So weit die Füße tragen
„Dem Stern folgen“, nahmen sich Dionys und Annelies Zink vor. Das Ergebnis: Eine Pilgerreise von Grafrath nach Jerusalem. Zu Fuß.
Ein Paar Schuhe, 7 Liter Wasser pro Tag, eine spartanische Wegzehrung und eine Laufstrecke von 4.300 km - so lauten die beeindruckenden Rahmendaten einer Pilgerreise, die der mittlerweile 68-jährige Dionys Zink aus Grafrath (Landkreis Fürstenfeldbruck) im Jahr 2001 unternahm. Zusammen mit seiner Ehefrau Annelies brach der ehemalige Philosophieprofessor drei Tage nach den Anschlägen auf das World Trade Center zu einem Mammutunternehmen auf. Neun Monate und sechs Tage brauchten die beiden Pilger, um eine Wegstrecke von 5.600 km zurückzulegen. „Den überwiegenden Teil der Gesamtstrecke haben wir zu Fuß bewältigt. Nur bei einzelnen Passagen an den jeweiligen Grenzen mussten wir öffentliche Verkehrsmittel benutzen“, referierte Dionys Zink im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Blaue Stunde“ über seine Erlebnisse. In seinem mit amüsanten Zitaten und Anekdoten gespickten Vortrag ging Zink auch näher auf die kulturellen Besonderheiten der einzelnen Wegstationen ein. So habe sie die türkische Variante einer Wärmflasche besonders beeindruckt. Als die Raumtemperatur in einer Nacht unangenehm sinkt, legt ihnen ihre türkische Gastgeberin kurzerhand ein „Lamm als Wärmflasche“ ins Bett. Auf der anatolischen Hochebene folgen die Pilger Stunde um Stunde einem einsamen Weg durch einen Wald und glauben, sich verirrt zu haben. Da lichtet sich das Holz; sie treffen auf eine Straße. Ein Mädchen, von der Mutter geschickt, bietet ihnen Ayaran, die türkische Buttermilch zur Erfrischung. Vor Damaskus werden die beiden Pilger ein wenig sorglos: Weil sie während der letzten Wochen ihrer Reise immer die Möglichkeit hatten, am Weg Getränke zu kaufen, verzichten sie auf die Mitnahme von Wasser, um das Rucksackgewicht nicht zu erhöhen. Doch dieses Mal findet sich weit und breit keine Gelegenheit, den Durst zu stillen. In der Hitze des Tages und auf dem Weg zwischen Steppe und Wüste wird der Flüssigkeitsmangel gefährlich. Schwindel und Kopfschmerzen stellen sich ein, die Schritte beginnen zu torkeln. Ein Kleinlaster hält. Wortlos reicht ihnen der Fahrer zwei gefüllte Wasserflaschen, dazu Tomaten und Gurken. Zwei Kinder winken zum Abschied. Wieder einmal sind die beiden Pilger einem „Engel“ begegnet. Nach 279 Tagen erreichen die Pilger endlich Jerusalem und nehmen im Paulus-Haus am Damaskustor der Altstadt Quartier. Schon nach einer Stunde wird die erste Freude über das Erreichte gedämpft durch die Bestürzung über ein nahes Selbstmordattentat, dem 17 Passanten zum Opfer fallen. Zum Abend deshalb erst, zur „Blauen Stunde“ auf dem Dach ihrer Herberge und beim Blick über die grandiose Kulisse der Heiligen Stadt, wird ihnen ihre Ankunft am Ziel ihres jahrelangen Traums so richtig bewusst. In ihre Freude mischt sich jetzt ein wenig Melancholie über das Ende ihres Abenteuers, ein Dankgebet freilich auch an den, der sie täglich beschützt hat. Die Motive für den langen Fußmarsch seien vielfältig gewesen. Zink: „Wir sind den Weg bewusst als Pilger gegangen. Dazu gehörte auch, dass wir uns von einem Teil unserer weltlichen Reichtümer trennten. Beispielsweise verkauften wir unser Auto. Die Wallfahrt nach Jerusalem ist die älteste Pilgerreise. Wir beteten jeden Tag. Darüber hinaus widmeten wir jeden Tag einer Person.“ Eine gewisse Portion „Abenteuerlust und Neugier“ habe auch eine Rolle gespielt, gab der Referent schmunzelnd zu. Die Reise führte das Ehepaar durch 9 Länder. Die Länge der Tagesetappen lag zwischen 20 und 30 km. Bruchstücke der jeweiligen Landessprachen hätten sie in den 279 Tagen immerhin so gelernt, dass sie an „kleineren Konversationen teilnehmen“ konnten. Zur eher gemächlichen Rückkehr in das mitteleuropäische Lebenstempo haben Annelies und Dionys Zink den Weg zwischen Brixen/Südtirol und ihrer Heimat Grafrath wiederum zu Fuß zurückgelegt. Noch heute gehören die dabei gesammelten Gedanken zum festen Bestand ihrer Erinnerung. Ihre bewegenden Erlebnisse und Reiseeindrücke haben Dionys und Annelies Zink in einem Tagebuch mit dem Titel „Weit ist der Weg nach Jerusalem. Zu Fuß in die Heilige Stadt“ festgehalten. Es kann zum Preis von 24,90 Euro bestellt werden bei: Dionys Zink, Pfarrstr. 2, 82284 Grafrath, Tel. 08144/98313, E-Mail: mythonom@t-online.de
myheimat-Team:Joachim Meyer aus Friedberg |
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