Barocke Klänge im Parktheater
Hofkapelle München gastiert für einen Abend voll "Feuer und Flamme"
Wer ein wenig nach der Hofkapelle München googelt, stößt alsbald auf eine Menge Lobeshymnen. Da ist zu lesen, das Ensemble sei "weich, geschmeidig, federnd" (Kölner Stadtanzeigen). Oder auch "ohne alle exaltierte Theatralisierung", dadurch finde sie zu einem "meditierenden, dadurch umso tiefer greifenden Zugang (Süddeutsche Zeitung). Man möchte ja gerne etwas kritisches, ernstzunehmendes entgegensetzen, weil bloßes Lob nun mal übertrieben schmeichelnd klingt. Dennoch fiel es schwer, bei der Sommerserenade "Feuer und Flamme" im Gögginger Parktheater das Haar in der Suppe zu finden.
Die Streicher fanden schnell zu einem einnehmenden Gleichklang mit den übrigen Instrumenten, das Tempo blieb gewahrt, wirkte fast modern, und dennoch verfremdeten Künstlerischer Leiter Rüdiger Lotter und seine Instrumentalisten die historischen Stücke keineswegs. Gegeben wurde Vertrautes wie weniger Bekanntes; so gab Haydns "Feuersinfonie" den Startschuss. Dieses Stück hatte der Schöpfer der weltberühmten "Schöpfung" 1768 während seiner Anstellung beim prominenten Fürsten Nikolaus Esterhazy komponiert. Dynamische Gegensätze prägen vor allem den ersten Satz des Werks - was von der Münchner Hofkapelle in ansprechender Weise herausgearbeitet wurde. Dabei zeigte sich Leiter Lotter stets in Harmonie mit seinem Ensemble, das er zugleich anspornte wie auch permanent zu einer musikalischen Einheit fügte. Zwischendurch gab der Chef am Dirigentenpult kleine Einführungen ans Publikum, um sich dann wieder in engagierter Weise den Wellen der Musik zu widmen.
Wer vom Wirken Joseph Haydns nicht genug bekommen konnte, durfte sich auf die Produktion nach der Pause freuen. Dann erklang nämlich dessen Sinfonie in fis-moll Nr. 45 “Abschiedssinfonie”, die den Schlusspunkt des Abends bilden sollte. Dazwischen kamen die zahlreichen Freunde Mozarts auf ihre Kosten, denn die ganz in vornehmes Schwarz gekleideten Musiker präsentierten dessen Adagio für Violine und Orchester, KV 207. Nicht jeder kennt diese Stücke aus dem klassischen Repertoire, dennoch konnte man erkennen, dass das Publikum fasziniert lauschte. Nur eine kleine Bemerkung kam von der Dame vor mir in der Reihe, welche meinte, an bestimmten Stellen würden die Streicher etwas pauschal über die Saiten huschen statt die Note voll auszuspielen. Vielleicht können Experten für Orchester sich dazu genauer äußern, für gewöhnliche Ohren war nur ein wohltuendes Klangbad festzustellen.
Vom ziemlich unbekannten Luigi Boccherini stammte die Sinfonie in d-moll, Op. 12, Nr. 4: “La Casa del Diavolo”. Das Haus des Teufels also, wie der Vorstand der Hofkapelle freundlich aus dem Italienischen übersetzte. Der in Lucca geborene Komponist des 18. Jahrhunderts lebte lange Zeit und bis zu seinem Tod im Jahr 1805 in Spanien. Vor allem Streicher haben seinem breit gefächerten musikalischen Wirken viel zu danken - wenn der Ton bei Boccherini auch häufig etwas gedämpfter ist. Eigentlich nichts für einen Abend, der dem Feuer gewidmet ist. Doch das Ensemble aus München schafft es, dem barocken Werk Seele und Anmut zu verleihen. Wo es sein muss, greift Meister Lotter selbst zur Violine und ergänzt seine Mannschaft. Zu der erfreulich viele Frauen gehören, etwa die erste Violinistin.
Einen kleinen Streich mit dem Publikum erlaubte sich das Gast-Orchester gegen Ende der Darbietung, an welcher auch Stipendiaten der Leopold-Mozart-Akademie Augsburg teilnahmen. So verließ während der "Abschiedssinfonie" plötzlich ein Musiker nach dem anderen die Bühne, bis nur noch zwei Streicher um die Wette auf ihren Geigen spielten. Nach einigen Minuten kehrten die Abtrünnigen jedoch glücklicherweise zurück, und das Publikum konnte sich über eine Zugabe freuen.
Insgesamt ein Abend, der bewegt und im Gedächtnis bleibt. Und dem man durchaus noch mehr Zuhörer und Zuschauer gewünscht hätte, als sich schließlich tatsächlich im Parktheater versammelt haben. Vielleicht lag es an dem lauen Sonntagabend, den wohl viele draußen bei einem kühlen Glas genossen haben. Wer stattdessen der Hofkapelle München gelauscht hat, konnte sich über einen erfrischenden Abstecher in die Welt der klassischen europäischen Musik freuen.
Bürgerreporter:in:Dr. Daniela Egert |
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