Marburger Osterspaziergang 2015

6. April 2015
11:00 - 13:00 Uhr
Friedrichsplatz, 35037 Marburg

Staatsarchiv

Marburger Bündnis "Nein zum Krieg"
Aufruf zum Marburger Osterspaziergang 2015

Kriege, Militarisierung und Kriegspropaganda stoppen - Konflikte friedlich lösen! Lehren aus der Geschichte ziehen

Ostermontag, 6. April, 11-13 Uhr

Treffpunkt: Friedrichsplatz, vor dem Hessischen Staatsarchiv

Unser Osterspaziergang führt uns an das Deserteurs-Denkmal über Elisabeth-Blochmann-Platz bis zum Schülerpark. Im Anschluss (ab 13 Uhr) findet ein geselliges Beisammensein im Haus der Ortenberggemeinde statt. Mit Redebeiträgen aus der Marburger Friedensbewegung.

Erneut machen wir uns für Frieden und eine solidarische Gesellschaft zu Ostern auf den Weg. Wir demonstrieren gegen Kriegseinsätze und Aufrüstung. Wir bieten einer neuen deutschen Außenpolitik Paroli, die vor allem auf wirtschaftliche und global-strategische Interessen setzt und bereit ist, diese im Zweifel mit militärischen Mitteln durchzusetzen. Siebzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Befreiung vom Faschismus durch die Anti-Hitler-Koalition erinnern wir an die drängenden Lehren der deutschen Geschichte.

Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen. Mit Sorge beobachten wir, dass die deutsche Geschichte umgedeutet werden soll, um militärische Logiken und Militarismus wieder salonfähig zu machen. Geschichtsrevisionismus treten wir auch hier vor unserer Haustür entschieden entgegen, wie etwa im kleinen Marburg-Bortshausen, wo ewig gestrige Kameraden mit der Aufstellung eines Kriegsdenkmals eine rückwärtsgewandte Kriegerheldenverklärung betreiben. Wir wenden uns entschieden gegen die öffentliche Propaganda für menschenfeindliche und rassistische Positionen sowie alten und neuen Militarismus.

Kriege stoppen – Konflikte friedlich lösen

Im Gegensatz zu den Äußerungen des Bundespräsidenten Joachim Gauck, der die Auffassung vertritt, Deutschland könne nicht aus Prinzip Nein zu Auslandseinsätzen sagen, sind wir der Meinung, Krieg darf nicht Mittel der Politik sein. Konflikte können und müssen friedlich gelöst werden, zumal in einer gefährlich hochgerüsteten Welt. Wir mahnen eine deutsche Verantwortung für Friedenspolitik an, anstelle einer Beteiligung an weltweiten Militärinterventionen, die nach allen Erfahrungen nur zu Terror, Bürgerkrieg, Flucht und Vertreibung führen. Die aktuelle weltweite Kriegslandschaft mit Ländern wie Afghanistan, Syrien/Irak und den afrikanischen Kontinent zeigt diese Sinnlosigkeit.

Im Ukraine-Konflikt ist durch die Abkehr von der Konfrontation eine friedliche Lösung durchzusetzen. Frieden in Europa gibt es nicht gegen, sondern nur mit Russland. Mit der Wiederbelebung alter Feindbilder muss Schluss sein. Ebenso gilt das für Sanktionen, die den Menschen Europas, der Ukraine und Russland gleichermaßen schaden.

Wir brauchen eine neue Etappe der Entspannung und Abrüstung sowie ziviler Konfliktlösung, Demokratie und sozialer Gerechtigkeit. Die weltweite Gewalt muss ein Ende haben.

Wir fordern deshalb:

• keine Auslandseinsätze der Bundeswehr, Stopp aller Waffenexporte, stattdessen Rüstungskonversion

• Bundeswehr raus aus Schulen und Arbeitsagenturen, keine Militärforschung an Hochschulen

• Ächtung und Abschaffung von militärisch genutzten Drohnen, Atomwaffen, Uranmunition und Landminen

• Schutz für Menschen, die von Krieg, Übergriffen und Diskriminierungen betroffen sind

• Widerstand gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit

Gegen Kriegsverherrlichung und Militarismus

Aus der Studie der Geschichtswerkstatt wissen wir, an welchen Gräueltaten des deutschen Imperialismus die Marburger Jäger beteiligt waren. Es waren Marburger Jäger, die 1914 an dem Kriegsverbrechen gegen die belgische Zivilbevölkerung in Dinant beteiligt waren. Dafür hat sich die Universitätsstadt Marburg bei den Bürger/innen in Dinant entschuldigt. Andere Freiwillige der Jäger haben sich später 1918/19 für Grenzschutzaufgaben in Oberschlesien gemeldet.

Dort sind bei einer Arbeiterdemonstration am 3. Januar 1919 mindestens 16, wenn nicht 20 Menschen im Maschinengewehrfeuer Marburger Reservejäger umgekommen. Ein Marburger Jäger erinnert sich: „Ohne Überhebung können wir uns rühmen, der deutschen Bevölkerung in Oberschlesien ein Schutz und Hort gewesen zu sein, durch den Leben und Eigentum der Bevölkerung gesichert wurden, die andernfalls unzweifelhaft den ungezähmten Bestien zum Opfer gefallen wäre.“* Es gilt sich auch dieser Opfer zu erinnern und ihnen ehrend zu gedenken.

Die rückwärtsgewandte Kameradschaft Marburger Jäger, die sich bewusst in die Tradition jener Militäreinheit stellt, platzierte 2011 ein Kriegsdenkmal in Marburg-Bortshausen. Trotz anhaltender Proteste seitens einer Bürgerinitiative, verschiedener friedensbewegter Gruppen, eines eindeutigen Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung und einer Abbauverfügung der Stadt steht das Denkmal noch immer. Selbst das Hessische Wirtschaftsministerium hat die Aufstellung als nicht rechtens charakterisiert und die „Beseitigung“ des Steins gefordert. Die Geschichtswerkstatt hat eine kritische Aufarbeitung der Jägergeschichte vorgelegt, die dieses Jahr in den Stadtschriften erschienen ist. Dennoch: Das Kriegsdenkmal steht noch immer.

Wir fordern:

- Rückbau des Kriegsdenkmals in Bortshausen

- Ehrendes Gedenken an die Opfer der Marburger Jäger

- Intensivierung der Kontakte in die belgische Stadt Dinant

- Eine offizielle Entschuldigung bei den Bürger/innen der polnischen Stadt Königshütte

Wir nehmen die Politik in die eigenen Hände. Und verlangen von der Bundesregierung den Einsatz für Frieden und Abrüstung. Wir bleiben dabei, das Kriegsdenkmal in Bortshausen muss endlich zurückgebaut werden.

*Karl Lausberg, Tätigkeit in Oberschlesien (16. September 1918 bis 30. Juli 1919). In: Geschichte des Reserve-Jäger-Bataillons Nr. 11, S. 314-331, hier S. 327 f., zitiert in der Studie der Geschichtswerkstatt „Zur Geschichte und Nachgeschichte der „Marburger Jäger“.

Bürgerreporter:in:

Hajo Zeller aus Marburg

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