myheimat.de setzt auf dieser Seite ggf. Cookies, um Ihren Besuch noch angenehmer zu gestalten. Mit der Nutzung der AMP-Seite stimmen Sie der Verwendung von notwendigen und funktionalen Cookies gemäß unserer Richtlinie zu. Sie befinden sich auf einer sogenannten AMP-Seite von myheimat.de, die für Mobilgeräte optimiert ist und möglicherweise nicht von unseren Servern, sondern direkt aus dem Zwischenspeicher von Drittanbietern, wie z.B. Google ausgeliefert wird. Bei Aufrufen aus dem Zwischenspeicher von Drittanbietern haben wir keinen Einfluss auf die Datenverarbeitung durch diese.

Weitere Informationen

Pfingsten 2012 – TransBorderLes lud zu buntem Programm

EK Hallo, Herr van Herste! Programm beendet?

vH Hallo, Frau Keller! Ja, wir hatten wieder vier Tage Spaß.

EK Was stand denn diesmal auf Ihrem Zettel?

vH Am Freitag hatte Michaela Main eingeladen. Sie stand höchst selbst am Grill, um uns mit Bratwurst und Krakauer zu verköstigen. Frau Stankuse war für den frischen Salat zuständig. Anschließend stellte ich die Neuankömmlinge vor und schnell entwickelten sich die ersten Gespräche.

EK Und wie ging es weiter?

vH Am Samstagvormittag waren wir in Bremerhaven. Die Neuen staunten nicht schlecht, ob der vielen Autos, die im Hafen auf ihre Verladung warteten. Auch das Schifffahrtsmuseum, das Auswanderermuseum und das Mediterraneo kamen gut an. Am Abend gingen wir in unserer Stammherberge, dem Hotel Kluster Hof in Basdahl, kegeln. Anschließend gab es vor Ort ein schmackhaftes Spargelessen.

EK Mit dem Wetter hatten sie wohl Glück.

vH Deshalb sind wir am Sonntag mit unseren Motorrädern unterwegs gewesen. Die Neuen hatten zwar am Anfang etwas Angst, wollten aber zum Schluss gar nicht mehr absteigen. So haben wir das Alte Land genossen, haben am Stader Sand ein Eis gegessen und in Bad Bederkesa im Pavillon an der Burg das Abendessen eingenommen. Da die Begeisterung unserer Gäste fürs Motorradfahren nicht abreißen wollte, haben wir am Montag gleich noch eine Tour drangehängt.

EK Ganz ehrlich, Herr van Herste, braucht die Welt solche Veranstaltungen eigentlich noch?

vH Leider ja. Nach wie vor werden Transsexuelle ausgegrenzt und verspottet. Schauen Sie sich den Fall „Alexandra“ in Berlin an. Eine jugendliche Transsexuelle soll in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen und zu einem Jungen erzogen werden. Dass Transsexualität angeboren ist, hat sich offenbar selbst bei so genannten Experten noch nicht herumgesprochen. Da frage ich mich, was Johanna Winter, ihre Mutter Anke und ich die ganzen Jahre über gemacht haben. Warum haben wir uns mit Ethikkommissionen und Gerichten herumgeschlagen, um dann nach fast zwanzig Jahren feststellen zu müssen, dass einige immer noch auf dem Stand von Vorgestern sind? Es ist kaum zu glauben. Ich hoffe, dass die Altdorfer Empfehlungen endlich zur Kenntnis genommen und umgesetzt werden, um weiteres und völlig überflüssiges Leid zu vermeiden. Keines der transsexuellen Kinder, kein transsexueller Erwachsener, die ich im Laufe der letzten Jahrzehnte kennen gelernt habe, hat sich im Nachhinein umentschieden. Alle waren sich seit frühster Kindheit sicher, im falschen Körper geboren worden zu sein.

EK Aber mit den Lesben ist doch alles in Ordnung oder nicht?

vH Margaretha und Michaela Main sind zwei Frauen, die miteinander verheiratet sind. Margaretha hat zweimal ihren Job aufgrund ihres Lesbischseins verloren. Ihre Hochzeit, die viele Fans anlockte, wurde in der Lokalpresse verschwiegen, während die internationale Presse kein Problem damit hatte, darüber zu berichten. So lange Ausdrücke wie z. B. „Schwule Sau“ oder „Scheißtranse“ immer noch die Hitliste der Schimpfwörter auf Schulhöfen anführen, müssen wir dranbleiben und aufklären. Leider sperren sich auch heute noch viele Lehrer dagegen, so dass wir nur mühsam vorankommen.

EK Deshalb veröffentlichen sie ausschließlich Fotos auf denen nur Vereinsmitglieder zu sehen sind?

vH Genau, das ist der Grund. Gerade Lesben und Transsexuelle trauen sich nicht, sich öffentlich zu ihrem wahren Selbst zu bekennen. Und sie haben leider Recht damit. Wer möchte schon gern seinen Job verlieren? So kommt es vor, dass die Hälfte der Anwesenden oder mehr sich hinter der Kamera aufhält. Uns, von TBL, kann ja nicht mehr allzu viel passieren. Wir sind sowieso abgestempelt.
Erst neulich sagte eine Frau zu mir: „Herr van Herste! Sie können ja wirklich wunderbar heilen, aber mit dem Gesocks, mit dem Sie sich umgeben, wollen wir nichts zu tun haben.“ Ich fragte natürlich nach, wen sie denn mit „Gesocks“ meint. Sie antwortete: „Na, mit den Perversis, mit denen sie da ewig zusammenhocken.“ Ich habe ihr daraufhin erklärt, dass es mich nur ganz oder gar nicht gibt, und sollte sie ihre Meinung nicht ändern, sie sich bitte einen anderen Therapeuten suchen soll. Dann habe ich ihr eine TBL-Broschüre geschenkt und bin zur nächsten Patientin gewechselt.

EK Und, ist sie wiedergekommen?

vH Ja. Sie hat mir erzählt, dass sie die Broschüre gelesen hat und schockiert war. Sie habe bis dahin nicht gewusst, dass Homo- und Transsexualität angeboren sind. Seitdem redet sie anders. Aufklärung ist eben die halbe Miete. Leider lehnen viele Menschen eine Aufklärung von vornherein ab. Sie wollen eben ihr Feindbild behalten. Jemand muss ja schließlich schuld am eigenen Elend sein.

EK Und wie sieht es mit den Intersexuellen aus?

vH Nach wie vor werden Eltern dazu gedrängt, ihren Töchtern die Klitoris abschneiden zu lassen, da deren Größe angeblich nicht in eine Norm passt; wohlgemerkt in eine Norm, die willkürlich festgelegt wurde. Nicht das Mädchen mit einer großen Klitoris ist krank, sondern die Gesellschaft, in der es aufwachsen muss.

EK Waren denn auch Missbrauchsopfer dabei?

vH Ja, Opfer von sexuellem Kindesmissbrauch und häuslicher Gewalt waren auch gekommen. Manch schreckliche Geschichte musste ich mir wieder anhören. Es ist ein Elend, dass nicht wirklich etwas unternommen wird, um diese Gräueltaten endlich einzudämmen.

EK Na ja, immerhin gab es ja den Runden Tisch.

vH An dem die Opfer nicht sitzen durften. Dafür durfte Bischof Ackermann in jeder zweiten Talk Show ein Loblied aufs Zölibat singen und mit weinerlichem Gesichtsausdruck verkünden, dass nun alles besser würde und man alle Übergriffe der Vergangenheit aufzuklären gedenke. Ich halte solche Aussagen für reine Schönfärberei. Vertuschung ist nach wie vor oberstes Gebot.

EK Und trotz dieser unschönen Geschichten hatten Sie ein schönes Wochenende?

vH Ob nun bei solchen Wochenenden oder am TBL-Stand auf CSDs, für viele ist es schön, wenn ihnen zugehört, wenn ihnen geglaubt wird, wenn sie Menschen treffen, die Ähnliches erlebt haben, die ihnen Hilfestellung geben können, die nicht sofort wegrennen. Ich finde es nach wie vor toll, wie sich die Vereinsmitglieder ehrenamtlich einsetzen, wie sie keine Mühen scheuen, um zu helfen. Sie setzen schließlich ihr eigenes Geld, ihre eigene Zeit ein, um Betroffene ein wenig glücklich zu machen. Und manchmal ist es einfach gut, wenn man mal lustig zusammensitzt, sich ein Essen gemeinsam schmecken lässt und das Tanzbein schwingt oder kegelt oder Motorrad fährt. Manchmal ist es für die Psyche sehr erholsam, sich abzulenken. Dabei verlieren wir allerdings die Problematik nie aus den Augen.

EK Wie sehen Sie die so genannte Gleichstellung der Frau in unserer Gesellschaft?

vH Die wirkliche Gleichberechtigung der Frau hat noch immer nicht stattgefunden. Nach wir vor verdienen Frauen bei gleicher Arbeit dreißig Prozent weniger. Nach wir vor werden Männer z. B. bei der Jobsuche bei gleicher Qualifikation vorgezogen. In den typischen Frauenberufen werden teilweise Hungerlöhne bezahlt. In meinen Augen stecken sich einige Herren auf Kosten der Frauen die Taschen voll. Aber das ist ja nicht nur bei deutschen Altenpflegerinnen so. Wenn ich mir z. B. die Zustände in Ostasien anschaue, wird mir nur noch schlecht. Da nähen überwiegend Frauen und Mädchen für Hungerlöhne Blusen, Jacken und Hemden, die dann in Europa und den USA teuer verkauft werden. Der Gewinn kommt niemals bei den Näherinnen an, sondern sorgt dafür, dass reiche Aktionäre noch reicher werden.
Ein anderes Beispiel ist der Frauenfußball. Während bei den Männern sogar Drittligaspiele übertragen werden, sieht man von den Frauen kaum etwas im Fernsehen. Obwohl die Frauen einen internationalen Titel nach dem anderen einfahren, werden sie gnadenlos von vielen Medien boykottiert. Mann hat wohl Angst, dass die Frauen den Männern die Show stehlen – wie in den USA.

EK Ja, es gibt noch viel zu tun.

vH So ist es. Und wir werden uns nicht davon abhalten lassen.

EK Was werden Sie als Nächstes unternehmen?

vH Wir werden mit dem TBL-Stand auf den Christopher-Street-Days in Oldenburg und Hamburg präsent sein.

EK Vielen Dank für das Gespräch und viel Glück für die Zukunft.

Buchtipps:

Hans Georg van Herste

Hans Georg van Herste
Das Borderline-Syndrom – Leben zwischen Licht und Schatten – Die Volksseuche sexueller Kindesmissbrauch und ihre Folgen
ISBN: 9783837095593
Das Mutter(un)tier – Frauen als Täterinnen im Bereich sexueller Kindesmissbrauch
ISBN: 9783837093926
Der wahre Traum von Freiheit – Die Geschichte der Johanna – Hilfe für Menschen zwischen den Geschlechtern
ISBN: 9783839105979
Frido van de Visser
Meine Kindheit in Rotterdam – Eine Odyssee durch Heime und Pflegefamilien begleitet von sexueller und körperlicher Gewalt
ISBN: 9783844800296
Lena Birkthal – Leben im Matriarchat
Tochter aus reichem Haus stößt auf ein dunkles Familiengeheimnis und erforscht daraufhin das Leben im einstigen Matriarchat. Unglaubliche Geschichten aus der Geschichte der Frau.
ISBN: 9783839120385
Taschenbuch – ISBN: 9783839147849
Life in the Matriarchy – ISBN: 9783839168554
E-Book – 9783842304826
Viktoria Grantz – Mein Vater, der Diakon
Ein evangelischer Diakon missbraucht mit Wissen seiner Frau seine Töchter und stellt sie Kollegen zur Verfügung. Ein grausiger Blick in den Abgrund einer gestörten Psyche.
ISBN: 9783839133620
My Father, the Diacon – ISBN: 9783842376427
E-Book – 9783844866506

Weitere Beiträge zu den Themen

Johanna WinterStadersandvan HersteBrigitte WinkelMargaretha MainKegelnBad BederkesaMotorradHomosexualitätTransBorderLes e.V.

Kommentare

Beteiligen Sie sich!

Es gibt noch keine Kommentare. Um zu kommentieren, öffnen Sie den Artikel auf unserer Webseite.

Zur Webseite