Nacht-Tanz-Demo: Freitag, 28. November, 19.00 Uhr, Elisabeth-Blochmann-Platz

28. November 2014
19:00 Uhr
Elisabeth-Blochmann-Platz, Marburg
2Bilder

Elisabeth-Blochmann-Platz
Freitag, 28. November 19.00 Uhr

Die (T)raumklinik ruft zur Nachttanzdemo am 28.11.2014 in Marburg - Gegen Wohnungsnot, hohe Mieten und Verdrängung!

(T)RÄUME BRAUCHEN RÄUME!

Wir freuen uns, wenn ihr dabei seid!

¡Ya Basta! Die Wohnraumsituation in Marburg ist eine Katastrophe. Wieder einmal haben Stadt und Uni es nicht geschafft sich auf die steigende Anzahl von Studierenden in Marburg adäquat vorzubereiten. Es folgte das alljährliche Desaster zum Beginn des Wintersemesters: zu viele Menschen und nicht genügend bedarfsorientierter Wohnraum.

Die Gestaltung des städtischen Raums folgt auch in Marburg zunehmend einer neoliberalen Verwertungs- und Marktlogik, welche die Stadt als Unternehmen und in Konkurrenz mit anderen Städten begreift. Öffentlicher Raum wird privatisiert und Stadtteile gezielt aufgewertet. Damit gehen Verdrängungsprozesse und Diskriminierungsstrukturen einher: ärmere Menschen werden an den Stadtrand und ins Umland verdrängt, Geflüchtete werden, ohne ausreichenden Zugang zu den städtischen Ressourcen, abgeschottet in Lagern untergebracht.

(T)Raumklinik Marburg – Für ein Recht auf Stadt

Die (Wohn-)Raumsituation verschärft sich aufgrund der zunehmend profitorientierten Stadtpolitik und –entwicklung. Seit den 80er Jahren werden in Marburg immer weniger Sozialwohnungen gebaut. Von den 2013 übriggebliebenen 2400 Wohnungen laufen bei jeder fünften die Mietpreisbindungen bis 2018 aus. Öffentliche Räume werden kommerzialisiert und konsumorientiert gestaltet. Mit Veranstaltungen wie "Marburg b(u)y night" wird uns einmal mehr aufgezeigt, dass öffentliche oder gar augenscheinlich „kulturelle“ Veranstaltungen primär darauf ausgerichtet sind die Stadt Marburg zu vermarkten.

Bestehende Wohnungen werden so aufgewertet, dass sie teurer werden und für viele nicht mehr bezahlbar sind. So werden Menschen verdrängt. Auch die entstehenden Neubauten schaffen selten erschwinglichen Wohnraum, sondern bieten vielmehr einem vermögenden Klientel Exklusivität und Möglichkeiten zur Kapitalanlage.

Nach Empfehlung des Runden Tisches "Preiswerter Wohnraum" soll bei neu entstehenden Wohnungen darauf geachtet werden, dass mindestens 50% barrierefrei oder barrierearm sind. Doch was bedeutet barrierefrei und barrierearm? Und warum werden nicht alle Wohnungen, die neu gebaut werden, so eingerichtet?

Wir haben in Marburg wieder eine neue Höchstzahl an Studierenden erreicht: 6.700 Erstsemester, 26.800 Studierende insgesamt. Die vom Studentenwerk angebotenen Notbetten sind voll, Jugendherberge und Hostel ausgebucht, auch der Campingplatz hat Hochsaison.

Und was macht unser Oberbürgermeister? Er spricht davon das Investor*innen nicht verschreckt werden sollen. Es ist ein Skandal, welcher sich jedes Jahr wiederholt. Diese Probleme gibt es nicht erst seit September diesen Jahres.

Auf der Warteliste für Wohnheimplätze der Studiwohnheime, des Studentenwerks, standen Ende Oktober über 800 Menschen. 800 Menschen auf 2.100 bereits belegte Wohnheimplätze. Zusätzlich leben seit einem Brand im Familienwohnheim "Richtsberg 88" im Juni ca. 200 Menschen in Notunterkünften und warten noch immer auf eine Rückkehr in ihre Wohnungen. Ein Wiedereinzug in diesem Jahr ist nicht möglich, Instandsetzungsmaßnahmen wurden abgebrochen, stattdessen wird seit über 2 Monaten an einem "umfassenden Brandschutzkonzept" gearbeitet.

Den ehemaligen Bewohner*innen werden die Vorgänge nicht transparent gemacht und Informationen scheinen bewusst zurückgehalten zu werden. Es erinnert stark an eine Hinhaltetaktik. Die Betroffenen leben derzeit in einer belastenden Perspektivlosigkeit und versuchen durch eine Petition die Öffentlichkeit zu erreichen und das Studentenwerk durch den öffentlichen Druck
zum Handeln zu bewegen.

Die Phillips-Universität Marburg schmückt sich mit einem Zertifikat dass sie eine
„familienfreundliche“ Hochschule sei. Das wirkt im Angesicht der derzeitigen Situation und dem Umgang mit den Betroffenen des Brandes fast schon zynisch.

Oft wird behauptet, dass Sexismus keine Rolle mehr spiele. Doch zeigt sich das Stadtbild in seinen Widerlichkeiten von sexistischen Werbetafeln und zweigeschlechtlich ausgerichteten Konsum. Sei es die banale farbliche Trennung von rosa für Mädchen und blau für Jungs oder dass Bier und Auto zu einem ‚Mann’ gehöre, wie die ‚schöne Hausfrau’ an seine Seite. So werden Rollenzuweisungen im öffentlichen Raum reproduziert. Dieses binäre Denken gilt es zu hinterfragen und zu verändern.

Besonders problematisch im Landkreis Marburg-Biedenkopf ist die Unterbringung von Geflüchteten. Von der Politik wird von einer „Willkommenskultur“ gesprochen, jedoch haben es in der Realität Geflüchtete in Marburg schwerer als alle anderen Bevölkerungsgruppen. Nur ein Bruchteil der dem Landkreis zugewiesenen Menschen werden in Marburg mit ausreichendem Zugang an Ressourcen untergebracht. Die Mehrheit muss in Lagern und Notunterkünften leben. Diese liegen oft so abseits, dass die Menschen effektiv von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben abgehalten werden.

Dass die Zahlen von Geflüchteten steigen ist schon seit längerer Zeit hinreichend bekannt, trotzdem wird erst jetzt angefangen sich damit zu beschäftigen und es wird sich überrascht und überfordert gegeben.

Wir brauchen eine Demokratisierung der Verteilung und Verwaltung von Wohnraum, welche statt nach privatwirtschaftlichen Interessen nach Bedürfnissen orientiert werden muss. In Marburg und anderswo muss die Eigentumsfrage gestellt werden: Die Häuser sollten selbstverwaltet werden und den Menschen gehören, die in ihnen wohnen, wie bspw. mit dem Mietshäusersyndikat, welches Wohnraum nicht profitorientiert zur Verfügung stellt und die Verwaltung den Bewohner*innen überlässt.

Unkommerzielle, selbstverwaltete Projekte werden in Marburg von der Stadt in prekären Situationen gehalten oder gar in ihrer Existenz bedroht. Wir erklären uns solidarisch mit der RADikate, welche von der Stadt aus ihrem Tunnel verdrängt werden soll, dem Wagenplatz Gleis X, auf welchem die Menschen noch immer nicht legal wohnen dürfen, den Betroffenen des Brandes am Richtsberg 88, sowie allen Menschen die für ein Recht auf Stadt und ein selbstbestimmtes Leben kämpfen.

Ein weiteres Ziel ist nach wie vor die Schaffung eines Sozialen Zentrums, als möglichst hierarchiefreien Raum für Kreativität, Reibung und Gegenkultur, wie es bereits in der alten Augenklinik sowie vor dem alten Arbeitsgericht erprobt wurde.

(T)RAUMKLINIK - Für ein Recht auf Stadt Marburg und Unterstützer*innen

Zum Blog der (T)Raumklinik

Bürgerreporter:in:

Hajo Zeller aus Marburg

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