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Bauen in Eichenau: die Ortsgeschichte und die Baugenossenschaft

  • Planung für den Waldfriedhof an der Eichenaue 1916
  • hochgeladen von Michael Gumtau

Schon im August 1912 machte sich Josef Nibler Gedanken über die „Heimgarten Idee“ und fragte als Amtschef beim „Bayerischen Verein für Volkskunst und Volkskunde e.V.“ an, ob man ihm Literatur darüber benennen und Empfehlungen geben könne. Die Vorstandschaft antwortet ihm mit Schreiben vom 11.Oktober 1912 ( LRA 12591) und es soll aus dem Schreiben zitiert werden, denn vieles davon muss "Eichenaus Gründer" Josef Nibler stark beeinflusst haben.

Noch heute hält sich Eichenau an die Grundsätze, die für die Bebauung ab 1912 festgelegt wurden. Inzwischen ist jedoch der ganze Ort mit rechtsgültigen Bebauungsplänen überplant. Ich gebe einen kleinen Rückblick auf die Anfänge der Ortsgeschichte.
Der angefragte Verein („Bayerischen Verein für Volkskunst und Volkskunde e.V.“ ) weist darauf hin, dass die vergleichbaren Siedlungen in Ramersdorf oder Neubiberg vorbildlich seinen, und gibt 8 Empfehlungen. U.a.:
1. hinter der blauen Baulinie sollen die Häuser frei positionierbar sein, Gruppen von 3 oder mehr in einer Flucht könnten jedoch empfehlenswert sein und in einem Bebauungsplan vorgeschrieben werden. (daher hießen diese Pläne Baulinienpläne - Vorläufer der heutigen Bebauungspläne)
„ Wenn die Kolonie in einer Hand ist (Kolonieverein, Heimgartengesellschaft, Genossenschaft od. dgl.) ist es leicht, den Bebauungsplan zu erstellen. .... Der Planfertiger des Baulinienplanes wird auch einen brauchbaren Bebauungsplan erstellen können.
2. Die Vorgärten bzw. der Raum zwischen Zaunlinie und den Häusern soll als Gärten angelegt und unterhalten werden. (Noch heute gilt die 5 Meter Vorgartenlinie- allerdings darf inzwischen 1/3 der Fläche für Stellplätze benutzt werden)
3. Die Einfriedungen sollen ästhetischen Anforderungen genügen, einfach hergestellt, aber geschmackvoll sein. ... Wünschenswert wären neben Zäunen aus gestrichenen Latten auch lebende Zäune, Hecken, wie überhaupt reichlich Pflanzung ... (Heute sind die Thujen Hecken unerwünscht - allerding s kontrolliert das Landratsamt kaum)
4. Die Gebäude sollen ästhetischen Anforderungen genügen; im Allgemeinen werden sie wohl auf Erdgeschosse beschränkt sein. Bei Massivbau könnte man ein Obergeschoss zulassen. Auch hier soll einigermaßen Einheitlichkeit angestrebt werden, weil diese Anlagen sonst meist einen sehr unordentlichen Eindruck machen. ... Mit der Einheitlichkeit will natürlich nicht einer schablonenhaften Ähnlichkeit oder gar Gleichheit der Häuser das Wort geredet werden. (Klammern vom Verf. ).“

In den weiteren Punkten werden dann belästigende Anlagen ausgeschlossen, die Breite von nicht unter 3 Meter für Fußwege empfohlen und auf die Problematik von Feuerstätten in Blockhäusern hingewiesen. „Weitergehende detaillierte Vorschriften und Maßnahmen werden für die kleine Kolonie nicht notwendig sein. Sollte das kgl. Bezirksamt doch mehr ins Detail gehen wollen, so würde die Sammlung „Distrikts – und ortspolizeiliche Vorschriften ... ab Seite 24 eine Reihe sehr detaillierter und auch ziemlich gut erprobter ortspolizeilicher Vorschriften bieten.“

An diese Empfehlungen hat sich Nibler gehalten, als er Georg Popp dann 1915 beauftragte, den Ortsplan für Eichenau zu zeichnen, denn die gesamte Bauaufsicht oblag seiner Behörde. Im Original hat er sich mit Rotstift am Rand die Bedeutung geschlossener Vereine für die Bebauung markiert – In den Folgejahren hat er sich dann persönlich für die Gründung der Baugenossenschaft eingesetzt, deren 1. Vorsitzender er dann auch 1918 wurde.
In seiner Nachfolge wurden dann auch die weiteren Amtsvorstände aus Fürstenfeldbruck 1. Vorsitzende der Baugenossenschaft bis 1945. Im Geschichtsbuch zu Eichenau gebe ich hierzu eine Genealogie der Baugenossenschaft.
Georg Popp, der alle Pläne für das Fürstenfeldbrucker Amt zeichnete, wurde nach Niblers Tod 1921 der 3. Vorstand der Baugenossenschaft und blieb es für 15 Jahre, bis zu seinem freiwilligen Rücktritt am 12. Juli 1933( LRA 12955)
Mit Schreiben vom 14. Juni 1921 hatte ihm die Gemeindeverwaltung und der Interessentenverein der Eichenauer Siedler angeboten, die Straße von der neuen Siedlung bis zum Steg über den Starzelbach (Kapellenstraße). als Poppstrasse zu benennen. Georg Popp lehnte die Ehrung dankend ab.
Georg Popp war es auch, der in der Öffentlichkeit immer wieder werbend für die Baugenossenschaft eintrat und sie gegen vielfältige Angriffe verteidigte. Die Kritik wurde Ende der 20 Jahre, Anfang der 30er Jahre besonders stark, denn die Baugenossenschaft, die ja größter Grundbesitzer in Eichenau war, hatte wegen der finanziellen Probleme alle Bautätigkeit eingestellt. Eine der o.a. ortspolizeilichen Vorschriften für Eichenau besagte, dass die zahlreichen Wiesen im Orte zweimal im Jahr gemäht werden mussten und viele Käufer, die eigentlich bauen wollten aber nicht konnten oder durften, wehrten sich dagegen und wollten die Wiesen lieber verwildern lassen, was für den sehr akkuraten Popp die Verkaufsaussichten für einen Bauplatz noch weiter verringerte. Die gespannte Beziehung zwischen der Siedlung Eichenau und der Baugenossenschaft führte neben Privatklagen Popps gegen Bürger, die ihn beleidigt hatten ( Kessler, Rogge ) auch zu einer öffentlichen Auseinandersetzung in der Presse. ( LRA 12955)
Georg Popp wehrte sich darin gegen einen Leserbrief (ohne Verfassernamen) in der Ausgabe 105, der Wochenblattes und begründete, warum die Baugenossenschaft in den zwei Jahren zuvor keine Bautätigkeit entwickelt hatte.

„Die Genossenschaft war aus der Zeit ihrer Gründung her noch mit Hypotheken belastet, deren Zinsen ... ihre Liquidität zu gefährden drohten. Es wäre daher unverantwortlich und geradezu leichtfertig gewesen, durch weitere Schuldaufnahmen für Neubauten die Genossenschaft noch mehr zu belasten, umsomehr als nach den gemachten Erfahrungen mit einem baldigen Verkauf der zu bauenden Häuser mit Sicherheit in keiner Weise gerechnet werden konnte.“Er wies darauf hin, dass ein Haus 2 Jahre lang keinen Käufer fand und in Eichenau Häuser unter einem Preis angeboten wurden, für den die Baugenossenschaft sie erstellen konnte.„Es musste vielmehr mit allen Mitteln danach getrachtet werden, die Hypotheken heimzuzahlen und Gelder hierfür flüssig zu machen. Hierfür gab es keinen anderen Weg, als den Verkauf von Grundstücken.“ Er wies dann darauf hin, dass mit großer Mühe die Schulden getilgt werden konnten und dass man „in der nächsten Zeit an Wegbauunternehmungen zur Beschäftigung ausgesteuerter Arbeitslosen wird herangehen können.“Der Kritik der „direkt verbrecherischen Untätigkeit“ entgegnet er mit der Aufzählung dessen, was die Baugenossenschaft in der Vergangenheit für den Ort getan habe. Dies soll am Besten in seinen eigenen Worten wiedergegeben werden:

„Die Baugenossenschaft hat die Eichenau überhaupt erst in Leben gerufen. Diese bestand vorher aus durchaus unrentablen Gründen und Moorwiesen, die zu einem ganz niedrigen Preis von 1-5 Mark für das Dezimal in Masse zu kaufen waren. Straßen und Wege zu den Grundstücken gab es nicht, es war eine reine Moor- und Weidefläche. Erst die Baugenossenschaft hat angefangen, massive Häuser ( 49 an der Zahl ) trotz der Not der Zeit zu bauen und schwierigsten Umständen das Straßennetz ausgebaut . Sie hat zunächst für eine Schulbaracke gesorgt, um den Kindern der Eichenau den beinahen 1 Stunde weiten Schulweg nach Alling bzw. Olching zu ersparen; sie hat weiter die elektrische Leitung mit Transformatorenhaus gebaut. Die Baugenossenschaft hat für Kirchen- und Pfarrhausbau, für den Schulbau und endlich für den Friedhof die Plätze unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Auch sonst wurden für öffentliche Zwecke noch weitere Zuwendungen gemacht. Auch die Reklametätigkeit für die Eichenau war zu Zeiten eine sehr Starke. Die Baugenossenschaft betrachtet es auch weiterhin ganz selbstverständlich als ihre Aufgabe und Pflicht, die Eichenau in jeder Richtung zu fördern, aber nicht ins Blaue hinein durch eine ungesunde Spekulationspolitik, sondern nur auf einer gediegenen wirtschaftlichen Grundlage. ... „

Einigen Werbeblättern war auch ein Lageplan der Siedlung beigefügt, der auf dem Generalplan von Popp aus dem Jahr 1916 basiert und die zahlreichen Neubauten sowie Plätze zeigte.( LRA 12955) Von Süd nach Nord ist hier hervorzuheben: Badeanstalt am Beginn der Hoflacher Straße, Waldfriedhof mit Platz vor der Kapelle, Eichenaue mit Spielwiese, Waldgürtel vom Südende der Zugspitzstraße bis zum Naturschutzwald Scharwerkholz an der Bahn im Norden, Marktplatz und Kirchplatz (Pfarrhaus noch im Norden geplant) und Schule, zahlreiche Alleen, z. B. Roggensteiner Alle Ost, Schillerstraße und Hauptstraße, Emmeringer Straße. ( Zu den Straßennamen vergl. http://www.myheimat.de/fuerstenfeldbruck/beitrag/8...
zur Umbenennungen vergl: http://www.myheimat.de/fuerstenfeldbruck/beitrag/8...

)

DIe Abkürzung LRA bezieht sich auf die Archivnummer im BayerischenStaatsarchiv

Basisartikel zu Eichenau.
http://www.myheimat.de/fuerstenfeldbruck/beitrag/1...
http://www.myheimat.de/fuerstenfeldbruck/beitrag/1...


Ihr persönlicher Identifikationscode lautet: 0ae721956072a6f737f09b88552a4c

  • Planung für den Waldfriedhof an der Eichenaue 1916
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  • Planung für denSüdwesten EIchenaus mit Badeanstalt 1916
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  • Flächen, die zum Kauf durch die BAugenossenschaft vorgesehen waren
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  • Häufig bekam die Baugenossenschaft ein hohes Baurtecht für ihre Grundstücke - wie hier gegenüber der Kirche an der Schulstraße
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  • 1921 wurde die Genossenschaft zur Elekrizitätsversorgung gegründet, deren Refchte 2007 von der Nachfolgergesellschaft der Isar-Amperwerke wieder von der Gemeinde zurückgekauft wurden.
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  • Auch in der Ortsmitte hatte die Baugenossenschaft große Grundstücke
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  • Informationsbericht von Georg Popp an die Baugenossenschaft 1936. Popp war bis Mai 1933 15 Jahre lang unermüdlich für die Baugenossenschaft tätig und trat resigniert von allen Geschäften zurück. Die "neue Zeit" der Wirners und Eberths begann
  • Foto: Staatsarchiv Bayern
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