„Für eine gute Pointe riskiere ich viel“ - Ein Interview mit Comedian Oliver Pocher

Oliver Pocher lieferte in Günzburg eine spektakuläre Bühnenshow.
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günzburger: Herr Pocher, Ihr aktuelles Programm trägt den Titel „It‘s my Life - Aus dem Leben eines B-Promis“. Was zeichnet einen echten B-Promi aus? Und vor allem: Was grenzt ihn vom A- bzw. C-Promi ab?
Oliver Pocher: Darüber habe ich mir ehrlich gesagt keine großen Gedanken gemacht. Natürlich habe ich etwas tief gestapelt. Das hat den Vorteil, dass man nicht so tief fallen kann. Promi wird ja mittlerweile jeder, der seine „Fresse“ in die Kamera halten kann. Viel muss man nicht können.
günzburger: Sie kommen ursprünglich aus dem Versicherungswesen und schlossen eine Lehre bei der Signal Iduna-Versicherungsgruppe erfolgreich ab. Inwieweit konnten Ihnen die dort gesammelten Erfahrungen bei der späteren Comedy-Karriere hilfreich sein?
Oliver Pocher: Versicherungswesen ist Comedy pur. Man lernt, den Leuten Sachen anzudrehen, die sie eigentlich gar nicht benötigen, die aber einfach Spaß machen. Dasselbe Prinzip gilt für die Comedy.
günzburger: Wann haben Sie zum ersten Mal festgestellt, dass Leute über Ihre Witze lachen können? Gab es da eine Initialzündung?
Oliver Pocher: Ein Schlüsselerlebnis im engeren Sinne gab es nicht. Ich war aber immer der klassische Klassenkasper. Ich merkte zügig, dass es gut in der Klasse ankommt, wenn man einen lustigen Spruch parat hat. Dieser Faden hat sich durch mein ganzes Leben gezogen.
günzburger: Können Sie uns Ihr Humorverständnis etwas genauer beschreiben? Ist auf der Bühne alles erlaubt, also auch Witze über Homosexuelle, Ausländer oder Juden?
Oliver Pocher (lacht): Wenn Sie in Frankfurt oder Köln auftreten, dann gelten diese Gesetzmäßigkeiten schon nicht mehr. Dort sind die Schwulen keine Randgruppe, sondern stellen die Bevölkerungsmehrheit. Als Heterosexueller sind Sie eher in der Minderheit.
günzburger: Und wie sieht es mit Witzen über Juden aus?
Oliver Pocher: Solche Witze sind aufgrund unserer Vergangenheit problematisch. Davon würde ich die Finger lassen. In Amerika machen dagegen die Juden über sich selbst Witze. Dumme Sprüche über Konzentrationslager verbieten sich.
günzburger: Gibt es für Sie einen prominenten Lehrmeister bzw. ein Vorbild in Sachen Humor? Zu denken wäre an Harald Schmidt oder Hape Kerkeling!
Oliver Pocher: Am Ende des Tages ist entscheidend, was man selbst auf die Beine gestellt hat. Natürlich sehe ich mir die Programme anderer Kollegen gerne an. Auf der anderen Seite glaube ich, dass es mir gelungen ist, einen eigenen, unverwechselbaren Stil zu prägen. Das Publikum sollte die einzelnen Künstler schon noch unterscheiden können und nicht einfach sagen: „Oh, der ist ja genauso wie Raab oder Kerkeling.“
günzburger: Ein Comedian lebt im Wesentlichen von seiner Schlagfertigkeit und Spontaneität. Die Pointen entstehen häufig aus der Situation heraus. Gibt esim Gehirn so etwas wie einen Filter, der allzu derbe Zoten sozusagen in letzter Sekunde aussondert? Oder verliert man an Schlagfertigkeit und Schärfe, wenn man allzu lange über Pointen nachdenkt?
Oliver Pocher: Auf der Bühne lässt man den Filter mal weg. Wenn man im Fernsehen auftritt, verhält sich die Sachlage schon ein wenig anders. Dort überlegt man etwas länger und bedenkt die mögliche Außenwirkung seiner Aussagen. Aber selbst beim Medium Fernsehen ist der Filter nicht allzu groß. Für eine gute Pointe riskiere ich viel.
günzburger: Ihr Auftritt in der Late Night Show „Gottschalk & Friends“ sorgte für Furore. Weltstar Mariah Carey begrüßten Sie mit der Frage „Was heißt Presswurst auf Englisch?“ In der Fernsehsendung „Wetten dass...?“ rieten Sie einer Frau zu einer Schönheitsoperation. Bereut man im Nachhinein den einen oder anderen Ausspruch bei ruhigerer Überlegung?
Oliver Pocher: Eigentlich nicht. Ich stehe zu meinen Aussprüchen. Wenn Leute meinen Humor nicht mögen, dann haben Sie die Möglichkeit, mich zu verklagen. Es geht mir aber nicht darum, mutwillig irgendwelche Leute zu verletzen. In98 Prozent der Fälle kann ich mich am Ende des Tages mit meinen „Opfern“ zusammensetzen und über die Gags lachen. Ich muss ja auch viel einstecken. Das gehört zum Geschäft. Man muss Souveränität entwickeln.
günzburger: Die klassischen politischen Kabarettisten wie Bruno Jonas, Mathias Richling oder Frank-Markus Barwasser werfen den Vertretern der Comedy-Zunft häufig vor, dass die Comedians mit ihren Programmen zu einer inhaltlichen Verflachung beitragen. Was halten Sie derartigen kritischen Einwänden entgegen?
Oliver Pocher: Es wird immer Kabarettisten geben, die mit ihren Programmen eher ein elitäres Publikum ansprechen und Comedians, die mehr auf den breiten Publikumsgeschmack zielen. Ich kann gut damit leben, dass ich die breite Masse bediene. Die aktuelle politische Situation ist aus meiner Sicht aber auch wenig ergiebig. Ab und zu streife ich natürlich ein politisches Thema. Mein Metier ist aber eher die boulevardeske Aufbereitung der Themen.

Interview: Joachim Meyer
Bilder: Bernd Aue

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Joachim Meyer aus Friedberg

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