Masken aus Afrika und Europa. Ein aussergewöhnlich umfangreiches Ausstellungsthema! 2 Welten: Hier das sauber umtriebige zielstrebig redliche Vereinsleben des Ländle – nein -Stop- von uns Bayrischen Schwaben und dort das Mysthische, das Unwägbare und manchmal auch sicher Gefährliche der afrikanische Kulte. Afrika macht uns immer wieder ein wenig unsicher – oder aber wir belächeln selbstsicher –scheinbar- seine seltsamen Kulte von weitem und gelöst.
Afrika liebt man entweder und kommt dann davon nicht mehr los oder man äußert seine Vorbehalte – geh bloß da nicht hin : die Krankheiten, der Krieg, die Brutalität, Gefahren des Dschungels und der Wüste - ist das Angst? Ist das Faszination vor dem Ursprünglichen? Nun dieser Faszination sind schon viele erlegen.
Nachweisbar findet zu Anfang des 20. Jhdts, eine deutliche Beeinflussung europäischer Kunst durch afrikanische und ozeanische Kunstwerke statt.
Auch die asiatische Kunst und im Besonderen der Japanische Holzschnitt und die Tuschpinselzeichnung haben schon im 19. Jhdt viel Interesse in Europa ausgelöst und haben viele Künstler angeregt. Ist es nicht vor Allem das Fremde, das einen echt neugierig macht?
Auch für mich selber wurde die Kunst der Naturvölker während meines Studienzeit zum prägenden Schlüsselerlebnis und entwickelte sich in der folgenden Zeit für mein Kunstverständnis stark mit bestimmend.
Lassen Sie mich Ihnen anhand meiner persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen ein wenig darüber erzählen.
Ich hatte als junger Student an der Akademie der bildenden Künste in München eines meiner wesentlichen Schlüsselerlebnisse mit afrikanischer und ozeanischer Kunst bei einer Klassenfahrt während der 70-gerJahre nach Berlin.
Wir wollten als Studententeam versuchen in Form einer Broschüre einmal die Besonderheiten dieser damals noch eingeschlossenen Stadt künstlerisch auf arbeiten, zum anderen die interessanten Museen der Stadt für unsere Vorbereitung auf´s Examen in Kunstgeschichte und Bildanalyse nützen.
Beim Besuch der Galerie alter Meister im Museumskomplex Berlin-Dahlen hatte jeder von uns Studenten die Aufgabe, sich mit einem Kunstwerk seiner Wahl unter dem riesigen Angebot spätmittelalterlicher und barocker Maler genauer zu befassen. Ich war schwer am Suchen –Vieles war nicht so meine Geschmacksrichtung – und umso nötiger wäre natürlich die Auseinandersetzung gewesen. Im großen Raum-wirrwar war ich schnell verirrt und wohl in einen anderen Flügel gelangt. Überrascht sah ich seltsame Bootsformen mit Palmmattensegeln und auffällig expressiver Bemalung. Aus Vitrinen glotzten mich sparsam bemalte und stark vereinfachte Gesichter mit kubischen Gesichtszügen an, die mich als Bildhauer und Holzschnittgraphiker besonders begeisterten. Hier kam ich ganz auf meinen Geschmack, da aber hier kaum etwas Barockes oder Portraithaftes zu finden war, war ich zwar einerseits begeistert, hetzte trotzdem aber andererseits fast mit schlechtem Gewissen wegen der immer noch nicht geleisteten Arbeit durch die Reihen der aufgestellten Vitrinen und die Fluchten aneinander gehängter Räume: Ozeanien, Afrika, Altamerika. Es gab solche Mengen an ausdruckstarker Exponaten, die mich immer wieder aufhielten, dass ich trotz aller Eile an diesem Nachmittag die Galerie alter Meister nicht mehr erreichen konnte (oder wollte). Hätte ich mich doch nur einmal hingesetzt, mich auf ein Objekt konzentriert und ein wenig gezeichnet –dann wäre das Gefühl ohne Ergebnis in die Studentengruppe zurück zu kehren, nicht so groß gewesen. Am nächsten Tag musste ich einfach noch einmal hier hineingehen, auch wenn auf mich eigentlich draußen in Berlin noch viele andere Aufgaben warteten. Der Virus für die Kunst der Naturvölker hatte mich infiziert, hatte voll zugeschlagen und mich seitdem auch nie mehr wieder verlassen. Besonders begeistert war ich für die Konzentration auf Weniges und die Ausstrahlung des handwerklich (und sicher auch künstlerisch) Einzigartigen, Leider wird mir andererseits auch heute nach vielen Jahren als Kunstlehrer, der die Liebe zu europäischer Kunst erwecken sollte, bei dem überbordenden Naturalismus des Barocks und des frühen 19. Jhdts. nicht richtig warm. Schade! Bleibt zu bemerken, dass ich freilich die „primitive“ mittelalterliche Bildnerei und vieles aus der modernen Kunst genauso liebe , wie die außereuropäischen Kunstwerke.. Zugegeben, es gibt herrlich einfache Masken aus applizierten Fundstücken vom Bauernhof, wie es in der osteuropäischen Maskenkultur zu finden ist, zugegeben das ausdrucksstarke Brauchtum der Krampus- und Perchtenmasken begeistert mich schwer, aber die ganze große Breite der schwäbisch-alemanischen Masken, die ich ordnungshalber auch im Museum zeige, lässt mich eher verständnislos und verächtlich darauf herab schauen. Besonders freilich auch, weil die Quantität gleicher Maskenformen in Oberammergau und von einigen würthembergischen „Schnitzern“ in 8-er oder 12-er Serienkopie immer wieder fast lieblos heruntergefräst und nur mit dem Messer zum minimal unterschiedlichen Unikat „ fein künstlerisch“ nach bearbeitet.
Wie ließen sich also die Masken wirklich als ebenbürtig neben einander stellen?
Liebt man das Primitive, schrumpft der Wert der einheimischen Larven als Massenprodukte erheblich. Liebt man einheimisch überliefertes Brauchtum, so sind uns diese primitiven“ Neger“ und „anderen Fremden“ wohl eher auch eines ernsthaften Vergleiches nicht wert. Mutig ist also schon der Ansatz von Herrn Wörtz im „ fasnetsbegeisterten Ländle“ auch die „Afrikaner“ vorzustellen. Aber ich vergesse wieder , wo ich bin. Sind wir bayrische Schwaben hier östlich der Donau nicht die Bauern, die „Afrikaner“ für unsere würthembergischen Nachbarn? Wie anders wäre es zu erklären, dass wir hier mit unseren bayrischen Maskenbräuchen kein offizielles Museum der Faschingbräuche zusammen kriegen und unsere „Gelbfüssler“ nebenan haben gleich in jedem Verwaltungsbezirk ein eigenes, die obendrein aus öffentlicher Kasse finanziert werden. Bei all den renomierten Fasnetsmuseen in Bad Dürnheim, Langenstein, Bondorf, Kenzingen und wie sie alle heißen, hatte ich immer für mein Konzept eines Hauses der Völker und der Ausstellung meiner „Afrikaner“ meist Ablehnung erfahren. Bad Dürrnheim nennt sich seit Jahren mit 400 Masken immer noch Deutschlands größtes Maskenmuseum –Manchmal fällt es schwer über den Tellerrand zu schauen. Mit Freude habe ich mit der Sonja Schrecklein und dem Prof. Mezger schon am Telefon geplaudert und sie zu mir ins Maskenmuseum eingeladen. Tatsächlich gekommen sind sie noch nie zu meinen „Primitiven“ ins Bayernland.
Nun ganz anders fast alle meine Freunde aus Afrika: Sie würden mir gerne Ihre Maskenkopien nach Diedorf bringen. Das klingt kolonialistisch und von oben herab. Aber leider wird der Kunstmarkt seit Jahren über und über schwemmt mit den Produkten von ganzen Schnitzer-fabriken, die ihre Produkte mit gezieltem Aufwand auf alt kriegen, so dass der Laie keinen Unterschied zu Museumsstücken mehr sieht. Da wird wie in St. Ouen, am Flohmarkt in Paris das Objekt mit Schuhcreme eingerieben statt mit Pflanzensaft und eisenhaltigem Flussschlamm geschwärzt. Das sieht man doch noch. Da wird in Afrika die Maske mit Hirsebrei angespuckt und im Hof zu den Hühnern gelegt, die gerne davon picken und die Oberfläche benutzt erscheinen lassen oder man lässt die Maske einfach am Boden draußen liegen, bis sich Termiten im Holz einnisten – das geht aber oft , weil nicht steuerbar, zu schnell daneben und die Maske zerbröselt beim Einpacken in den Schiffscontainer, der nach New York oder Antwerpen geht.
Eigentlich sollte man sagen, man sieht die Echtheit z.B. an den kleinen lang gezogenen Brandlöchern, die am hinteren Rand der Maske in regelmäßigem Abstand mit einem heißen handgeschmiedeten Nagel hineingebrannt werden , um die Raphiafäden zu halten. Die Löcher für die Beißstäbe sind aber wieder groß und rund. Bei manchen Kulten der Sahelzone werden auch einfach primitive Bohrer verwendet, die größere Löcher machen - fast wie mit dem Blackanddecker . Die Löcher für die Schnüre sollten vom Scheuern der Raphiafasern abgerundet erscheinen. Man sollte auf der Rückseite die Schweissspuren des Tänzers sehen können –Vieles kann man nachmachen!
Also man weiß es oder weiß es nicht, ob etwas schon authentisch getragen ist, aber über 99,8 Prozent aller afrikanischen Masken sind gefälscht. Also es gibt in Afrika aktive Kulte , und dort werden Masken getragen und manchmal kriegt ein afrikanischer Antiquitätenhändler, der ständig herum reist eine Maske und bringt sie nach Lome´ und der Preis ist dort schon unbezahlbar, wogegen die Kopien von ihm oder seinen Kollegen verschleudert werden. In den Jahren als Picasso und die Vertreter der beginnenden Moderne im Trocadero waren und sich auf die wenigen Masken stürzten ,die der Kunsthandel angeboten hat, gab es auch schon Kopien, viele Kopien und wenige Masken wurden im Kultzusammenhang von den ersten Forschungsreisenden in Afrika gefilmt und blieben in den europäischen Museen. Wir , meine Frau und ich , haben unsere ersten Afrikareisen vor 30 Jahren mit dem Fahrrad oder Rucksack gemacht und unsere Patenfamilien besucht. Um sich zu revanchieren bekamen wir immer wieder -ganz lieb gemeint- Masken als Geschenk angeboten –dort war es dann immer eine verständliche Ausrede, sie nicht mitnehmen zu können. Das war schon verständlich, dass uns die Gemeinsamkeit und Gastfreundschaft im Dorf wichtiger war.
Authentisch getragene Masken in Afrika sind selten, weil selten solche Veranstaltungen durchgeführt werden, Aber es gibt afrikanisches Kunsthandwerk, das täglich im Gebrauch ist und , wo man schneller ältere Stücke findet: das sind Schleudern der Kinder, die damit auf Vogeljagd gehen, das sind die Webrollenhalter der Weber, die wie die Schleudern meist figürlich ausgebildet sind oder die Hocker, die in der Benutzung eine herrliche Patina bekommen. Auch viele Fetische sind Ok, das braucht jede Familie und muß diese auch füttern, waschen, beopfern u. ä.
Afrikanische Kunst ist in der Herstellung durch den Handwerker nicht als Kunst konzipiert. Afrikanische Kunst ist vollendetes Design, ist aus dem Gebrauch entwickelt. So auch Afrikas Masken: Sie sind Schutzmasken für die Jugendlichen, die von Kindern zu Männern werden und sich Ihrer alten Haut wie eine Schlange entledigen, sie sind Maskierungen für die Stammesangehörigen , die sich von den Geistern der Verstorben in Besitz genommen fühlen und selbst zu den Verstorbenen für Momente dann auch werden. Afrikanische Masken sind Zweckobjekte, wenngleich mythisch belastet.
Afrikanische Masken, wie wir sie hier immer erleben , wirken auf uns Europäer meist als ästhetische Kunstobjekte. Nun so sind sie aber natürlich nicht konzipiert. Ohne der Bewegung, dem Einsatz durch den Tänzer, hoch auf Stelzen hinter dickem Kostüm aus Raphia oder Gras getragen, ohne dem Zeitpunkt (meist nachts und zu besonderen seltenen Gelegenheiten ) und Ort Ihres Auftritts sind sie eigentlich nur leere ärmliche Relikte – nicht wert ,dass man dieses Stück Holz aufbewahrt. Dennoch wird wie in allen Geheimgesellschaften der Welt um sie ein großes Geheimnis gemacht. Wehe dem Nichteingeweihten, der bei der Herstellung der Masken zusieht, oder der ihren Aufbewahrungsort im Fetischhaus oder in der Initiationshütte im Dschungel ausgespäht hat. Er wird sterben –und, wenn man da auch ein wenig nachhelfen muss. Bei den Senufo und einigen anderen Völkern sagt man: er müsse freiwillig zu den heiligen Krokodilen gehen und dort unter Wasser dienen und Buße tun. Das dauert meist ein Leben lang. Deshalb sind solche Frevler an Gesetzen der Ahnen meist vom nächsten Tag an nicht mehr im Dorf gesehen. Mag sein, dass Sie in der nächsten Stadt wieder auftauchen, darüber wird nicht geredet. Schon aber, wenn jemand dann am übernächsten Morgen tot in seinem Bett liegt, war es Gift oder war es , weil er die Anweisungen der Ältesten missachtet hat. Die Gesetze des Dorfes wollen beachtet sein, sonst gibt es Unglück für´s ganze Dorf und die Ahnen rächen sich.
Die Magie der Masken will ernst genommen werden. Da braucht man hier bei uns keine Sorge haben, dass solch armseliges Stück Holz, solch scmuddeliger Fetisch auf irgendeine Weise auf uns Einfluß nehmen könnte- klar ,dass einem das saure Aufstoßen kommt, wenn man sogar hier daran glaubt. Das darf man in Afrika aber auch als Europäer nicht locker sehen, sonst wird man bestenfalls aus dem Dorf heraus komplimentiert, schlimmstenfalls - na ja gottseidank sagt man in der Bezirksverwaltung, allzu Schlimmes kann nicht passieren: „die Weisen sind ja abgezählt“.
Nach langem nächtlichen Warten war es uns einmal gelungen, an einer Initiationsfeier der Senufo teilhaben zu dürfen. Stundenlanges unbequemes Dasitzen, immer auf dem Sprung, ob nicht doch irgendwo etwas im nächtlichen Dunkel zu sehen sei. Nach aufwendiger Säuberung des Platzes nach vielen Hühneropfern mit deren Blut der Platz geweiht wird, kommen endlich die ersten Initianden an den heiligen Ort. Ein schwacher kaum von uns bemerkter leicht rötlicher Blitz über den Köpfen der Zuschauer. Gerade so, dass man sich fragt, war da was. Der Zeremonienmeister hat´s aber gesehen. Er springt auf und schreit die jungen Leute in Ihren Kostümen an. die daraufhin auch sofort schon verschwunden sind. Unruhe kommt auf . Die Männer drängen zu einer Stelle, wo wir im Dunkel das jetzt etwas fahle Gesicht und die überraschten Augen eines jungen Weisen mit einer großen umgehängten Fotokamera entdecken.
Die Männer schreien ihn an –was wollen sie? Er drückt sich unwohl herum, er habe doch fürs Fotografieren bezahlt –ohne Blitz - das war doch nur die automatische Scharfstellung , sagt er kleinlaut auf Französisch. Das hatte er wohl auch bei seinem Guide aus der Stadt. einem Schnösel mit Sonnenbrille, die er sogar hier in tiefer Nacht noch auf der Nase trug und der wohl die einfachsten Regeln hier bei den Stämmen nicht zu wissen schien.: Kein Foto der Zeremonien, damit die Ahnen nicht erschreckt in den Dschungel zurück fliehen würden: Pas de foto, non pas de flash, pas de foto! schreien ihn die Männer an und er muss mit seinem sonnenbebrillten Führer den Platz und das Dorf verlassen. Wütende Blicke treffen auch uns. Die Männer beruhigen sich aber dann doch wieder langsam, als sie sehen, dass wir erst gar nicht mit Kamera erschienen sind…. Die Vorbereitungen für die Initianden werden nach längerer Diskussion unter den Ältesten weiter geführt … oder genauer von Anfang an wiederholt: Stundenlanges Warten, der entweihte Platz wird gesäubert, noch gründlicher dieses mal. Dann die Nachricht: die ältesten haben entschieden: Diese Nacht kann es doch nicht mehr gehen: Nächste Woche vielleicht –da sind wir schon wieder zu Hause – schade da haben wir dann keine Zeit mehr.Unerständnis!
Denn das was am wenigsten in Afrika wert ist, ist die Zeit, warum auch, sie wächst doch als einziges Gut ganz schnell wieder nach.
Unsere nicht: und deshalb möchte ich Sie, die Sie so lange meinen Erläuterungen gelauscht haben, jetzt loslassen und zu meinen Masken an die Wände schicken: „Damit was gschiggt!“ wie wir Bayern sagen! Danke sehr für Ihre Aufmerksamkeit.
Die Ausstellung ist geöffnet vom 24, Noember 2010 bis 6. Februar 2011, Di 16-20.00 und Sa/SO 13-17Uhr - auch an den Weihnachtstagen T.:07398/922443 oder 0731/7040118 www.maskenmuseum.de oder www.maskenfreunde.de
Bürgerreporter:in:Haus der Kulturen michael stöhr aus Diedorf |
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