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Die Kunst respektiert den Tod aber der Tod schont keinen Künstler..

  • für manche ein verschwommens Bild- konstruktiv- Jürgen Kramer +2011 by Tesching
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Nachruf Jürgen Kramer
9. Dezember 2011

Jürgen Kramer (1948–2011) kam aus Gelsenkirchen. Sein Vater gehörte zu den Arbeitern, die als Vorhut tief unter Tage mit dem Presslufthammer neue Wege für den Kohleabbau erkundeten – eine gefährliche, gesundheitsschädigende Aufgabe. Für den jungen Kramer entsprach die prekäre und düstere Situation des Ruhrgebietes dem Existenzialismus eines Samuel Beckett. Die Gefahr des Verschwindens in einem schwarzen Nichts prägte ihn nachhaltig – und wurde für ihn zu einem Forschungsfeld, das ihn sein ganzen Leben begleiten sollte.

Irgendwann stieß Kramer durch eine TV-Sendung auf Joseph Beuys und glaubte, in ihm jemanden gefunden zu haben, der den Existenzialismus künstlerisch ins Bild setzte. Ein Missverständnis, wie der spätere Beuys-Schüler an der Düsseldorfer Kunstakademie zwischen 1969 und 1974 feststellte – und dem Beuys`schen humanitär ausgerichteten Optimismus eine tiefverwurzelte Skepsis entgegen setzte. Diese Skepsis entfachte einen enormen Output. Es entstanden Hunderte von Papierarbeiten mit entleerten Landschaften, Gräbern oder schwarzen Löchern, darunter etwa Die Erde von 1970. Gleichzeitig produzierte er aber auch florale Motive, Blätter und Blüten, die das Faszinosum des Wachsens trotz aller negativen Prognosen beschwören.

Im Verlauf der 1970er-Jahre gab Kramer seine künstlerische Arbeit vorübergehend auf. Er publizierte die Zeitschrift „Ruhrkampf“und betätigte sich gemeinsam mit seinem Studienkollegen Jörg Immendorff an agitatorischen und sozialen Projekten. Stets dabei war auch Felix Droese, den er ermutigt hatte, an die Akademie zu gehen. Zurück zur Kunstpraxis brachte Kramer eine neue nihilistische Welle: Punk und New Wave war Wasser auf seinen Mühlen, die sich nun umso schneller drehten. Er begann kontinuierlich zu malen und nebenbei die Publikationsreihe „Die 80er Jahre“ zu verlegen, die ihn international bekannt machte. Seine musikalischen Projekte gipfelten in opus posthum, eine Performance, die er 1981 mit der Sängerin Sylvia James aufgeführte, bei der Kramer mit Augenbinde und einer umgeschnallten E-Gitarre bei voll aufgedrehtem Verstärker gegen eine Wand lief.

Bis in die frühen Neunzigerjahre war Schwarz die vorherrschende Farbe seiner Malerei, in der es von Geistern, Untoten und Särgen nur so wimmelte. Doch wer eine Ausstellung mit diesen Bildern gesehen hat, konnte sich auf eine paradoxe und unheimliche Weise gestärkt fühlen. Der Tod schien gebannt – oder mit seinen eigenen Waffen geschlagen zu sein. Als Zeichen dieses Triumphs malte Kramer immer wieder Engel, mit denen seine Abgründe in eine bukolische Heiterkeit umkippten. Erneut trat Natur in Erscheinung: Blumen, Parks und Genre-Szenen künden von einer Idylle, die jedoch häufig zwiespältig bleibt, wie in dem Bild Der doppelte Wahn.

Quelle- Wikipedia und Kunstwissen .de
Arte- und Zeitgeist-medien

Photo Klaus Tesching

Johannes Stüttgens Trauerrede vom 29.11.11 über Jürgen Kramers Tod
2 Dezember 2011 Ñ Abgelegt unter: Bildende Kunst, Leute, Titel Ñ 3 Kommentare
Trauerrede vom 29.11.11
Jürgen Kramer hat 1986 ein Bild gemalt, Titel: „Einladung zum Freitod;“ es ist dort abgebildet eine fast durchsichtige weiße Figur als Seele, die nach links die Treppe hinunter geht, mit einem Bein ins Leere tritt und die Stufen der Treppe verlässt. Dahinter steht eine Idee von Freitod, die gar nichts zu tun hat mit Selbstmord, wie vielen der Betrachter womöglich bei solchen Bildern immer wieder bei Jürgen geschwant haben mag, sondern dahinter steckt eine Idee von Freitod, die etwas zu tun hatte mit der Freiheit, sich stetig mit dem Tod existentiell auseinanderzusetzen bis zum äußersten – in Freiheit, das heißt: den Tod nicht nur so über sich kommen lassen zu wollen wie ein Geschick.

Jürgen Kramer war derjenige, der den Tod ununterbrochen versucht hat zu ergreifen, der sich auf ihn eingelassen hat, so, daß es fast unvergleichbar ist.

Das ununterbrochene Sich Befassen mit dem Tod, sogar damit zu experimentieren, ja, zu spielen – dahinter steckte eine Freiheit, bzw. der Kampf um die Freiheit, sich des Todes zu bemächtigen, und zwar des Todes als der einzigen Garantie der Möglichkeit zur Wahrheit.

Jürgen Kramer war einer, der immer am Rand des Abgrundes die Frage nach der Wahrheit gestellt hat, und dafür war ihm der Tod das Mittel.

Sein erster Anstoß in seiner Jugend war Samuel Beckett, und zwar, was ihn am meisten fasziniert hat, dessen Kampf mit der Sprache in Richtung Schweigen. Kramer hat das später einmal existentielle Rigorosität genannt. Die war bei ihm der Anstoß für alles andere. Samuel Beckett hat ihm den Stoß versetzt, der fortan sein Leben bestimmt hat und der ihn dann bald – wie er bekundet hat – zu Joseph Beuys geführt hat.

1969 hat Kramer gemeinsam mit Felix Droese angefangen bei Beuys an der Düsseldorfer Kunstakademie zu studieren, in dieser Zeit habe ich ihn kennengelernt. Meisterschüler wurde er 1974. Wenn man die Arbeit dieser frühen Jahre zusammenfassen will, dann war es der Drang nach vorne, die permanente Konfrontation des künstlerischen Willens mit der Realität. Jürgen Kramer hatte den ganz eigenen Drang in die Realität hinein, die Bestimmung zur Aktion. Die ununterbrochene Folge der Fragen, die alles Gegebene durchlöcherten, durchkreuzten. Die Lust an der Paradoxie, der Umkippung. Deren Ursprung war eine andere Realität, die er buchstäblich in die Realität hineinzudrücken sich verpflichtet hatte. Immer waren seine Maßnahmen überraschend, irritierend, wenn nicht befremdlich, immer aber zwingend. Es war der Drang, etwas in die Realität hineinzudrücken, nach vorne, gegen die Norm, und immer mit dem Anspruch der absoluten Wahrheit, die für ihn aber nie - außer eben der Tod - letzte Gewißheit war. Immer aufs Neue und immer aus dem Widerspruch, sogar gegen sie selbst, musste sie hervorgebracht werden.

Jürgen Kramer zu Ehren möchte ich aus Samuel Becketts „Warten auf Godot“ zitieren:

Pozzo: „Hören Sie endlich auf, mich mit Ihrer verdammten Zeit verrückt zu machen? Es ist unerhört! Wann! Wann! Eines Tages, genügt Ihnen das nicht? Irgendeines Tages ist er stumm geworden, eines Tages bin ich blind geworden, eines Tages werden wir taub, eines Tages wurden wir geboren, eines Tages sterben wir, am selben Tag, im selben Augenblick, genügt Ihnen das nicht? – Sie gebären rittlings über dem Grabe, der Tag erglänzt einen Augenblick und dann von neuem die Nacht.“

Verweis: http://www.herrkules-magazin.de/2011/11/24/jurgen-...

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