Erlebnisse von Reinecke Fuchs (3)

Es ist wieder Frühling im Reich der Füchse. Die Tage werden länger und die Nächte kürzer. Jeden Tag dauert es ein bisschen länger, bis es dunkel wird. Füchse jagen in der Nacht, im Schutze der Dämmerung. Warum eigentlich?

Die schlauen Füchse wissen, dass ihre gefährlichsten Feinde die Menschen sind. Von den Tieren des Waldes geht kaum eine Gefahr aus, na ja, höchstens von den eigenen Artgenossen, die ihr Revier, ihre Nahrung und ihre Weibchen gegen andere Füchse verteidigen. Aber das ist nicht weiters schlimm, wenn es darum geht, eine hübsche Füchsin zu erobern, ist Herr Fuchs bisher noch immer eine List eingefallen, wie er das ohne große Auseinandersetzung hinbekommt.

Aber die Menschen, sie sind unberechenbar. Manche von ihnen erfinden die schlimmsten Horrorgeschichten über die Gefährlichkeit der Füchse. Immer, wenn irgendwo ein Huhn aus dem Stall verschwunden ist, wird das den Füchsen angelastet. Dabei sind es häufig die Iltisse oder die Marder, die durch die offene Hühnerklappe in den Stall eindringen und dann leichte Beute finden. Oder die Menschen vergessen ganz einfach, den Hasenstall zuzuschließen. Wenn dann die Kaninchen ausreisen und nicht mehr zurückkommen, dann wird die eigene Schlamperei wieder mal den Füchsen in die Schuhe geschoben.

In letzter Zeit – so hat Herr Fuchs gehört – sind die Menschen auch noch in Sorge wegen all der Krankheiten, welche von Füchsen verbreitet werden. Tollwut und Fuchsbandwurm werden dabei immer wieder benannt. Ob diese Sorge wohl begründet ist? Reineke kennt die Geschichten von der Tollwut nur aus den Erzählungen von Opa Fuchs. Er selbst ist noch nie einem tollwütigen Fuchs begegnet. Aber die Menschen sind immer noch sehr beunruhigt. Sobald ein Fuchs in der Nähe des Dorfes gesehen wird, glauben die Menschen, dass er Tollwut und deshalb seine Scheu verloren hat. Jedes Mal kommen dann unzählige Jäger mit ihren Gewehren hinaus in den Wald, um möglichst alle Füchse zu erschießen. Herr Fuchs hat so schon viele seiner Freunde verloren.

Reineke weiß das alles und er ist sehr auf den Hut. Um möglichst nicht in Gefahr zu geraten, verlässt er den schützenden Wald erst, wenn es dunkel wird. Da wird es draußen ruhiger, die Jogger und die Spaziergänger sind schon zu Bett gegangen und so ist Reineke den Menschen bisher weitgehend aus dem Weg gegangen.

Nun ist gerade die Sonne untergegangen, der Mond scheint schwach und Reineke beschließt, sich schon ein bisschen früher als sonst bereits im Schutze der Dämmerung an seine Beutetiere heranzupirschen. Wie er da so am Waldrand entlang schleicht, nimmt seine feine Nase zunächst ganz vage den Geruch von vergammeltem Fleisch und Verwesung wahr. Ja, liegt da vielleicht ein totes Tier? Das wäre ja ein gefundenes Fressen, ganz ohne die Mühe der Jagd. Vorsichtig geht Herr Fuchs der Geruchsquelle nach. Solange der Geruch immer stärker wird, ist er auf dem richtigen Weg.

Was Herr Fuchs dann entdeckt, ist höchst seltsam. Der Geruch kommt aus einem Rohr, das schräg im Boden steckt. Ob da ein Tier hineingefallen und nicht mehr herausgekommen ist? O Gott, wie schrecklich, denkt Herr Fuchs und es überkommt ihn ein mulmiges Gefühl, denn er kann nicht erschnuppern, um welches Tier es sich dabei handeln könnte. Immer wieder steckt er seine Nase ins Rohr, aber er kann riechen und sich anstrengen so viel er will: diesen Geruch kennt Reineke nicht.
Schon überlegt Herr Fuchs, ob er nicht doch lieber einen Hasen jagen oder nach einem frisch geborenen Tier suchen soll. Gestern erst hat er das schwache Fiepen eines Rehkitzes gehört. Die jungen Tiere können ja noch kaum laufen und sind von daher eine leichte Beute. Allerdings riechen sie nach nichts und werden von ihren Müttern meist im hohen Gras abgelegt, so dass er sie auch nicht sehen kann. Da müsste er die weiblichen Rehe beobachten, wenn sie zu ihren Jungen gehen, um sie zu säugen. Aber die Geisen sind sehr vorsichtig und achten darauf nicht gesehen zu werden.

Aber da knurrt sein Magen und Herr Fuchs wird sich bewusst, dass er großen Hunger hat. Die letzte Nacht hat er auch nur ein paar Mäuse gefangen und die Winzlinge machen – ehrlich gesagt – nicht wirklich satt. Den ganzen Tag schon war er hungrig. Wenn er jetzt weggeht und dann doch keine Beute erlegt, hat vielleicht ein anderer Fuchs schon das Fressen aus dem Rohr geholt. Ach was, denkt er, was ich gefressen habe, kann mir keiner wegnehmen. Jagen kann ich danach immer noch.

Mutig – aber doch vorsichtig - greift er mit seiner Pfote in das Rohr und er ertastet tatsächlich weiches Fleisch. Nun muss er es nur noch herausziehen. Leider ist das nicht so einfach, denn irgendwie klemmt es. Herr Fuchs greift tiefer hinein, damit er es besser fassen und dann herausscharren kann. Plötzlich ertönt ein scharfes Klack und gleichzeitig verspürt Reineke einen unsagbaren stechenden Schmerz in seiner Pfote. Vor Schmerz jault er hellauf und schnell will er die Pfote aus dem Rohr ziehen, doch das ist unmöglich. Er steckt fest: Nun ist er in die Schlagfalle des Jägers getappt und die Falle ist zugeschnappt. Der Schmerz raubt ihn die Sinne.

Was jetzt mit Herr Fuchs passiert, erfahren Sie demnächst.

Bürgerreporter:in:

Angelika Böck aus Günzburg

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