Mein Zahnarzt und ich
Es fängt ganz harmlos an, so ein unterschwelliges Ziehen – oben links. Ich ignoriere diesen fiesen Schmerz erst einmal. Wird schon wieder weg gehen, war ja vorher nichts, einfach nicht dran denken. Ich stehe an einer roten Ampel auf dem Weg zur Arbeit, da ist er wieder, jetzt schon wesentlich stärker, so ein widerlicher Schmerz, reißend vom Kopf bis in meinen linken großen Zeh. Au weia- die Panik macht sich langsam in mir breit – egal, muss zur Arbeit, das geht schon wieder weg. Sitze an meinem PC im Büro und es trifft mich jetzt bis ins Mark, Tränen schießen mir in die Augen, mein Chef schickt mich zum Zahnarzt… Ich muss dazu sagen, dass für mich der Besuch beim Zahnarzt einer Odyssee gleicht. Allein der Gedanke daran treibt mir Schweiß auf die Stirn, meine Handinnenflächen werden feucht, mein Herz rast. Da hilft auch nicht der regelmäßige halbjährliche Besuch, den ich ganz streng einhalte, ich muss mich der Wahrheit stellen: ich habe eine Zahnarztphobie. Liegt sicher an dem schrecklichen Zahnarzt zu dem mich meine Eltern als Kind schleppten, ein echter Schlachter, brutal und gemein. Zu seiner Verteidigung muss ich sagen, dass in den siebziger Jahren die Zahnvorsorge noch in den Kinderstiefeln steckte, wir aßen nach dem Zähneputzen noch Süßes und überhaupt –so richtig gezeigt hat es uns niemand, wie man seine Zähne richtig pflegt. Die Rechnung kam dann auch prompt – wunderschöne Amalgamfüllungen , verteilt auf fast alle Backenzähne (und alles ohne Spritze!)
Mittlerweile habe ich den Parkplatz meines Zahnarztes erreicht – ich horche in mich – vielleicht ist der Schmerz ja wie durch ein Wunder verschwunden - nein – ist er nicht. Ich schleppe mich gebeugt und mit hängendem Kopf aus meinem Wagen, so ähnlich muss ein Mensch sich fühlen, der zum Schafott geführt wird. Die Praxistür öffnet sich und sofort steigt mir dieser Geruch in die Nase: ein Gemisch aus Desinfektionsmitteln und Angstschweiß. Mein Herz rast , mein Mund ist trocken. Da höre ich auch schon aus Zimmer 2 das fieseste Geräusch überhaupt: Ein Zahnarztbohrer – gleichmäßig und geräuschvoll wird dort ein Patient gequält. Mir wird ein wenig schlecht. Die nette Zahnarzthelferin führt mich sofort in Zimmer 1, „Sie haben Glück, sie sind gleich dran…“
Ja -Glück stelle ich mir anders vor. Da kommt auch schon gut gelaunt mein gut aussehender (das hilft mir jetzt auch nicht weiter) Zahnarzt und strahlt mich an: „Na, wo zieht es?“ Bevor ich überhaupt irgendwas sage, will ich erst einmal eine Spritze, vorher mache ich aus Prinzip schon mal gar nicht den Mund auf. Mein Zahnarzt grinst und setzt an….
Es hat auch gar nicht weh getan – wirklich nicht. Ein wenig beschämt verlasse ich den Zahnarztstuhl und denke mir, was für ein Weichei ich doch bin.
Mein Zahnarzt lächelt und verabschiedet mich mit einem netten: „Bis zum nächsten Mal!“
Ja, bis zum nächsten Mal...
Bürgerreporter:in:Susanne Krajewski aus Garbsen |
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