Nachtflugverbot - weil Fluglärm krank macht... Die Rückantwort an den Minister
Sehr geehrter Herr Minister Dr. Althusmann
Sehr geehrter Herr Dr. Steinsiek
Danke für Ihre Antworten auf mein Anliegen an Sie, aber nach meinen Recherchen entsprechen Ihre Behauptungen wohl kaum der Wahrheit!
Als Miteigentümer haben Sie sehr wohl die Möglichkeit und die Verpflichtung regulierend in Ihren eigenen Betrieb einzugreifen, und die ursprüngliche Betriebsgenehmigung von 1952 hat mit den heutigen Bedingungen und Zuständen absolut nichts mehr zu tun.
Gerade jetzt, wo der Nachtflug noch nicht wieder vollständig etabliert ist, haben Sie die Verpflichtung und gute Gelegenheit, die betroffenen Menschen zu schützen.
Stattdessen antworten Sie mir und allen Betroffenen, verkürzt:
Gewerbefreiheit vor Gesundheit.
Sie sitzen an exponierter Stelle, tun aber nichts. Der folgende Vergleich gehört hier eigentlich nicht her, aber er zwingt sich geradezu auf:
Die empörende Unterwürfigkeit vieler Politikerinnen und Politiker gegenüber der Wirtschaft:
Der VW Skandal als Beispiel.
- Der Konzern betrügt seine Kunden millionenfach.
- Das Land ist Teileigentümer, erfährt von dem Betrug und reagiert nicht.
- Ein Bundesgericht verurteilt den Konzern, damit ist es jetzt auch ein Straftatbestand erfüllt.
- Das Land reagiert wieder nicht.
- Durch die Covid-19 Krise kommt es zu wirtschaftlichen Verwerfungen.
- VW fordert Kaufprämien und das Land „springt“ eilig zur Rettung (wenn auch weniger als VW erträumt hat).
Das gleiche gilt auch für den Nachtflug. Der Flughafen soll um jeden Preis erhalten werden, aber die Tausenden an Fluglärm leidenden Anrainer sind Ihnen völlig egal.
Es ist unstrittig, dass Nachtfluglärm krank macht, aber Sie können so unfassbar lapidar darüber hinweg gehen. Viele der Betroffenen können monatelang nicht durchschlafen und Sie tun das ab, als wenn das keine Schädigungen nach sich ziehen würde. Machen Sie doch bitte einfach mal einen Selbstversuch:
Gehen Sie in ein Nachtfluglärm-Simulations-Labor, und nach nur wenigen zusammenhängenden Tagen u. Nächten wird es Sie körperlich in die Knie zwingen, danach können Sie mitreden.
Sie behaupten, dass
- „…das MW auch die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Wirkungen von Fluglärm“ beachtet. „Insoweit stellt sich die Situation jedoch so dar, dass eine gesicherte Studienlage, nach der aus Gesundheitsgründen Nachtflüge grundsätzlich verboten werden müssten, nicht besteht.“
Sie wurden mehrfach mit den Studienergebnissen des renommierten Prof. T. Münzel, Universitätsmedizin Mainz, zur Wirkung des nächtlichen Fluglärms (kardiologischer Natur) bis hin zur krank machenden Enzymbildung konfrontiert. U.a. auch im Rahmen der Radio Niedersachsen Sendung „Jetzt reicht’s“ mit einem persönlichen Beitrag von Prof. Münzel zur Gefährlichkeit des Fluglärms auch in geschlossenen Räumen mit den „gesetzlich aktuell anerkannten Schallwerten“.
Wie viele Studien soll es denn noch geben, damit auch für Sie belegt wird, dass insbesondere Fluglärm nächtens zu schweren gesundheitlichen Risiken führt?
Selbst das Bundesministerium für Umwelt schreibt klar und deutlich:
„Schall wird zu Lärm, wenn er bewusst oder unbewusst stört. Diese Störung äußert sich in messbaren körperlichen Reaktionen auf Lärm. Bereits geringe Schallpegel ab 25 Dezibel (dB(A)) können zu Konzentrations- oder Schlafstörungen führen.“
Die WHO schrieb schon in 2009 von den schädlichen Auswirkungen von Schlafentzug in der NIGHT NOISE GUIDELINES FOR EUROPE:
- „It is generally accepted that insufficient sleep and particularly sleep loss has a great influence on metabolic and endocrine functions (Spiegel, Leproult and van Cauter,1999), as well as on inflammatory markers, and contributes to cardiovascular risk.C-reactive protein (CRP) as a major marker of the acute phase response to inflam-matory reaction promotes secretion of inflammatory mediators by vascular endothe-lium and may be therefore directly involved in the development of atheroscleroticlesions. CRP as a risk predictor of strokes and heart attacks linearly increases withtotal and/or partial sleep loss (Meier-Ewert et al., 2004)“
http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0017/43316/E92845.pdf
Warum wurde das Fluglärmschutzgesetz FluLärmG von 2007 bis heute nicht novelliert, obwohl es nach 10 Jahren (sei 2017) zur Novellierung ansteht?
Sie können nicht ernsthaft behaupten, dass Sie wissenschaftliche Erkenntnisse beachten, wenn Sie Dutzende kritische Studien von Wissenschaftlern und Epidemiologen (z.B. Prof. Greiser) zu Gesundheitsrisiken durch Nachtfluglärm komplett ignorieren.
https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files...
Erklären Sie sich hierzu bitte.
Jetzt komme ich auf die letzten Absätze Ihres Schreibens, und nur damit wir uns richtig verstehen: Wir sprechen über den Nachtflug!
Sie sagen:
- „Jedoch zeigt sich gerade in dieser Krise, wie wichtig der Flugverkehr ist, um schnell medizinische Güter aus dem Ausland nach Deutschland zu transportieren. So wurden beispielhaft dringend benötigte die Mund-Nasen-Masken und weitere medizinische Geräte und Ausrüstung mit dem Flugzeug und über den Flughafen Hannover-Langenhagen transportiert.“
Eine äußerst lächerliche Feststellung im Rahmen der Nachtflugverbots-Diskussion!
1. Wie viele Flugzeuge sind denn mit Hilfsmaterialien „Mund—Nasen Masken“ von wo in Hannover angekommen, um die dringend benötigte Versorgung sicherzustellen?
2. Wie viele von diesen mussten nachts landen?
3. Wie viele Covid-19 Patienten sind denn nachts in Hannover gelandet?
Selbst wenn es den einen oder anderen essentiellen Notfallflug in der Nacht gegeben haben sollte, so rechtfertigt das doch nicht den Massentransport von nicht-essentiellen Gütern und Scharen von Touristen in der Nacht!
Ihr Hinweis auf die nötigen Flüge im Bereich der Rettung, der Organtransporte und des Polizeieinsatzes hat mit meiner Forderung auf ein Nachtflugverbot gar nichts zu tun. Das sind erforderliche Flugbetriebsmaßnahmen, die hoheitliche Sicherheits- und Medizinbelange als Hintergrund haben und auch von Flughäfen mit Nachtflugverbot durchgeführt werden oder durchzuführen sind.
Herr Steinsiek, offenbar herrscht auch hier ein hohes Maß an „Unkenntnis“, so dass leider der Eindruck einer bewussten Desinformation aufkommt.
Da Sie im Nachtflugbereich von Daseinsvorsorge reden und nur Marginalien anführen, benennen Sie doch bitte die Zahl dieser Flüge. 90% sind Ferienflieger und diese Menschen waren aufgrund des Lockdowns nun nachweislich in keiner Weise in Ihrem Dasein gefährdet.
Die FHG hat das Personal in Kurzarbeit geschickt. Warum konnte der Flugbetrieb für die nächtliche Luftpost über Wochen ausgesetzt werden, wenn er doch der Daseinsvorsorge dient?
Können Sie sich vorstellen, dass ein Betrieb der Daseinsvorsorge (Krankenhaus, Pflegeheim) das Personal in Kurzarbeit schickt? Sollen wir wirklich auf eine 2. Welle hoffen, damit wir wenigstens ein paar Monate schlafen können?
So eine Krise, so schlimm sie auch ist, beinhaltet immer auch eine Chance.
Aber nicht ein „Weiter so“.
Schaffen Sie bitte Gerechtigkeit durch Gleichbehandlung, denn auch die Anrainer vom HAJ haben ein Recht auf Schlaf, das nur durch ein Nachtflugverbot zu schaffen ist!
Sehen Sie denn nicht, dass die Menschen überall auf der Welt nach „Lebensqualität“ streben und nicht nach „Gewinnmaximierung“?
Fragen Sie sich nicht warum es jetzt schon etliche europäische Firmen gibt, die sich am Selbst-Erhalt durch Nachhaltigkeit, Umweltschutz und die gute Versorgung des Menschen orientieren?
Wundern Sie sich nicht warum für eine ganze Generation „Wachstum um jeden Preis“ nur noch ein hässliches Relikt des letzten Jahrhunderts ist?
Verstehen Sie, dass Ihr Ansatz „Gewerbefreiheit vor Gesundheit“ nicht gut ankommt?
MfG
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Offener Brief an Herr Minister Dr. Althusmann
Garbsen, 09.06.2020
Bürgerreporter:in:Angela in Horst aus Garbsen |
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