Ein Dorf versinkt im Mittelalter
Es ist späterer Nachmittag als wir uns auf den Weg machen. Gut gerüstet mit Regenkleidung und 19 kg Fotoequipment fahren wir Richtung Westen, immer den Blick auf die Wolken am Himmel. Wir trauen den Wettervorhersagen nicht, welche eine sternenklare Nacht vorhergesagt haben.
Nachdem wir den Parkplatz hinter uns gelassen haben, empfängt uns das Tor zum Gelände und wir sind mitten drin im Mittelalter. Um uns herum sind Teilnehmer in phantasievollen Gewändern. Auch viele Besucher sind im mittelalterlichen Gewand erschienen und haben für Ihre Karte genau soviel bezahlt wie die anderen Gäste. Wer aber mit scharfen Waffen Einlass verlangte, hatte dieses Mal Pech. Denn Schwerter dürfen auf dem Gelände nur von Teilnehmern getragen werden. Dies ist vom Gesetzgeber mit seinem Waffengesetz so gewollt und Kaltenberg als Veranstalter ist somit angehalten, diesem auch Folge zu leisten. Warum dies so ist und viele weitere Informationen kann man auf der Seite http://www.rittertunier.de nachlesen.
Wir aber ließen uns von dem Treiben mitreißen und flanierten über die Straßen zum Rittersaal. Danach nahmen wir den Markt und die Lager in Augenschein. Hatte sich was geändert? Man traf viele bekannte Gesichter, aber auch neue Eindrücke waren da.
Dann kam Unruhe auf. Die Teilnehmer formierten sich zum Umzug. Nun hieß es sich einen guten Platz zum Fotografieren zu sichern. Bald schon hörte man die Fanfaren, welche dem Zug voraus gingen und die schrille Pfeife von Wandelbar dem Narren, der für genügend Platz sorgte. Ihnen folgten die Teilnehmer in ihren farbenprächtigen Kostümen.
Um kurz nach sieben war es an der Zeit, die Sitzplätze in der Arena einzunehmen. Und pünktlich mit dem Vorprogramm strahlte die Abendsonne. Hier zeigten z.B. die Stelzer aus Landsberg, wie ein Feld bestellt wird. Es mag wohl einigen durch den Kopf gegangen sein, dass im nächsten Jahr die Arena ein Weizenfeld ist. Ihnen folgten die Fahnenschwinger aus Florenz mit einem sehr schönen und synchronen Programm. Dann kamen die „Könige der Spielleute“ Corvus Corax, welche zum Mitklatschen zu ihren rhythmischen Klängen aufforderten. Bei der Musik bebte das Rund. Noch einmal zeigten sich beim Prunkeinzug alle Teilnehmer. Dieser endete mit der „La Ola“ der Zuschauer um den Wettergott zu besänftigen. Alle Besucher blieben stehen um seine Kgl. Hoheit Prinz Luitpold von Bayern zu empfangen. Dieser erklärte nach einer kurzen Ansprache das Turnier für eröffnet.
Die Turniergeschichte erzählt, dass 1396 bei einer Schlacht viele Ritter und der König den Tod gefunden haben. Nun müssen die jungen Adligen zum Ritter ausgebildet werden und bei einem Turnier zeigen welcher würdig ist der neue König zu werden. Begleitet werden sie von Roman Roell, alias Rudolf von Kaltenberg als Hofmarschall und Mario Luraschi als Ausbilder und kgl. Waffenmeister. Als die jungen Recken die Ritterehre empfangen sollen, stellt sich heraus, dass einer eine Art Verräter ist, weil von er niederer Geburt ist. Dieser flieht, als man ihn zur Rede stellen will und reitet nach Jerusalem um, um Vergebung, zu beten. Auf diesem Weg fällt er einer Beduinenkarawane in die Hände und soll getötet werden. Aber die Hexe Roxanna erscheint vom Himmel und ruft ihren Meister und seine Gefährten, da sie in dem jungen Ritter den vorhergesagten „Schwarzen Ritter“ erkennt. Der Ritter wird unter die Fittiche des Meisters genommen, geheilt und erhält die Kraft des Bösen und sein neues Pferd. Damit sich ihm keiner in den Weg stellt, hat Roxanna den Waffenmeister in eine Falle gelockt, in der dieser nach harten Kämpfen stirbt. Am kgl. Hof findet nun das Turnier statt. Während dem Tjosten erscheint auf einmal der schwarze Ritter und reitet den steilen Hauptzugang her runter. Er fordert die Ritter zum Turnier und da er eher unehrliche, als ehrliche Methoden anwendet, gewinnt er auch gegen jeden Ritter. Als er schon glaubt den Sieg und somit die Königswürde sicher zu haben, erscheint Ferdinand zu Wasserburg, der bayerische Ritter. Er fordert den Schwarzen heraus und es kommt zu Duellen hoch zu Ross und auch am Boden. Doch bei keinem Duell kann ein eindeutiger Sieger bestimmt werden und so fordert Roman Roell die Zuschauer auf für ihren Lieblingsritter zu stimmen. Obwohl während dem Turnier zeitweise mehr schwarze als weiß-blaue Tücher zu sehen waren, stimmte am Ende der Großteil der Zuschauer für den bayerischen Ritter. So fand auch dieser Turnierabend ein gutes Ende. Und dieses Jahr heißt es umso mehr…..nach dem Turnier…..ist vor dem Turnier.
Viele der Zuschauer gingen nach dem Turnier zum Rittersaal um den Rittern real zu begegnen. Begleitet wurden die nun Pferdelosen Stuntmen von den schwarzen Rittern zu Bruck, welche ein fester Bestandteil von Kaltenberg sind.
Vor, während und nach der Autogrammstunde warteten die schwarzen Ritter vor dem Saal und waren ein beliebtes Fotomotiv, am liebsten mit den Kindern. Sie zeigten viel Geduld und Einfühlungsvermögen für die Kleinen.
Nach all dem Trubel konnten wir uns kurz mit den gut gerüsteten jungen Herren des Freien Ritterorden der Templer ( http://www.freier-ritterorden-der-templer.de/ ) unterhalten und so erfuhren wir, dass so eine Rüstung gut und gerne 45 kg wiegt. Die Männer benötigen anfangs eine gute halbe Stunde um die Rüstung anzulegen und wenn sie schon länger dabei sind geht das auch innerhalb einer viertel Stunde. Als es letztes Jahr so heiß gewesen ist, war in den Rüstungen eine Temperatur von 60 Grad. Das Kaltenberger Bier ist dann eine gute Abkühlung. Und nach Regentagen schreit die Rüstung nach Öl, denn sonst setzt sich Rost an.
Sie luden uns ein, noch einem besonderen Spektakel bei zu wohnen. Wir sollten gegen Mitternacht im Schlosshof sein.
So wanderten wir erst mal über das Gelände.
So gegen 23 Uhr durften wir in einem Farben-Sterne-Meer baden. Das große Feuerwerk wurde in Mitten der Arena gezündet und brillierte mit seinen goldenen, silbernen und bunten Sternenbildern.
Danach machten wir uns auf zum Schlosshof. Waren wir doch neugierig, was die schwarzen Ritter vorhatten. Schon während wir dorthin gingen hörten wir, wie sie laut rufend den Weg entlang marschierten. In ihrer Mitte ein armer Gefangener, welcher im Pranger steckte. Ihm wurde Bierpanscherei vorgeworfen und man suchte nach einer harten aber gerechten Strafe für ihn. Man einigte sich mit dem Volk auf das „Teeren und Fleddern“ des Übeltäters. Über die mit Leim und Federn zu "behandelnden" Körperteile ließen sie das Volk entscheiden. Da aber noch Kinder anwesend waren, wurde von der Höchststrafe, dem Fleddern der „Afterballen“, abgesehen. Eine holde „Jungfer“ musste ihn mit einem Kuss freikaufen.
Nach all diesen Eindrücken fuhren wir müde und erschöpft nach Hause und freuten uns schon auf den Kindersonntag in Kaltenberg.
Da dieser mit strahlender Sonne begann, wählten unsere Tochter und ich ein mittelalterlich angehauchtes Gewand. Auch wurden unsere Regensachen zu Hause gelassen, sagte der Wetterbericht doch erst gegen Abend Schauer voraus.
Und so verlief der Vormittag so wie der Nachmittag vom Freitag in Kaltenberg. Mit dem Unterschied, dass zwei Kinder ihre Wünsche äußerten und nicht immer die Geduld hatten, mal an den Bühnen und Ständen stehen zu bleiben.
Zum Umzug suchten wir einen schattigen Platz auf, weil die Sonne vom Himmel brannte.
Zu Mittag gab es nur zwei kleine Schalen voll mit Kasspatzen. Diese mussten für 3 Personen langen, um den Geldbeutel zu schonen.
Da wir andere Plätze als die Kinder hatten, trennten sich unsere Wege in der Arena. Aber die zwei hatte ich immer im Blick. Dass dies gut war, zeigte sich kurz später, als sich der Himmel verdunkelte. Bald gingen die Souvenirverkäufer nicht mehr mit Sitzkissen und DVDs durch die Reihen, sondern mit weißen Plastikregencapes, die an Einkauftüten erinnerten. Da auch wir dem Wetter nicht trauten suchten wir die Menschentrauben um die Verkäufer und rüsteten uns mit den Capes aus. Dies war eine gute Entscheidung, denn sowie am Freitag pünktlich mit dem Vorprogramm die Sonne kam, so öffnete der Himmel dieses Mal nun seine Schleusen und es schüttete was nur ging. Wer bis dahin keine wasserfeste Kleidung hatte wurde bis auf die Haut nass. Und das „Volk von Kaltenberg“ bekam seinen neuen Namen. Roman Roell taufte es um in die Druiden von Kaltenberg. Die Sitzplätze waren nun fast alle weiß angezogen. Trotz dem Regen fanden das Turnier und die Umzüge statt und man muss den Hut vor allen ziehen die teilgenommen haben, denn der Regen erschwerte den Reitern als auch dem Fußvolk die Arbeit sehr. Wie auch am Freitag hieß der Gewinner des Turniers, der bayerische Ritter.
Da dies der Kindersonntag war durften, nachdem die Arena von allen Utensilien gereinigt war, die Kinder von 6-12 Jahren sich zum Ritter ausbilden lassen. Sie mussten bei Lanzenstechen, Balancieren, Pony- und Kamelreiten, durch Tunnel flüchten, Seilspringen und diversen anderen Disziplinen ihre Geschicklichkeit beweisen. Für jede teilgenommene Station gab es einen bunten Zettel und wer alle Zettel gesammelt hatte, durfte zum Schreiber gehen welcher eine Urkunde auf den Namen des Kindes ausstellte. Dann mussten die Kinder vor dem höchsten Ritter nieder knien und wurden mit einem echten Schwert zum Ritter von Kaltenberg geschlagen. Der Nachwuchs muss ja früh genug ausgebildet werden. Unsere zwei Kinder wollten auch in dem Matsch dabei sein. Die Große wollte aber nur Kamelreiten und der Kleine hatte nach dem Balancieren aufgehört. Sind doch beide schon seit 2 Jahren Jungritter von Kaltenberg.
Wir zogen noch ein bisschen über den Markt und unser Sohn hatte einen Narren an dem Stand von Bayern 3 gefressen. Hier versuchte er sich im Boccia und im Kreiseln und gewann auch jedes Mal was. Die Geduld und Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Crew von Bayern 3 ist wirklich heraus zu heben.
Bald jedoch zog die Feuchtigkeit in die Glieder und es uns nach Hause, wo eine heiße Dusche, eine warme Decke und eine richtige Mahlzeit auf uns warteten.
Doch trotz Regen war der Sonntag für alle wieder ein wunderbares Erlebnis.
Interessant wäre nur, ob an den 10 Turniertagen jemals der schwarze Ritter gewinnt. Am Premierenwochenende jedenfalls trug immer der bayerische Ritter den Sieg davon.
Text: Anja Gleixner
Fotos: Andreas Gleixner
In der Tat Andreas, es sind mir zu viele Bilder... aber ich schaue sie mir halt in Etappen an! Und ich möchte keines versäumen. Auch wenn ich mich wiederhole, superschöne Bilder. Manche mag man sich ganz lange anschauen, in anderen erkenne ich Akteure, die ich selbst gesehen habe, aber nicht so nah! Ich finde, du solltest Freikarten erhalten, oder Hof"maler" werden.
Urte