„Die Stadt Günzburg ist sich ihrer Vorbildrolle bewusst“ - Interview mit Stadtbaumeister Georg Dietze über die Bauprojekte 2013 in Günzburg

Stadtbaumeister Georg Dietze bei der Eröffnung der Wanderausstellung „Modernisieren und Sparen“ der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern zur Bayerischen Klimawoche mit der städtischen Umweltbeauftragten Christine Hengeler (Foto: Stadt Günzburg)
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  • Stadtbaumeister Georg Dietze bei der Eröffnung der Wanderausstellung „Modernisieren und Sparen“ der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern zur Bayerischen Klimawoche mit der städtischen Umweltbeauftragten Christine Hengeler (Foto: Stadt Günzburg)
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mh bayern: Herr Dietze, das Günzburger Stadtbild hat sich in den vergangenen Monaten sichtbar verändert. Welche Projekte hat das Bauamt realisiert und was war deren Intention?

Georg Dietze: Ein entscheidendes Projekt im Jahr 2013 waren die Umbaumaßnahmen in der Ulmer Straße. Nachdem die B 10 in diesem Bereich zu einer Gemeindestraße abgestuft worden war, passten Erscheinungsbild und Straßenverlauf nicht mehr zum Charakter einer innerstädtischen Ortseingangsstraße. Unser Ziel war es, die Geschwindigkeit zu verringern, die Sicherheit für Fußgänger und Radler zu erhöhen und die Aufenthaltsqualität zu verbessern. Dazu errichteten wir zwei Querungshilfen mit Verkehrsinseln und verengten die Fahrbahn. Radler erhielten einen 1,50 Meter breiten Fahrstreifen und beide Seiten der Ulmer Straße wurden mit Bäumen bepflanzt.

mh bayern: Auch der Turniergarten zwischen der Ichenhauser Straße und dem Schloss wurde komplett umgestaltet. Wozu?

Georg Dietze: Ziel war die Hangleite der Günz zur Altstadt hin barrierefrei zu überwinden. Rollstuhlfahrer und Eltern mit Kinderwägen, die von den Parkplätzen an der Ichenhauser Straße in die Innenstadt wollten, hatten bislang umständlich den Stadtberg nutzen müssen. Die Entfernung war jedoch größer und der Weg durch das starke Gefälle auch nicht barrierefrei. Über die neu angelegten serpentinenartigen Wege können sowohl Radfahrer als auch Menschen mit Rollatoren, Rollstühlen oder Kinderwägen barrierefrei in die Altstadt gelangen. Dank Begrünung und zahlreichen Sitzmöglichkeiten haben wir einen Ort mit Aufenthaltsqualität geschaffen, der die Unterstadt und die Günzaue von Westen her über den Werkkanal mit der Oberstadt verbindet. Wir hoffen, dass wir nach der angekündigten Sanierung des Finanzamtes die weiteren Flächen des Turniergartens auch hochwertig umgestalten können.

mh bayern: Die Verzahnung von Ober- und Unterstadt spielt auch bei der Wiederbebauung des Lutz-Areals eine Rolle.

Georg Dietze: Ja, gerade deshalb ist die Gewerbebrache von so großer städtebaulicher Bedeutung. Das Lutz-Areal ist ein Schlüsselgrundstück für die Stadtentwicklung. Darum war es wichtig, einen geeigneten Investor zu finden. In enger Kooperation mit dem Bauträger wollen wir eine attraktive, altstadtgerechte und städtebaulich integrierte Bebauung erreichen. Uns war wichtig, dass der Bauherr bei den Maßnahmen nicht nur auf eine hohe architektonische Qualität achtet, sondern auch auf eine optimale Integrierung des Gebäudebestands. Mit Ärztehaus, Betreutem Wohnen und einer öffentlichen Tiefgarage mit öffentlichem Aufzug zum Podest des Lutzhauses entsteht hier ein komplexes Innenstadtquartier, das unsere Innenstadt nachhaltig stärkt.

mh bayern: Seit diesem Jahr hat Günzburg ein integriertes Klimaschutzkonzept. Was sieht es vor?

Georg Dietze: Die Kommunen spielen bei der Energiewende eine entscheidende Rolle und auch die Stadt Günzburg ist sich ihrer Vorbildrolle bewusst. Mit dem Klimaschutzkonzept stellen wir die Weichen für ein umfangreiches Maßnahmenpaket zum Klimaschutz. Die wesentlichen Bestandteile dieses Konzeptes sind eine quantitative Energie- und CO2-Bilanz, eine Potenzialermittlung für die Bereiche Energieeffizienz und erneuerbare Energien, die Formulierung von Leitzielen sowie ein handlungsorientierter Maßnahmenkatalog.

mh bayern: Was haben Sie bislang unternommen, um diese Ziele zu erreichen?

Georg Dietze: Ein Team aus Mitgliedern des Stadtrats, der Verwaltung, der Wirtschaft, des Bezirkskrankenhauses, der Stadtbau Günzburg GmbH und den Stadtwerken sowie aus Experten des Energie- und Umweltzentrums Allgäu (eza) hat bereits mögliche Maßnahmen und Projekte diskutiert. Dabei kamen insbesondere Projektideen in den Bereichen Mobilität, Erneuerbare Energien, Energieeffizienz sowie Bauen und Sanieren zur Sprache. Ein Vorschlag war etwa, ein Energiemanagementsystem einzuführen, um so langfristig Ressourcen zu schonen und dadurch die Energiekosten zu senken. Außerdem beabsichtigen wir, im kommenden Jahr einen Klimamanager einzustellen, der sich federführend um die Umsetzung kümmert, Aktionen startet und Projekte zum Laufen bringt. All diese Maßnahmen werden in enger Abstimmung mit dem Landkreis erfolgen.

mh bayern: Welchen Beitrag leistet die Stadt noch zum Klimaschutz?

Georg Dietze: Bereits heute baut die Große Kreisstadt öffentliche Gebäude ausnahmslos im Passivhausstandard und nimmt bei bestehenden Gebäuden wie Schulen und Kindergärten energetische Sanierungen vor. Auch mit der energetischen Modernisierung unserer Stadtbau-Wohnungen (mittlerweile 37 Prozent) und dem Umstieg auf 100 Prozent zertifiziertem Ökostrom für öffentliche Gebäude leisten Stadt und Stadtbau einen Beitrag zur nachhaltigen Energiereduzierung und -erzeugung in Günzburg.

mh bayern: Auch im Bereich Einzelhandel hat sich einiges getan, oder?

Georg Dietze: In den vergangenen Monaten wurde in mehreren Workshops unter Beteiligung des innerstädtischen Handels, der Wirtschaftsvereinigung und des Stadtrates sowie der Verwaltung ein städtebauliches Entwicklungskonzept mit Innenstadt-, Einzelhandels- und Parkraumkonzept erarbeitet.

mh bayern: Was bezwecken Sie mit diesem Konzept?

Georg Dietze: Dieses Konzept fungiert als strategischer Handlungsrahmen für die Entwicklung der Günzburger Innenstadt. Es dient als planerische Grundlage für die Innenstadtentwicklung in Bezug auf Verfahren der Stadtsanierung, der Bauleitplanung sowie der Städtebauförderung. Durch die von der Stadtverwaltung beantragte Aufnahme in ein neues Altstadtförderprogramm mit dem Titel „Leben findet Innenstadt“ haben wir die Chance, mit staatlichen Mitteln die erfolgreiche Wirtschaftsförderung und Innenstadtentwicklung der Stadt Günzburg durch eine Fachstelle zu unterstützen, durch die auch Citymanagement erfolgen kann. Vor wenigen Wochen hat hierzu Frau Merx von der Firma Imakomm ihre Tätigkeit vor Ort begonnen.

mh bayern: Welche Projekte stehen für 2014 an?

Georg Dietze: Ein aus stadtplanerischer Sicht wichtiges Projekt ist ohne Frage die Wiederherstellung der sogenannten städtischen „Anlagen“ im Bereich der Reisensburger Straße/Dillinger Straße Im Laufe von Jahrzehnten wurden kaum Pflegearbeiten an diesem ehemaligen Bürgerpark durchgeführt, was in der Konsequenz zu einem wenig attraktiven Erscheinungsbild führte. Das soll sich in den kommenden Monaten ändern.

mh bayern: Einzelne Wege sind derzeit nur noch schwer zugänglich, Sitzgelegenheiten wenig attraktiv. Wann sollen die Arbeiten denn beginnen?

Georg Dietze: Sie haben bereits begonnen. Anfang Dezember haben wir den Bereich rund um den Wegestern ausgelichtet. Dort hatten in den vergangenen Jahrzehnten Bäume und Sträucher die Oberhand gewonnen. Jetzt wurden sie zurückgeschnitten beziehungsweise – wo erforderlich – gefällt. Ziel war es, den Wald innerhalb des Ovals dieses Wegesterns auf einen hainartigen Bestand zurückzuführen. Im kommenden Frühjahr werden wir dann die Wege rund um den Wegestern herstellen und Neubepflanzungen vornehmen. Pünktlich zum 200. Geburtstag des Parks soll er wieder an seine Prachtzeiten als Landschaftspark erinnern.

mh bayern: Was wird das alles kosten?

Georg Dietze: Für das Projekt, das die regionale Entwicklungsstrategie „Schwäbisches Donautal“ unterstützt, gibt es eine Förderung durch das Leader-Programm der Europäischen Union in Höhe von 150.000 Euro. Weitere Zuschüsse haben wir bei der Landesstiftung, dem Landesamt für Denkmalpflege, dem Bezirk Schwaben und dem Landkreis Günzburg beantragt. Durch diese Fördermittel werden wir in der Lage sein, unseren Bürgerpark auf Vordermann zu bringen, um ihn wieder der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus arbeiten wir mit Sponsoren an der Wiederherstellung des sogenannten Hexenhäusles zu einem attraktiven Parkpavillon sowie an der Sanierung des Löwenbrunnens. Wir hoffen, dass sich noch viele Bürger als Baum- oder Parkbankspender engagieren. Auf unserer Internetseite können Sie sich hierzu informieren.

mh bayern: Wir danken für das Interview!

Die Fragen stellte Tamara Kögel, Redaktion mh bayern.

myheimat-Team:

Tanja Wurster aus Augsburg

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