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Politik, Ökonomie, Sozialpolitik
Die ökonomische Vernunft der Solidarität

  • Foto: Umschlagsgestaltung Stefan Fuhrer ISBN 978-3-85371-516-1
  • hochgeladen von Siegfried Räbiger

Ein notwendiges Buch zur aktuellen Diskussion der Rentensicherung. Wem Lindners Aktiensparfond in jedem Fall zum Gewinn verhilft, kann der Leser später fundiert beantworten. In der älterwerdenden, sich veränderten globalen Gesellschaft reicht es nicht, die Rente kurzfristig zu stabilisieren. Es bedarf einer breiten Diskussion unter Einbeziehung der Bürger. Parteien brauchen Akzeptanz, um die Gesellschaft zu befrieden. Im Buch werden die Zusammenhänge in der Sozialpolitik verständlich dargestellt.

Die Brisanz

Politiker und Ökonomen sehen im Sozialstaat nur einen Kostenfaktor. Aktuell geistert die Zahl 40,8 % der Arbeitskosten als Sozialkosten durch die Medien. Nicht gesagt wird, dass die Arbeitnehmer über die Hälfte von Ihrem Bruttogehalt zahlen und dass durch die Bemessungsgrenze von derzeit 7.100 € nicht alle daran gleichermaßen beteiligt werden. Das Sozial-Budget des Arbeits- und Sozialministers im Bundeshaushalt, ist knapp ein Drittel des Bundeshaushaltes. Verschwiegen wird dabei, nur 1/3 wird vom Staat über Steuern aufgebracht, die übrigen 2/3 von den sozialversicherten Beschäftigten.

Die ökonomischen Aufbereitungen des Sozialstaats passen in die Argumentationswelt des Neoliberalismus, der alle sozialen und ökonomischen Beziehungen in seine Kosten-Nutzen-Relationen presst und gegen den Staat gelten lässt.

Der Autor Hartmut Reiners ist ein ausgewiesener Fachmann auf dem Felde des Gesundheitswesens. Die Gesundheitspolitik hat sein Berufsleben geprägt, zunächst als Wissenschaftler bei der AOK, dann Jahrzehnte lang als Ministerialbeamter in NRW und Brandenburg.

Aufbau und Stil

Sowohl in der Form als auch nach dem Stil ist das Buch eine wissenschaftliche Abhandlung. Für ungeübte Leser verständlich geschrieben. Es ist in sieben Kapiteln mit entsprechenden Untertiteln gegliedert:
1. Die Ökonomie und der Sozialstaat
2. Sozialpolitik und soziale Gerechtigkeit
3. Die Revision des Sozialstaates
4. Risiko Arbeitslosigkeit
5. Soziale Sicherheit im Alter
6. Die Krankenversicherung; Privat oder Kasse?
7. Risiko Pflegebedürftigkeit
Ausblick: Wer soll das bezahlen?

Hier ein Auszug (Kapitel 5.5) Seite 176
"Die Pensionsfonds in den Niederlanden haben einen Kapitalstock von über 800 Milliarden Euro und sind damit, gemessen am BIP, das größte kapitalgedeckte Pensionssystem der Welt. 2020 wanderten neun Milliarden Euro, das sind 29 Prozent der ausgezahlten Renten, als Verwaltungs- und Anlagegebühren an globale Vermögensfonds wie Blackrock und Vanguard. Rund um dieses Rentensystem hat sich eine eigene provisionsträchtige Beratungs- und Agenturbranche gebildet."

Das Ende bildet ein umfassendes Literaturverzeichnis. Zum Nacharbeiten und Nachschlagen hilft das Stichwortverzeichnis.

Zusammenfassung

Die Privatisierung der abgesicherten sozialen Risiken ist nicht nur aus sozialer, sondern auch aus ökonomischer Perspektive gesellschaftlich schädlich.

Auch wer in einigen Punkten eine andere Ansicht als der Autor vertritt, wird einräumen, dass das Buch durch die Hintergrundinformationen und der aufgezeigten Zusammenhänge einen wichtigen Beitrag zur besseren Informiertheit und damit zu einer höheren Sachlichkeit der öffentlichen Debatte darstellt. In der aktuellen Umgestaltung der Sozialpolitik werden Perspektiven aufgezeigt. Das Buch ist ein notwendiger Einstieg in die laufende Diskussion für jeden.

Reiners, Hartmut: Die ökonomische Vernunft der Solidarität.
Perspektiven einer demokratischen Sozialpolitik
Promedia 2023. 272 S. 10,7 x 17,5. brosch.
Print: € 23,00. ISBN: 978-3-85371-516-1.
E-Book: € 18,99. ISBN: 978-3-85371-909-1.

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3 Kommentare

  • Bea S. am 18.07.2023 um 12:23

Vielen Dank für diesen wichtigen Beitrag und den Hinweis auf die Fachliteratur.
Wer nicht so gerne liest, kann sich auch mal das folgende, gut verständliche, youtube Video ansehen, es lohnt sich unbedingt, dies bis zu Ende zu hören, denn die gravierendsten Folgen werden in der zweiten Hälfte verdeutlicht.
Wir sollten uns dringend schlau machen und nicht alles klaglos hinnehmen!
Aktienrente: Wie gefährlich ist Christian Lindners Generationenkapital?

Sieht eher aus wie eine neue Plünderung unserer Gesellschaft, die Politik dafür ist schon da... Politiker sollten endlich haften wenn bewusst Schaden an der Gesellschaft entsteht.

@Erwin Zimmermann, wer sollt die Forderung durchsetzen? Abgeordnete sind wie Beamte unschuldig.  Wer sollte einen Strafanzeige stellen und die Schuld wird richterlich festgestellt. Sollten sie doch mal bewusst fahrlässig handeln, müssen wir Steuerzahler zahlen.
Es fehlt an Interessenvertretungen der Bürger im Gesundheitsbereich
Im Lobbyregister für die Interessenvertretungen gegenüber dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung im Interessensbereich Gesundheit sind es 1.741 mit 2.170 Beschäftigten und einem Budget in Höhe von rund 45 Millionen Euro pro Jahr. Weitere 138 Player sind nicht im Lobbyisten Register eingetragen. Sie setzen ihre Einflussnahme auf den mittleren und unteren Ebenen des GKV-Systems um. Das Lobbyregister des Deutschen Bundestages zeigt nur Einflussnahme über den Bundestag und die Bundesregierung auf, daher gibt es einen großen Bereich von unauffälliger Einflussnahme auf das GKV-System.
Gibt es Interessenvertretungen der Bürger im Gesundheitsbereich durch Mitglied-Vereine ohne direkte oder indirekte Beteiligung, von Kapitalgesellschaften, Kommunen, Länder, Wohlfahrtsverbände oder Parteien (AG60plus, Seniorenunion)?  Es schmücken sich damit Kleinvereine. Zentral vertreten durch die BAGSO mit dem Vorstand durch ehemalige Bundestagsabgeordnete.

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