellung, aus der eine eigene Positionierung folgen muss. »Politik ist wichtig«, findet er. »Die Realität besteht eben nicht nur aus Abfeierei im Club. Auf der Welt passiert so viel Scheiße, und die Leute lassen sich nicht alles gefallen. Irgendwann kommt das auch bei uns an, was man gerade in Griechenland, Spanien oder Brasilien sieht. Wir sind nicht sicher.«
Als der erste Teil der Sciene- Fiction-Komödie »Zurück in die Zukunft « mit Michael J. Fox erschien, war Marten Laciny gerade einmal drei Jahre alt. Kein Wunder, dass er den Nachfolger aus dem Jahr 1989 immer lieber mochte, immerhin ging er da schon zur Schule. Wir wollen die ewige Geschichte vom Ex-U17-Nationalspieler, Ex-Model und Ex-Schauspielschüler an dieser Stelle nicht noch einmal herunterbeten. Eines impliziert sein sprunghafter Lebensweg jedenfalls eindeutig: Der sichere Weg kam für ihn nie in Frage. Auch musikalisch sucht er auf »Zum Glück in die Zukunft II« einmal mehr den Pfad der Innovation. In einer Tradition mit den großen Erneuerern des Genres von Outkast über Kanye West bis Kendrick Lamar bricht er traditionelle Songstrukturen zugunsten aufwändiger Arrangements auf. Stets passiert irgendwo noch was, manchmal einiges, manchmal alles.
Natürlich ist »Zum Glück in die Zukunft II« trotzdem keine verkopfte Kunstplatte geworden. Dafür liebt Marteria den Pop zu sehr. Aber er verpasst bewährten Rezepten ein raffiniertes Update: So ist die Single »Kids (2 Finger an den Kopf)« die Hymne die alternde Generation Easy-jet, die er mit Hymnen wie »Verstrahlt« oder »Lila Wolken« porträtiert und begleitet hat wie kein anderer Künstler. Nur hat 2014 keiner mehr Bock zu kiffen und zu saufen, alle ziehen aufs Land, machen .
Urlaub in Schweden,essen Salat und haben Jobs. Am anderen Ende des Spektrums steht das selbstzerstörerische Trinklied »Die Nacht ist mit mir«, das treffsicher den tragischen Moment auf der Party einfängt, wenn alle gegangen sind und man sich in Selbstmitleid suhlt, bis es hell wird. Zum Schluss stimmt Campino in den tragischen Chor mit ein: »Jeder Schluck macht Glück, Glück, Glück.«
Persönliche Momente und politische Anliegen teilt man nicht mit entfernten Bekannten, sondern mit echten Freunden. Zu Gast sind neben Campino daher auch Yasha und Miss Platnum, welche längst zur erweiterten Familie gehören, genau wie The Krauts, die »Zum Glück in die Zukunft II« wie den Vorgänger komplett produziert haben. Natürlich taucht auch Marterias grüner Zwillingsbruder Marsimoto kurz auf, um Anarchie und Chaos zu verbreiten. Marsis Vorbild Quasimoto rappte einst in
Gedenken an Sun Ra: »Today is the shadow of tomorrow / today is the present future of yesterday.«
»Zum Glück in die Zukunft II« ist die Gegenwart gewordene Zukunft des Gestern.
Dieses Album bedeutet keinen Rückzug in die Provinz, keine Verklärung der eigenen Jugend, keine Glorifizierung von Unbekümmertheit und Eskapismus. Stattdessen: Ein reifes, progressives Statement
eines HipHop-Künstlers mit der Welt im Blick und dem Finger am Abzug
Bürgerreporter:in:Thomas Rank aus Günzburg |
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